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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 07.09.2009
Aktenzeichen: 6 SchH 4/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 148
ZPO § 1032 Abs. 2
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

In dem Schiedsverfahren

Geschäftszeichen: 6 SchH 4/08

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 6.Zivilsenat, am 7. September 2009 durch die Richter Dr. Buchholz, Agger, Dr. Hinrichs

beschlossen:

Tenor:

I. Es wird festgestellt,

1. dass ein Verfahren vor einem Hamburger Schiedsgericht zulässig ist zur Klärung sämtlicher Streitigkeiten der Parteien unter dem "Service and Transport Agreement", datierend 20. Oktober 2006 und 29. November 2006 zwischen der Antragstellerin zu 9. und der Antragsgegnerin;

insbesondere

2. dass ein Hamburger Schiedsgericht zuständig ist für die Entscheidung über Ansprüche der Antragstellerinnen gegen die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit Ladung, die unter dem "Service and Transport Agreement" im Januar 2007 mit dem MS "MSC Napoli" transportiert wurde und von dessen Havarie vor der englischen Küste betroffen ist, insbesondere durch Verlust, Beschädigung, Mehrkosten und Belastung mit Berger- und Havarie-grosse-Pfandrechten;

3. dass ein Hamburger Schiedsgericht insoweit auch zuständig ist für die Entscheidung, ob die Parteien des "Service and Transport Agreement" vereinbart haben, dass die Haftung der Antragsgegnerin auf einen bestimmten Betrag je Kilogramm Rohgewicht oder je Einheit begrenzt ist;

4. dass ein Hamburger Schiedsgericht auch zuständig ist für die Entscheidung, ob die Parteien des "Service and Transport Agreement" vereinbart haben, dass die Antragsgegnerin unter diesem Vertrag haftet ohne die Möglichkeit der Beschränkung der Haftung für Seeforderungen in der Fassung des Protokolls von 1996.

II. Die Anträge der Antragsgegnerin, das Verfahren auszusetzen, bis die Verfahren vor dem Englischen High Court of Justice zu den Aktenzeichen 2007 Folio 185, 2008 Folio 85 und 2008 Folio 773 sowie das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 327 O 708/08 rechtskräftig beendet sind, werden zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragstellerinnen zu 1.- 8. und 10. sind Transportversicherer des V.-Konzerns, für den im Januar 2007 verschiedene Ladungen Autoteile in 155 Containern auf das die britische Flagge führende, in Großbritannien bereederte "MSC Napoli" zum Transport nach Südafrika verladen wurden. Eigner bzw. Bareboat Charterer sind die Firmen M.

Die Antragsgegnerin, die im Januar 2007 Zeitcharterer des MS "MSC Napoli" war, hat mit der Antragstellerin zu 9. am 20. Oktober und 29. November 2006 ein "Service and Transport Agreement" (Anlage AS 1) geschlossen. In diesem Vertrag haben die Vertragsparteien eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen, nach der ein Hamburger Schiedsgericht zur Entscheidung berufen ist.

Während einer Seereise von Antwerpen nach Sines im Januar 2007 geriet das MS "MSC Napoli" vor der englischen Südküste in Seenot, in deren Folge es in der Grafschaft Devon beabsichtigt auf den Strand gesetzt wurde. Dabei gingen zahlreiche Container verloren, an der Ladung in anderen Containern kam es durch den Einbruch von Wasser zu Sachschäden.

Der Reeder und der Bareboat Charterer des MS "MSC Napoli" haben in London beim Englischen High Court of Justice zum Az, 2007 Folio 185 ein Haftungsbeschränkungsverfahren eingeleitet (Anlage AG 2). Nachdem der Reeder und der Bareboat Charterer GBP 14.710.000,00 zur Errichtung des Haftungsbeschränkungsfonds eingezahlt hatten (Anlage AG 3), erging am 31. Juli 2007 eine Haftungsbeschränkungsanordnung (Anlage AG 4), mit der die Haftungsbeschränkung auf 19.222.700 Sonderziehungsrechte festgestellt wurde. Gleichzeitig wurde verfügt, dass alle weiteren oder anderen Verfahren gleich aufgrund welcher Ansprüche eingestellt werden und es wurde eine Frist zur Anmeldung der Ansprüche gesetzt. Außerdem wurde eine Frist für den Antrag auf Aufhebung der Allgemeinen Haftungsbeschränkungsanordnung gesetzt und verfügt, dass jede Partei, die hiervon keinen Gebrauch macht, das Recht auf Haftungsbeschränkung anerkennt. Die Antragstellerinnen haben einen Antrag auf Aufhebung der Haftungsbeschränkungsanordnung nicht gestellt, sondern haben ihre Forderungen angemeldet. Auf Antrag des Reeders und der Bareboat Charterer erließ der Englische High Court of Justice zum Aktenzeichen 2008 Folio 85 einen Beschluss zur Bildung eines Sammelverfahrens (Anlage AG 8). Die Antragstellerinnen haben vor dem Englischen High Court of Justice zum Aktenzeichen 2008 Folio 773 unter anderem gegen die Antragsgegnerin Klage eingereicht (Anlage AG 9).

Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, dass der Senat nicht an einer Entscheidung gehindert sei, weil sich die Londoner Verfahren nur mit Ansprüchen beschäftigen würden, für die die Haftung beschränkt werden könne, während es im hiesigen Rechtsstreit um die Frage gehe, wer für die Frage prozessual zuständig sei, ob die Antragsgegnerin auf die Beschränkbarkeit der Haftung in dem "Service and Transport Agreement" vertraglich verzichtet habe. Dieser Streit werde von dem englischen Haftungsbeschränkungsbeschluss nicht berührt, weil dieser Beschluss die beschränkbare Haftung voraussetze, während es vorliegend um die unbeschränkbare Haftung gehe. Die Antragsgegnerin berufe sich daher auch ohne Erfolg auf Ziffer 5 des Beschlusses in dem Haftungsbeschränkungsverfahren (Anlage AG 4), wonach nach Ablauf der dort genannten Fristen das Recht auf Haftungsbeschränkung als zugestanden gelte, weil sich diese Regelung gemäß Art. 11 Abs.1 S.3 LondonHBÜ nur auf Ansprüche beziehe, für die eine Beschränkung der Haftung geltend gemacht werden könne. Ansprüche, für die eine Beschränkung nicht geltend gemacht werden könne, würden hingegen bereits dem Fonds nicht unterfallen und müssten daher außerhalb des Haftungsbeschränkungsverfahrens geltend gemacht werden. Die Antragsgegnerin könne auch nichts aus dem Umstand herleiten, dass die englische Sozietät C. im Hinblick auf die "V.-Ladung" Ansprüche im englischen Haftungsbeschränkungsverfahren angemeldet habe, da zum einen die Anmeldung bereits zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als die Antragsgegnerin dem Verfahren noch gar nicht beigetreten gewesen sei und zum anderen die Anmeldung ausdrücklich ohne Präjudiz für das Recht erfolgt sei, Ansprüche gegen andere dritte Parteien zu verfolgen. Auch die Entscheidung des Englischen High Court of Justice zum Aktenzeichen 2008 Folio 85, die zahlreichen in England anhängigen Prozesse zu koordinieren und auf einen einzigen Richter zu konzentrieren (Anlage AG 8), sei für die Streitfrage über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ohne Bedeutung. Denn gemäß Ziffer 2 (iii) des Beschlusses beschränke sich die Bedeutung der "Group Litigation Order" allein auf solche Ansprüche, die der Zuständigkeit des englischen High Court of Justice unterliegen, was bei dem "Service and Transport Agreement", das der Zuständigkeit eines Hamburger Schiedsgerichts unterliege, nicht der Fall sei. Ohne Bedeutung für die vom Senat zu entscheidende Frage sei auch das Klagverfahren 2008 Folio 773. Denn zum einen gehöre die Antragstellerin zu 9.) nicht zu den dortigen Anspruchstellerinnen. Zum anderen seien ausweislich der aktuellen "Claim Form" (Anlage AS 2) Antragsgegner hinsichtlich der "V.-Ladung" nur noch die beiden M.-Gesellschaften. Im Übrigen ergebe sich bereits aus der Angabe des Streitgegenstands, dass dort nur Ansprüche gegen vertragliche Verfrachter gemäß Konnossementen oder Seefrachtbriefen geltend gemacht würden, nicht aber solche unter dem "Service and Transport Agreement". Da der Londoner Haftungsbeschränkungsbeschluss für den hiesigen Rechtsstreit ohne Belang sei, sei auch das von der Antragsgegnerin angeblich angestrengte Anerkennungsverfahren bedeutungslos. Die im "Service and Transport Agreement" enthaltene Schiedsabrede sei auch nicht nachträglich stillschweigend abbedungen worden. Die Korrespondenz mit H.F.W. als Anwälten der beiden M.- Firmen sei deshalb irrelevant, weil die M. -Firmen nicht Parteien des "Service and Transport Agreement" seien und die mit ihnen geführte Korrespondenz daher auf die Schiedsabrede keinen Einfluss haben könne. Der in England für die Antragstellerinnen von den Anwälten C. geführten Korrespondenz könne auch deshalb eine konkludente Abbedingung der Schiedsgerichtsvereinbarung nicht entnommen werden, weil sich bezogen auf die Antragsgegnerin die Tätigkeit dieser Rechtsanwälte allein auf Ansprüche unter den von der Antragsgegnerin ausgestellten Sea Waybills bezogen habe, was der Antragsgegnerin aus der geführten Korrespondenz (Anlagen AS 3 - AS 6) auch bekannt gewesen sei.

Die Antragstellerinnen beantragen,

wie erkannt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die Anträge der Antragstellerinnen abzuweisen;

2. jedenfalls dieses Verfahren auszusetzen, bis die Verfahren vor dem Englischen High Court of Justice zu den Aktenzeichen 2007 Folio 185, 2008 Folio 85 und 2008 Folio 773 rechtskräftig beendet sind;

3. jedenfalls dieses Verfahren auszusetzen, bis das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 327 O 708/08 rechtskräftig beendet ist;

4. über die Anträge der Antragstellerinnen nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin hält die Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens für unzulässig, weil wesentliche Fragen des Streitgegenstands bereits rechtskräftig entschieden seien. So sei die Frage der globalen Haftungsbeschränkung aufgrund der rechtskräftigen Haftungsbeschränkungs-Anordnung vom 31. Juli 2007 (Anlage AG 4) endgültig und unangreifbar entschieden. Diese wirke gemäß Artikel 11 Abs.3 des Haftungsbeschränkungsübereinkommens von 1976/1996 (HBÜ) auch zugunsten der Antragsgegnerin, weil diese (unstreitig) im Januar 2007 Zeitcharterer des MS "MSC NAPOLI" gewesen sei. Über ihre englischen Rechtsanwälte C. hätten die Antragstellerinnen gegenüber dem Englischen High Court of Justice auch ausdrücklich mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2008 (Anlage AG 20) erklärt, dass die Antragsgegnerin ihre Haftung auf der Grundlage der Haftungsbeschränkungsanordnung vom 31. Juli 2007 beschränkt habe. Die Haftungsbeschränkungsanordnung sei auch keineswegs auf bestimmte Ansprüche aus bestimmten Rechtsgrundlagen oder Ansprüche bestimmter Arten beschränkt. Von den rechtskräftigen Feststellungen des Englischen High Court of Justice dürfe das Gericht nicht abweichen, weil diese gemäß Artikel 33 Abs.1 EuGVVO in Deutschland anerkannt seien. Außerdem sei die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aufgehoben, zumindest aber entscheidend beschränkt (vgl. Art. 13 Abs.1 HBÜ). Die Unzulässigkeit von Verfahren außerhalb Englands ergebe sich auch aus den Bestimmungen der beiden Beschlüsse, nämlich der Einstellung sämtlicher Verfahren und Ansprüche gemäß Ziffer 2 des Beschlusses vom 31. Juli 2007 (Anlage AG 4), der Anordnung der Geltendmachung der Ansprüche in England gemäß Ziffer 15 des Beschlusses vom 3. Juni 2008 (Anlage AG 8) sowie dem verfügten Erlöschen aller nicht in England geltend gemachten Ansprüche gemäß Ziffer 22 des Beschlusses vom 3. Juni 2008. Auch die Frage der Ersatzpflicht sei bereits gerichtlich anhängig und zwar wegen der Anmeldung der angeblichen Ersatzansprüche im Haftungsbeschränkungsverfahren, wegen des Beschlusses zur Bildung des Sammelverfahrens und wegen der in England zum Aktenzeichen 2008 Folio 773 (Anlage AG 9) erhobenen Ersatzklage. Die Antragstellerinnen hätten auch vielfach auf die Durchsetzung angeblicher Ansprüche in Deutschland verzichtet und damit die Schiedsgerichtsabrede aufgehoben. So besage die vom Reeder und vom Bareboat Charterer gewährte Fristverlängerung zugunsten der Antragstellerinnen (Anlage AG 6) eindeutig, dass Ansprüche gegenüber der Antragsgegnerin nur vor dem Englischen High Court of Justice geltend gemacht werden dürften. Da sich die Antragsgegnerin diese Bedingung in ihrer Fristverlängerung vom 25. Januar 2008 (Anlage AG 7) zu eigen gemacht habe und die Antragstellerinnen (bzw. einzelne von ihnen) dieser Bedingung entsprechend am 31. Juli 2008 in London Klage wegen ihrer angeblichen Ersatzansprüche unter anderem auch gegen die Antragsgegnerin erhoben habe, erfolge das jetzige Vorgehen der Antragstellerinnen abredewidrig. Ein Verfahren in Deutschland sei auch deshalb unzulässig, weil sich die Antragstellerinnen nicht gegen den Beschluss zur Bildung eines Sammelverfahrens mit seiner vorgegebenen Gerichtsstandsbestimmung gewehrt, sondern Klage eingereicht haben (Anlage AG 9). Jedenfalls ergebe sich aus der Anmeldung der Ansprüche der Antragstellerinnen im Haftungsbeschränkungsverfahren (Anlage AG 5), dass die Londoner Verfahren Vorrang genießen, weil es dort u.a. heiße: "Any amount received from the Fund will be deducted from the amount so claimed from other party or parties". Im Übrigen sei ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen zu 2 bis 10 nicht ersichtlich, da die Antragstellerin zu 1 ausweislich der Anlage zum Telefaxschreiben der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen vom 18. April 2008 (Anlage AG 14, S. 2) den angeblichen Schaden der Unternehmen der V.-Gruppe gegenüber der V. AG und der V. of South Africa Ltd. reguliert habe und die mitbeteiligten Versicherer die auf sie übergegangenen Rechte an die Antragstellerin zu 1. abgetreten hätten. Nicht nachvollziehbar sei auch, aus welchem Grund die Antragstellerin zu 9. noch Schäden der Firma ... of South Africa (PTY) Ltd. sollte liquidieren können, obwohl diese nach dem Vortrag der Antragstellerinnen entschädigt sei. Das vorliegende Verfahren sei zumindest gemäß bzw. entsprechend Artikel 28 EuGVVO bzw. § 148 ZPO auszusetzen, bis die Verfahren vor dem Englischen High Court of Justice zu den Aktenzeichen 2007 Folio 185, 2008 Folio 85 und 2008 Folio 773 rechtskräftig beendet sind. Denn bei dem Verfahren zum Aktenzeichen 2007 Folio 185 handele es sich um ein mit dem vom Senat zu entscheidenden Verfahren im Zusammenhang stehendes Verfahren. Was das Verfahren Aktenzeichen 2008 Folio 85 anbelange, betreffe dieses Verfahren sämtliche Ersatzansprüche wegen des Seeunfalls des MS "MSC NAPOLI" und schließe die angeblichen Ansprüche der Antragstellerinnen ein, weshalb es nicht sachgerecht sei, die angeblichen Ansprüche der Antragstellerinnen sowohl in dem dortigen als auch in dem hiesigen Verfahren zu verhandeln. Auch im Hinblick auf das Verfahren zum Aktenzeichen 2008 Folio 773 sei dieses Verfahren auszusetzen, damit nicht dieselben sachlichen Umstände zweifach festgestellt und gutachterlich bewertet werden müssten. Die Anträge der Antragstellerinnen seien im Übrigen auch unzulässig. So sei es unzulässig, die angebliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch für bestimmte Einzelfragen festzustellen. Die Anträge würden auch die englische Rechtslage und die Feststellungen in England außer Betracht lassen. Hinsichtlich des Antrags zu 1.) bestehe kein Anlass für die Feststellung der Zulässigkeit eines Schiedsgerichtsverfahrens in der von den Antragstellerinnen gewählten Allgemeinheit. Im Übrigen bedürfe es im Antrag einer Eingrenzung auf den Seeunfall des MS "MSC NAPOLI". Was den Antrag zu 2.) betreffe, habe es keine Belastungen mit Berger- und Havarie-Grosse-Pfandrechten gegeben; die "Mehrkosten" seien sachlich und rechtlich genau zu bezeichnen. Da Ansprüche wegen Mehrkosten und Belastungen mit Berger- und Havarie Grosse-Pfandrechten ausschließlich in den Konnossementsbedingungen (Anlage AG 18) und nicht in dem "Service and Transport Agreement", das in Ziffer II.10 einen Verweis auf die Konnossementsbedingungen vorsehe, geregelt seien und diese in Ziffer 2.(a) eine ausschließliche Gerichtsstandsabrede zugunsten von London vorsehe, sei das Schiedsgericht für diese Positionen im Übrigen eindeutig unzuständig. Der Antrag zu 4.) treffe die Rechtslage nur unvollständig, weil die Frage der Haftungsbeschränkung möglicherweise unbeantwortet bleiben könne. Außerdem werde der unzutreffende Eindruck erweckt, das "Service and Transport Agreement" müsse eine ausdrückliche Bestimmung enthalten, damit die globale Haftungsbeschränkung zum Tragen komme.

II.

Der zulässige Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

1.)

Der vor Bildung des Schiedsgerichts gestellte Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens ist gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO zulässig.

Die Zuständigkeit des angerufenen Senats ergibt sich aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Denn danach ist für die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. Gemäß Ziffer II.6. des "Service and Transport Agreement" ist Hamburg als Ort des Schiedsgerichts vereinbart.

2.)

Der Antrag erweist sich auch als begründet.

Prüfungsgegenstand ist allein, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens dieser Schiedsvereinbarung unterfällt (BayObLGZ 1999, 255/269 zitiert nach -juris- Rz. 117).

a.)

Zweifel an der Wirksamkeit der von der Antragstellerin zu 9.) und der Antragsgegnerin unter Ziffer II. 6 des "Service and Transport Agreement" getroffenen Schiedsabrede sind weder ersichtlich noch von der Antragsgegnerin dargetan.

b.)

Die Schiedsabrede ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht nachträglich stillschweigend aufgehoben worden.

Den Fristverlängerungen vom 24. Januar 2008 (Anlagenkonvolut AG 6) und vom 25. bis 28. Januar 2008 (Anlage AG 7) ist eine derartige konkludente Aufhebung der Schiedsvereinbarung nicht zu entnehmen. Denn es fehlt bereits an einer Bezugnahme auf das "Service and Transport Agreement". Erwähnung finden ausschließlich Ansprüche unter den von der Antragsgegnerin ausgestellten Sea Waybills. Auch die Tatsache, dass auf Seiten beider Parteien deren englische Rechtsanwälte tätig waren, ist ein Beleg dafür, dass es bei der Korrespondenz hinsichtlich der Fristverlängerungen und den damit verbundenen Absprachen hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit nicht um Ansprüche gegen die Antragsgegnerin unter dem "Service and Transport Agreement" ging. Denn die englischen Rechtsanwälte C. waren auf Seiten der Antragstellerinnen nur mit den Ansprüchen unter den Sea Waybills befasst, während die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen für die Ansprüche unter dem "Service and Transport Agreement" zuständig waren, was der Antragsgegnerin im Oktober 2007 auch mitgeteilt (Anlage AS 4) und von dieser bestätigt wurde (Anlage AS 5). Zeitlich ebenfalls vor der Korrespondenz hinsichtlich der Fristverlängerungen haben auch die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen mitgeteilt, dass sie für die Ansprüche unter dem "Service and Transport Agreement" vor einem deutschen Schiedsgericht zuständig seien, während es bei der Zuständigkeit der englischen Rechtsanwälte M. für die Ansprüche unter den Sea Waybills und/oder für die englischen Haftungsbegrenzungsverfahren bliebe. Vor diesem Hintergrund bezog sich die o.g. Korrespondenz aus Januar 2008 ersichtlich nicht auf die Ansprüche unter dem "Service and Transport Agreement". Ein konkludenter Verzicht auf die Schiedsabrede lässt sich auch nicht der von den englischen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen in einem New Yorker Verfahren gegen die Antragsgegnerin getroffenen Vereinbarung (Anlage AG 10) entnehmen, weil die Antragstellerinnen an diesem Verfahren nicht beteiligt waren.

c.)

Es fehlt auch jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Schiedsvereinbarung als solche nicht durchführbar wäre (vgl. dazu Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 1032 Rz. 3). Die zwischen den Parteien in Rede stehenden Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Schadenfall vom 18. Januar 2007 fallen unter die Schiedsvereinbarung, was auch die Antragsgegnerin grundsätzlich nicht in Abrede nimmt. Mit ihrem Einwand, da Ansprüche wegen Mehrkosten und Belastungen mit Berger- und Havarie Grosse-Pfandrechten ausschließlich in den Konnossementsbedingungen (Anlage AG 18) und nicht in dem "Service and Transport Agreement", das in Ziffer II. 10 einen Verweis auf die Konnossementsbedingungen vorsehe, geregelt seien und diese in Ziffer 2.(a) eine ausschließliche Gerichtsstandsabrede zugunsten von London vorsehe, sei das Schiedsgericht für diese Positionen nicht zuständig, kann die Antragsgegnerin nicht gehört werden. Denn das "Service and Transport Agreement" regelt in Ziffer II.10 eindeutig den Vorrang der Vertragsbedingungen vor denen des Konnossements. Die Schiedsabrede in dem "Service and Transport Agreement" geht Ziffer 2.(a) der Konnossementsbedingungen mithin vor.

d.)

Das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit der Ansprüche, die im schiedsgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden sollen, ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO. Dieses Prozesshindernis wird gegebenenfalls im schiedsrichterlichen Verfahren zu prüfen sein. Denn es geht nur um die Rechtsprüfung der Schiedsbindung, sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Schiedsklageerhebung, wie insbesondere Prozessvoraussetzungen, bleiben ungeprüft (vgl. MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl., § 1032 Rz. 26; BayObLG, a.a.O.). Auch die Frage, ob über denselben Streitgegenstand bereits anderweitig rechtskräftig entschieden worden ist, ist mithin im Schiedsverfahren zu klären.

Da es sich auch bei der Frage der Prozessführungsbefugnis um eine Prozessvoraussetzung handelt, die im Verfahren gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO nicht zu prüfen ist, muss sich der Senat weder mit der von der Antragsgegnerin aufgeworfenen Frage befassen, aus welchem Grund die Antragstellerin zu 9.) noch Schäden der Firma V. of South Africa (PTY) Ltd. sollte liquidieren können, wenn diese nach dem Vortrag der Antragstellerinnen entschädigt worden ist, noch muss er das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen zu 2.-8. und 10. nach Abtretung der auf sie übergegangenen Rechte an die Antragstellerin zu 1. (siehe Anlage AG 14, S. 2) prüfen.

e.)

Die Anträge sind auch in der von den Antragstellerinnen gewählten Fassung zulässig.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dürfen die Antragstellerinnen durchaus begehren, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch für bestimmte Einzelfragen festgestellt wird. Zwar kann Gegenstand des Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO nur die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens im Ganzen, nicht aber weiterer Zulässigkeitskriterien sein. Dieses schließt aber nicht aus, die Unzulässigkeit oder Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens hinsichtlich einzelner Streitgegenstände feststellen zu lassen (vgl. Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rz. 664 f).

Der Antrag zu 1. ist in seiner allgemeinen Fassung zulässig, da sich die Eingrenzung aus den nachfolgenden Anträgen und auch aus der Begründung der Anträge ergibt. Für die Entscheidung des Senats, ob der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt, müssen die "Mehrkosten" entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht sachlich und rechtlich genau bezeichnet werden, ausreichend ist vielmehr, dass es sich um Ansprüche handelt, die auf dem Schadenfall des MS "MSC NAPOLI" vom 18. Januar 2007 beruhen . Mit den übrigen Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Fassung der Anträge wird sich das Schiedsgericht zu befassen haben. Denn der Einwand der Antragsgegnerin gegen den Antrag zu 2.), es habe keine Belastungen mit Berger- und Havarie-Grosse-Pfandrechten gegeben, betrifft die materielle Begründetheit des Anspruchs, die nicht in die Entscheidungskompetenz des angerufenen Senats fällt. Aus den unter Ziffer 2.c.) dargelegten Gründen kann die Antragsgegnerin auch nicht mit ihrer Auffassung gehört werden, für Ansprüche wegen Mehrkosten und Belastungen mit Berger- und Havarie Grosse-Pfandrechten sei das Schiedsgericht unzuständig, weil die Konnossementsbedingungen eine Gerichtsstandsabrede zugunsten von London vorsehe. Ob der Antrag zu 4.) die Rechtslage entsprechend der Argumentation der Antragsgegnerin nur unvollständig wiedergibt, ist ein Einwand, der die materielle Rechtslage betrifft und daher ebenfalls vom Schiedsgericht zu entscheiden ist.

f.)

Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens liegen nicht vor.

Die Frage der Schiedsbindung der unter dem "Service and Transport Agreement" geltend gemachten Ansprüche ist weder Gegenstand der in London geführten Verfahren noch Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 327 O 709/08. Da die Entscheidungen in den Verfahren vor dem Englischen High Court of Justice zu den Aktenzeichen 2007 Folio 185, 2008 Folio 85 und 2008 Folio 773 und in dem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 327 O 709/08 für dieses Verfahren mithin nicht vorgreiflich sind, kommt eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO nicht in Betracht. Auch die Voraussetzungen für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gemäß Artikel 28 EuGVVO liegen nicht vor. Denn es fehlt an dem insoweit erforderlichen Zusammenhang. Der Begriff des Zusammenhangs ist im Rahmen von Artikel 28 Absatz 1 EuGVVO enger auszulegen als im Rahmen des Absatzes 2 und kann nur dann bejaht werden, wenn die Ergebnisse des einen Prozesses im anderen verwertet werden können (vgl. Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 28 Rz. 11). Die Ergebnisse der Verfahren vor dem Englischen High Court of Justice und vor dem Landgericht Hamburg sind jedoch für die vom Senat allein zu entscheidende Frage der Schiedsbindung der unter dem "Service and Transport Agreement" geltend gemachten Ansprüche ohne Belang. Ob das Schiedsverfahren im Hinblick auf die genannten Verfahren auszusetzen ist, bleibt der Entscheidung des Schiedsgerichts vorbehalten.

f.)

Der Senat hat auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, da diese im Gesetz nicht vorgesehen ist und beide Parteien Gelegenheit hatten, über jeweils zwei Schriftsätze umfangreich zur Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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