Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 5 U 132/03
Rechtsgebiete: ZPO, UWG


Vorschriften:

ZPO § 32
UWG § 24 Abs. 2 Satz 1
1. Isoliert - ohne den entsprechenden Unterlassungsanspruch - geltend gemachte Klagen auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten können selbst dann ebenfalls im Gerichtsstand des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs erhoben werden, wenn der Kläger keine Schadens verursachende Handlung in diesem Bezirk dargelegt hat.

2. Die Annahme einer derartiger Zuständigkeitsregelung rechtfertigt sich zudem unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung der Annexansprüche der zu Grunde liegende Unterlassungsanspruch noch - wenngleich in einem gesonderten Rechtsstreit - in diesem Gerichtsstand anhängig ist.

3. Die (allgemeine) gerichtliche Feststellung der Schadensersatzpflicht aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten erfordert noch keine Überprüfung des Einwands der in Anspruch genommenen Partei, die in Betracht kommenden Ansprüche seien rechtlich nicht durchsetzbar, weil ihnen wegen der konkreten Umstände des Wettbewerbsverstoßes nichtige Vereinbarungen zu Grunde lägen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 132/03

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 3. März 2004

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter

Betz, Rieger, Dr. Koch

nach der am 11. Februar 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 29.04.2003 abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus nachstehend bezeichneter Handlungsweise seit dem 11.06.2002 entstanden ist oder zukünftig entstehen wird, dass die Beklagten:

a. gegenüber dem Buch- und/oder Zeitschriftenhandel mündlich und/oder schriftlich ein Auskunftsersuchen betreffend die Zeitschrift "W." - selbst oder durch Dritte - gestellt haben und in diesem Zusammenhang in Bezug auf die Firma W. Verlag GmbH und deren Geschäftstätigkeit von "fragwürdigen Geschäftspraktiken" oder "diesbezüglichen Vermutungen" die Rede ist, insbesondere, wenn dies geschieht mit Angaben wie:

"In Wahrnehmung unserer satzungsgemäßen Aufgaben befassen wir uns unter anderem mit fragwürdigen Geschäftspraktiken auf dem "Werbeverlagssektor". Dabei stellen wir aus gegebenem Anlass Nachforschungen über die Aktivitäten der Firma W. Verlag GmbH,

Die von diesem Verlag herausgegebene Zeitschrift "W." erscheint monatlich und soll laut Impressum im "ausgewählten Zeitschriftenhandel, insbesondere an Bahnhöfen und Flughäfen" erhältlich sein.

Wir möchten diese Angabe und einige diesbezügliche Vermutungen überprüfen und wären Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie uns den anliegenden Fragebogen ausfüllen und der Einfachheit halber per Telefax an uns zurücksenden wollen..":

und/oder

b. gegenüber den in der Zeitschrift "W. aufgeführten Firmen/Unternehmen mündlich und/oder schriftlich ein Auskunftsersuchen - selbst oder durch Dritte - gestellt haben und in diesem Zusammenhang von der Firma W. Verlag GmbH und deren Geschäftstätigkeit von "fragwürdigen Geschäftspraktiken" die Rede ist, insbesondere, wenn dies geschieht mit Angaben wie in dem nachstehend exemplarisch eingelichteten Schreiben vom 11.06.2002 und dem sich daran anschließenden Fragebogen:

hier folgen im Original ein Anschreiben sowie ein Fragebogen

und/oder

c. Schreiben an die Vertragspartner der Firma W. Verlag GmbH - selbst oder durch Dritte - versandt haben, die den nachfolgenden Text enthielten:

"Unsere Bitte um eine eidesstattliche Versicherung darüber, wie Ihr Unternehmen für ein so genanntes "Firmenportrait" in dem Magazin "W." geworben wurde, dürfen wir hier leider nicht näher erläutern, denn die Firma W. Verlag GmbH hat wegen einer früheren Umfrage eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg erwirkt, mit der uns eben dies untersagt wird.

Gleichwohl hoffen wir, dass möglichst viele von Ihnen unserer Bitte entsprechen werden. Ein Vordruck für Ihre eidesstattliche Versicherung liegt an. In gerichtlichen Auseinandersetzungen müssen eidesstattliche Versicherungen im Original vorgelegt werden. Deshalb bitten wir um Rücksendung per Post.

Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, bitte aber um Verständnis dafür, dass wie uns wegen des einstweiligen gerichtlichen "Maulkorbs" vorübergehend in ungewohnter Zurückhaltung üben müssen."

und/oder

d. ungefragt an Vertragspartner der Firma W. Verlag GmbH - selbst oder durch Dritte - Formulare, die der Abgabe von eidesstattlichen Versicherungen dienen sollen, versandt haben.

2. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der unter Ziffer 1. dargelegten Handlungsweisen seit dem 11.06.2002 unter Angabe der Adressaten der Rundschreiben, der Anzahl der versandten Rundschreiben, des Verbreitungsgebietes sowie des Verbreitungszeitraums.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz wie Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 19.000.- abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für den Rechtsstreit erster und zweiter Instanz auf € 25.000.- festgesetzt. Hiervon entfallen jeweils € 12.500.- auf die Klageansprüche zu 1. und 2..

Gründe:

I.

Die Klägerin gibt in ihrem Verlag die Zeitschrift "W." heraus, die im wesentlichen aus sog. "Firmenporträts" besteht, in denen Unternehmen die Gelegenheit nutzen, sich und ihre Leistungen für gegenwärtige und potenzielle Kunden darzustellen (vgl. Anlage BB1). Zu diesem Zweck können von ihnen in erheblichem Umfang Werbe-Hefte kostenpflichtig erworben werden. Die hierbei von der Klägerin praktizierte Berechnungsart und Preisgestaltung, insbesondere die kostenlose Erstellung der Firmentexte bei Vergütungspflicht der im Zusammenhang damit veröffentlichten Lichtbilder zu Millimeterpreisen nach Höhe/Spalte, hält die Beklagte zu 1. - ein Verein u.a. zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität - für wettbewerbswidrig und ist hiergegen in der Vergangenheit vorgegangen. Der Beklagte zu 2. ist ihr Geschäftsführer, der Beklagte zu 3. ihr Justiziar.

In diesem Zusammenhang hatte sich die Beklagte zu 1. mit Schreiben wie vom 11.06.2002 (Anlage K15) an Vertragspartner der Klägerin und mit weiteren Schreiben wie vom 10.06.2002 (Anlage K14) an Zeitschriftenvertriebsstellen gewandt, diesen Fragebögen (Anlagen K14 und K16) zugesandt und sie um weitere Informationen u.a. zu dem Geschäftsgebaren der Klägerin ersucht. Weiterhin hatte sich die Beklagte nochmals mit Schreiben wie vom 23.07.02 (Anlage K23) an Vertragspartner der Klägerin gewandt, diesen einen Vordruck für eine eidesstattliche Versicherung übersandt und um die Abgabe entsprechender Erklärungen gebeten.

Diese konkrete Vorgehensweise der Beklagten zu 1., deren Schreiben durch ihren Justiziar, den Beklagten zu 3., unterzeichnet waren, hat die Klägerin ihrerseits als wettbewerbswidrig angegriffen. Sie hatte im Juli/August 2002 vor dem Landgericht Hamburg zwei Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter den Aktenzeichen 5 U 21/03 (407 O 126/03 = 315 O 380/02) und 5 U 22/03 (407 O 125/02 = 315 O 439/02) eingeleitet und in beiden Verfahren am 23.10.2002 gegen die Beklagte zu 1. obsiegende Urteile auf Unterlassung erlangt.

Nachdem sich die Beklagte zu 1. in der Sache 5 U 21/03 zu Protokoll der Senatssitzung am 28.08.2003 in der Berufungsinstanz strafbewehrt unterworfen hatte, haben die Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. In der Sache 5 U 22/03 hat die Beklagte zu 1. im Anschluss an die Erörterungen in der Senatssitzung vom 28.08.2003 ihre Berufung ebenfalls Anfang September 2003 zurückgenommen. Zwischenzeitlich, nämlich im Dezember 2002, hatte die Klägerin bereits bei dem Landgericht Hamburg ihre Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung aus Anlass dieser Vorfälle anhängig gemacht, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind.

Die Klägerin hatte beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht Hamburg hat die auf der Grundlage dieser Anträge erhobene Klage mit Prozessurteil vom 29.04.2003 wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit zurück gewiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin verfolgt ihr Klagebegehren weiter und vertieft ihren Sach- und Rechtsvortrag zu der im Bezirk des Landgerichts Hamburg begründeten örtlichen Zuständigkeit. Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Landgericht Hamburg war für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig. Die Klage ist deshalb unzutreffend mit Prozessurteil zurückgewiesen worden. Von einer Zurückweisung des Rechtsstreits an das Landgericht gem. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO sieht der Senat ab und entscheidet in der Sache selbst. Die Beklagten sind auf der Grundlage der geltend gemachten Anträge zur Auskunftserteilung zu verurteilen. Darüber hinaus ist ihre Verpflichtung zur Schadensersatzleistung festzustellen.

1. Das Landgericht Hamburg war zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig als Gericht des Begehungsortes.

a. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann es dahinstehen, ob der klägerische Anspruch aus Wettbewerbsrecht oder sonstigen Rechtsgrundlagen begründet ist. Denn die insoweit allein einschlägigen §§ 24 Abs. 2 Satz 1 UWG, 32 ZPO unterscheiden sich in den für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Anspruchsvoraussetzungen nicht. In beiden Fällen ist gleichermaßen "nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist". Dies ist auch das Landgericht Hamburg.

b. Allerdings weisen die Beklagten zutreffend darauf hin, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass im Bereich dieses Gerichts eine schadensverursachende Handlung vorgenommen worden sei. Dieser Umstand mag - ohne dass der Senat dies abschließend zu beurteilen hat - einer bezifferten Schadensersatzklage vor einem Hamburger Gericht entgegen stehen. Es hindert jedoch nicht den Antrag auf die Feststellung des Bestehens einer allgemeinen Schadensersatzpflicht. Denn dieser Antrag geht von anderen Voraussetzungen aus.

aa. Für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch ist der Gerichtsstand des Begehungsortes begründet, sofern die Begehung der unerlaubten Handlung in dem betreffenden Gerichtsbezirk ernsthaft droht (Stein-Jonas-Schumann, ZPO, 21. Auflage, § 32 ZPO Rz. 26, Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Auflage, § 32 ZPO, Rz. 16; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 24 Rdn. 14; BGH GRUR 94, 530, 532 - Beta). Dieser allgemeine Grundsatz entspricht herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Von diesem zutreffenden Ausgangspunkt gehen ersichtlich auch die Beklagten aus. Denn sie haben sich in den Parallelrechtsstreitigkeiten 5 U 21/03 und 5 U 22/03 ihrer Inanspruchnahme vor Hamburger Gerichten auf Unterlassung zu Recht nicht widersetzt, insbesondere die Klägerin nicht auf eine Klage an ihrem allgemeinen Gerichtsstand gem. §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO verwiesen.

bb. Dieselben Grundsätze zur örtlichen Zuständigkeit gelten auch für den Auskunftsanspruch sowie den Anspruch auf Schadensersatzfeststellung, obwohl es insoweit nicht in erster Linie um die Abwehr einer in Zukunft erst drohenden Handlung, sondern um die Aufklärung in der Vergangenheit bereits begangener Verletzungshandlungen geht. Die gegenteilige Auffassung des Landgerichts teilt der Senat nicht. Diese "Annexansprüche" entsprechen in ihrer zuständigkeitsrelevanten Struktur dem Unterlassungsanspruch, auf den sie sich beziehen, und folgen ihm deshalb auch in seinem Gerichtsstand. Denn bei der Verfolgung eines (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs hat der Gläubiger entweder noch überhaupt keine Kenntnis von bereits begangenen Verletzungshandlungen (sondern nur von deren Absicht) oder ihm sind nur einzelne Handlungen bekannt. Er kennt jedoch nicht das Ausmaß der bereits stattgefundenen oder intendierten Rechtsverletzung. In allen diesen Fällen dient die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs dem Ziel, dem Gläubiger die Kenntnis der rechtsgutverletzenden Eingriffe - und damit der Begehungsorte schadensersatzbegründender Handlungen - überhaupt erst zu verschaffen. Selbst wenn der Gläubiger - wie hier die Klägerin - von einzelnen Verstößen bereits Kenntnis erlangt haben sollte, entspricht es seinem legitimen Rechtsschutzinteresse, zunächst das tatsächliche Ausmaß der Rechtsverletzungen zu erfahren, um sodann eine Entscheidung zu treffen, ob, in welchem Umfang und in welchem Gerichtsstand er bezifferte Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger geltend machen will.

cc. Deshalb kann für die gerichtliche Verfolgung des Auskunftsanspruchs nichts anderes gelten wie für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch. Gerade weil bei Anspruchserhebung noch unklar ist, ob, an welchen Orten und in welchem Umfang Verletzungen stattgefunden haben, muss es dem Geschädigten auch insoweit möglich sein, seine Klage in jedem Gerichtsstand zu erheben, in dem die Begehung ernsthaft und unmittelbar droht. Auch die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin habe notfalls von sich aus an ihre Kunden herantreten und in Erfahrung bringen müssen, welche von ihnen von den Beklagten angeschrieben worden sind, teilt der Senat nicht. Hierdurch würde der Klägerin zugemutet, den bereits eingetretenen Schaden durch eigene Aktivitäten möglicherweise noch auszuweiten.

dd. Entsprechende Überlegungen gelten für den Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht. Denn dieser knüpft - anders als der bezifferte Schadensersatzanspruch - nicht an eine konkret bereits begangene Verletzungshandlung, sondern an alle diejenigen Verletzungshandlungen an, die durch den verfolgten Unterlassungsanspruch verwirklicht worden und durch den Auskunftsanspruch noch zu spezifizieren sind. Auch insoweit besteht eine unmittelbare inhaltliche Verknüpfung zu dem Unterlassungsanspruch, die es aus Sicht des Senats nicht nur als angebracht, sondern als geboten erscheinen lässt, für die Bestimmung des Gerichtsstandes für diesen Anspruch die selben Grundsätze wie für den Gerichtsstand der (vorbeugenden) Unterlassungsklage anzuwenden. Bei dem Anspruch betreffend die Schadensersatzpflicht handelt es sich ebenfalls um eine in die Zukunft gerichtete Feststellung zu einer im Zeitpunkt des Urteilsausspruchs nach Ort, Zeit und Häufigkeit noch unbestimmten Vielzahl von Einzelhandlungen. Diese andersartige Struktur unterscheidet die (allgemeine) Feststellung einer Schadensersatzpflicht nach § 256 ZPO grundlegend von der Erhebung eines bezifferten Anspruchs auf Leistung einer Geldentschädigung aus Anlass eines konkreten Verletzungsfalls und rechtfertigt eine unterschiedliche Anknüpfung für die Bestimmung des Gerichtsstandes im Rahmen von § 32 ZPO. Ebenso wie bei der vorbeugenden Unterlassungsklage rechtfertigt es die Ungewissheit über die Vielzahl der potenziellen Handlungsorte nicht, den Verletzten auf eine Anspruchsverfolgung ausschließlich im allgemeinen Gerichtsstand gem. §§ 12, 17 Abs. 1 ZPO zu beschränken. Entsprechend werden die Annexansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung im Regelfall auch unbeanstandet mit dem Unterlassungsanspruch in ein und demselben Gerichtsstand geltend gemacht. Nichts anderes kann gelten, wenn die isolierte Anspruchsverfolgung der Annexansprüche in Frage steht, weil der Unterlassungsantrag entweder bereits rechtshängig gemacht worden oder eine außergerichtliche Unterwerfung erfolgt ist.

ee. Die vorstehenden Ausführungen zu dem Gerichtsstand für den Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gelten für die hier vorliegende Sachverhaltsgestaltung, in der die dieser Anspruch zugleich mit dem Anspruch auf Auskunftserteilung geltend gemacht wird. Die Frage, was zu gelten hat, wenn der Schadensersatzfeststellungsantrag für sich allein gestellt wird, hat der Senat im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht zu entscheiden.

2. Dementsprechend - aber rechtlich unabhängig von den vorstehenden Ausführungen - erscheint dem Senat im vorliegenden Rechtsstreit eine Klageerhebung vor dem Landgericht Hamburg auch unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs aus prozessökonomischen Gründen sowie zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen als geboten. Die Klägerin hatte ihre Unterlassungsklage zulässigerweise im Juli/August 2002 vor dem Landgericht Hamburg erhoben und hierzu am 23. Oktober 2002 obsiegende Urteile erstritten. Im Hinblick auf die kurze wettbewerbsrechtliche Verjährungsfrist aus § 21 Abs. 1 UWG hatte sie Veranlassung, ihre Folgeansprüche bereits vor rechtskräftigem Abschluss der Verfügungsverfahren rechtshängig zu machen, wenn die Beklagten nicht zu einem vorübergehenden Verzicht auf die Verjährungseinrede bereit waren. Da die Unterlassungsansprüche noch vor einem Hamburger Gericht anhängig waren, hätte die Erhebung der Auskunftsklage und der Schadensersatzfeststellung in einem anderen Gerichtsstand nicht nur eine Mehrfachbefassung, sondern vor allem die Gefahr widerspechender Entscheidungen mit sich gebracht. Denn der materielle Anspruch war für den Unterlassungsanspruch in gleicher Weise zu prüfen wie für den Auskunftsanspruch bzw. den Anspruch auf Schadensersatzfeststellung. Diese Umstände lassen aus Sicht des Senats im konkreten Einzelfall eine Zuständigkeitskonzentration bei dem Landgericht Hamburg zusätzlich als geboten erscheinen.

3. Es besteht keine Veranlassung, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Rechtsstreit gem. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen. Es erscheint dem Senat vielmehr angemessen und geboten, sogleich in der Sache selbst zu entscheiden. Der Rechtsstreit ist von den Parteien schriftsätzlich umfassend vorbereitet worden und entscheidungsreif. Zwar verlieren die Beklagten durch eine unmittelbare Sachentscheidung des Senats zu der Frage der Begründetheit des Anspruchs im Ergebnis eine Gerichtsinstanz. Hierdurch wird die Möglichkeit ihrer Rechtsverteidigung aber in keiner Weise eingeschränkt. Denn die Beklagten wenden sich - wie noch auszuführen sein wird - gegen ihre Pflicht zur Auskunftserteilung im Ergebnis ohnehin nicht. Zu der Frage der Feststellung einer Schadensersatzpflicht steht auf der Grundlage des Parteivortrags einzig die Rechtsfrage zur Entscheidung, in welchem Umfang etwaige Mängel einer Rechtsgrundlage des materiellen Schadensersatzspruchs bereits das Interesse an der Feststellung des Bestehens einer Schadensersatzpflicht i.S.v. § 256 ZPO entfallen lassen. Für die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist nicht zu erwarten, dass bei einer Zurückverweisung an das Landgericht weitergehende entscheidungserhebliche Angriffs- und Verteidigungsmittel von den Parteien vorgebracht werden, so dass der Senat bereits jetzt eine eigene Sachentscheidung treffen kann.

III.

Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht sind auch in der Sache selbst begründet.

1. Die Wettbewerbswidrigkeit des von der Klägerin angegriffenen Verhaltens der Beklagten zu 1. durch die aus den Anlagen K13 bis K16 sowie K23 ersichtlichen Schreiben nebst Fragebögen/Vordrucken steht zwischen den Parteien im Ergebnis nicht im Streit. Auch die Beklagten nehmen nicht mehr in Abrede, dass jedenfalls die konkrete Form ihrer Auskunftsbegehren - mag ihnen auch ein berechtigtes Anliegen zu Grunde gelegen haben - von der Klägerin zu Recht als wettbewerbswidrig angegriffen worden ist. Dementsprechend hatte die Beklagte zu 1. die Klägerin in beiden Verfügungsverfahren 5 U 21/03 und 5 U 22/03 bereits im August/September 2003 insoweit durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung (5 U 21/03) bzw. Rücknahme der Berufung (5 U 22/03) hinsichtlich der erhobenen Unterlassungsanträge streitfrei gestellt.

Der Beklagte zu 2. ist in gleichem Umfang als Geschäftsführer der Beklagten zu 1., der Beklagte zu 3. als deren im Rahmen der Verletzungshandlungen unmittelbar im Außenverhältnis handelnder Justitiar zur Unterlassung verpflichtet.

2. Vor diesem Hintergrund streiten die Parteien in der Sache letztlich auch nicht darüber, dass die Beklagten zur Auskunftserteilung in dem geltend gemachten Umfang verpflichtet sind. Dies hat der Beklagten-Vertreter in der Senatssitzung am 11.02.2004 noch einmal klargestellt. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB besteht im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang eines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (BGH WRP 02, 715, 716 - Musikfragment; BGH GRUR 01, 841, 842 - Entfernung der Herstellungsnummer II; BGHZ 10, 385, 387). Erforderlich ist weiterhin, dass sich der Berechtigte die zur Vorbereitung und Durchführung seines Zahlungsanspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und dass ein Eingriff in die Rechte des Auskunftsberechtigten bereits stattgefunden hat (BGH GRUR 02, 238, 242 - Nachbau-Auskunftspflicht). So liegt der Fall hier, wobei die Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung nicht nur zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs begründet ist. Aufgrund der Besonderheiten der wettbewerbswidrigen Eingriffe benötigt die Klägerin die begehrten Auskünfte auch unabhängig von der Verfolgung finanzieller Ausgleichsansprüche, um ihrerseits an diejenigen (ehemaligen) Kunden herantreten zu können, die von der Beklagten zu 1. angeschrieben worden waren, um zur Abwendung weiteren geschäftlichen Schadens den Sachverhalt richtig stellen zu können. U.a. beinhaltete der Hinweis der Beklagte zu 1. auf ihren Briefbögen auf ihren "Kampf gegen Wirtschaftskriminalität" ein erhebliches Potenzial an Rufschädigung für die Klägerin. Auch ein darauf gerichtete Auskunftsinteresse ist über § 242 BGB gedeckt.

3. Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatzfeststellung ist ebenfalls begründet.

a. Voraussetzung für die Feststellung der Schadenersatzverpflichtung ist nach allgemeinen Grundsätzen lediglich, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens dargelegt wird (BGH WRP 99, 530 - Cefallone). An diese Darlegungen werden in der Rechtsprechung grundsätzlich keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, dass nach der Lebenserfahrung der Eintritt eines Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür bedarf es nicht (BGH GRUR 00, 907, 911 - Filialleiterfehler; BGH GRUR 95, 744 - Feuer, Eis & Dynamit).

b. Diese Voraussetzungen sind vorliegend ohne weiteres erfüllt. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die in Frage stehenden rufschädigenden Äußerungen der Beklagten zu 1. eine erhebliche Schadenswahrscheinlichkeit in sich tragen, denn es ist bei einem Wettbewerbsverhalten der angegriffenen Art stets zu befürchten, dass sich angesichts der Behauptungen der Beklagten zu 1. in nicht unerheblichem Umfang Kunden von der Klägerin ab- und einem Wettbewerber zuwenden. Die Klägerin hatte dem Senat bereits in den Sachen 5 U 21/03 und 5 U 22/03 nachgewiesen, dass sie mit dem Magazin "W." auch im Jahr 2003 unverändert im geschäftlichen Verkehr vertreten war. Die Behauptung der Beklagten zu einer Einstellung der Aktivitäten bereits Anfang 2002 hatte damit keine Bestätigung gefunden.

aa. Die Frage, ob eine wiederholte Auftragserteilung von Firmenporträts überhaupt zu erwarten ist, d.h. ob diejenigen Kunden, die in der Vergangenheit ihr Unternehmen im "W." vorgestellt haben, auch als zukünftige potenzielle Kunden anzusehen sind, hat der Senat nicht im Zusammenhang mit der Feststellung der Schadensersatzpflicht zu beantworten. Denn eine solche Frage lässt sich nur in Kenntnis näherer Einzelheiten der jeweiligen Geschäftsbeziehungen sowie der konkreten Kundenstruktur der Klägerin beurteilen. Zur Offenbarung derart sensibler firmeninterner Daten hat die Klägerin für die grundsätzliche Feststellung der Schadensersatzpflicht weder eine Veranlassung noch ist ihr dies angesichts des vorangegangenen Verhaltens der Beklagten zuzumuten. Hierfür besteht allerdings Veranlassung im Falle der Bezifferung eines konkreten Schadensersatzanspruchs.

bb. Ebenfalls keiner Entscheidung im Rahmen dieses Rechtsstreits bedarf die Behauptung der Beklagten, der Klägerin könne schon deshalb unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Schaden entstanden sein, weil ihre vermeintlichen Vergütungsansprüche wettbewerbswidrig redaktionell getarnte Werbeanzeigen beträfen und deshalb gem. § 134 BGB (zum Beispiel i.V. m. § 10 PresseG NW) nichtig seien. Auch diesem Einwand der Beklagten hat der Senat jedenfalls nicht im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten nachzugehen. Zwar mag es sein, dass sich ein solcher Einwand der Beklagten im konkreten Einzelfall als berechtigt erweisen kann. Deshalb fehlt es der Klägerin aber nicht an dem im Rahmen von § 256 Abs. 1 ZPO vorausgesetzten Feststellungsinteresse. Denn der Senat kann und muss im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht beurteilen, ob sich die von dem Wettbewerbsverhalten der Beklagten gefährdete Geschäftstätigkeit der Klägerin ausschließlich auf solche Vorgänge beschränkt, für die ihr nach Meinung der Beklagten Vergütungsansprüche ohnehin nicht zustehen. Im übrigen stellt sich dann - die Richtigkeit der Darlegungen der Beklagten unterstellt - die Frage, ob die Leser als angesprochene Verkehrskreise in einem solchen Fall einen offensichtlich im Vordergrund stehenden "Werbecharakter" des Magazins "W.s" nicht auch ohne weiteres erkennen und aus diesem Grunde die von den Beklagten zitierten Grundsätze zur Beurteilung redaktionell getarnter Werbung einer differenzierten Betrachtung bedürfen. Auch insoweit gilt, dass die damit zusammenhängenden Rechtsfragen ausschließlich auf der Grundlage umfassender Darlegungen im tatsächlichen Bereich zu Struktur, Zielgruppe, Kundenkreis usw. des Magazins "W." entschieden werden können, zu deren Vertiefung aus den genannten Gründen im Rahmen des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (noch) keine Veranlassung besteht. Diesen Fragen ist erst im Zusammenhang mit der Bezifferung eines konkreten Schadensersatzanspruchs nachzugehen. Die von den Beklagten genährten Zweifel hindern die Feststellung des Bestehens einer (grundsätzlichen) Schadensersatzpflicht hingegen nicht.

c. Der Feststellungsanspruch hinsichtlich der Schadensersatzpflicht beschränkt sich - wie der Auskunftsanspruch - auf die Zeit nach der ersten nachgewiesenen Verletzungshandlung. Die Klägerin hatte ihren Auskunftsanspruch entsprechend zutreffend auf die Zeit seit dem 11.06.2002 beschränkt (vgl. BGH GRUR 88, 307, 308 - Gaby). Eine entsprechende zeitliche Schranke gilt für den Feststellungsanspruch, ohne dass hiermit ein kostenrelevantes Teilunterliegen verbunden wäre.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

Zurück