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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 19/08
Rechtsgebiete: EGGVG


Vorschriften:

EGGVG § 23
EGGVG § 27
Allein durch den Umstand, dass innerhalb eines Zeitraums von etwa vier Monaten der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nicht beschieden wurde, tritt keine Verfahrenslage ein, in der eine Untätigkeitsebschwerde ausnahmsweise zulässig ist.
Beschluss

Strafvollzugssache

betreffend den Strafgefangenen S.L.

wegen Nichtbescheidung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung (Untätigkeitsbeschwerde).

Auf die als "Beschwerde gem. § 27 EGGVG" bezeichnete Eingabe des Betroffenen vom 19. Dezember 2007 gegen die Nichtbescheidung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom 21. August 2007 durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 01. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Betroffenen auferlegt.

Gründe:

I.

In seiner an das Oberlandesgericht Hamm "gem. § 27 EGGVG" gerichteten Beschwerdeschrift vom 19. Dezember 2007 trägt der Betroffene vor, er habe mit Schreiben vom 21. August 2007 beim Landgericht Arnsberg einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG gestellt. Diesen Antrag habe die Strafvollstreckungskammer bisher ("trotz mein mehrfach Schreiben an LG Arnsberg") nicht beschieden. Eine schnelle Entscheidung sei für ihn jedoch wichtig, weil er mit seinem Antrag die Teilnahme an einer schulischen Fortbildung erstrebe, mit der Ende Januar 2008 begonnen werde.

II.

Die mit Schreiben vom 19. Dezember 2007 erhobene Beschwerde des Betroffenen erweist sich als unzulässig.

1. Bei der von dem Betroffenen im Ergebnis begehrten Teilnahme an einer schulischen Fortbildung handelt es sich um eine Maßnahme auf dem Gebiet des Strafvollzuges.

Der Strafprozessordnung, deren Vorschriften auch für das gerichtliche Verfahren in Strafvollzugssachen entsprechend anwendbar sind (§ 120 Abs. 1 StVollzG), ist aber eine reine Untätigkeitsbeschwerde fremd (BGH, NJW 1993, Seite 1279 m.w.N.; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 304 Rdnr. 3).

Damit ist zwar nicht jede gerichtliche Untätigkeit einer Anfechtung entzogen, denn die Unterlassung einer von Amts wegen oder auf Antrag zu treffenden Entscheidung ist dann - ausnahmsweise - anfechtbar, wenn die unterlassene Entscheidung selbst bzw. deren Ablehnung anfechtbar ist und der Unterlassung die Bedeutung einer endgültigen Ablehnung und nicht einer bloßen Verzögerung der zu treffenden Entscheidung zukommt (BGH a.a.O.; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2002, Seite 188, 189; OLG Dresden, NJW 2005, Seite 2791).

Eine solche Fallgestaltung liegt hier offensichtlich nicht vor. Allein durch den Umstand, dass innerhalb eines Zeitraums von etwa vier Monaten der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nicht beschieden wurde, tritt keine Verfahrenslage ein, die einer Ablehnung des gestellten Antrages gleichzustellen ist. Vielmehr kann auch jetzt noch über die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags entschieden werden, ohne dass ein negatives Ergebnis zu Lasten des Antragstellers bereits jetzt feststeht. Das gilt um so mehr, als der Betroffene selbst vorgetragen hat, dass die von ihm begehrte Ausbildungsmaßnahme erst in ca. drei Wochen beginnt.

Die Beschwerde war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

2. Soweit der Betroffene in seiner Beschwerdeschrift ausdrücklich auf die Vorschrift des § 27 EGGVG ("Antragstellung bei Untätigkeit der Behörde") Bezug genommen hat, ist für das Begehren des Betroffenen dieser Rechtsweg nicht eröffnet.

§ 27 EGGVG lässt eine Überprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG grundsätzlich dann zu, wenn über einen Antrag, eine Maßnahme zu treffen, ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten entschieden worden ist.

Diese häufig als Grundlage einer allgemeinen "Untätigkeitsklage" missverstandene Vorschrift eröffnet jedoch nicht ausnahmslos den Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG. Vielmehr ist die Zulässigkeit des Rechtsweges nach diesen Vorschriften davon abhängig, dass die Maßnahme, über die nach Auffassung des Betroffenen bisher pflichtwidrig nicht entschieden worden ist, überhaupt der gerichtlichen Nachprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG unterliegt. Das trifft indessen nur auf Justizverwaltungsakte zu. Soweit der Betroffene die Nichtbescheidung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch die Strafvollstreckungskammer bemängelt, richtet sich sein Begehren aber nicht auf einen Justizverwaltungsakt, sondern auf eine Prozesshandlung, die der Nachprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG entzogen ist. Rechtsprechungsakte scheiden somit als Justizverwaltungsakte aus (vgl. dazu BVerfGE 15, S. 275; 22, S. 106, 110; 25, S. 352; Senatsbeschluss vom 4. August 1998 - 1 VAs 63/98 - m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 StVollzG.

Ende der Entscheidung

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