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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 5 U 29/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
1. Die für chemische Trennmittel verwendete Kennzeichnung RAPUR ist mit der für identische Waren eingetragenen Marke PURA trotz beschreibender Anklänge an den Werkstoff "Polyurethan" (= PUR) sowohl unmittelbar als auch durch gedankliches Inverbindungbringen verwechselbar.

2. In Abwesenheit besserer Erkenntnisse ist (auch) im Bereich der chemischen Industrie für Trennmittel für die gerichtliche Schadensschätzung der mittlere Satz einer Markenlizenz mit ca. 3 % zu bemessen. Nutzt der Verletzer neben der reinen Zeichenverletzung mit der Klagemarke verbundene Qualitätsvorstellungen gezielt wettbewerbswidrig für seine Zwecke aus, kann dies eine maßvolle Erhöhung der Markenlizenz rechtfertigen.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 29/01

Verkündet am: 20.03.2002

In dem Rechtsstreit

PURA/RAPUR

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter Rieger, Dr. Koch, Spannuth nach der am 20.02.2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Hamburg, Zivilkammer 15, vom 22. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens wie Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 7.200.- abwenden, sofern nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen sind Inhaber bzw. Lizenznehmer der Marke "PURA". Sie nehmen die Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz u.a. wegen der rechtsverletzenden Benutzung der Marke "RAPUR" in Anspruch.

Die Klägerin zu 1. ist Inhaberin der Wort-/Bildmarke "PURA" mit der Nummer Nr. 2101907, die mit Priorität vom 14. Dezember 1987 eingetragen ist . Die Marke ist u.a. für "Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich Trennmittel..." eingetragen. Die Klägerin zu 2. vertreibt als Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1. unter dieser Bezeichnung Trennmittel, die in der Industrie dazu verwendet werden, Kunststoffteile aus Polyurethan von ihren Spritzgussformen zu lösen. Für dieses Produkt wird in der chemischen Branche zum Teil auch das Kürzel PUR verwendet (vgl. Anlagen B1 und B2).

Die Beklagte zu 1. stellt chemische Produkte für die technische Industrie und die Schuhindustrie her und vertreibt diese bundesweit. Die Beklagten zu 2. und 3. sind ihre Geschäftsführer. Sie ist als Teil einer IR-Marke Inhaberin der deutschen Wortmarke "RAPUR" DE Nr. 397 390 90, die mit Priorität vom 16. August 1997 für chemische Erzeugnisse, nämlich Trennmittel eingetragen worden ist.

Die Klägerinnen hatten gegen die Beklagten in dem Rechtsstreit 315 O 771/97 ein Urteil (Anlage B3) erstritten, mit dem den Beklagten die Benutzung der Marke RAPUR für chemische Trennmittel sowie ein Hinweis bzw. Bezugnahme im geschäftlichen Verkehr auf die klägerische Marke PURA und den Ruf bzw. die Erfahrungen dieses Unternehmens untersagt worden war. Weiterhin waren die Beklagten zur Auskunftserteilung über begangene Verletzungshandlungen verurteilt worden. Zudem war die Verpflichtung der Beklagten zur Leistung von Schadensersatz festgestellt worden. Wegen des genauen Umfangs der Verurteilung wird auf das Schluss-Urteil des Landgerichts Hamburg vom 08.07.1998 in der beigezogenen Akte 315 O 771/97 Bezug genommen. Die Klägerinnen verfolgen im vorliegenden Rechtsstreit die Bezifferung ihres dem Grunde nach festgestellten Schadensersatzanspruchs.

Mit Schreiben vom 12.10.98 (Anlage K1) hatten die Beklagten den Klägerinnen unter Bezugnahme auf das Urteil vom 08.07.98 Auskunft über Werbemaßnahmen unter der Bezeichnung RAPUR sowie Trennmittelumsätze im Zeitraum vom 06.08.1996 bis 31.08.1999 in Höhe von DM 5.538.342,40 erteilt. Auf der Grundlage dieser Auskunft forderten die Klägerinnen die Beklagten mit Schreiben vom 29.10.98 (Anlage K2) zur Zahlung von DM 275.000.- auf. Hierzu legten sie eine fiktive Lizenzgebühr von ca. 5 % zugrunde. Dieses Verlangen wiesen die Beklagten mit Schreiben vom 10.11.98 (Anlage K3) zurück. Ein weiteres Angebot der Klägerinnen zur gütlichen Regelung der Angelegenheit über eine Zahlung von DM 138.458,55, entsprechend einem Lizenzsatz von 2,5 %, aus dem Schreiben vom 15.06.99 (Anlage K4) ließen die Beklagten unbeantwortet.

In einem zwischen der Klägerin zu 1. und der Beklagten zu 1. in Kopenhagen (Dänemark) anhängigen Zahlungsrechtsstreit hatte das See- und Handelsgericht eine Schadensersatzforderung in Höhe von DKK 200.000.- mit Urteil vom 10.08.01 abgewiesen (Klageschrift in deutscher Übersetzung als Anlage B4; Urteil in Anlage B5a sowie auszugsweise in deutscher Übersetzung als Anlage B5b). Hierbei waren Umsätze der Beklagten zu 1. mit der Fa. Exxx in den Jahren 1997 bis 1997 in Höhe von DM 197.601.- mit umfasst.

Die Klägerinnen haben vorgetragen,

die Beklagten schuldeten aufgrund ihrer insoweit rechtskräftig festgestellten Verpflichtung Schadensersatz für die Verwendung der Bezeichnung RAPUR als Marke und als geschäftliche Bezeichnung (Ziff.I.1. des Urteils vom 08.07.98) sowie für die unlautere Bezugnahme auf die Marke PURA sowie den Ruf/die Erfahrungen ihrer bzw. der Mitarbeiter ihrer Rechtsvorgänger (Ziff.I.2. des Urteils vom 08.07.98).

Unter Berücksichtigung des von den Beklagten in dieser Weise rechtswidrig erzielten Umsatzes sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung ein fiktiver Lizenzsatz von mindestens 3 % angemessen. Die Beklagten hätten aus den rechtsverletzenden Handlungen einen wesentlichen Anschub gerade im ersten Jahr ihrer Geschäftstätigkeit gewonnen. Die Beklagten hätten in vielfältigen Zusammenhängen zu Unrecht auf die PURA-Tradition Bezug genommen und den guten Ruf der älteren Marke unterschwellig auf ihr junges Unternehmen übertragen.

Anders als in der Vergangenheit verkörperten Marken heutzutage einen erheblichen Marktwert, der bei Spitzenmarken in zweistelligen Millionenbeträgen liege. Deshalb würden Markenlizenzen heutzutage - unbeschadet weiterer Pauschalzahlungen bei Vertragsschluss - ohne weiteres in einer Größenordnung zwischen 2 und 5 % verlangt und vereinbart (vgl. Anlagen K5 und K6).

Auch in dem vorliegend in Frage stehenden Bereich, der komplizierte chemische Spezialprodukte zum Gegenstand habe, seien gut eingeführte Marken bzw. renommierte geschäftliche Bezeichnungen von einer nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen und psychologischen Bedeutung. Ein im Zusammenhang mit einer Marke/Unternehmensbezeichnung erworbener good will auf der Basis einer rund 20jährigen Vermarktung stelle einen wesentlichen wertbestimmenden Faktor dar. Gerade in dieser Branche orientiere sich der Kunde zwar nicht ausschließlich an der Marke, aber wesentlich auch daran, ob hinter dem Produkt ein "guter Name" stehe, durch den aus Sicht des Abnehmers eine sorgfältige Forschung und Entwicklung sowie eine hinreichend gesicherte Anwendungsweise verbürgt sei.

Angemessenen Schadensersatz schuldeten die Beklagten nicht nur wegen der unberechtigten Verwendung der Marke RAPUR, sondern auch wegen der wettbewerbswidrigen Bezugnahme auf die Marke PURA. Jedenfalls insgesamt sei der geforderte Mindestlizenzsatz gerechtfertigt. Der geltend gemachte Betrag sei im übrigen daneben auch auf der Grundlage eines Verlangens auf Herausgabe des Verletzergewinns gerechtfertigt, denn auch ohne nähere Kenntnis der diesbezüglichen Geschäftsvorgänge der Beklagten stehe fest, dass in dem konkreten Geschäftsfeld der Bruttogewinn normalerweise mindestens 40% vom Bruttoumsatz betrage, so dass selbst nach Abzug erheblicher weiterer Positionen zumindest ein herauszugebender Gewinn von 3% verbleibe, zumal die Beklagten nennenswerte Aufwendungen für Forschung/Entwicklung bzw. Verwaltungsapparat/Herstellungsanlagen nicht gehabt hätten. Dies gelte selbst dann, wenn man nur den gerade durch die rechtswidrige Markenverletzung bzw. unlautere Bezugnahme erzielten Umsatz zugrunde lege.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerinnen DM 166.150,26 zzgl. 5 % Zinsen seit dem 01.11.98 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

hilfsweise,

ihnen Vollstreckungsnachlass zu gewähren.

Sie haben vorgetragen,

der von den Klägerinnen beanspruchte fiktive Lizenzsatz sei weit überzogen. Schon der Bezugszeitraum ihrer Schadensersatzpflicht sei differenzierend zu betrachten. Da die Klägerinnen die Benutzung der Marke RAPUR in der Zeit vom 06.08. bis 01.12.97 bewusst geduldet hätten, stehe ihnen insoweit kein Schadensersatzanspruch zu. Der Lizenzsatz sei auf 0% reduziert. Auf diesen Zeitraum entfalle ein Umsatz in Höhe von DM 2.874.405,82. Erst im Anschluss an eine Mahnung der Klägerinnen vom 01.12.97 hätten sie erkennen können, dass die Klägerinnen Einwände gegen die Markennutzung erhöben. Deshalb könne eine fiktive Lizenz nur auf der Grundlage der Umsätze des verbleibenden Zeitraums berechnet werden, auf welchen einen Betrag in Höhe von DM 2.775.326,58 entfiele.

Sie schuldeten aber schon deshalb keinen Schadensersatz, weil die Klägerinnen noch nicht einmal dargelegt hätten, dass etwaige Mehrumsätze gerade durch die rechtsverletzenden Handlungen entstanden seien. Dies sei tatsächlich auch nicht der Fall gewesen. Vielmehr ergebe sich aus der Natur des Trennmittelgeschäfts, dass für die Umsatzerzielung nicht die Bezugnahme auf eine bestimmte Marke, sondern primär die Qualifikation des Verkaufspersonals entscheidend sei. Ausschließlich die Bekanntheit, der gute Name als Fachmann, die Erfahrung und die Servicebereitschaft ihres Geschäftsführers, des Beklagten zu 2., sei für die Erzielung der Umsätze ursächlich gewesen. Ein Fachmann als Geschäftspartner unterliege deshalb keiner Verwechslung.

Zudem sei eine etwaige Verwechslungsgefahr zwischen PURA und RAPUR äußerst gering gewesen. Hierzu machen die Beklagten unter Bezugnahme auf ihren Sachvortrag in dem Rechtsstreit 315 O 771/97 weitere Ausführungen. Die fehlende Ähnlichkeit der Zeichen ergebe sich auch daraus, dass es nicht zu einem einzigen konkreten Fall von Verwechslung gekommen sei. Deshalb würden vernünftige Lizenzvertragsparteien einen Lizenzsatz allenfalls im untersten Bereich auf der Basis von 0,33% vereinbaren.

Bei der Bemessung sei weiterhin von Bedeutung, dass die für klassische Markenartikel im Bereich breiter Käuferschichten entwickelten Grundsätze auf die Gegebenheiten bei chemischen Trennmitteln für gewerblich-technische Anwendungen gerade nicht übertragen werden könnten.

Zum Teil hätten die Klägerinnen zudem die Ursachen für ihren Schaden selbst gesetzt, etwa weil sie Handelsvertretern gekündigt hätten, die sodann von ihnen, den Beklagten, übernommen worden seien. Ein derartiges eigenes Verhalten der Klägerinnen können ihnen nicht als schadensursächlich zugerechnet werden. Ein etwaiger Verletzergewinn sei in der Anfangsphase ihrer Unternehmensgründung gar nicht entstanden.

Durch die wettbewerbswidrige Bezugnahme auf die Marke PURA sei ohnehin kein bzw. allenfalls ein äußerst geringer Schaden eingetreten. Hierbei sei es nur um wenige Einzelfälle gegangen, die zudem von den Klägerinnen abgewendet worden seien.

Gleiches gelte im übrigen auch für die Verwendung der Marke RAPUR im Außenverhältnis. Sie hätten mit dieser Marke weder geworben noch Marketingmaßnahmen betrieben. Es seien lediglich 50 Prospekte an unbekannte Empfänger und mit nicht nachweisbarem Ergebnis auf einer Messe verteilt worden.

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 22. Dezember 1999 der Klage im wesentlichen stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Sie wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzliche Darstellung und tragen weiter vor, das Landgericht sei bei seiner Schadensschätzung auf der Grundlage ungesicherter Unterstellungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass ihr Verhalten für einen etwaigen Schaden der Klägerinnen kausal geworden sei. Es habe weiterhin die Kennzeichnungsschwäche von PURA sowie die nur geringe Verwechslungsgefahr mit RAPUR bei der Bemessung des Lizenzsatzes nicht hinreichend gewürdigt. Hierzu machen die Beklagten nähere Ausführungen.

Soweit das See- und Handelsgericht in Kopenhagen die Klage der Klägerin zu 1. abgewiesen habe, liege hinsichtlich ihrer in dem dortigen Rechtsstreit streitgegenständlichen Umsätze mit der Fa. ECCO in Höhe von DM 197.601.- anderweitige Rechtskraft vor. Diese - in der von ihr gegebenen Auskunft mit enthaltenen Umsätze - dürften im vorliegenden Verfahren nicht nochmals zugrunde gelegt werden.

Die Beklagten beantragen,

die Klage unter Abänderung des Urteils des LG Hamburg vom 22.12.99 abzuweisen,

sowie ebenfalls hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie stellen vorsorglich den Hilfsantrag,

die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerinnen € 81.934,15 (DM 160,249,26) und an die Klägerin zu 2. einen weiteren Betrag von € 3.017,13 (DM 5.901,00) zzgl. 5 % seit dem 01.11.98 zu zahlen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und führen aus,

entgegen der Auffassung der Beklagten habe das Landgericht im Rahmen des ihm rechtlich im Rahmen von § 287 ZPO zur Verfügung stehenden Spielraums insbesondere die haftungsausfüllenden Umstände zutreffend gewürdigt. Für die Kausalität sei ohnehin nicht entscheidend, dass der Schaden ausschließlich auf der Rechtsverletzung beruhe. Es reiche vielmehr jede Mitursächlichkeit.

Das Urteil des See- und Handelsgerichts Kopenhagen sei für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Zum einen sei sie, die Klägerin zu 2., hieran nicht beteiligt gewesen, so dass das Urteil nicht zu ihren Lasten wirken könne. Gleiches gelte entsprechend für die Beklagten zu 2. und 3. Zudem sei es dort um einen anderen Streitgegenstand - nämlich die dänische, nicht prioritätsältere Marke - gegangen. Ohnehin wären die finanziellen Auswirkungen im Falle einer Berücksichtigung nur marginal.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Parteien haben sich ergänzend auf in ihren Sachvortrag in dem vorangegangenen Rechtsstreit 315 O 771/97 bezogen. Hierauf wird ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht aus § 14 Abs. 6 MarkenG sowie § 1 UWG zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von DM 166.150,26 nebst Zinsen verurteilt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils Bezug und macht sich diese zu eigen, soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Gegenteiliges ergibt.

I.

Die Klage ist zulässig.

Soweit das See- und Handelsgericht Kopenhagen eine Schadensersatzforderung der Klägerin zu 1. über DKK 200.000.- abgewiesen hat, ist damit der hier geltend gemachte Klageanspruch nicht auch nur zu einem Teil bereits rechtskräftig aberkannt worden. Dabei kommt es im Ergebnis weder auf die näheren Umstände der in Dänemark streitgegenständlichen Markennutzung noch darauf an, ob diese Entscheidung auch im Verhältnis zu der Klägerin zu 2. bzw. den Beklagten zu 2. und 3. Wirkungen entfaltet. Denn schon die formellen Voraussetzungen für die Möglichkeit einer etwaigen Berücksichtigung dieser Entscheidung liegen nicht vor. Die Beklagten haben das Urteil des See- und Handelsgerichts Kopenhagen nicht im Original oder beglaubigter Abschrift, sondern als einfache Kopie vorgelegt, und zwar in dänischer Sprache. Der Senat vermag mangels diesbezüglicher Sprachkenntnisse weder den Streitgegenstand noch den Entscheidungsumfang zu beurteilen. Die von den Beklagten als Anlage B5a eingereichte nur auszugsweise Urteilsübersetzung durch ihren dänischen Prozessbevollmächtigten ist offensichtlich ungeeignet, dem Senat die für eine prozessuale Berücksichtigung einer ausländischen Entscheidung im Rahmen von §§ 322, 328 ZPO erforderliche Beurteilungsgrundlage zu vermitteln. Ohnehin sind auch Zustellungs-, Vollstreckbarkeits- bzw. Rechtskraftnachweise nicht mitvorgelegt worden, so dass der Senat auch weitere formelle Anerkennungsvoraussetzungen nicht beurteilen kann. Aus den genannten Gründen kommt es nicht mehr darauf an, welche Art von Sachentscheidung das dänische Gericht getroffen hat.

II.

Die Beklagten schulden den Klägerinnen aufgrund der in dem Vorprozess 315 O 771/97 rechtskräftig festgestellten Verpflichtung zum Schadensersatz wegen rechtswidriger Nutzung der (eigenen) Marke RAPUR sowie wettbewerbswidriger Bezugnahme auf die (klägerische) Marke PURA die Zahlung eines (fiktiven) Lizenzbetrages in der mit der Klage geltend gemachten Höhe. Das Landgericht hat den Klägerinnen durch die Rechtsverletzung der Beklagten entstandenen Schaden auf der Grundlage der hierfür in § 287 ZPO vorgesehenen Erleichterungen zutreffend geschätzt.

1. Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen ihre grundsätzlich bestehende Möglichkeit einer dreifachen Schadensberechnung im Ergebnis auf die Geltendmachung eines Lizenzschadens konkretisiert. Zwar berufen sich die Klägerinnen daneben weiterhin auf die Herausgabe des Verletzergewinns. Insoweit ist ihr Sachvortrag aber zur Anspruchsbegründung offensichtlich ungeeignet. Allein die Darlegung grober Erfahrungswerte (Bruttogewinn = 40% vom Bruttoumsatz) ist bei weitem zu vage und deshalb als gerichtliche Schätzungsgrundlage selbst dann ungeeignet, wenn sie von einem Beweisantritt gestützt wird. Der Umstand, dass die Klägerinnen insoweit offenbar konkretere Zahlen auch nicht benennen können, beruht im wesentlich darauf, dass ihr in dem Rechtsstreit 315 O 771/97 erhobener und antragsgemäß tenorierter Auskunftsanspruch zu allgemein gefasst war, so dass sich die Beklagten zu Recht zu einer näheren Konkretisierung ihrer Umsatzzahlen nicht veranlasst sehen mussten. Dies haben die Klägerinnen vorprozessual auch letztlich hingenommen, so dass ihnen im Ergebnis nur der Berechnungsweg über die Lizenzanalogie bleibt.

2. Grundlage der Schadensberechnung ist der gesamte Verletzungszeitraum vom 06.08.1996 bis 31.08.1998, über den die Beklagten mit Schreiben vom 12.10.1998 zutreffend Auskunft gegeben haben. Der Umstand, dass die Klägerinnen das Verhalten der Beklagten erst mit Schreiben vom 01.12.97 abgemahnt haben, reduziert weder den Zeitraum der Schadensersatzpflicht (diesen Einwand haben die Beklagten nunmehr auch aufgegeben) noch bewirkt er eine Reduzierung des Lizenzsatzes. Von einer "stillschweigenden Duldung" kann insoweit keine Rede sein. Die Schadensersatzpflicht knüpft an die objektive Rechtsverletzung an. Allein das Unterlassen einer Abmahnung stellt sich weder als konkludente Duldung dar, noch können die Beklagten hierauf einen Verwirkungseinwand gründen.

3. Die Beklagten haben durch ihr unlauteres Verhalten im Zusammenhang mit der Verwendung der Marke/Geschäftsbezeichnung RAPUR bzw. Bezugnahme auf die Marke PURA bzw. deren Geschäftstradition in erheblichem Umfang rechtswidrig in den Rechtsbereich der Klägerinnen eingegriffen. Ihr Verhalten stellt sich als Verletzungsfall von mindestens durchschnittlichem Gewicht dar. Soweit die Beklagten auf dem Standpunkt stehen, wegen einer besonderen Kennzeichnungsschwäche der Marke PURA, einer nur geringen Verwechslungsgefahr mit der Marke RAPUR und einer fehlenden Kausalität zwischen der Verletzungshandlung und der von der Beklagten zu 1. erzielten Umsätze, liege nur eine Verletzungshandlung von äußerst geringem Ausmaß vor, welche lediglich einen Lizenzsatz am untersten Bereich rechtfertige, vermag der Senat ihrer Auffassung nicht zu folgen. Zu den insoweit maßgeblichen Fragen hat der Senat in dem Parallelrechtsstreit 5 U 20/01 - an dem die Beklagten in zweiter Instanz allerdings nicht mehr beteiligt sind - mit Urteil vom heutigen Tag folgende Ausführungen gemacht:

1. Die Klägerinnen können von den Beklagten zu 1. - 3. verlangen, dass sie es unterlassen, ihre Marke RAPUR im Geschäftsverkehr zu verwenden. Denn das Zeichen RAPUR ist weiterhin mit dem prioritätsälteren Zeichen PURA verwechslungsfähig. Maßgebliches Beurteilungskriterium für die Verwechslungsgefahr ist hierbei die Wirkung der Marke auf den Durchschnittsverbraucher der Art von Waren und Dienstleistungen, für die die Marke Schutz genießt (BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Das sind in diesem Fall die mit dem Einkauf von Trennmitteln befassten Fachleute in den einzelnen Betrieben der Polyurethan-Industrie. Vorliegend besteht eine Verwechslungsgefahr, da Warenidentität vorliegt und unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Klagezeichens das Zeichen RAPUR nicht den erforderlichen Abstand einhält, so dass auch die Zeichenähnlichkeit gegeben ist.

a. Beide Klägerinnen sind klagebefugt. Für die Klägerin zu 1. als Markeninhaberin bedarf dies keiner Erläuterung. Auch die Klägerin zu 2. macht ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend, denn sie ist hinsichtlich der Marke PURA Lizenznehmerin der Klägerin zu 1.. Dies folgt daraus, dass die Klägerin zu 2. mit Billigung der Klägerin zu 1. unter der Marke PURA Trennmittel vertreibt. Die zur gerichtlichen Geltendmachung von Rechten aus der Lizenz erforderliche Zustimmung gemäß § 33 Abs. 3 MarkenG liegt in der gemeinsamen Einreichung der Klageschrift sowohl durch die Klägerin zu 1. als auch die Klägerin zu 2..

b. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu erfolgen hat, besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH WRP 00, 743, 744 - IMMUNINE/IMUKIN; BGH WRP 99, 1041, 1042 - Schüssel; EuGH GRUR 98, 387, 389 - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 98, 922, 923 - Canon; BGH WRP 99,928, 930 - Canon II; BGH GRUR 99, 241, 243 - Lions; BGH GRUR 99, 245, 246 - LIBERO; BGH GRUR 99, 733, 734 - LION DRIVER). Danach besteht hier Verwechslungsgefahr.

c. Die prioritätsältere klägerische Wort-/Bildmarke PURA Nr. 2101907 (Anlage K 2) verfügt über zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Abzustellen ist insoweit auf das allein prägende Wort PURA. Dieses ist hinreichend originell und eigentümlich.

aa. Für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft des Klagezeichens und die sich daraus ergebende Frage der Verwechslungsgefahr ist zunächst allein auf das Wort PURA abzustellen. Denn dieses gibt der Wort-/Bildmarke ihr maßgebliches Gepräge. Zwar ist die Verwechslungsgefahr grundsätzlich anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu ermitteln (BGH GRUR 1989, 425, 427 - Herzsysmbol; BGH GRUR 1996, 776 - Sali Toft). Denn der Verkehr nimmt Marken regelmäßig so auf, wie sie ihm entgegengebracht werden. Eine analysierende, zergliedernde Betrachtungsweise ist dem Verkehr fremd (BGH GRUR 1999, 855, 856 - MONOFLAM/POLYFLAM; EuGH GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Springende Raubkatze). Allerdings schließt dies die Erkenntnis mit ein, dass sich der Verkehr nicht an allen Bestandteilen eines Zeichens gleichstark orientiert. Nach der von der Rechtsprechung entwickelten Prägetheorie kann deshalb einzelnen Zeichenbestandteilen eine besondere, prägende Kennzeichnungskraft beizumessen sein, so dass eine Verwechslungsgefahr bereits bei Übereinstimmung des Drittzeichens mit dem so geprägten Gesamtzeichen anzunehmen ist (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Voraussetzung der prägenden Kennzeichnungskraft eines Teilelementes ist, dass das Element in dem Gesamtzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung hat und dort nicht derartig untergeht oder in den Hintergrund tritt, dass es durch die Einfügung in das Gesamtzeichen seine Eignung verliert, die Erinnerung an dieses wachzurufen (BGH GRUR 1996, 774, 775 - falke-run/LE RUN; BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze).

bb. So verhält es sich vorliegend in Bezug auf das Wort PURA. Dafür spricht zunächst der Erfahrungssatz, dass sich der Verkehr bei Wort-/Bildzeichen eher an dem Wortbestandteil orientiert, da das Kennwort in der Regel die einfachste Form ist, eine Ware zu bezeichnen (BGH GRUR 1989, 425, 427 - Herzsymbol; BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions; BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Zwar entfaltet dieser Grundsatz seine Wirkung nur im Regelfall, sofern es sich bei dem Bildbestandteil lediglich um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht fallende graphische Gestaltung (Verzierung) handelt, und zudem lediglich bei der Prüfung der klanglichen Verwechslungsgefahr, weil eine bildliche Gestaltung nicht die akustische, sondern allein die visuelle Wahrnehmung anspricht. Denn es ist kein Erfahrungssatz ersichtlich, nach dem der Verkehr (auch) bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-/Bildmarke in erster Linie die Wörter (gegebenenfalls mit ihrer inhaltlichen Bedeutung), nicht jedoch den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufnimmt (BGH GRUR 99, 733, 734 - LION DRIVER). Eine solche Ausnahmesituation liegt hier jedoch nicht vor. Denn das Kreissymbol hat keine eigene kennzeichnende Funktion. Entgegen der Meinung des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 08.10.92 (Anlage B6) ist der Senat der Auffassung, dass die Grafik hierfür keine hinreichende Eigentümlichkeit aufweist. Zwar ist das Kreissymbol grafisch gekonnt gestaltet, da der Eindruck eines Kreises erst aus einer Zusammenschau der einzelnen waagerechten Balken entsteht. Auch hat der Kreis eine gewisse Größe im Gesamtzeichen und rahmt den Wortbestandteil ein. Das ändert aber nichts daran, dass das Kreissymbol eine lediglich dienende Funktion hat: Es unterstreicht mit seinen waagerechten Linien das Wortelement und hebt dieses hervor. Die Grafik ist auch nicht derart ungewöhnlich oder einprägsam, dass der Verkehr sich entgegen dem oben genannten Erfahrungssatz eher die Grafik als den Wortbestandteil einprägt. Das Kreissymbol wirkt eher als Muster, welches dem Wortbestandteil zu mehr Geltung verhelfen soll. Eine selbständige kennzeichnende Funktion erlangt der Kreis auch nicht etwa dadurch, dass von dem Symbol Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Trennmittels gezogen werden können. Zwar könnten die parallelen, in scharfem Kontrast zueinander stehenden Linien dahingehend gedeutet werden, dass das Produkt eine saubere Trennung mehrerer Komponenten voneinander bewirkt. Dies ist - wie der Senat aufgrund der Befassung mit dem vorliegenden Rechtsstreit weiß - nicht der Sinn eines Trennmittels der in Frage stehenden Art. Derartige Produkte sollen vielmehr ein Festkleben der frisch gegossenen Polyurethan-Teile an der Gussform verhindern. Auch die geometrische Figur eines Kreises hat zu Trennmitteln keinen Bezug. Im übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beteiligten Verkehrskreise derart aufwendige Überlegungen bei der Wahrnehmung einer Marke anstellen - selbst wenn es sich wie hier um Fachleute handelt.

cc. Der Wortbestandteil PURA selbst ist jedenfalls durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Kennzeichnungs- bzw. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH WRP 00, 739, 740 - Unter uns; BGH WRP 00, 298, 299 - Radio von hier; BGH WRP 99, 1167, 1168 - YES). Kann einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit die Unterscheidungskraft fehlt (BGH WRP 00, 739, 740 - Unter uns; BGH WRP 00, 298, 299 - Radio von hier; BGH WRP 99, 1167, 1168 - YES; BGH GRUR 95,408, 409 - PROTECH; BGH WRP 99, 858, 859 - PREMIERE II). Hierbei ist zunächst auf die dem Zeichen selbst innewohnende originäre Kennzeichnungskraft abzustellen. Zu berücksichtigen sind aber auch nachträgliche Veränderungen, denen die Kennzeichnungskraft infolge einer Durchsetzung im Verkehr oder durch eine nachträgliche Beeinträchtigung (Verwässerung) unterliegt (BGH GRUR 1952, 419, 420 - Gumax - Gumasol). Danach kommt der Klagemarke bei zusammenfassender Betrachtung jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

aaa. Das Zeichen PURA verfügt von Hause aus über leicht unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die originäre Kennzeichnungskraft eines Zeichens wird dabei durch den Grad seiner Eigenart bestimmt (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 14, Rdn. 195). Eine schwache Kennzeichnungskraft ist anzunehmen, wenn das Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen nicht als Herkunftsbezeichnung für das jeweilige Produkt, sondern als Sachangabe aufgefasst wird. Dies gilt auch dann, wenn sich das Zeichen an derartige beschreibende oder freihaltebedürftige Angaben lediglich anlehnt (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal; BGH GRUR 1984, 815, 817 - Indorektal). Insbesondere freihaltebedürftige Elemente i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schwächen den Schutzumfang des Zeichens deshalb, weil ein Interesse daran besteht, derartige Begriffe für jedermann zugänglich zu halten. Demgegenüber haben Phantasiebezeichnungen von Haus aus eine höhere Kennzeichnungskraft, da sie sich dem Verkehr besser einprägen (BGH GRUR 1996, 198, 200 - Springende Raubkatze; BGH GRUR 1996, 68, 69 - COTTON LINE).

(1) Bei der Bezeichnung PURA handelt es sich jedenfalls im Ergebnis um eine solche Phantasiebezeichnung von hinreichender Originalität. Zwar enthält das Zeichen den freihaltebedürftigen Bestandteil "PUR", der in den maßgeblichen Fachkreisen - wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat - (auch) als Abkürzung für den Werkstoff Polyurethan verwendet wird. Weiterhin ist es in Großbuchstaben geschrieben, so dass eine Deutung als Abkürzung auch nicht fern liegt. Bei den beteiligten Verkehrskreisen werden derartige rein produktbezogene Assoziationen dennoch nicht hervorgerufen.

(2) Der Zeichenbestandteil PURA ist mit der beschreibenden Abkürzung "PUR" weder identisch noch wird er mit ihr gleichgesetzt. Obwohl beschreibende Anklänge den hier maßgeblichen Fachkreisen leichter auffallen (BGH GRUR 1995, 808, 810 - P3-plastolin), bewirkt doch die Anfügung des Buchstabens "A" an das Wort "PUR" eine hinreichende Verfremdung, um solchen Rückschlüssen wirksam entgegenzuwirken. Zum einen steht "PUR" für eine bestimmte Abkürzung aus "Polyurethan". Hierin erschöpft sich die Bedeutung dieses Wortes jedoch nicht. Vielmehr ist PUR gleichermaßen eine rein beschreibende Sachbeschreibung für reine, unverfälschte bzw. unverschnittene Produkte. Deshalb kann schon dem Wort PUR - jedenfalls bei Verwendung im Zusammenhang mit chemischen Produkten - kein eindeutiger Sinngehalt zugeordnet werden. Denn damit kann theoretisch gleichermaßen der Reinheitsgehalt einer Substanz oder ein Produkt aus bzw. in irgendeinem Zusammenhang mit Polyurethan beschrieben werden. Es ist vielmehr objektiv mehrdeutig und schon deshalb als Unterscheidungskennzeichen geeignet, und zwar auch innerhalb der beteiligten Fachkreise. Welche Verständnisprobleme sich schon aus der Mehrdeutigkeit der Bezeichnung PUR ergeben, zeigen die Entscheidungen des Deutschen Patentamtes und des Bundespatentgerichts in Anlagen B4 bis B6 eindrucksvoll. Obwohl es sich hierbei um Institutionen handelt, die mit überragender markenrechtlicher Kompetenz und Erkenntnissen über die für die Eintragung maßgeblichen Warenklassen sowie den hierüber geschützten Produkten ausgestattet sind, hat keiner dieser Spruchkörper in seiner Entscheidung die beschreibenden Anklänge von PURA an PUR und damit Polyurethan auch nur erwähnt, obwohl aus Sicht der Beklagten dies vermeintlich die einzig ernsthaft in Betracht kommende Wortbedeutung sein soll. Gegenstand war vielmehr nur die Wortbedeutung "rein, unvermischt". Selbst wenn für die angesprochenen Verkehrskreise, die mit dem Bezug von Trennmitteln befasst sind, eine Assoziation mit Polyurethan näher liegt, zeigen die Entscheidungen aus dem Eintragungsverfahren jedoch eindrucksvoll, dass gerade im allgemeinen Anwendungsbereich von chemischen Produkten - auf den die Beklagten selbst für ihren Schwächungseinwand nachdrücklich abstellen - auch abweichende Wortbedeutungen ohne weiteres in Betracht kommen. Deshalb ist schon die Mehrdeutigkeit des Grundsbestandteils PUR eine geeignete Grundlage für eine von Haus aus bestehende, nicht nur schwache Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils PURA.

(3) Durch das Hinzufügen des Buchstaben "A" erhält die Bezeichnung PUR eine neue, noch weniger eindeutige Sinnausrichtung, die für den Verkehr weitere Assoziationsmöglichkeiten und Deutungsnotwendigkeiten eröffnet. Der Verkehr erkennt, dass PURA gegenüber PUR etwas Neues, Eigenständiges ist, denn es macht objektiv keinen Sinn, gerade die Abkürzung eines Fachbegriffs um weitere Buchstaben zu ergänzen. Denn dadurch verlöre diese Abkürzung nicht nur ihre Prägnanz, sondern auch die unmittelbare Zuordnungsmöglichkeit zu dem Langbegriff. Dass PURA eine weitere Abkürzungsmöglichkeit von Polyurethan darstellt, behaupten selbst die Beklagten nicht. Obwohl in dem Begriff der zusätzliche Vokal "A" vorkommt, wäre eine modifizierte Abkürzung nach allgemeinen Regeln nur unter Hinzufügung der Anfangsbuchstaben der fünften Silbe "than" zu erwarten gewesen. Deshalb wird der Verkehr, selbst wenn er die Verwandtschaft von PURA zu der Abkürzung von Polyurethan erkennt, nach einer eigenständigen, hiervon zu unterscheidenden Sinnbedeutung suchen.

(4) Hierfür bietet sich zum einen die Annahme an, das PURA stehe für die weibliche Form des italienischen Adjektivs "puro". Dieses bedeutet auf deutsch "rein, pur, unvermischt". Zwar kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung in gewissem Umfang angenommen werden, dass mancher Verbraucher die schlichte Übernahme eines italienischen Wortes erkennt oder eine entsprechende Wortableitung zumindest vermuten wird (BGH GRUR 1990, 367, 370 - alpi/Alba Moda), wobei der Senat - anders als das Deutsche Patentamt - trotz der Beliebtheit Italiens als Urlaubsreiseziel in Bezug auf die konkrete Kenntnis der einheimischen Fachkreise mit Bezug zu der Bedeutung dieses Adjektivs wesentlich stärker zu einer zurückhaltenden Annahme neigt. Für ein derartiges Wortverständnis spricht allerdings der Umstand, dass das Wort "pur" auch im Deutschen Verwendung findet. Der Verkehr wird derartige Überlegungen in erster Linie dann anstellen, wenn er aufgrund der weiteren Umstände - insbesondere der erwarteten Eigenschaften des Produktes - hierzu Anlass hat. Anders als bei der Bezeichnung "Moda" für Textilien bestehen zwischen dem Produkt der Klägerinnen und der Bedeutung der Marke PURA im Italienischen keine Verbindungen. Weder Reinheit noch Unvermischtheit sind Eigenschaften, die die beteiligten Verkehrskreise von einem Trennmittel erwarten. Vielmehr geht es darum, bei der Verarbeitung von Kunststoff das fertige Produkt aus seiner Gussform zu lösen. Das Trennmittel verhindert dabei ein Festkleben des Produktes an der Form. An der Eignung hierzu wird das Produkt vom Fachmann gemessen. Dies mag zur Folge haben, dass die beteiligten Verkehrskreise PURA nicht ihrerseits als Beschreibung für eine besondere Reinheit des Produkts auffassen. Andererseits bietet sich ihnen durch die italienische Wortbedeutung eine zusätzliche Interpretationsmöglichkeit, die eine eindeutige, beschreibende Zuordnung des Begriffs nicht nur erschwert, sondern nach Auffassung des Senats in einer Gesamtbetrachtung ausschließt. Deshalb kommt dem Begriff PURA schon von seinem Bedeutungsgehalt - auch gegenüber den maßgeblichen Fachkreisen - die für die Annahme der Kennzeichnungskraft erforderliche Originalität zu. Diese Feststellungen vermag der Senat aus eigener Sachkunde zu treffen, obwohl er nicht zu den angesprochenen Fachkreisen gehört. Denn bei der Beurteilung geht es ausschließlich um die Feststellung des Wort(sinn)verständnisses. Hierbei legt der Senat zugunsten der Beklagten zugrunde, dass für die angesprochenen Fachkreise bei der Erwähnung des Zeichenbestandteils PUR vorwiegend eine Assoziation mit Polyurethan nahe liegt.

(5) Die für eine kennzeichnungskräftige Phantasiebezeichnung erforderliche Originalität wird durch die Veränderung im Sprachrhythmus zusätzlich betont. Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Hinzufügung eines einzelnen Buchstabens nur eine geringfügige Verfremdung des Gesamtwortes bewirkt - zumal wenn die Hinzufügung am Wortende erfolgt (vgl. BGH GRUR 1990, 367, 370 - alpi/Alba Moda) und das Wort am Anfang betont wird. Denn gerade bei kurzen Worten kann die Erweiterung um einen einzelnen Buchstaben zu einer erheblichen Änderung führen. In klanglicher Hinsicht entsteht aus dem einsilbigen Wort "PUR" ein zweisilbiges Wort, wobei die bisherige Silbeneinheit "PUR" auf die neuen Silben aufgeteilt wird. Ein Anklang an "PUR" besteht zwar nach wie vor, die Wahrnehmung dieses Bestandteiles wird durch die klangliche Veränderung aber nicht unerheblich geschmälert. Anders als z.B. bei der Bezeichnung "P3-plastolin" oder den in der Anlage B 12 genannten Bezeichnungen "PURASOLV" und "PURASIV" kann auch keine Aufteilung in mehrere eigenständige Sinneinheiten erfolgen. Zumindest in klanglicher Hinsicht ist dies durch die Aufteilung des Wortes "PUR" auf zwei Silben ausgeschlossen, so dass dem Verkehr ein neues, einheitliches Kunstwort gegenübertritt. Es ist auch zu berücksichtigen, dass bei einem kurzen Wort mit nur vier Buchstaben weder beim Lesen noch beim Hören die Tendenz zur Bildung eines Zwischensinns besteht. Mag der Leser eines langen, unbekannten Wortes dazu neigen, dieses in Sinneinheiten zu zerlegen, um es sich besser merken oder verstehen zu können - bei einem lediglich aus vier Buchstaben bestehenden Wort besteht hierfür kein Anlass, der Verkehr nimmt dieses so auf, wie es ihm entgegengebracht wird

(6) Bei zusammenfassender Würdigung stellt sich der Zeichenbestandteil PURA nach Auffassung des Senats deshalb als hinreichend originell und damit von Haus aus als kennzeichnungskräftig dar. Wegen der unbestreitbaren beschreibenden Anklänge an die Abkürzung von Polyurethan ist insoweit allerdings nicht von einer (zumindest) durchschnittlichen, sondern von einer leicht unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.

bbb. Diese leicht unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft ist jedoch durch den unstreitigen Benutzungsumfang der Marken zu einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft erstarkt. Die Klägerinnen haben nach ihrem - von den Beklagten unbestrittenen - Vortrag ihre Marke PURA seit mehr als 25 Jahre für ihre Produkte benutzt. Sie haben ebenfalls unbestritten vorgetragen, dass dies in einem sehr speziellen Marktsegment geschehen ist. Es ergibt sich schon aus der Natur der Sache, dass der Markt für Trennmittel im Inland überschaubar ist. Das sehen auch die Beklagten im Ergebnis nicht anders, die darauf hingewiesen haben, dass gerade Trennmittel nicht wie "consumer-Markenartikel", sondern als Industriezwischenprodukte im Rahmen intensiver Beratungsgespräche unter Einbeziehung von Tests vor Ort beim Abnehmer verkauft werden. Die Beklagten selbst haben in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kreis aus potenziellen Abnehmern der Produkte der Parteien nur bei ca. 100 Firmen liegt. Deshalb legt der Senat seiner Entscheidung zugrunde, dass die Zahl der Anbieter in diesem Marktsegment begrenzt ist und die potentiellen Kunden zumindest überwiegend über einigermaßen verlässliche Kenntnisse über die auf dem Markt vertretenen Anbieter verfügen. In einem solchen Fall ist eine 25-jährige Markentradition in einem speziellen Marktsegment selbst dann geeignet, die Herkunftshinweisfunktion der Bezeichnung PURA nicht unerheblich zu stärken, wenn hiermit weder eine Verkehrsgeltung noch eine besondere Bekanntheit der Marke einhergeht. Aufgrund dieser Benutzung stellt sich die Marke PURA im Ergebnis als mindestens durchschnittlich kennzeichnungsstark dar, ohne dass es zusätzlich einer Würdigung der - im Ergebnis aber wohl eher problematischen - Ergebnisse der von den Klägerinnen eingereichten GFM-GETAS-Studie bedarf.

ccc. Die Kennzeichnungskraft der Marke PURA ist auch nicht durch die Benutzung von Drittzeichen geschwächt. Eine derartige Schwächung kommt dann in Betracht, wenn in erheblichem Umfang Drittzeichen benutzt werden, die dem Klagezeichen oder seinen kollisionsbegründenden Bestandteilen nahe kommen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 1998, § 14, Rdn. 227, BGH GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur). Denn der Verkehr wird durch die Benutzung ähnlicher Drittzeichen zu sorgfältigerer Untersuchung des Zeichens veranlasst, was die Gefahr einer Verwechslung herabsetzt (BGH GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur). Vorliegend ergibt sich eine Schwächung des Klagezeichens aber weder aus dem Registerstand noch aus den in den Anlagen B3 und B7 bis B11 aufgelisteten Produktbezeichnungen.

(1) Eine Schwächung ergibt sich nicht bereits aus dem Registerstand (Anlage B 13). Eine derartige Schwächung ist nur dann anzunehmen, wenn für gleiche oder benachbarte Produkte ähnliche Drittzeichen eingetragen sind (BGH GRUR 1967, 253, 254 - Conny). Zwar existieren zahlreiche Marken, die ebenfalls über den Wortbestandteil PURA verfügen. Schon bei der Frage der Zeichenähnlichkeit ist allerdings zu beachten, dass PURA insoweit eher als Vorsilbe zur Bezeichnung des weiteren Wortbestandteils wirkt (PURASOLV, PURAMET, PURALOX, PURAKOL usw.) und damit in ihrer eigenständigen Kennzeichnungskraft nicht prägend hervortritt. Anders als von den Beklagten schriftsätzlich dargestellt, sind diese Marken auch im Regelfall in der Zusammenschreibung geschützt, so dass der Bestandteil PURA auch schriftbildlich nicht ins Auge springt.

Allerdings sind die aufgeführten Produkte ebenfalls für die Klasse 1 (chemische Erzeugnisse) eingetragen, in die auch die Marke PURA eingetragen ist. Allein daraus ergibt sich aber noch keine Nachbarschaft zu dem Produkt der Klägerinnen. Denn der Bereich der "chemischen Erzeugnisse" ist so unüberschaubar groß, dass noch nicht einmal in Ansätzen eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass sich die Produkte unter diesen Zeichen auf dem Markt begegnen und damit in ihrer Herkunftshinweisfunktion schwächen könnten. Hierzu hätten die Beklagten in jedem Einzelfall zu der jeweiligen Marke vortragen müssen, für welche Art von Erzeugnis sie geschützt ist und ob bzw. in welchem Umfang diese Produkt in der Nähe der unter PURA geschützten Erzeugnisse liegen. Hierzu wäre etwa erforderlich gewesen, dass ein Trennmittel oder zumindest ein anderer Hilfsstoff bei der Verarbeitung von Polyurethan eine ähnliche Bezeichnung trägt. Dies ist ausweislich der Anlage B 13 nicht der Fall. Die Argumentation der Beklagten zu der Relevanz allgemeiner "chemischer Erzeugnisse" als Schwächungseinwand überrascht auch deshalb, weil auch die Beklagten im übrigen - z.B. was die Begriffsbedeutung von "pur" als "rein, unvermischt" im Bereich der chemischen Erzeugnisse einerseits und bei Trennmitteln andererseits - davon ausgehen, dass es sich bei den Trennmitteln um ein spezielles Marktsegment mit einem konkreten Begriffsverständnis handelt.

(2) Schließlich lässt sich dem Rollenstand - unabhängig von der seitens der Beklagten nicht vorgetragenen tatsächlichen Benutzungslage - auch nicht entnehmen, dass der Zeichenbestandteil PURA in einer geradezu inflationären Art und Weise Verwendung findet, so dass er schon deshalb - unabhängig von den darunter geschützten Produkten - nicht Grundlage für eine kennzeichnungskräftige Bezeichnung sein könnte.

c. Zwischen dem Klagezeichen PURA und dem Verletzungszeichen RAPUR besteht nicht nur Warenähnlichkeit, sondern Waren- bzw. Dienstleistungsidentität. Die Marke PURA ist für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und insbesondere Trennmittel eingetragen (Anlage K2). Die Marke RAPUR ist ebenfalls für Trennmittel eingetragen (Anlage K4). Das tatsächliche Ausmaß der Warenidentität wird durch die von den Klägerinnen in Anlagen K15 und K16 vorgelegten Prospekte besonders eindrucksvoll belegt. Die ehemaligen Beklagten zu 4. bis 6. haben praktisch in absolut identischer Weise gegenüber denselben Verkehrskreisen für ihr Produkt geworben und damit RAPUR als unmittelbares Substitut für PURA im Ident-Bereich angeboten. Die Beklagten zu 1. - 3. haben sich berühmt, zur Benutzung der Marke RAPUR in gleichem Umfang wie die Beklagten zu 4. bis 6. als ihre Rechtsvorgänger berechtigt zu sein, woraus sich eine Erstbegehungsgefahr für die mit dem Warenverzeichnis der Klägerin identischen Produkte "Trennmittel" ergibt. Damit besteht im vorliegenden Fall - soweit ersichtlich - Warenidentität in dem größtmöglichem Umfang.

d. Zwischen den beiden Zeichen RAPUR und PURA besteht auch Zeichenähnlichkeit. Den aufgrund der Warenidentität und der zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft erforderlichen Abstand hält das Zeichen RAPUR nicht ein. Hierbei sind im Rahmen der durch die Wechselwirkung geprägten Gesamtbetrachtung angesichts der zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und vollständigen Warenidentität keine besonders hohen Anforderungen an die Zeichenähnlichkeit zu stellen. Zeichenähnlichkeit ist der sich bei der Berücksichtigung aller der menschlichen Sinneswahrnehmung und Erinnerung zugänglichen äußerlichen und inhaltlichen Übereinstimmungen aber auch Unterschiede der beiderseitigen Zeichen ergebende Grad der Übereinstimmung (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14, Rdn. 311). Zur Annahme der Verwechslungsgefahr reicht es dabei aus, wenn sich für den flüchtigen Durchschnittsbeschauer eine Ähnlichkeit entweder in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht ergibt (BGH GRUR 1990, 367, 368 - alpi/Alpi Moda; OLG Hamburg GRUR 1997, 375, 376 - Crunchips/ran chips). Bei der Beurteilung der einzelnen Kriterien der Zeichenähnlichkeit ist weiterhin davon auszugehen, dass der Verkehr Marken regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und sie daher aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindruckes vergleicht. Hierbei treten die Übereinstimmungen nach der Erfahrung mehr hervor als die Unterschiede, so dass es vorrangig auf die Übereinstimmungen ankommt (BGH GRUR 1993, 972, 975 - Sana/Schosana; BGH GRUR 1990, 450, 452 - St. Petersquelle). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist Zeichenähnlichkeit zumindest in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht gegeben, wobei davon auszugehen ist, dass das Klagezeichen durch den Wortbestandteil PURA geprägt wird.

aa. Zeichenähnlichkeit besteht nach Auffassung des Senats trotz der Abweichungen der Zeichen PURA und RAPUR in ihrer konkreten Ausformung bereits mit der Folge einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr. Denn beide Zeichen vermitteln dem Verkehr trotz unbestreitbarer Unterschiede im wesentlichen einen ähnlichen, die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen begründenden Gesamteindruck.

aaa. Bereits in klanglicher Hinsicht ist zwar keine nahezu vollkommene, aber eine hinreichende Übereinstimmung gegeben. Für die Ermittlung der klanglichen Übereinstimmung sind die Silbenzahlen, der Sprachrhythmus, und die Vokalfolge zu vergleichen (BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal). Abzustellen ist dabei stets auf den klanglichen Gesamteindruck (BGH GRUR 1976, 356, 357 - Boxin). Vorliegend fallen die Übereinstimmungen in Sprachrhythmus, Silbenzahl und Abfolge von Vokalen und Konsonanten schwerer ins Gewicht als die bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Vokalfolge und der Anzahl der Laute.

(1) Die Zeichen PURA und RAPUR stimmen hinsichtlich der enthaltenen Laute vollständig überein. Die Klagemarke ist - wenngleich mit der Vertauschung einer Buchstabenposition - in dem Verletzungszeichen vollständig enthalten. Unerheblich ist, dass das Zeichen RAPUR den Laut "R" zweimal enthält. Denn das hinzugefügte "R" steht am weniger stark betonten Wortende. Der Verkehr pflegt sich der Erfahrung nach eher am Anfang des Wortes zu orientieren. Durch eine Anfügung eines Lautes am Ende des Verletzungszeichens wird eine Verwechslungsgefahr daher regelmäßig nicht ausgeschlossen (BGH GRUR 1984, 819, 820 - Asid Bonz/BONZO). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Verkehr bei der Aussprache des Wortes "RAPUR" dazu neigt, dass "R" am Wortende wie ein "A" auszusprechen. Die klangliche Ähnlichkeit wird auch nicht dadurch verringert, dass das Zeichen RAPUR um einen Laut länger ist als das Zeichen PURA. Zwar handelt es sich bei beiden Zeichen um kurze, zweisilbige Wörter, bei denen eine Verlängerung um einen Laut naturgemäß schwer ins Gewicht fällt. Das führt aber nicht dazu, dass der Verkehr die Zeichen aufmerksamer miteinander vergleicht - der Verkehr nimmt unterschiedlich lange Worte regelmäßig mit gleicher Konzentration auf (BGH GRUR 1996, 496, 499 PARK = LARK).

(2) Es handelt sich auch bei beiden Zeichen um zweisilbige Wörter, bei denen die erste Silbe betont wird. Beide Zeichen enthalten die Vokale "A" und "U", die in beiden Zeichen jeweils lang ausgesprochen werden. Demgegenüber ergibt sich kein wesentlicher Unterschied aus der unterschiedlichen Abfolge der Vokale in den Zeichen. Zwar besteht insofern eine Differenz, als die Vokalfolge "A-U" im Klagezeichen mit dem Konsonanten "R" verbunden ist, während das Verletzungszeichen die Vokalfolge "U-A" enthält, die mit dem Konsonanten "P" verbunden ist. Trotz dieser Vertauschung der Vokalfolge enthält das Verletzungszeichen noch die typische Abfolge von Vokalen und Konsonanten aus dem Klagezeichen, welche darin besteht, dass jeweils auf einen Vokal genau ein Konsonant folgt und umgekehrt.

(3) Die Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die beteiligten Verkehrskreise aus Fachleuten bestehen, die den Markt kennen und aufgrund ihrer Fachkunde die einzelnen Produkte besser identifizieren können. Dagegen spricht bereits, dass auch bei Fachleuten nur auf eine - i.S.d. neueren BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH WRP 00, 517 ff - Orient-Teppichmuster) - situationsbedingt unterschiedliche Aufmerksamkeit und deshalb manchmal nur flüchtige Betrachtung der Marke abzustellen ist, da auch diese nicht immer hochkonzentriert die Produktbezeichnungen miteinander vergleichen (BGH GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal/Indohexal). Insoweit besteht kein Widerspruch zu der von den Beklagten zitierten Glutamal-Entscheidung (BGH GRUR 66, 445, 448 - Glutamal). Denn es muss weiterhin berücksichtigt werden, dass Marken aufgrund der Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes in klanglicher Hinsicht kaum aufmerksam miteinander verglichen werden können. Insofern unterliegen der Verwechslungsgefahr im klanglichen Sinne durchgängig alle Verkehrskreise (BGH GRUR 1992, 550, 551 - ac-pharma). Hinzukommt, dass es sich gerade bei PURA um eine Marke handelt, die seit über 25 Jahren in einem sehr engen Marktsegment eingeführt war. Deshalb liegt die Annahme nicht fern, dass auch die Fach-Verkehrskreise, wenn sie die Bezeichnung RAPUR hören, wegen der Vielzahl von Übereinstimmungen eher einen Hör- bzw. Übertragungsfehler annehmen als an ein anderes Markenprodukt denken.

bbb. Die Übereinstimmung der beiden Zeichen im Schriftbild geht über die unmittelbare klangliche Übereinstimmung sogar noch hinaus, wobei insbesondere die Verwendung identischer Buchstaben und Buchstabenfolgen stärker wiegt als die Unterschiede in der Stellung der einzelnen Buchstaben im Wort. Im Rahmen der hier vorliegenden Wortzeichen ohne besondere grafische Ausgestaltung der Schrift bestimmt sich die schriftbildliche Übereinstimmung nach den Kriterien der Wortlänge, Zahl und Stellung identischer Buchstaben, Großbuchstaben und Kleinbuchstaben (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14, Rdn. 346).

(1) Schriftbildlich begegnen sich die Zeichen wie folgt:

"PURA" "RAPUR"

Beide Zeichen enthalten identische Buchstaben. Die Buchstabenfolgen "PU" und "RA" kommen in dem Verletzungszeichen vor, wenngleich in umgekehrter Reihenfolge. Die Buchstabenkette "PUR" ist in dem Verletzungszeichen ebenfalls enthalten, wenn auch nicht am Anfang, so jedoch am Ende des Wortes. Allerdings enthält das Verletzungszeichen den Buchstaben "R" doppelt. Dies fällt wie auch i.R. der klanglichen Übereinstimmung aufgrund der Kürze der Worte zwar deutlicher ins Gewicht als bei langen Worten; auch hier gilt aber der Grundsatz, dass der Verkehr sich eher am Wortanfang zu orientieren pflegt, weshalb der Unterschied im Ergebnis nicht sonderlich schwer wiegt.

(2) Die bestehenden Übereinstimmungen werden durch die unterschiedliche Stellung der einzelnen Buchstaben nicht aufgewogen. Zwar trifft es zu, dass kein Buchstabe aus dem Klagezeichen an der selben Stelle steht wie im Verletzungszeichen. Gleichwohl besteht aus Sicht des Senats besonders bei der Schreibweise in Großbuchstaben eine starke optische Ähnlichkeit zwischen den jeweils an dritter Stelle befindlichen Buchstaben "P" und "R". Das gilt auch für den Wortanfang, an dem jeweils ein "R" und ein "P" steht. Eine weitere entscheidungsrelevante Übereinstimmung ergibt sich zwar nicht unmittelbar durch die von den Klägerinnen als Beispiel eingeführte Aneinanderreihung der Zeichen nach der Art "PURAPURA" / "RAPURAPUR". Denn die Zeichen treten nicht derart aneinandergereiht im Geschäftsverkehr auf. Diese Schreibweise ist jedoch ein weiteres Indiz für die Ähnlichkeit der verwendeten Vokale sowie Konsonanten und die Schwierigkeit, diese - jedenfalls bei einer nicht voll konzentrierten Wahrnehmung - wirklich trennscharf auseinander zu halten.

(3) Letztlich zeigen die von den Klägerinnen als Anlage K16 eingereichten Auszüge aus einer zu Beginn der geschäftlichen Tätigkeit verwendeten Werbebroschüre, dass es den ursprünglichen Markeninhabern, den Beklagten zu 4. und 6. auch tatsächlich darum gegangen ist, die beteiligten Verkehrskreise u.a. durch die Wortstruktur unbewusst zu der irrigen Annahme zu leiten, RAPUR sei mit PURA identisch. Gerade der Vergleich der Schreibweise von PURA und RAPUR in den Anlagen K15 und K16 in einem ansonsten gestalterisch praktisch identischen Umfeld zeigt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit, wie leicht der Betrachter angesichts derartiger Werbedarstellungen tatsächlich einer schriftbildlichen Verwechslung unterliegen kann. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang weder auf eine etwaige "unlautere" Motivation der Beklagten zu 4. bis 6. bei der Erstellung dieser Werbeunterlagen noch auf die Frage an, ob die Beklagten zu 1. bis 3. die Marke RAPUR "frei" von deren Vorgeschichte erworben haben. Entscheidend ist allein der von der ehemaligen Beklagten zu 4. selbst willentlich zur Präsentation gegenüber den angesprochenen Fachkreisen geschaffene optische Eindruck, der gerade auf eine unmittelbare Verwechslung ausgelegt war.

ccc) Der danach begründeten Verwechslungsgefahr wird auch nicht in anderer Weise wirksam entgegengewirkt. Zwar kann die Verwechslungsgefahr trotz hochgradiger klanglicher und schriftbildlicher Übereinstimmungen dann ausgeschlossen sein, wenn die angesprochenen Kreise zugleich mit dem Hören oder Sehen die ihnen bekannte, leicht fassliche Sinnbedeutung des Verletzungszeichens in sich aufnehmen und dadurch die Gefahr einer Verwechslung nach Klang und/oder Schriftbild zurückgedrängt wird (BGH GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal/Indohexal; BGH GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL). Dies ist vorliegend aber nicht gegeben. In begrifflicher Hinsicht handelt es sich bei beiden Zeichen um Phantasieworte, so dass eine Übereinstimmung von vornherein nicht gegeben sein kann. Die bestehenden Übereinstimmungen in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht werden aber auch nicht dadurch aufgewogen, dass der Verkehr die Zeichen in begrifflicher Hinsicht klar voneinander trennen kann. Das Zeichen RAPUR hat keine dem Verkehr bekannte, leicht erfassbare Sinnbedeutung. Das gilt auch für den Wortbestandteil "PUR". Zwar trifft es zu, dass die hier maßgeblichen Verkehrskreise als Fachleute mit der Bezeichnung "PUR" vertraut sind, so dass sie diese innerhalb der Gesamtbezeichnung erkennen und einordnen können. Ein Erkennen der Abkürzung "PUR" im Gesamtzeichen ist auch deshalb wahrscheinlich, weil der Bestellung von Trennmitteln Vertreterbesuche in den jeweiligen Betrieben und eine Auswahl anhand von Prospekten vorangehen, so dass anhand des Schriftbildes eine Übereinstimmung erkannt werden kann. Das Produkt wird erst nach einem Entscheidungsprozess und nicht spontan gekauft; anders als beim Kauf eines Konsumproduktes des Alltags im Supermarkt kann eine Fehlentscheidung hier zu Problemen in der Produktion und damit zu erheblichen Schäden führen. Die Abkürzung "PUR" führt aber nicht dazu, dass dem Wort RAPUR eine leicht fassbare Sinnbedeutung innewohnt. Dagegen spricht, dass es sich bei dem Produkt RAPUR eben gerade nicht um Produkt aus Polyurethan, sondern um ein Trennmittel für die Verarbeitung dieses Stoffes handelt. Zumindest ist davon auszugehen, dass bei der Wahrnehmung des Bestandteils "PUR" bei nicht unerheblichen Teilen des Verkehrs keine vollständige Klarheit über die genaue Begriffsbedeutung im Verhältnis zu dem unter dem Zeichen RAPUR vertriebenen Produkt herrscht.

ddd. Schließlich verfängt auch das Argument der Beklagten nicht, für die angesprochenen Verkehrskreise sei die konkrete Zeichengestaltung ohne relevante Bedeutung, sie träfen ihre herstellerbezogenen Einkaufsentscheidungen nicht anhand der konkreten Marke, sondern in Bezug auf die Kompetenz und Überzeugungskraft des jeweiligen Beraters im Rahmen eines persönlichen Gesprächs. Diese Darstellung erweist sich schon im Hinblick auf die Anlagen K15 und K16 als nicht tragfähig. Wäre die Behauptung der Beklagten auch nur in Ansätzen richtig, hätte es seinerzeit bei Gründung der ehemaligen Beklagten zu 4. keinen Grund gegeben, sich durch eine praktisch identische Übernahme des Werbematerials der Klägerinnen unmittelbar an deren Markterfolg anzuhängen. Ein solches Verhalten macht nur Sinn, wenn der Marke in der betreffenden Branche ein erhebliches Gewicht als Herkunftshinweis zukommt.

dd. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen spricht nach Auffassung des Senats - ohne dass es wegen der bereits begründeten unmittelbaren Verwechslungsgefahr für die Entscheidung des Rechtsstreits noch entscheidend darauf ankommt - dafür, dass eine Verwechslungsgefahr zusätzlich auch unter dem Gesichtspunkt einer Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen, z.B. im Sinne einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer solchen im weiteren Sinne besteht. Allerdings reicht insoweit nicht schon jegliche, wie auch immer geartete gedankliche Assoziation reicht aus, um Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt zu begründen (BGH GRUR 96, 406, 407 - JUWEL; BGH GRUR 96, 200 - Innovadiclophlont). Erforderlich ist vielmehr (im Anschluss an Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 428 ff) entweder die Vermutung einer Zeichenabwandlung desselben Unternehmens (mittelbare Verwechslungsgefahr) oder die Vermutung von Unternehmensverbindungen (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne).

aaa. Nach Sachlage liegt bereits eine mittelbare Verwechslungsgefahr dergestalt nahe, dass die angesprochenen Verkehrskreise annehmen könnten, PURA und RAPUR seien zwar unterschiedliche Zeichen, als solche aber ein- und demselben Unternehmen zugeordnet. Denn der Verkehr erkennt, dass es sich bei PURA und RAPUR - trotz des zusätzlichen Buchstaben "R" - letztlich um eine schlichte "Silbenvertauschung" in einer Art "Inversion" handelt, bei der die vordere Silbe von PU einfach mit der Silbe RA vertauscht und - vermutlich aus klanglichen Gründen - um ein abschließendes "R" ergänzt worden ist. Ein solches Verhalten versteht der Verkehr in bestimmten Fallgestaltungen als den Ausdruck des Bestrebens eines Markeninhabers, zusätzliche Zeichen aus Gründen der leichten Wiedererkennbarkeit in klanglich enger Anlehnung an die "Hauptmarke" zu bilden. Hierfür bieten sich - neben der hier nicht vorliegenden Situation eines Serienzeichens - z.B. auch Silbenvertauschungen an, sofern hierdurch der klanglich und schriftbildlich prägende Charakter und damit der Wiedererkennungswert der Ursprungsmarke übertragen werden kann. Gerade dies ist im vorliegenden Fall so.

bbb. Darüber hinaus kann auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bestehen, wenn der Verkehr zwar erkennt, dass hinter PURA und RAPUR unterschiedliche Unternehmen stehen, zwischen ihnen aber wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen vermutet. Zumindest auf eine solche Art der Verwechslungsmöglichkeit war die ursprüngliche Erschaffung des Begriffs RAPUR direkt ausgerichtet. Dies zeigt mit nicht zu überbietender Deutlichkeit der Vergleich der als Anlage K15 und K16 vorliegenden Werbeprospekte. Die ursprüngliche Beklagte zu 4. hatte seinerzeit versucht, die gesamte optische Gestaltung der Produktwerbung der Klägerinnen schlicht zu kopieren und lediglich das Zeichen PURA durch RAPUR ersetzt. Auch unabhängig von den im Vorprozess relevanten "Begleitumständen" im Verhältnis der Klägerinnen zu den Beklagten zu 4. bis 6. mussten die angesprochenen Verkehrskreise zumindest annehmen, dass die ehemalige Beklagte zu 4. in irgendeiner Weise mit den Klägerinnen zusammenhänge und zwischen ihnen etwa lizenzvertragliche Beziehungen bestehen. Zwar müssen sich die Beklagten zu 1. bis 3. möglicherweise derart unlauteres Handeln ihrer Rechtsvorgänger nicht entgegenhalten lassen. Dieses Verhalten vermag aber auch ihnen gegenüber ein bedeutsames Indiz dafür zu bieten, welchen Eindruck die ursprünglichen Markeninhaber bei den beteiligten Verkehrskreisen hervorzurufen bestrebt waren und - u.U. auch heute noch nachwirkend - tatsächlich hervorgerufen haben.

e. Für den vorliegend geltend gemachten Markenrechtsverstoß haben die Beklagten zudem auch Erstbegehungsgefahr begründet, obwohl sie die Verletzungsmarke unstreitig bislang nicht benutzt haben, sondern "auf Vorrat" halten. Eine Erstbegehungsgefahr besteht, wenn die erstmalige Begehung einer Kennzeichenverletzung ernstlich und unmittelbar zu besorgen ist (BGH GRUR 1994, 530, 532 - Beta). Hierfür reicht aus, dass der in Anspruch genommene Verletzer behauptet, zur Zeichenbenutzung berechtigt zu sein, wobei diese Berühmung auch im Prozess erfolgen kann (BGH GRUR 1987, 125, 126 - Berühmung). Die Beklagte zu 1. hat bereits vorprozessual in dem Schreiben vom 09. 04. 1999 (Anlage K 11) dargelegt, dass sie ihrer Ansicht nach zur Benutzung der Marke RAPUR berechtigt ist. Auch die Beklagten zu 2. und zu 3. haben dies im Rahmen ihres Verteidigungsvorbringens im Prozess getan, und zwar vorbehaltlos, nämlich ohne ausdrückliche Erklärung dahingehend, dass sie diesen Rechtsstandpunkt ausschließlich zum Zwecke der Rechtsverteidigung im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits einnehmen wollen. Unerheblich ist, dass die Beklagte zu 1. erklärt haben, die Marke bis zum Ausgang des Prozesses nicht nutzen zu wollen. Gerade diese Erklärung belegt ihre fortbestehende Nutzungsabsicht.

Dies Ausführungen gelten unverändert auch für den vorliegenden Rechtsstreit.

4. Auf der Grundlage dieser Verletzungsumstände hat das Landgericht den von den Beklagten geschuldeten Lizenzsatz zutreffend mit 3 % bemessen und hierbei die in Rechtsprechung und Literatur dafür aufgestellten Kriterien zur Geltung gebracht. Auch auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug. Mit ihren Einwänden gegen die (fehlende) Darlegung sowohl der haftungsbegründenden als auch zu der haftungsausfüllenden Kausalität werden die Beklagten den im Rahmen von § 287 ZPO dem Senat eingeräumten weiten Beurteilungsmöglichkeiten nicht gerecht. Mit dieser Vorschrift soll der klagenden Partei der häufig schwierige Kausalitätsnachweis gerade maßgeblich erleichtert werden, so dass die Beklagten im Ergebnis gehindert sind, die Ursächlichkeit der Rechtsverletzung für die Erzielung ihrer Umsätze erfolgreich zu bestreiten.

a. Zum Anwendungsbereich des § 287 ZPO ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass diese Norm dem Geschädigten den Nachweis seines Schadens erleichtern will, indem diese Bestimmung an die Stelle der sonst erforderlichen Einzelbegründung das freie Ermessen des Gerichts setzt (BGH NJW 64, 589). Die Norm gilt dabei nicht nur für die Schadenshöhe, sondern auch für die Ermittlung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen konkretem Haftungsgrund und Schadenseintritt (BGH NJW 64, 662, 663). Wenn es für das freie Ermessen nicht an allen Unterlagen fehlt, muss das Gericht nötigenfalls zu einer Schätzung greifen und selbst unter Berücksichtigung nicht vorgetragener Tatsachen nach freiem Ermessen entscheiden. Dabei muss es in Kauf nehmen, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt. Doch soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen. Das Gericht muss daher die schätzungsbegründenden Tatsachen feststellen und berücksichtigen. Auch dann, wenn sich der Tatbestand nicht voll aufklären lässt, ist eine Schätzung vorzunehmen, wenn und soweit die festgestellten Umstände hierfür noch eine genügende Grundlage geben (BGH NJW 64, 589). An die Voraussetzungen einer Schadensschätzung, insbesondere auch an Art und Umfang der von dem Geschädigten beizubringenden Schätzungsunterlagen sind nur geringe Anforderungen zu stellen. Durch die Vorschrift des § 287 ZPO erhält das Gericht in den Grenzen des freien Ermessens hierbei einen großen Spielraum (BGH GRUR 93, 55, 59 - Tchibo/Rolex II). Unter Anwendung dieser Grundsätze war das Landgericht gehalten und in der Lage, die Höhe einer (fiktiven) Lizenzgebühr nach freiem Ermessen zu schätzen. Hiergegen haben die Beklagten keine tragfähigen Angriffe vorbringen können.

b. Ihre in zweiter Instanz in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellte Behauptung, die rechtsverletzende Verwendung der Marke RAPUR habe nicht in erheblichem Umfang zur Erzielung ihrer Umsätze beitragen, weil es in der betreffenden Branche allein auf die besondere fachliche Qualifikation des Beratungspersonals, insbesondere das know how des Verkäufers ankomme, wird zudem durch das eigene Verhalten der Beklagten als unzutreffend widerlegt. Denn diese hatten - wie aus den Anlagen K11 und K13 in der Beiakte 315 O 771/97 ersichtlich ist - die unter der Marke PURA herausgebrachte Prospektwerbung der Klägerinnen nahezu identisch kopiert und lediglich an die Stelle der Marke PURA ihre Marke RAPUR gesetzt. Diese optische Gestaltung dieses Prospekts konnte keinem anderen Zweck dienen, als dass die angesprochenen Verkehrskreise die Marken PURA und RAPUR unmittelbar verwechseln oder - wenn sie den Unterschied bemerkten - zumindest annehmen sollten, beide Markenhersteller seien miteinander verbunden. Eindrucksvoller als durch dieses eigene Verhalten konnten die Beklagten nicht unter Beweis stellen, wie sehr es auch im Trennmittelgeschäft auf das Renommee einer bestimmten Marke ankommt und der geschäftliche Erfolg hiervon abhängt. Wäre hingegen ihre Sachdarstellung von der überragenden bis ausschließlichen Bedeutung des persönlichen Beratungsgesprächs zutreffend, dann hätte sie keinen vernünftigen Grund gehabt, das Werbematerial der Klägerinnen nachzuahmen. Ihr Verhalten zeigt vielmehr, dass es auch in der Trennmittelbranche zumindest für die Geschäftsanbahnung sehr wesentlich auf die mit einer Marke verbundenen Herkunfts- und Qualitätserwartungen ankommt. Für das daran anschließende Beratungs- und Verkaufsgespräch mögen in der Tat andere Grundsätze gelten. Auf dieses kommt es vorliegend aber nicht wesentlich an. Denn den Klägerinnen erwächst bereits in dem Moment ein möglicher Schaden, in dem potenzielle Kunden aufgrund der verwechslungsfähigen Markennutzung überhaupt mit der Beklagten zu 1. in Kontakt treten und sich für deren Angebote interessieren, was sie - ohne die Verwendung der verwechslungsfähigen Marke RAPUR - möglicherweise nicht getan hätten.

b. Deshalb haben auf den vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung der Beklagten - ebenfalls die allgemeinen Grundsätze der Lizenzanalogie in Bezug auf Markenlizenzen Anwendung zu finden. Diese hat das Landgericht zutreffend auf den vorliegenden Fall angewendet.

aa. Ein Lizenzsatz in der Höhe von 3% verkörpert damit in etwa einen Mittelwert des üblicherweise von einem vernünftigen Lizenzgeber geforderten und von einem vernünftigen Lizenznehmer gewährten Lizenzsatzes, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (vgl. BGH GRUR 66, 375, 378 - Meßmer-Tee II). Diese hätten keine Veranlassung dafür gehabt, nur - wie es den Beklagten vorschwebt - eine Lizenz im untersten Bereich zu vereinbaren. Denn der unlautere Eingriff in die Rechtspositionen der Klägerinnen ist von nicht unerheblichem Gewicht. Verlässliche Angaben zu den gerade im Bereich der chemischen Industrie speziell für Trennmittelprodukte erzielten Markenlizenzen sind dem Senat allerdings nicht bekannt und auch von den Parteien nicht vorgetragen worden. Es sind jedoch auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass gerade in dieser Branche Besonderheiten vorherrschen, die einer Übertragung der allgemeinen marken- bzw. wettbewerbsrechtlichen Erfahrungswerte entgegenstehen könnten. Deshalb hält es der Senat für geboten, sich auch im vorliegenden Rechtsstreit unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls an den üblichen Erfahrungswerten zu orientieren, die bei Markenlizenzen in der Regel zwischen 1% und 5% (Ingerl/Rohnke, MarkenG, vor §§ 14 bis 19, Rdn.67), nach allgemein wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen zwischen 2% und 5% liegen (Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 22. Aufl., UWG Einl., Rdn. 383).

bb. Neben der rein markenrechtlichen Betrachtung der Verletzungshandlung ist auch die wettbewerbswidrige Bezugnahme auf die Marke PURA, wenn sie schon nicht als eigenständiger Schadensposten geltend gemacht wird, zumindest im Rahmen der Bemessung der Höhe der Markenlizenz geeignet, den Ausschlag für einen leicht erhöhten Lizenzsatz zu geben. Der Bundesgerichtshof hat das Bestreben der Teilhabe an dem guten Ruf der Ware ausdrücklich als ein neben der Zeichenbenutzung zu berücksichtigen Aspekt bei der Bemessung der Lizenzgebühr angesehen und hierzu ausgeführt:

"Wenn der Lizenznehmer neben der dem Warenzeichen wesenseigenen Herkunftsfunktion und der durch den Zeichengebrauch des Inhabers etwa hinzuerworbenen Bekanntheit des Zeichens sowie einer entsprechenden Gewöhnung des Publikums an die mit dem Zeichen versehene Ware auch noch eine darüber hinausgehende Qualitätsvorstellung des Publikums ausnutzt, so steht das hiernach nicht der Annahme entgegen, dass die übliche Lizenzgebühr zunächst und in erster Linie für die Benutzung des Warenzeichens als solche gewährt wird. Soweit es üblich ist, die Lizenzgebühr auch nach dem mit dem Warenzeichen verbundenen besonderen Ruf der Ware zu bemessen, bestehen deshalb keine rechtlichen Bedenken, sie mit zu dem wegen der Warenzeichenverletzung zu ersetzenden Schaden zu zählen" (BGH GRUR 66, 375, 377 - Meßmer-Tee II).

Diese Überlegungen lassen sich auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragen. Zwar ist für einen besonderen Ruf der Marke PURA nichts ersichtlich. Durch ihre gem. Ziff. I.2. des Urteils vom 08.07.98 wettbewerbswidrige Bezugnahme auf die Marke PURA und die damit zusammenhängenden Produkte, den Geschäftsbetrieb, den Ruf, die Erfahrungen der Mitarbeiter usw. nutzen auch die Beklagten mit der Marke bzw. den Produkten der Klägerinnen verbundene Qualitätsvorstellungen gezielt aus, die außerhalb des zeichenrechtlichen Verletzungsbereichs ihrer eigenen Marke RAPUR liegen. Auch insoweit sind die Beklagten den Klägerinnen zum Schadensersatz verpflichtet, was auch bei der Bemessung der Höhe der Lizenzgebühr berücksichtigt werden kann. Zwar kann der Senat insoweit nur die aus den Anlagen K8/K9 und K19/K20 des Parallelverfahrens 315 O 771/97 ersichtlichen Vorfälle zugrunde legen, weil die Klägerinnen weitere Verletzungshandlungen nicht konkretisiert und ihren gegen die Beklagten bestehenden Auskunftsanspruch offenbar auch nicht durchgesetzt haben. Auch diese Verletzungsfälle sind nach Auffassung des Senats eine zusätzliche Rechtfertigung für die Höhe des geltend gemachten Lizenzbetrages .

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S.1 ZPO.

Der vorliegende Rechtsstreit bietet dem Senat auch keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Ende der Entscheidung

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