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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 25.06.2008
Aktenzeichen: 3 Vollz (Ws) 43/08
Rechtsgebiete: HmbStVollzG, StVollzG


Vorschriften:

HmbStVollzG § 56 Abs. 2
StVollzG § 70 Abs. 2
StVollzG § 116 Abs. 1
1. Mit der Einführung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes am 01.01.2008 liegt der Zulassungsgrund der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nach § 116 Abs. 1 StVollzG des Bundes nur noch bei divergierenden Entscheidungen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes vor. Der Gesetzgeber hat sich mit der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz auf die Bundesländer bewusst für die Möglichkeit der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung des Strafvollzuges in den einzelnen Bundesländern entschieden. Daraus folgt notwendiger Weise auch eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsprechung.

2. Es ist nicht zu beanstanden, dass eine JVA der höchsten Sicherheitsstufe den Bezug und Besitz von DVDs davon abhängig macht, dass diese durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) gekennzeichnet sind.

3. Die Kennzeichnung FSK 18 (seit 2003 "keine Jugendfreigabe") ist kein geeignetes Kriterium, um eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt nach § 56 Abs. 2 HmbStVollzG (§ 70 Abs. 2 StVollzG des Bundes) anzunehmen (gegen OLG Celle, Beschluss vom 09.05.2006 - 1 Ws 157/06 [StrVollz] und Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 25.01.08 - 2 Vollz Ws 533/07).


Hanseatisches Oberlandesgericht 3. Strafsenat Beschluss

3 Vollz (Ws) 43/08

In der Strafvollzugssache

hat der 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 25.06.08 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Rühle, Richter am Oberlandesgericht Sakuth, Richter am OberlandesgerichtPesch

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 9 als Strafvollstreckungskammer - vom 15.04.08 dahingehend abgeändert, dass die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel, Haus II, verpflichtet wird, den Antragsteller und Beschwerdegegner unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.

2. Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 121 StVollzG). Der Gegenstandswert wird auf 300,- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 60 GKG).

3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts im angefochtenen Beschluss des Landgerichts Hamburg wird ebenfalls auf 300,- € festgesetzt (§§ 52, 60, 63 Abs. 3 S.1 GKG).

Gründe:

I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beschwerdegegner DVDs mit Filmen erotisch-pornographischen Inhalts über einen von der JVA Fuhlsbüttel anerkannten Versandhandel beziehen darf, die durch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH (FSK) mit der Klassifizierung "Freigegeben ab achtzehn Jahren" (FSK 18) versehen sind.

Der Beschwerdegegner verbüßt in der JVA Fuhlsbüttel eine langjährige Haftstrafe wegen Betruges. Er gehört innerhalb des von der JVA praktizierten Stufenvollzuges der höchsten Kategorie, der sog. Bewährungsgruppe an. In den letzten Jahren bezog er ca. 100 DVDs über den Versandhandel. Derzeit hat er 43 DVDs mit erotisch-pornographischem Inhalt der Kategorie FSK 18 in Besitz.

Nachdem die JVA den Antrag des Beschwerdegegners auf Bezug von 10 weiteren DVDs von der Fa. H. zunächst negativ beschieden hatte, änderte sie ihren ablehnenden Widerspruchsbescheid dahingehend ab, dass der Beschwerdegegner zwar DVDs von diesem Versandhändler beziehen dürfe, diese DVDs aber über eine Kennzeichnung der FSK verfügen müssten, die nicht über die Klassifizierung "Freigegeben ab sechzehn Jahren" (FSK 16) hinausgehen dürften. Filme der Kategorie "Freigegeben ab achtzehn Jahren" (FSK 18) stellten eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt dar, da infolge des Konsums Übergriffe auf andere Insassen zu befürchten seien. Durch die Gewalt verherrlichenden, teilweise erniedrigenden und porographischen Darstellungen könnten Insassen leicht dazu animiert werden, solche Handlungen auch in der Realität durchzuführen, um ihrem Sexualtrieb nachzukommen und diesen auszuleben. Es sei zu erwarten, dass solche DVDs an besonders anfällige Gefangene als beliebte Tauschobjekte gelangten.

Gegen diesen Bescheid wendete sich der Beschwerdegegner mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, in dem er sich - von der JVA unwidersprochen - darauf berief, dass nicht nur er bereits seit Jahren unbeanstandet DVDs der Kategorie FSK 18 bezogen habe, sondern dass deren Besitz in der gesamten JVA verbreitet sei.

Mit der angefochtenen Entscheidung hob das Landgericht den Widerspruchsbescheid auf und verpflichtete die JVA, den Beschwerdegegner unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer erneut zu bescheiden. Zur Begründung führte die Kammer aus, dass die JVA ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Es sei zwar zutreffend, dass Filme der Klassifizierung FSK 18 eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt begründen könnten. Vorliegend habe die Anstalt aber darzulegen, dass eine solche Gefahr tatsächlich bestünde. Im Übrigen habe die JVA mildere Mittel als den kompletten Ausschluss dieser Filme zu erwägen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Rechtsbeschwerde. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg weiche von Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen OLG (Beschluss vom 25.01.08 - 2 Vollz Ws 533/07) und des OLG Celle (Beschluss vom 09.05.2006 - 1 Ws 157/06 (StrVollz)) ab. Nach diesen Entscheidungen dürften Filme der Kategorie FSK 18 jedenfalls in Anstalten der höchsten Sicherheitsstufe, zu der auch die JVA Fuhlsbüttel, Haus II, gehöre, generell verboten werden, weil sie die Gefahr begründeten, dass sie "Nerven überreizen, übermäßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie über Gebühr erregen, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung hemmen, stören oder schädigen oder falsche oder abträgliche Lebenserwartungen hervorrufen".

Die Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung sei deshalb gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Der Beschwerdegegner beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II. 1. Die Rechtsbeschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und genügt auch der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 116 Abs. 1 StVollzG. Allerdings kommt die Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Abweichung von der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte anderer Bundesländer von vornherein nicht in Betracht. Mit der Einführung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes am 01.01.2008 kommt dieser Zulässigkeitsgrund nur noch bei divergierenden Entscheidungen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes in Betracht. Der Gesetzgeber hat sich mit der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz auf die Bundesländer bewusst für die Möglichkeit der unterschiedlichen gesetzlichen Ausgestaltung des Strafvollzuges in den einzelnen Bundesländern entschieden. Daraus folgt notwendiger Weise auch eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsprechung.

Die Rechtsbeschwerde ist aber unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts zulässig. Der Senat hat bisher keine Entscheidung zu der Frage getroffen, nach welchen Kriterien der Besitz von Filmträgern im Strafvollzug beschränkt werden kann.

2. Die danach zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache im Wesentlichen keinen Erfolg. Sie führt nur insoweit zu einer Abänderung der Entscheidung, dass die JVA Fuhlsbüttel bei der bereits vom Landgericht geforderten Neubescheidung des Widerspruchs die Rechtsauffassung des Senats zugrunde zu legen hat.

Gemäß § 56 Abs. 1 HmbStVollzG, der § 70 Abs. 1 StVollzG des Bundes entspricht, darf ein Gefangener Bücher und andere Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Demnach darf der Beschwerdegegner DVDs grundsätzlich besitzen. Eine Ausnahme wird in § 56 Abs. 2 HmbStVollzG (entspricht - von einer lediglich redaktionellen Änderung abgesehen - § 70 Abs. 2 StVollzG des Bundes) nur dann gemacht, wenn das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wäre.

Dass der Besitz der begehrten DVDs das Vollzugsziel bezüglich des wegen Betruges verbüßenden Beschwerdegegners gefährden könnte, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

Es entspricht der allgemeinen Auffassung, dass der Begriff der Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt der vollständigen gerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegt (Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 10. Aufl., § 115 StVollzG Rdnr. 23 mit Nachweisen aus der Rspr.). Ein Versagungsgrund ist gegeben, wenn der einem Gegenstand generell abstrakt zukommenden Eignung, in einer die Sicherheit und Ordnung gefährdenden Weise eingesetzt zu werden, nicht mit Kontrollmitteln der Anstalt begegnet werden kann, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Aufsicht anwendbar sind (OLG Hamm, ZfStrVO 2001, 185; OLG Frankfurt ZfStrVO 2005, 185; OLG Celle a.a.O.).

a) Nicht zu beanstanden ist zunächst der Ansatzpunkt der Beschwerdeführerin, bei der Prüfung des Inhalts der DVD im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt auf die Sachkompetenz der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und deren Entscheidung zurückzugreifen. Denn eine eigenständige, umfassende inhaltliche Kontrolle aller DVDs kann die JVA nicht leisten. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die FSK vor der Einordnung in die fünf Kennzeichnungskategorien "Freigegeben ohne Altersbeschränkung", "Freigegeben ab sechs, ... zwölf, ... sechzehn Jahren" und "Keine Jugendfreigabe" (früher FSK 18) gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 JuSchG zunächst prüft, ob für die DVD überhaupt eine Kennzeichnung vergeben wird. Nach dieser Norm werden Trägermedien nicht gekennzeichnet, die einen der in § 15 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 JuSchG bezeichneten Inhalt haben oder in die Indizierungsliste nach § 18 JuSchG aufgenommen sind.

§ 15 Abs. 2 JuSchG umfasst Trägermedien, die

1. einen der in § 86, § 130, § 130a, § 131, § 184, § 184a oder § 184b des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte haben,

2. den Krieg verherrlichen,

3. Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt,

4. Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder

5. offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.

Die Indizierungsliste nach § 18 Abs. 1 JuSchG umfasst insbesondere Trägermedien, die unsittlich, verrohend wirkend bzw. zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizend sind.

Es ist nicht zu beanstanden, dass eine JVA der höchsten Sicherheitsstufe den Bezug und Besitz von DVDs davon abhängig macht, dass diese durch die FSK gekennzeichnet sind (OLG Schleswig a.a.O., OLG Celle a.a.O.; OLG Frankfurt, aber ohne Altersbeschränkung, in ständiger Rechtsprechung (Beschlüsse vom 01.04.08 - 3 Ws 72/08 (StVollz), 15.03.07 - 3 Ws 44/07 (StVollz), 26.01.05 - 3 Ws 1322-1323/04 (StVollz); ZfStrVO 2005, 185). Denn auf diese Weise wird zuverlässig sichergestellt, dass DVDs mit strafbarem Inhalt nicht über den Versandhandel bezogen werden.

Auch wenn sich in dem Katalog nach §§ 15 Abs. 2 und 18 JuSchG Ausschlussgründe finden, die speziell auf die Verhinderung der Störung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen abzielen, wodurch sich eine Beeinträchtigung der Anstaltssicherheit und Ordnung in einer Strafanstalt für Erwachsene nicht aufdrängt, ist dies im Interesse einer effektiven Kontrolle hinzunehmen. Dem Strafgefangenen bleibt bei einer Beschränkung auf durch die FSK gekennzeichnete Filmträger noch ein ausreichendes Angebot an Unterhaltungsmedien.

b) Soweit die JVA Fuhlsbüttel zum Jahreswechsel 2007/2008 allerdings dazu übergegangen ist, als weiteres einschränkendes Kriterium solche DVDs vom Bezug auszunehmen, die mit der Kennzeichnung FSK 18 (seit 2003 "keine Jugendfreigabe", § 14 Abs. 2 Nr. 5 JuSchG) versehen sind, handelt es sich um ein Kriterium, das für die Abwehr von Gefahren für die Anstaltssicherheit ungeeignet ist.

Gegen die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt durch Filme mit der Kennzeichnung FSK 18 spricht bereits, dass die FSK überhaupt eine Kennzeichnung vergeben und damit geprüft hat, dass die Ausschlussgründe der §§ 15 Abs. 2 und 18 JuSchG nicht vorliegen, der Inhalt der DVD also nicht Strafvorschriften verletzt, den Krieg verherrlicht, verrohend wirkt oder zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizt. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Kennzeichnung FSK 18 ein Qualitätsmerkmal und kein Kriterium zur Beurteilung der Gefährlichkeit des Besitzes dieser DVD in einer Strafanstalt für Erwachsene. Dementsprechend hat auch das OLG Frankfurt in ständiger Rechtsprechung den Besitz von FSK 18-DVDs in Strafanstalten für Erwachsene zugelassen (OLG Frankfurt, a.a.O.).

Die Unterscheidungskriterien zwischen den Kennzeichnungen FSK 16 und FSK 18 sind für die Beurteilung der Gefährlichkeit des Besitzes einer DVD in einer Strafanstalt für Erwachsene ungeeignet.

Der FSK ist in § 14 Abs. 2 JuSchG die Aufgabe übertragen worden, die von ihr gekennzeichneten Filme in eine dieser Kategorien einzuordnen. Nach § 18 Abs. 1 der Grundsätze der FSK vom 01.11.2006 ist dafür maßgeblich, ob die Filme geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Ist dies bei einer bestimmten Altersgruppe der Fall, wird der Film für diese Altersgruppe nicht freigegeben, sondern in die nächsthöhere insofern unbedenkliche Altersgruppe eingeordnet.

Dabei wird in § 18 Abs. 2 Nr. 3 dieser Grundsätze näher definiert, was als Indikator für die Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen einer bestimmten Altersstufe angesehen wird. Hier werden Filme als Kriterium genannt, welche die Nerven der jeweiligen Altersgruppe überreizen, übermäßige Belastungen hervorrufen, die Phantasie über Gebühr erregen, die charakterliche, sittliche (einschl. religiöse) oder geistige Erziehung der jeweiligen Altersstufe hemmen, stören oder schädigen oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen in der jeweiligen Altersstufe führen.

Die Systematik dieser Grundsätze im Zusammenhang mit den Regelungen des Jugendschutzgesetzes macht damit deutlich, dass es sich bei dem von der Beschwerdeführerin in Anlehnung an die Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen OLG und des OLG Celle als Beleg für eine Gefährdung der Anstaltssicherheit im Erwachsenenvollzug herangezogenen Kriterium tatsächlich um ein Prüfungskriterium im Hinblick auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen eines Kindes oder Jugendlichen handelt, das nicht nur für die Abgrenzung von "Freigegeben ab sechzehn Jahren" zu "Keine Jugendfreigabe", sondern gleichermaßen für die Abgrenzung von "Freigegeben ohne Altersbeschränkung" zu "Freigegeben ab sechs Jahren" dient.

Nach allem kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kriterien für den Entwicklungsstand eines Kindes oder eines Jugendlichen als Maßstab für eine Gefährdung der Anstaltssicherheit im Erwachsenenvollzug herangezogen werden können. Das von der JVA gewählte Kriterium zur Annahme einer Gefahr für die Anstaltssicherheit ist deshalb ungeeignet.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass auch Filme, die die Kennzeichnung "keine Jugendfreigabe" aufweisen, auf bestimmte Gefangene einen Einfluss ausüben können, der die Anstaltssicherheit gefährdet. Dies wird sich aber ebenso wenig für Filme der Kategorie FSK 16 oder niedriger ausschließen lassen können.

Da die JVA bei ihrer Entscheidung ein ungeeignetes Kriterium in maßgeblicher Weise herangezogen hat, ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben.

3. Die Sache ist schon deshalb nicht spruchreif im Sinne des § 115 Abs. 4 S. 1 StVollzG, weil der Beschwerdegegner bisher nicht bestimmt hat, welche 10 konkreten DVDs der Kategorie "Keine Jugendfreigabe" er bestellen will. Soweit die JVA in diesem Zusammenhang geltend macht, der Antrag sei schon deshalb als zu unbestimmt abzulehnen, würde dies allerdings auf eine bloße Förmelei hinauslaufen. Denn die JVA hatte stets betont, dass sie den Bezug jeglicher DVDs der Kategorie FSK 18 ablehnen werde. Die JVA wird dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zu setzen haben, in dem er die zu bestellenden DVDs konkretisiert.

4. Bei der erneuten Prüfung des§ 56 Abs. 2 HmbStVollzG wird die JVA zu berücksichtigen haben, dass sie einen Strafvollzug der Abschottung der einzelnen Abteilungen voneinander praktiziert, bei dem die Abteilungen zusätzlich nach den Maßstäben des sog. Stufenvollzuges gegliedert sind, der Strafgefangene nach ihrem Maß an Verantwortungs- und Therapiebereitschaft zusammenfasst. Danach gehört der Beschwerdegegner der höchsten Kategorie, der sog. Bewährungsgruppe an. Dieser Status wird bei der Frage, ob von dem Beschwerdegegner eine unerlaubte Weitergabe der DVDs zu befürchten ist, mit zu berücksichtigen sein. Ferner wird mit zu berücksichtigen sein, dass die Strafgefangenen seiner Abteilung ebenfalls ein Maß an Verantwortungs- und Verabredungsfähigkeit gezeigt haben. Es drängt sich deshalb nicht die Vermutung auf, dass sich in der Bewährungsgruppe des Beschwerdeführers Strafgefangene befinden, bei denen der Konsum erotisch-pornographischer DVDs das Ausleben sexuell-gewalttätiger Phantasien zur Folge haben kann.

Die JVA wird zu erwägen haben, dass dem Austausch der DVDs mit einer Kennzeichnung durch die FSK gegen gefährliche eingeschmuggelte DVDs nicht nur durch ein Verbot des Bezuges, sondern auch durch das mildere Mittel der Siegelung begegnet werden kann (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.04.08, a.a.O.). Mit einer Siegelung, die den Namen des berechtigten Besitzers beinhaltet, kann das Risiko der unkontrollierten Weitergabe an ungeeignete Gefangene ebenso reduziert werden.

Außerdem wird die JVA aus ihren Erfahrungen der letzten Jahre, in denen sie den Bezug von DVDs offenbar nicht über das Erfordernis der bloßen Kennzeichnung durch die FSK hinaus eingeschränkt hat, substantiieren können, welche der ungehindert zugelassenen Filme eine Gefahr für die Anstaltssicherheit begründet haben.

Schließlich ist gerichtsbekannt, dass die JVA besonders anfälligen Gefangenen im Haus IV der Anstalt, in dem vornehmlich Sexualstraftäter untergebracht sind, den Besitz eigener DVD-Abspielgeräte ohnehin verboten hat. Auch dies wird die JVA bei ihrer erneuten Prüfung einzubeziehen haben.

Ende der Entscheidung

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