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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 07.06.2006
Aktenzeichen: 5 U 48/05
Rechtsgebiete: UrhG


Vorschriften:

UrhG § 85
UrhG § 97
1. Wird aus einer fremden Tonaufnahme eine kurze, aber charakteristische und fortlaufend wiederholte Rhythmussequenz im Wege des Sampling übernommen und einer anderen Tonaufnahme in ebenfalls fortlaufender Wiederholung unterlegt, können die Tonträgerherstellerrechte an der fremden Tonaufnahme verletzt sein.

2. Der Anspruch auf Herausgabe rechtsverletzender Tonträger zum Zwecke der Vernichtung kann für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftszeichen: 5 U 48/05

Verkündet am: 7. Juni 2006

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch die Richter am Oberlandesgericht Betz, Rieger, Dr. Koch, nach der am 31. Mai 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 8 - vom 08.10.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sich die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung (Ziff. 2 a und 3 des Urteilstenors) auf die Zeit ab dem 01.11.1997 bezieht und dass die Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung (Ziff.2 b des Urteilstenors) an einen von den Klägern zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zu erfolgen hat.

Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können eine Vollstreckung der Kläger wegen der Verurteilung zu Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils gegen Sicherheitsleistung von € 100.000.-, wegen der Verurteilung zu Ziff. 2 a gegen Sicherheitsleistung von € 1000.- , wegen der Verurteilung zu Ziff. 2 b gegen Sicherheitsleistung von € 10.000.- und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung aus den Ziff. 1, 2 a und 2 b in gleicher Höhe Sicherheit leisten und vor der Vollstreckung wegen der Kosten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen die Beklagten wegen der unerlaubten Kopie eines Ausschnitts aus einem auf Tonträger aufgenommenen Musikstück im Wege des sog. Sampling auf Unterlassung, Auskunft , Herausgabe von Tonträgern zum Zwecke der Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten in Anspruch.

Die Kläger sind nach ihrem Vortrag Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahre 1977 einen Tonträger mit dem Titel "Kraftwerk - Trans Europa Express". Auf diesem Tonträger befindet sich u.a. das Stück "Metall auf Metall". Die Kläger machen geltend, Inhaber der Tonträger- und Künstlerleistungsschutzrechte an der Aufnahme "Metall auf Metall" zu sein. Ferner sei der Kläger zu 1 Komponist der Werkes (nicht der Kläger zu 2, wie es offenbar versehentlich im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils heißt).

Die Beklagten zu 2 und 3 sind Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur in zwei Versionen eingespielt hat. Diese Musikstücke befinden sich auf zwei im Jahre 1997 veröffentlichten Tonträgern. Die Kläger behaupten, dass die Beklagten eine etwa 2-sekündige Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur hier" in fortlaufender Wiederholung unterlegt hätten. Damit hätten sie die Rechte der Kläger als Tonträgerhersteller und ausübende Künstler verletzt sowie das Urheberrecht des Klägers zu 1, welches er in den gemeinsam von beiden Klägern betriebenen Musikverlag "Klingklang" eingebracht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrages und des Wortlauts der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten nach Einholung zweier Sachverständigengutachten antragsgemäß verurteilt. Es hat die Verurteilung auf die Verletzung der Tonträgerherstellerrechte der Kläger gestützt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgen. Im Wesentlichen machen sie geltend:

Die Beklagten nehmen weiterhin in Abrede, dass die Kläger Tonträgerherstellerechte an der Aufnahme "Metall auf Metall" besäßen. Sie behaupten, dass die Kläger kein wirtschaftliches Risiko für die Produktion getragen hätten, sondern dass davon auszugehen sei, dass ihnen ihre Plattenfirma EMI Elektrola GmbH einen garantierten Vorschuss gezahlt hätte. In diesem Zusammenhang beanstanden die Beklagten, dass die Kläger den Vertrag mit der EMI Elektrola GmbH nur auszugsweise eingereicht hätten (Anlage K 11).

Zu Unrecht habe das Landgericht die Aktivlegitimation der Kläger aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft angenommen. Das diesbezügliche Schreiben der Plattenfirma EMI Elektrola GmbH sei nicht ausreichend konkret auf den vorliegenden Rechtsstreit bezogen.

Die Übernahme eines kurzen Ausschnitts aus "Metall auf Metall" verletze etwaige Tonträgerherstellerrechte nicht, da eine messbare Beeinträchtigung der Kläger hierdurch nicht eingetreten sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass sie wegen der Übernahme weniger Tonträger verkauft hätten. Das Landgericht habe auch keine Feststellungen zu seiner Annahme getroffen, dass die Beklagten ein verkaufsförderndes Spiel mit der Erkennbarkeit des Sounds von "Metall auf Metall" getrieben hätten und dass die Beklagten nicht selbst in der Lage gewesen wären, einen solchen Sound zu erzeugen. Entgegen der Meinung des Landgerichts stelle das übernommene Sample keinen prägenden Bestandteil der klägerischen Aufnahme dar. Es handele sich um wenige rhythmische Schläge, die auch nach den Feststellungen des Gutachters Maronn eine völlig untergeordnete Rolle in dem Stück "Nur mir" der Beklagten spielten.

Die Beklagten hätten auch nicht schuldhaft gehandelt, da sie auf die Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts zur Verwendung von Soundpartikeln vertraut hätten.

Ferner seien die Beklagten zu 2 und 3 zu Unrecht zur Auskunft verurteilt worden. Sie hätten mit dem Vertrieb der Tonträger nichts zu tun.

Fehlerhaft sei schließlich die Verurteilung zur Herausgabe zur Vernichtung an die Kläger statt an einen Gerichtsvollzieher. Die Beklagten zu 2 und 3 hätten die streitgegenständlichen Tonträger auch nicht in Besitz. Außerdem hätte der Anspruch auf Herausgabe zur Vernichtung nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden dürfen.

Die Kläger bestreiten, dass die Beklagten zu 2 und 3 mit der Herstellung und dem Vertrieb der Tonträger nichts zu tun hätten. Sie verteidigen die Klaganträge zu Ziff.2 und 4 (Urteilstenor zu Ziff. 2a und 3) mit der Maßgabe, dass Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht für die Zeit ab 1.11.1997 gelten sollen und stellen den Klagantrag zu Ziff. 3 (Urteilstenor zu Ziff. 2 b) dahingehend, dass die Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung an einen von den Klägern zu beauftragenden Gerichtsvollzieher erfolgen soll. Im Übrigen verteidigen sie das landgerichtliche Urteil.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos. Soweit die Kläger ihre Klaganträge in der Berufungsinstanz in zwei Punkten geändert haben, handelt es sich um eine teilweise Klagrücknahme (Anfangszeitpunkt für Auskunft und Schadensersatzfeststellung) und eine teilweise Klagänderung (Herausgabe an einen Gerichtsvollzieher), die im Tenor dieses Urteils berücksichtigt worden sind, aber wegen Geringfügigkeit keine Kostenbelastung der Kläger rechtfertigen.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagten zu Unterlassung, Auskunft und Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung verurteilt sowie ihre Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung sind unbegründet. Sie geben lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der ersten Instanz, insbesondere auf der Grundlage des Gutachtens Maronn, ist der Senat mit dem Landgericht davon überzeugt, dass das in den beiden Aufnahmen des Liedes "Nur mir" verwendete Schlagzeugsample den Takten 19 und 20 der Aufnahme "Metall auf Metall" entnommen worden ist. Diese Feststellungen greift auch die Berufung nicht mehr an.

Weiterhin geht der Gutachter Maronn davon aus, dass das übernommene Schlagzeugsample durch das ganze Stück "Nur mir" hindurch wiederholt wird. Auch in Verbindung mit dem Gutachten Sauter (Anlage K 5) ergibt sich, dass der Titel "Nur mir" durchgängig mit dem Rhythmusgefüge eines Takts aus "Metall auf Metall" unterlegt ist, wenn auch in metrischer Verschiebung (Beginn auf die Zählzeit 3). Von dieser Tatsachengrundlage geht der Senat bei seiner rechtlichen Beurteilung aus. Sie wird zudem durch den Eindruck bestätigt, den der Senat nach mehrmaligem Hören der betreffenden Aufnahmen selbst gewonnen hat.

2. Ohne Erfolg greifen die Beklagten die Beurteilung des Landgerichts an, die Kläger seien Tonträgerhersteller der Aufnahme "Metall auf Metall". Wie das Landgericht zutreffend unter Würdigung aller Umstände - insbesondere P-Vermerk auf dem Tonträger und vorgelegte Dokumente - ausgeführt hat, hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass die Kläger die maßgebliche organisatorische Verantwortung für die Herstellung der Aufnahme "Metall auf Metall" getragen haben (s. dazu Schricker-Vogel, UrhG, 2.Aufl., § 85 Rn.28,29). Soweit die Beklagten - letztlich ins Blaue hinein - weiterhin behaupten, dass die EMI Elektrola GmbH den Klägern einen garantierten Kostenvorschuss auf die Produktion bezahlt hätten, würde auch dies - die Richtigkeit der Behauptung unterstellt - nichts an der rechtlichen Beurteilung ändern. Zum einen wären die Kläger auch bei einer garantierten Vorschusszahlung ihrer Plattenfirma nicht von jedem wirtschaftlichem Risiko befreit gewesen, da sie im Außenverhältnis aus allen Verträgen, die zur Durchführung der Produktion erforderlich waren, haftbar gewesen wären. Die wirtschaftliche Verantwortung hätte auch in diesem Falle bei den Klägern gelegen. Letztlich entscheidend bleibt aber - wie ausgeführt - die organisatorische Verantwortlichkeit für die Herstellung der Tonaufnahme, und zwar in Abgrenzung zu demjenigen, der für einen anderen lediglich im Lohnauftrag Tonaufnahmen herstellt (Schricker-Vogel a.a.O.). Die Kläger haben zu ihrer organisatorische Verantwortlichkeit hinreichend substantiiert vorgetragen und Belege vorgelegt.

Unbegründet ist auch die Rüge der Beklagten, dass das Landgericht die auszugsweise Vorlage des Vertrages zwischen den Klägern und der EMI Elektrola GmbH hat genügen lassen. Die auszugsweise Vorlage von Unterlagen ist nach § 131 Abs.2 ZPO grundsätzlich zulässig. Jedenfalls dann , wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich in den nicht vorgelegten Teilen einer Urkunde etwas befindet, welches im Widerspruch steht zu den vorgelegten Teilen oder deren Inhalt in irgendeiner Weise einschränkt, kann es nicht beanstandet werden, wenn ein Gericht seine Überzeugung auf ein nur auszugsweise vorgelegtes Dokument stützt, vor allem dann nicht, wenn weitere Unterlagen vorgelegt werden, die dessen Richtigkeit bestätigen, wie es hier der Fall ist (§ 286 ZPO).

3. Ebenso hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Kläger trotz der Erteilung einer ausschließlichen Lizenz an ihren Tonträgerherstellerrechten an die EMI Elektrola GmbH jedenfalls aufgrund gewillkürter Prozesstandschaft aktiv legitimiert seien. Auch insoweit bleibt der Angriff der Berufung ohne Erfolg.

Die Ermächtigung aus dem an die Prozessbevollmächtigte der Kläger gerichtete Schreiben der EMI Elektrola GmbH vom 11.10.1999 (Anlage K 12) bezieht sich unzweifelhaft auf den vorliegenden Rechtsstreit (s. Eingangssatz: "zur Vorlage im Rechtsstreit zwischen der Künstlergruppe "Kraftwerk" im Zusammenhang mit der Verwendung von Samples aus der Tonaufnahme "Metall auf Metall"...). Soweit die Erklärung in Ziff.4 dieses Schreibens allgemein die Lizenzgeber zur Geltendmachung ihrer Rechte im eigenen Namen ermächtigt, mag sie in Hinblick auf andere Rechtsstreitigkeiten zu weit gefasst sein. Für das vorliegende Verfahren, das ausdrücklich benannt ist, reicht sie jedoch aus.

4. Der Senat folgt dem Landgericht in seiner Beurteilung, dass die nachgewiesene Übernahme der Rhythmussequenz aus "Metall auf Metall" die Tonträgerherstellerrechte der Kläger verletzt. Dabei ist mit dem Landgericht von dem Grundsatz auszugehen, dass auch die ungenehmigte ausschnittsweise Vervielfältigung und Verbreitung eines Tonträgers in die Rechte des Tonträgerherstellers eingreift (s. neben den vom Landgericht zitierten Nachweisen auch Schricker-Vogel, UrhR. 2.Aufl., § 85 Rn.34). Nur wenn im Wege des Sampling kleinste Tonpartikel einer fremden Tonaufnahme verwendet werden, hat das HansOLG in zwei Entscheidungen aus dem Jahre 1991 eine Verletzung der Tonträgerherstellerrechte verneint (HansOLG GRURInt 92,390 und NJW-RR 92,746). Soweit das Landgericht auch für diese Annahme keine ausreichende gesetzliche Grundlage sieht, mag dies dahinstehen. Denn jedenfalls liegt hier kein Fall vor, in dem nur kleinste Tonpartikel verwendet worden sind, sondern es ist - wie der Sachverständige Sauter überzeugend darlegt - die "Keimzelle" der Tonaufnahme "Metall auf Metall", nämlich ein bestimmtes Rhythmusgefüge aus mehreren, zum Teil selbst entwickelten Schlaginstrumenten, welches fortlaufend wiederholt wird, im Wege des Sampling übernommen worden. Bei mehrmaligem Hören beider Titel hat auch der Senat feststellen können, dass dieses Rhythmusgefüge in dem Lied "Nur mir" in seiner charakteristischen Ausprägung noch deutlich wahrnehmbar ist. Dadurch , dass die Beklagten gerade dieses Element komplett übernommen und ebenfalls fortlaufend dem Stück "Nur mir" unterlegt haben, haben sie sich nicht nur - wie das Landgericht es treffend formuliert - den prägenden Teil, sondern im Ergebnis die ganze Tonaufnahme, die aus der ständigen Wiederholung dieses prägenden Teils besteht, angeeignet und eigenen Aufwand hierfür erspart. Damit haben sie in den Schutzbereich der §§ 85 ff UrhG eingegriffen. Dieser bezieht sich auf die in der Tonaufnahme verkörperte Herstellerleistung und besitzt auch einen wettbewerblichen Bezug (Schricker-Vogel a.a.O., § 85 Rn.10). Der Tonträgerhersteller soll vor unmittelbaren Leistungsübernahmen geschützt werden (Schricker-Vogel a.a.O.).

Für die Verletzung kommt es nach Auffassung des Senats hingegen nicht darauf an, ob die Beklagten es auf die Wiedererkennbarkeit der übernommenen Sequenz angelegt haben und ob sie sie mit modernen Geräten auch selbst hätten erzeugen können. Daher geht die Rüge der Beklagten, das Landgericht hätte hierzu Feststellungen treffen müssen, ins Leere. Ebenso ist es unerheblich, ob die Kläger wegen der Verwendung eines Teils ihrer Tonaufnahme weniger Tonträger mit der Aufnahme von "Metall auf Metall" haben absetzen können. Letzteres mag allenfalls für die Frage des bezifferten Schadensersatzanspruchs eine Rolle spielen, sofern dieser auf der Grundlage entgangenen Gewinns berechnet wird.

5. Aus der Verletzung der Tonträgerherstellerrechte ergeben sich die vom Landgericht zuerkannten Ansprüche:

a) Zutreffend hat das Landgericht die Beklagten auf der Grundlage der §§ 85 Abs.1, 97 Abs.1 UrhG dazu verurteilt es zu unterlassen, die auf den zwei streitgegenständlichen Tonträgern befindlichen Schallaufnahmen des Liedes "Nur mir" herzustellen, anzubieten oder sonst in den Verkehr zu bringen.

b) Auch die Feststellung, dass die Beklagten zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet seien, ist zu Recht erfolgt, §§ 97 Abs.1 UrhG, 256 Abs.1 ZPO. Der Einwand der Beklagten, sie hätten nicht schuldhaft gehandelt, greift angesichts der strengen Anforderungen, die die Rechtsprechung im Urheberrecht an die Sorgfaltspflichten des Verletzers stellt, nicht durch. Die Beklagten haben zumindest leicht fahrlässig gehandelt. Fahrlässig handelt bereits, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (z.B. BGH GRUR 2000, 699,702 "Kabelerweiterung"; GRUR 99, 984 "Laras Tochter"; GRUR 99,923,928 "Tele-Info-CD"). So liegt der Fall hier. Zwar hat das HansOLG in den oben genannten zwei Entscheidungen das Sampling von kleinen Tonpartikeln für zulässig gehalten, doch war für die Beklagten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durchaus erkennbar, dass die Einschätzung dessen, was als "kleine Tonpartikel" anzusehen ist, durchaus zweifelhaft sein kann. Zudem ist die Frage der urheberrechtlichen Bewertung des Sampling trotz einiger obergerichtlichen Entscheidungen höchstrichterlich noch keineswegs abschließend geklärt.

Allerdings war der Ausspruch zur Schadensersatzfeststellung um einen Anfangszeitpunkt zu ergänzen (dazu sogleich).

c) Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, besitzen die Kläger zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs den zugesprochene Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung (s.dazu Schricker-Voegl. UrhR, 2.Aufl., § 97 Rn.81). Allerdings war nach ständiger Rechtsprechung des 1. Zivilsenats des BGH, der der Senat folgt, ein Anfangszeitpunkt festzulegen (seit BGH GRUR 88, 307, 308 "Gaby"). Denn es besteht keine Auskunftspflicht hinsichtlich solcher Handlungen, die zeitlich vor der ersten Verletzunghandlung liegen, da dies auf eine unzulässige Ausforschung hinausliefe. Da es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die beiden Versionen von "Nur mir" im Herbst 1997 veröffentlicht worden sind, ist eine Auskunftspflicht jedenfalls ab dem 1.11.1997 begründet.

Soweit die Beklagten zu 2 und 3 erstmals in der Berufungsinstanz behaupten, dass sie mit der Herstellung und dem Vertrieb der Tonträger nichts zu tun hätten und daher keine Auskunft erteilen könnten, ist dieser Vortrag bereits wegen Verspätung unbeachtlich. Gründe für eine Zulassung gemäß § 531 Abs.2 ZPO sind nicht dargelegt oder erkennbar. Die Kläger haben dieses Vorbringen auch nicht unstreitig gestellt, sondern ausdrücklich bestritten.

d) Die Kläger haben auch einen Anspruch auf Vernichtung der Tonträger, § 98 Abs.1 UrhG. Das Landgericht hat die Beklagten zur Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung an die Kläger als Gesamtgläubiger verurteilt.

aa) Soweit die Beklagten zu 2 und 3 erstmals in der Berufung behaupten, sie hätten keinen Besitz an den Tonträgern, ist auch dieses, von den Klägern ebenfalls ausdrücklich bestrittene Vorbringen in der Berufungsinstanz verspätet. Im Übrigen sind die Beklagten über die §§ 830, 840 BGB auch als Mittäter oder Teilnehmer der Verletzungshandlung für den Vernichtungsanspruch passivlegitimiert (Fromm/Nordemann, UrhR, 9.Aufl., § 98,99 Rn.8).

bb) Es ist anerkannt, dass der Vernichtungsanspruch jedenfalls in der Form geltend gemacht werden kann, dass die Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung an einen Gerichtsvollzieher beantragt wird (BGH GRUR 03, 228, 230 "P-Vermerk"). Die Kläger haben in der Berufungsinstanz ihren Antrag entsprechend geändert. Die Änderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da sie sachdienlich ist und auf diejenigen Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat ohnehin seiner Verhandlung und Entscheidung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Wenn man in der Änderung ein Minus gegenüber dem ursprünglichen Klagantrag sehen wollte, wäre sie ohnehin nach § 264 Nr.2 ZPO zulässig.

cc) Ebenfalls zu Unrecht machen die Beklagten geltend, dass der Anspruch auf Herausgabe zur Vernichtung nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden dürfe. Zwar heißt es in dem Urheberrechtskommentar von Schricker-Wild, 2.Aufl. unter § 98 Rn.12 und offenbar auch in einer von den Beklagten zitierten weiteren Literaturstelle, dass eine Vernichtung vor Rechtskraft nicht möglich sei. Indessen werden Ansprüche wegen der Verletzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO vollstreckt, s. dazu auch § 112 UrhG bezüglich der Vollstreckung in ein nach dem UrhG geschütztes Recht. (die §§ 113 ff. UrhG beziehen sich nur auf die Vollstreckung wegen Geldforderungen). Danach sind Urteile zur Herausgabe zum Zwecke der Vernichtung nach den Regeln der §§ 704 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Der Schuldner hat die Möglichkeit, eine Schutzantrag nach den §§ 712, 714 ZPO zu stellen, was die Beklagten nicht getan haben. Außerdem sind die Beklagten durch die Schadensersatzpflicht der Kläger nach § 717 Abs. 2 ZPO geschützt, falls das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil später abgeändert oder aufgehoben wird.

6. Da die Verurteilung bereits wegen der Verletzung der Tonträgerherstellerrechte der Kläger zu erfolgen hat, kann mit dem Landgericht dahinstehen, ob die Beklagten mit dem nachgewiesenen Sampling eines Teils der Tonaufnahme "Metall auf Metall" außerdem das Urheberrecht des Klägers zu 1 und Künstlerleistungsschutzrechte der Kläger verletzt haben.

Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 97, 92 Abs.2 Nr.1, 708 Nr.10, 711 ZPO. Der Senat hat die Revision gemäß § 543 ZPO zugelassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, da die urheberrechtliche Zulässigkeit des Tonträger-Sampling ist höchstrichteerlich noch nicht geklärt ist.

Ende der Entscheidung

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