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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.05.2003
Aktenzeichen: 4 U 201/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1093
Das dingliche Wohnungsrecht (§ 1093) begründet bei Vorenthaltung der Wohnung einen Herausgabeanspruch sowohl gegen den Eigentümer als auch gegen jeden besitzenden Dritten.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 4 U 201/02

Verkündet am: 19.05.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 4. Zivilsenat, durch den Richter Dr. Bischoff als Einzelrichter im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 05. Mai 2003 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 33, vom 17.10.2002 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Besitz an der gesamten im Erdgeschoss des Hauses Straße , Hamburg befindlichen Wohnung nebst den unter dieser Wohnung belegenen Kellerräumen und der Tiefgarage Zug um Zug gegen Übergabe der im 1. Obergeschoss des Hauses Straße , Hamburg links belegenen Wohnung an den Kläger herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Grundlage des Erbrechts des Beklagten ist das notarielle Testament vom 19.12.2001 (Anl.Bf 4), in dem auch Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Ein beim Nachlassgericht anhängiger Erbschaftsstreit ist noch nicht entschieden.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt,

hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen,

den Besitz an der gesamten im Erdgeschoss des Hauses Kösliner Str. 56,22147 Hamburg, befindlichen Wohnung nebst den unter dieser Wohnung belegenen Kellerräumen und der Tiefgarage Zug um Zug gegen Übergabe der im ersten Obergeschoss des Haus Str., Hamburg, links belegenen Wohnung gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Andreas Ban den Kläger herauszugeben,

hilfsweise,

seine Zustimmung zu der Herausgabe der im Erdgeschoss des Hauses Straße , Hamburg, befindlichen Wohnung nebst den unter dieser Wohnung belegenen Kellerräumen und der Tiefgarage Zug um Zug gegen Übergabe der im ersten Obergeschoss des Hauses Rummelsburger Straße 61 a, 22147 Hamburg, links belegenen Wohnung an den Kläger zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers nebst Hilfsanträgen zurückzuweisen.

Die vom Kläger angekündigte hilfsweise subjektive Klagerweiterung auf Rechtsanwalt B. ist mangels Zustellung an diesen nicht rechtshängig geworden.

II.

Ein Herausgabeanspruch des Klägers ergibt sich - unabhängig von schuldrechtlichen Ansprüchen gegen den Erblasser, die auch den Beklagten als Erben verpflichten würden (§ 1967 BGB) - jedenfalls aus dem dinglichen Wohnungsrecht (§ 1093 BGB), das durch Einigung mit dem Erblasser vom 6.4.1998 (Anl. K 3) und Eintragung in das Grundbuch vom 19.9.2002 (Anl. K 6) entstanden ist. Dieses genießt nicht nur possessorischen Besitzschutz im Sinne von §§ 1090 Abs. 2, 1029 BGB, dessen Voraussetzungen das Landgericht zutreffend verneint hat. Vielmehr gewährt es auch ein Recht zum Besitz (§§ 1093 Abs. 1 S. 2, 1036 BGB), das von dinglicher, absoluter Natur ist und bei Vorenthaltung einen Anspruch auf Herausgabe sowohl gegen den Eigentümer als auch gegen jeden Dritten begründet (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1036 Rdn. 2). Für den Nießbrauch ist Entsprechendes ausdrücklich geregelt in § 1065 BGB, der in der Aufzählung des § 1093 Abs. 1 S. 2 BGB nicht enthalten ist. Daraus ist für das Wohnungsrecht jedoch nicht zu folgern, dass hier ein Herausgabeanspruch gegen den Eigentümer bei Vorenthaltung nicht bestehe. Vielmehr folgt dieser Anspruch schon aus der entsprechenden Anwendung des § 1036 BGB (so wohl Soergel/Stürner a.a.O.) oder auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 1065 BGB (so Palandt/Bassenge, BGB , 61 Aufl., § 1093 Rdn. 16 m.N.).

Dass der Beklagte sich im unmittelbaren Besitz der Wohnung befindet, hat er nicht bestritten. Ob er auch Erbe geworden und damit das Eigentum erlangt hat, ist ebenso unerheblich wie die Eintragung seines Eigentums in das Grundbuch, da er auch als besitzender Dritter zur Herausgabe verpflichtet ist. Ein Recht des Beklagten zum Besitz gegenüber dem Kläger ist nicht ersichtlich, eine notarielle Vollmacht des Erblassers reicht dazu jedenfalls nicht aus.

Unerheblich ist auch, dass die Wohnung möglicherweise der Verwaltung der Testamentsvollstrecker unterliegt. Ob allein ein Urteil gegen den Beklagten angesichts der Testamentsvollstreckung zur Vollstreckung der Herausgabe ausreicht (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 327 Rdn. 4), braucht hier nicht entschieden zu werden.

Die Nebenentscheidung folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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