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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 21.01.2002
Aktenzeichen: 3 W 3/02
Rechtsgebiete: UWG, LMBG


Vorschriften:

UWG § 1
LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 2
Durch den Hinweis auf einen "Ernährungskongreß" und auf die Empfehlung von "Experten" kann - im Zusammenhang mit Margarine, die cholesterinspiegelsenkende Wirkung hat - aus der Sicht medizinischer Laien eine Werbung mit ärztlichen Gutachten/Empfehlungen zu sehen sein.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

3 W 3/02

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, am 21. Januar 2002 durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth beschlossen:

Tenor:

EINSEITIGES BESCHWERDEVERFAHREN!

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 21. Dezember 2001 geändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Wochen oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten, im geschäftlichen Verkehr außerhalb der Fachkreise für die Margarine "becel pro aktiv" zu werben:

"Auf dem internationalen Ernährungskongress in Wien wurde jetzt die cholesterinspiegelsenkende Wirkung von "becel pro aktiv" erneut durch Studien belegt und bestätigt.

...

Experten empfehlen "becel pro aktiv" morgens und abends regelmäßig aufs Brot zu streichen ...".

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen nach einem Streitwert von 25.000 DM = 12.782 Euro.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

Der Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist dahin zu verstehen, daß die beiden Aussagen kumulativ und nicht etwa alternativ verboten werden sollen.

Die Dringlichkeit ist gegeben. Der Antragsteller beanstandet einen konkreten Text, der sich anders als die frühere, allgemein formulierte Aussage auf einen vor kurzem stattgefundenen, bestimmten "Ernährungskongress" mit erneuten Studien bezieht. Dieser Text ist im November 2001 erschienen. Dagegen ist der Antragsteller unverzüglich vorgegangen.

Dem Antragsteller steht der geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1 UWG, 18 Abs. 1, Nr. 2 LMBG zu.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts enthält der angegriffene Text eine Werbung mit "ärztlichen Gutachten" und außerdem mit "ärztlichen Empfehlungen". Maßgebend ist, wie die angesprochenen Verbraucher den Text verstehen. Mangels klarstellender Angaben im Text - und der Anzeige ( Anlage AS 2 ) im übrigen - ist dieser nicht eindeutig. Erhebliche Teile des Verkehrs werden die Vorstellung erlangen, daß es nicht um "rein" ernährungswissenschaftliche, sondern um ( auch ) ärztliche Äußerungen geht. Aus der Angabe "Ernährungskongress" folgt nichts anderes ( vgl. Zipfel/ Rathke, Lebensmittelrecht, Rdnr. 27 zu § 18 LMBG zur Angabe "von Ernährungswissenschaftlern empfohlen" ). Aus der Sicht von Laien lassen sich beide Wissenschaftsgebiete bei Gesundheitsfragen wie hier nicht ohne weiteres klar und eindeutig trennen. Da "becel pro aktiv" ausdrücklich eine cholesterinspiegelsenkende Wirkung zugesprochen wird, die gezielt vor allem mit Arzneimitteln erreicht zu werden pflegt, liegt es für den Leser nahe, bei der Würdigung des vorliegenden Textes auch bei einem Lebensmittel wie "becel pro aktiv" an ( auch ) ärztliche Stellungnahmen zu denken.

Ein Verstoß scheitert nicht etwa daran, daß die Studien und/oder die Experten nicht weiter konkretisiert werden. Es genügt der allgemeine Hinweis auf ärztliche Gutachten oder Empfehlungen ( Zipfel/Rathke a.a.O. ).

Die einstweilige Verfügung ist demnach antragsgemäß zu erlassen. Die Schutzschrift, mit der sich die im Rubrum genannten Rechtsanwälte der Antragsgegnerin als "Verfahrensbevollmächtigte" gemeldet haben, hat dem Senat vorgelegen. Der Senat stellt ausdrücklich klar: Das Verbot betrifft den Text, ohne daß im Zusammenhang damit dem Leser eindeutig klargemacht wird, daß es um "rein" ernährungswissenschaftliche, nicht auch um ärztliche Äußerungen geht, falls eine solche Klarstellung hier überhaupt möglich sein sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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