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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 5 U 174/06
Rechtsgebiete: UWG, UmwandlG


Vorschriften:

UWG § 4 Nr. 4
UWG § 8 Abs. 2
UmwandlG § 20 Abs. 1
1. Wird eine Aktiengesellschaft, die wegen eines in ihrem Unternehmen begangenen Wettbewerbsverstoßes auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, während des Rechtsstreits auf eine andere Aktiengesellschaft verschmolzen, haftet die übernehmende Aktiengesellschaft als Rechtsnachfolgerin gemäß § 20 Abs.1 UmwandlG nicht unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch . Hierbei handelt es sich um einen tatsächlichen Umstand, der nicht auf den Rechtsnachfolger übergeht.

2. Gegen den Rechtsnachfolger kann der Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstgehungsgefahr begründet sein, sofern der Verletzte seinen Anspruch, ggf. hilfsweise, auch hierauf stützt. Ob eine Erstbegehungsgefahr besteht, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei kann z.B. zu berücksichtigen sein, dass trotz der formellen Umwandlung das Unternehmen in personeller und sachlicher Hinsicht.unverändert fortgeführt wird.

3. Hängt bei einer einseitigen Erledigungserklärung die Frage der Erledigung von einer umstrittenen Rechtsfrage ab und sind die Umstände, die zu einer Erledigung führen können, von dem Beklagten herbeigeführt worden, kann der Kläger auch hilfsweise die Hauptsache einseitig für erledigt erklären. Ist entsprechend dem Hilfsantrag die Erledigung der Hauptsache festzustellen und war die Klage ursprünglich zulässig und begründet, sind die Kosten vollständig dem Beklagten aufzuerlegen, da der Wert des Hilfsantrags auf Feststellung der Erledigung nicht hinter dem des Hauptantrags zurückbleibt.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 174/06

Verkündet am: 11. Juli 2007

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter

Betz, Rieger, Dr. Koch

nach der am 27. Juni 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Kammer 6 für Handelssachen - vom 1.9.2006 teilweise geändert:

Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit zu Ziff.b und c der einstweiligen Verfügung vom 15.6.2006 in der Hauptsache erledigt hat. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Internetdienstleistungen, insbesondere dem Angebot von DSL-Internetzugängen. Die Antragstellerin beanstandet eine Werbung der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, der AG, für ein DSL-Testpaket als wettbewerbswidrig und hat die AG deshalb im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die AG bewarb das Testpaket sowohl im Internet als auch mittels eines mehrseitigen Kataloges.

Die Antragstellerin erwirkte unter dem 15.6.2006 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, mit der AG verboten worden ist,

a) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Aussage "DSL testen - 3 Monate für einmalig Euro 9,90 !**", wie nachstehend wiedergegeben, zu werben, wenn das Angebot nur unter bestimmten Bedingungen gilt und ein Erläuterungstext zu den beiden Sternchen bei Aufrufen des entsprechenden Angebotes nicht auf der Bildschirmseite gegeben wird:

b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Prospekten DSL-Pakete unter Herausstellung von Preisen zu bewerben, die nur unter bestimmten Bedingungen gelten, wenn die Auflösung des Sternchenhinweises am linken Rand des Titelblattes in vertikaler Schrift erfolgt, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben, und/oder wenn die Bedingungen der Inanspruchnahme auf der Seite, auf der das jeweilige Angebot abgedruckt ist, nicht selbst angegeben werden:

c) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ein DSL-Testpaket mit der Aussage "Inkl. unbegrenzten Surfens", wie nachstehend wiedergegeben, zu bewerben, wenn der Kunde nach Ablauf der Testphase nur einen Volumentarif erhält:

Auf den Widerspruch der AG ist die einstweilige Verfügung mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1.9.2006 bestätigt worden. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung hat die AG das Urteil insoweit angegriffen, als die einstweilige Verfügung zu Ziff.b) und Ziff.c) des Verbots bestätigt worden ist, d.h. es geht in der Berufung nur noch um die Prospektwerbung. Im Laufe des Berufungsverfahrens, mit Wirkung zum 2.3.2007, ist die AG auf die jetzige AG verschmolzen worden. Diese begehrt eine Änderung des landgerichtlichen Urteils dahingehend, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben und der ihr zugrunde liegende Antrag zurückgewiesen wird.

Sie macht geltend, dass der Unterlassungsantrag inzwischen bereits deshalb unbegründet geworden sei, weil sie als Rechtsnachfolgerin nicht für Wettbewerbsverstöße ihrer Rechtsvorgängerin unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr hafte. Auch eine Erstbegehungsgefahr sei nicht gegeben. Sie erkläre ausdrücklich, die streitgegenständlichen Aussagen in der Werbung nicht zu verwenden.

In der Sache selbst rügt sie hinsichtlich Ziff.b) der einstweiligen Verfügung die mangelnde Bestimmtheit des Verbots und die Unklarheit des Verhältnisses der in dieser Ziffer zusammengefassten beiden Handlungsalternativen ("und/oder"). Auch habe das Landgericht den Streitgegenstand verkannt. Dieser betreffe nicht eine etwaige Irreführung des Publikums über die Bedingungen des Testangebots, sondern ziele darauf ab, dass sämtliche Bedingungen des Testangebots auf der Frontseite des Katalogs genannt würden.

Im Übrigen wiederholt und vertieft die Antragsgegnerin den erstinstanzlichen Vortrag ihrer Rechtsvorgängerin, der im Wesentlichen dahin geht, dass der Verkehr die Frontseite als unvollständige Vorankündigung des Testangebots verstehe und auch die Innenseiten des Katalogs zur Kenntnis nehme, auf deren Seiten 4 und 5 sämtliche Bedingungen ausreichend erläutert würden.

Hinsichtlich des Verbots zu Ziff. c) ist die Antragsgegnerin der Auffassung, dass entgegen dem Landgericht eine Erwartungshaltung des Verkehrs nicht bestehe, eine während der Dauer des Testangebots gewährte Flatrate werde auch bei Übergang in ein reguläres Vertragsverhältnis weiter bestehen bleiben. Der Verkehr rechne vielmehr durchaus auch damit, dass dann ein sog. Volumentarif Anwendung finde Dieser sei für die meisten Verbraucher ohnehin günstiger als eine Flatrate.

Die Antragsgegnerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe.

II.

Die zulässige Berufung ist im erkannten Umfang begründet. Zwar hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 15.6.2006 zu Recht bestätigt, denn der Verfügungsanspruch der Antragstellerin war gegenüber der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin begründet. Dieser Anspruch ist jedoch mit dem Erlöschen der AG infolge der Verschmelzung auf die Antragsgegnerin untergegangen. Gegenüber der jetzigen Antragsgegnerin besitzt die Antragstellerin keinen Verfügungsanspruch mehr, so dass auf ihren Hilfsantrag die Erledigung der Hauptsache festzustellen war. Im Einzelnen :

1. Zum Streitgegenstand :

a) Gegenstand des Verfügungsantrags zu Ziff.b) ist das Verbot, in Prospekten DSL-Pakete unter Herausstellen von Preisen zu bewerben, die nur unter bestimmten Bedingungen gelten, und zwar entweder

- durch Auflösung des Sternchenhinweises am linken Rand des Titelseite in vertikaler Schrift wie auf der Titelseite des Werbeprospekts Anlage Ast.2

- oder wenn die Bedingungen der Inanspruchnahme nicht auf der Titelseite selbst angegeben werden .

Dabei sollen sich beide Verbotsalternativen auf die konkrete Verletzungsform des Prospekts Anlage Ast.2 beziehen und auch beschränken, wie die Parteien in der Widerspruchsverhandlung vor dem Landgericht übereinstimmend klargestellt haben ( Bl.85 unten ). Damit erledigt sich die Rüge der Berufung, das Verbot sei zu unbestimmt, denn aus der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform, allerspätestens aber durch Heranziehung der Antragsschrift , ergibt sich mit ausreichender Deutlichkeit, dass es um diejenigen Bedingungen des DSL-Pakets geht, die nicht auf der Titelseite des Prospekts, sondern erst auf den Innenseiten 4/5 genannt sind, nämlich um den Übergang des Testangebots in ein Vertragsverhältnis von 24 Monaten mit weiteren Zahlungsverpflichtungen und einem geänderten Tarif - Volumentarif statt Flatrate - , sofern nicht während der Testlaufzeit gekündigt wird, und ferner um die Verpflichtung zur Rücksendung des DSL-Modems oder zur Zahlung von € 99,- im Falle der Kündigung. Auch ist damit klar, welches Angebot mit dem Begriff "DSL-Paket" in dem Verbotstenor gemeint ist, denn die einzelnen Komponenten sind auf der Titelseite des Prospekts aufgeführt und diese ist Teil des Verbotstenors.

Schließlich ist entgegen den Ausführungen der Berufung nicht ersichtlich, weshalb das Verhältnis der beiden Verbotsalternativen unklar sein soll. Die erste Alternative bezieht sich auf die Art und Weise der Auflösung der Sternchen an dem Slogan " 3 Monate DSL testen* " und " € 9,90* ", die zweite Alternative auf die Vollständigkeit der Bedingungen.

b) Gegenstand des Antrags zu Ziff.c) ist das Verbot, ein DSL-Paket mit der Aussage "inklusive unbegrenzten Surfens", wie auf der Titelseite der Anlage Ast.2 wiedergegeben, zu bewerben, wenn der Kunde nach der Testphase nur einen Volumentarif erhält. Auch dieses Verbot ist nur auf die konkrete Verletzungsform, nämlich die Titelseite des Werbeprospekts der Antragsgegnerin bezogen.

2. Zum Antrag zu b) :

a) Die Antragstellerin hat ihren Unterlassungsantrag zu Ziff.b) in beiden Alternativen auf § 4 Nr.4 UWG und § 4 Nr.11 UWG i.V.m. § 1 Abs.1, 6 PangV gestützt, und zwar mit der Begründung, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Testpakets in räumlichem Zusammenhang mit der Werbung auf der Titelseite deutlich lesbar und vollständig hätten genannt werden müssen. Demgegenüber hat das Landgericht die Antragsgegnerin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer irreführenden Blickfangwerbung, also nach § 5 Abs.1 Nr.2 UWG verurteilt.

Damit hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Berufung nicht den Streitgegenstand verkannt. Denn die Vorschriften der § 4 Nr.4 UWG und § 5 UWG können nebeneinander anwendbar sein, wenn es um die blickfangmäßige Bewerbung von Verkaufsförderungsmaßnahmen im Sinne des § 4 Nr.4 UWG und die Vollständigkeit der Aufklärung über die Bedingungen ihrer Inanspruchnahme geht ; sowohl § 5 als auch § 4 Nr.4 UWG sollen das sog. Transparenzgebot im Verbraucherinteresse sicher stellen ( vgl. Harte-Henning-Bruhn, UWG, § 4 Rn.4 und 60 ). Der Verbraucher soll "klar und eindeutig" ( § 4 Nr.4 UWG ), also nicht missverständlich oder an versteckter Stelle darüber informiert werden, unter welchen Voraussetzungen er eine Verkaufsförderungsmaßnahme wahrnehmen kann ( Harte-Henning-Bruhn a.a.O. Rn.60 ). Damit soll zugleich eine Irreführung des Verbrauchers im Sinne des § 5 Abs.1 Nr.2 UWG verhindert werden.

Selbst wenn man aber der Auffassung der Berufung folgen wollte, dass eine Irreführung des Verkehrs nicht Streitgegenstand des Verfahrens geworden ist, war der Unterlassungsantrag zu Ziff.b) ursprünglich auch nach § 4 Nr.4 UWG begründet, wie nachfolgend näher ausgeführt wird.

b) Vorliegend handelt es sich um die blickfangmäßige Bewerbung einer Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne des § 4 Nr.4 UWG : Etwa in der Mitte der Titelseite des streitgegenständlichen Prospekts stehen die Worte "3 Monate DSL testen !" und - weiter unten - der Preis "€ 9,90". Beide Angaben werden durch die großen, schräg gestellten roten Buchstaben bzw. Zeichen auf gelbem Grund besonders hervorgehoben und fallen als erstes ins Auge. Das Charakteristische dieser Verletzungsform kommt im Verfügungsantrag durch die Worte "unter Herausstellung von Preisen" zum Ausdruck.

Es handelt sich bei der Bewerbung des DSL-Pakets um eine Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne § 4 Nr.4 UWG, nämlich um einen zeitlich befristeten Preisnachlass zu Testzwecken. Dass die regulären Preise der Antragsgegnerin für die während des Testzeitraums gewährten Leistungen wesentlich höher sind und das Testangebot zeitlich befristet war - bis 31.5.2006 - ist den Seiten 4 und 5 des Prospekts zu entnehmen.

c) Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen blickfangmäßig herausgestellte Angaben - sowohl unter dem Gesichtspunkt der Irreführung als auch bei Verkaufsförderungsmaßnahmen s.o. - für sich genommen nicht unrichtig oder für den Verkehr auch nur missverständlich sein. Eine irrtumsausschließende Aufklärung kann in solchen Fällen nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teilhat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt ( BGH GRUR 2003,249 - Preis ohne Monitor ).

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Werbung auf der Titelseite des Prospekts jedenfalls von einem rechtlich erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs dahingehend verstanden werden kann, seine Verpflichtungen bei Inanspruchnahme des DSL-Test-Pakets beschränkten sich auf die einmalige Zahlung von € 9,90 . Diesen Ausführungen schließt sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen an. Ein solches Verständnis wird nicht nur durch die Formulierung "einmalig € 9,90 ohne Extrakosten" gefördert, sondern auch durch die Überschrift des Angebots mit "Null Risiko". Die Bestellung des Testpakets beinhaltet indessen durchaus ein Risiko, insbesondere wird das Erfordernis einer Kündigung zur Vermeidung der 24-monatigen Vertragslaufzeit erfahrungsgemäß leicht übersehen oder vergessen.

Bei dem Umstand, dass sich an die dreimonatige Testphase zum Preis € 9,90 ein Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten zum Preis von monatlich € 19,90 anschließt, handelt es sich zugleich um "Bedingungen" für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne des § 4 Nr.4 UWG. Der Begriff ist weit zu verstehen. Er bezieht sich nicht nur auf die Berechtigung zu Inanspruchnahme, sondern auch auf ihre Modalitäten ( Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23.Aufl., § 4 Rn.4.9 ). Dazu gehört die Dauer eines Vertrages, der abgeschlossen wird, wenn sich der Verbraucher zur Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme entschließt. Dazu gehört ferner die Übernahme der weiteren Verpflichtung, im Falle einer Kündigung das DSL-Modem an die Antragsgegnerin zurück zu schicken oder hierfür € 99.- zu bezahlen.

Da die Werbung der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin - wie ausgeführt - dahin missverstanden werden konnte, dass der Verbraucher keine weiteren Verpflichtungen eingeht als die einmalige Zahlung von € 9,90, war sie nach der Rechtsprechung verpflichtet, über diese Verpflichtungen durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis aufzuklären, der am Blickfang der Werbung teilhatte. Der Hinweis hätte leicht auffindbar, insbesondere der Blickfangwerbung räumlich zugeordnet und inhaltlich vollständig sein müssen.

Vorliegend ist weder das eine noch das andere erfüllt, so dass der Unterlassungsantrag zu Ziff b) in beiden Alternativen begründet war : Die Auflösung der Hinweissternchen erfolgt in kaum noch lesbarer Schrift vertikal am Prospektrand und ist erst nach längerem Suchen auffindbar; jedenfalls rechtlich erheblichen Teilen des Verkehrs wird sie gänzlich entgehen, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Verkehr die Einzelheiten einer Prospektwerbung noch eher wahrnimmt als die Einzelheiten etwa einer Fernsehwerbung. Angesichts der Fülle der Werbebeilagen und Prospekte, mit denen der Verbraucher täglich konfrontiert wird, werden auch Prospektwerbungen mindestens von rechtlich erheblichen Anteilen des Verkehrs nicht eingehend studiert, sondern eher flüchtig zur Kenntnis genommen. Dies kann der Senat aus eigener Sachkenntnis beurteilen, da seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Die Aufklärung erfolgt darüber hinaus nicht vollständig, sondern verweist auf den Innenteil des Prospekts. Auch dies hält der Senat für unzureichend. Für den vergleichbaren Fall, dass auf der Titelseite eines Prospekts lediglich ein Bestandteil eines Kopplungsangebots aus DSL-Flatrate, DSL-Anschluss und ISDN-Anschluss beworben worden ist - nämlich nur die DSL-Flatrate - hat der Senat bereits entschieden, dass auch die Preise der übrigen Komponenten - DSL-Anschluss und ISDN-Anschluss - auf der Titelseite genannt werden müssen und eine Fußnote, die auf Innenseiten des Prospekts verweist, unzureichend ist ( Senat OLGRep 07,195 und MD 07,129 - Operation Preis ). Vorliegend handelt es sich um eine vergleichbare Konstellation.

d) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Berufung, die Angaben auf der Titelseite des Prospekts seien erkennbar vorläufig und der Verkehr werde daher auch die Innenseiten zur Kenntnis nehmen, auf denen die erforderliche Aufklärung zu finden sei. Dies gilt jedenfalls nicht, soweit es sich darum handelt, dass die Inanspruchnahme des Testpakets über die einmalige Zahlung von € 9,90 hinaus weitere Verpflichtungen des Verbrauchers auslöst.

Allerdings hatte sich der Senat in der als Anlage Ag 3 vorgelegten Entscheidung vom 7.6.2006 ( Aktz.5 W 76/06 ) bereits einmal mit dem fraglichen Prospekt beschäftigt, und zwar unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung über die Verfügbarkeit des Angebots durch den ebenfalls auf der Titelseite befindlichen Slogan "Deutschland geht Breitband". In dieser Entscheidung hatte der Senat eine Irreführung hierüber mit der Begründung verneint, dass die Titelseite erkennbar unvollständig sei und der Verkehr die beschränkte Verfügbarkeit aus den Informationen im Innenteil des Prospekts zur Kenntnis nehmen werde. Die damalige Entscheidung hält der Senat bezüglich der Verfügbarkeit des Angebots weiterhin für zutreffend. Vorliegend geht es jedoch die Verpflichtungen, die der Verbraucher eingeht, wenn er das Testpaket in Anspruch nehmen will. Insoweit werden jedenfalls rechtlich erhebliche Anteile des Verkehrs die Titelseite des Prospekts nach der vorstehend erörterten Gesamtaufmachung nicht nur als vorläufige Ankündigung verstehen.

Auch die als Anlage Ag 2 vorgelegte Entscheidung des 3.Zivilsenats dieses Gerichts rechtfertigt keine andere Beurteilung, da der zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hiesigen nicht vergleichbar ist : Dort wurden auf der Titelseite eines Werbeprospekts verschiedene Einzelkomponenten aus insgesamt fünf "Vorteilspaketen" beworben. Dort war für den Verkehr erkennbar, dass die Titelseite den Angebotsumfang jedes einzelnen Pakets nur vorläufig skizzieren konnte. Die vorliegende Titelseite bewirbt nur ein einziges Angebot und führt sämtliche Komponenten des Testpaketes auf.

e) Da der Antrag zu Ziff.b) jedenfalls gemäß § 4 Nr.4 UWG ursprünglich begründet war, bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob auch ein Verstoß gegen § 4 Nr.11 UWG i.V.m. § 1 Abs.1, 6 PAngVO vorliegt.

3. Antrag zu Ziff. c

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die einstweilige Verfügung auch bezüglich Ziff.c) bestätigt. Der Senat folgt der Einschätzung des Landgerichts, dass diejenigen Teile des Verkehrs, die zwar noch in Rechnung stellen, dass der Vertrag sich über den Testzeitraum hinaus erstreckt, wenn nicht gekündigt wird, jedenfalls insoweit irregeführt werden, als sie davon ausgehen, dass der Vertrag seinem Inhalt nach unverändert bleibt, mithin weiterhin unbegrenzt gesurft werden kann und kein Volumentarif Anwendung findet. Dass die Berufung die Erwartungshaltung des Verkehrs anders einschätzt, steht ihr frei, rechtfertigt indessen nach Auffassung des Senats, dessen Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, keine andere Bewertung als das Landgericht sie vorgenommen hat.

4. Haftung der AG als Rechtsnachfolgerin der AG

Infolge der im Laufe des Berufungsverfahrens erfolgten Verschmelzung der AG auf die AG ist erstere erloschen und letztere als Rechtsnachfolgerin in ihre Parteistellung eingerückt. Nach § 20 Abs.1 Nr.1 UmwG findet im Falle der Verschmelzung eine Gesamtrechtsnachfolge der übernehmenden Rechtsträgers statt. Ausgenommen sind jedoch solche Rechte und Pflichten, die ihrer Natur nach nicht auf einen Gesamtrechtsnachfolger übergehen ( Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, 4.Aufl., § 20 Rn.30 ).

Vorliegend handelt es sich um einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, der durch ein wettbewerbswidriges Verhalten derjenigen Personen innerhalb der untergegangenen freenet.de AG ausgelöst worden ist, die für den streitgegenständlichen Prospekt verantwortlich waren. Der Unterlassungsanspruch richtete sich ( auch ) gegen die AG als Inhaberin des Unternehmens gemäß § 8 Abs.2 UWG. Die durch die wettbewerbswidrige Handlung indizierte Wiederholungsgefahr war über diese Bestimmung auch für die AG anzunehmen.

Ob ein über § 8 Abs.2 UWG begründeter wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch auf den Rechtsnachfolger des Unternehmensinhabers übergeht, ist umstritten ( dagegen : Köhler WRP 2000,921; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8.Aufl., Kap.15 Rn.12; Fezer, UWG, § 8 Rn.118; OLG Braunschweig, Urteil vom 10.7.2003 zum Aktz. 2 U 161/02, recherchiert bei juris, dort Rn.43; OLG Naumburg, Urteil vom 17.2.2006 zum Aktz. 10 U 40/05, recherchiert bei juris, dort Rn.114; dafür : Ahrens GRUR 96,518 ; Foerste GRUR 98,450; OLG Frankfurt für die Titelumschreibung nach § 727 ZPO nach Aufspaltung des Titelschuldners, Beschluss vom 4.4.2000 zum Aktz. 6 W 32/00, recherchiert bei juris ) . Für den Fall, dass eine natürliche Person wegen einer wettbewerbswidrigen Handlung in Anspruch genommen wird und während des Rechtsstreits verstirbt, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Erbe nicht hafte. Eine auf Grund des persönlichen Verhaltens des Rechtsvorgängers in seiner Person begründete Wiederholungsgefahr gehe als tatsächlicher Umstand nicht auf den Rechtsnachfolger über ( BGH GRUR 2006,879, 880 - Flüssiggastank ). Die Frage, ob dies anders zu beurteilen sei, wenn der Rechtsvorgänger nach § 8 Abs.2 UWG als Betriebsinhaber hafte, hat er ausdrücklich offen gelassen.

Der Senat folgt der erstgenannten Auffassung, dass die Wiederholungsgefahr als ein durch ein unrechtmäßiges Verhalten des Rechtsvorgängers begründeter Umstand auch im Falle einer Haftung des Unternehmensinhabers nach § 8 Abs.2 UWG nicht auf den Rechtsnachfolger übergeht ( in diesem Sinne auch bereits der unveröffentlichte Beschluss des Senats vom 14.3.2007 zum Aktz. 5 W 31/07 : " ...durch die Verschmelzung auf die S...AG sind zwar ihre Vermögenswerte und ihre Verbindlichkeiten auf das aufnehmende Unternehmen übergegangen. Eine Unterlassungsverpflichtung aus vorangegangenem wettbewerbsrechtlichem Handeln ist hiervon jedoch nicht ( notwendigerweise ) umfasst. Denn diese setzt eine Wiederholungsgefahr voraus, die für ein aufnehmendes Drittunternehmen - das möglicherweise in einer ganz anderen Branche tätig ist - weder ohne Weiteres unterstellt noch im Wege einer Rubrumsberichtigung fingiert werden kann... ). Wie Köhler in seinem oben genannten Aufsatz überzeugend dargelegt hat, ist die Haftungserstreckung auf den Rechtsnachfolger von der ratio legis des § 13 Abs.4 UWG ( a.F., jetzt § 8 Abs.2 UWG ) nicht gedeckt. Denn diese besteht darin, dass sich der Betriebsinhaber nicht hinter seinen Angestellten und Beauftragten verstecken und die Verantwortung auf sie abwälzen kann. Da er durch den Einsatz von Angestellten und Beauftragten seinen Geschäftskreis erweitert, soll er auch das damit verbundene Risiko von Wettbewerbsverstößen, die ohne oder sogar gegen seinen Willen erfolgen, tragen. Das gilt aber nur für den Betriebsinhaber zum Zeitpunkt des Wettbewerbsverstoßes. Der neue Betriebsinhaber hat mit diesem nichts zu tun und konnte ihn auch gar nicht verhindern ( S.922 ). Die quasi Gefährdungshaftung des Unternehmensinhabers würde nach Auffassung des Senats überspannt, wenn er auch für solche Wettbewerbsverstöße unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr haften müsste, die zu verhindern er zu keinem Zeitpunkt die Chance hatte.

Eine andere Frage ist es, ob gegen den neuen Unternehmensinhaber als Rechtsnachfolger ein neuer Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begründet ist. Dies könnte insbesondere anzunehmen sein, wenn durch eine Verschmelzung lediglich eine formelle Änderung der Rechtspersönlichkeit des Wettbewerbsschuldners stattfindet, die vertretungsberechtigten Personen, die Mitarbeiter, der Unternehmensgegenstand, der werbliche Auftritt usw. unverändert bleiben. Damit könnten auch Fälle erfasst werden, in denen sich der Wettbewerbsschuldner durch eine Verschmelzung oder sonstige Umwandlung seiner Haftung entziehen will.

Unter welchen Voraussetzungen eine Erstbegehungsgefahr der übernehmenden Rechtsträgers nach einer Verschmelzung für Wettbewerbsverstöße des übertragenden Unternehmens angenommen werden kann, braucht im vorliegenden Fall allerdings nicht näher untersucht zu werden, dürfte allerdings von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Denn die Antragstellerin hat ihren Unterlassungsanspruch auch nicht hilfsweise auf Erstbegehungsgefahr gestützt. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BGH um einen anderen Streitgegenstand ( BGH GRUR 2006, 421 - Markenparfümverkäufe ). Außerdem hat die jetzige Antragsgegnerin uneingeschränkt und eindeutig erklärt, dass sie die angegriffene Werbung nicht wiederholen wolle. Die Ernsthaftigkeit dieser Erklärung hat die Antragstellerin nicht beanstandet. Damit ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH eine etwaige Erstgehungsgefahr ausgeräumt; insbesondere steht dem nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin weiterhin zum Zwecke der Rechtsverteidigung die Auffassung vertritt, ein Wettbewerbsverstoß habe nicht vorgelegen ( BGH GRUR 2001, 1174 , 1175 - Berühmungsaufgabe )

5. Feststellung der Erledigung

Da die Antragstellerin keinen Unterlassungsanspruch gegen die jetzige Antragsgegnerin besitzt, ist die Berufung gegen das Widerspruchsurteil begründet, soweit die einstweilige Verfügung bestätigt worden ist. Auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag der Antragstellerin ist aber festzustellen, dass sich die Hauptsache erledigt hat, denn der Verfügungsantrag gegen die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin war ursprünglich zulässig und begründet. Es handelt sich um eine auch in der Berufungsinstanz zulässige Klagänderung, wenn - wie hier - die Erledigung erst in der Berufungsinstanz eintritt ( Zöller-Vollkommer, ZPO, 24.Aufl., § 91a , Rn.34 und 37 ).

Allerdings ist umstritten, ob eine einseitige Erledigung der Hauptsache hilfsweise erklärt werden kann ( s. zum Meinungsstand Zöller-Vollkommer, ZPO, 24.Aufl., § 91 Rn.35 ). In seiner oben bereit genannten Entscheidung "Flüssiggastank" hat der BGH die Zulässigkeit verneint, während er sie in der Entscheidung "Brennwertkessel" noch bejaht hatte ( GRUR 98,1045 ).

Der Senat hält eine nur hilfsweise erklärte einseitige Erledigung der Hauptsache jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden für zulässig, wenn nämlich die zur Erledigung führenden Umstände nicht durch den Kläger, sondern durch den Beklagten herbeigeführt worden sind und die Frage der Erledigung von einer umstrittenen Rechtsfrage - hier Haftung des Rechtsnachfolgers für Wettbewerbsverstöße des Rechtsvorgängers - abhängt, die das Gericht zu entscheiden hat. Zwänge man den Kläger bei zweifelhafter Rechtslage dazu , die Hauptsache für erledigt zu erklären, würde er der Möglichkeit beraubt, seinen in erster Linie gestellten Leistungsantrag weiter zu verfolgen und die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Gerichts, dieser sei in der Hauptsache erledigt, im Instanzenzug überprüfen zu lassen ( so auch zutreffend BGH in seiner Entscheidung "Brennwertkessel" a.a.O., S.1046 ). In einem solchen Fall genügt es nach Auffassung des Senats für das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, wenn der Kläger zur Vermeidung einer ihm ungünstigen Kostenentscheidung die Feststellung der Erledigung nur hilfsweise erklärt, und zwar auch dann, wenn man dem Kläger wegen eines Zurückbleibens des Hilfsantrags gegenüber dem Hauptantrag einen Teil der Kosten auferlegen will ( so offenbar BGH in seiner Entscheidung "Flüssiggastank" a.a.O., S.880 ). Denn es wäre keinesfalls gerechtfertigt, dem Kläger sämtliche Kosten aufzuerlegen.

Allerdings ist der Senat mit einem Teil des Schrifttums und einer Reihe anderer Oberlandesgerichte der Auffassung, dass der Streitwert einer Klage, die einseitig auf Feststellung der Erledigung gerichtet ist, nicht geringer ist als derjenige des ursprünglichen Hauptantrags ( s. die Darstellung des Streitstandes bei Zöller-Herget, ZPO, 24.Aufl., § 3 , Einseitige Erledigungserklärung ). Denn die Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglichen Antrags bleibt Streitgegenstand und ist genauso zu überprüfen wie bei einer Weiterverfolgung des Hauptantrags, notfalls ist Beweis zu erheben usw. Die Situation ist gerade anders als bei der übereinstimmenden Erledigung. Da der Wert des Hilfsantrags damit nicht hinter dem des Hauptantrags der Antragstellerin zurückbleibt, hat der Senat der Antragsgegnerin sämtliche Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Ende der Entscheidung

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