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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: 1 Ws 11/03
Rechtsgebiete: ZSEG


Vorschriften:

ZSEG § 2
Zur Höhe der Zeugenentschädigung für einen Rechtsanwalt
Beschluss Strafsache gegen I.I. wegen Betruges (hier: Beschwerde des Rechtsanwalts Dr. G, gegen die Festsetzung von Zeugenentschädigung).

Auf die Beschwerde des Betroffenen vom 11.07.2002 gegen den Beschluss der XIII. Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 19.06.2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 03. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 des Oberlandesgerichts Hamm beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert und die Entschädigung des Zeugen Dr. G. auf 116,57 € festgesetzt.

Im übrigen wird die Beschwerde verworfen.

Gründe:

Der Beschwerdeführer war durch Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer als Zeuge zu den Hauptverhandlungsterminen am 4. und 11.11.1999 geladen worden und hatte dort auch ausgesagt. Der Anweisungsbeamte des Landgerichts Dortmund hat eine Entschädigung in Höhe von 220,- DM zur Auszahlung angewiesen (2 x 9 = 18 Stunden à 4,- DM = 72,- DM Nachteilsentschädigung gemäß § 2 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 ZSEG a.F.; 4 x 80 km = 320 km x 0,40 DM = 128,- DM Fahrtauslagen; Tagegeld von 2 x 10,- DM = 20,- DM). Auf den Antrag des Zeugen vom 21.02.2000 wurde seine Entschädigung im angefochtenen Beschluss auf den vom Anweisungsbeamten ausgezahlten Betrag festgesetzt.

Mit seinem Rechtsmittel verlangt der Zeuge weiterhin anstelle der gewährten Nachteilsentschädigung die - nach seiner Meinung gebotene - Entschädigung für Verdienstausfall. Die von der Anweisungsstelle bei den Fahrtkosten vorgenommenen Kürzungen und die zuerkannte Aufwandsentschädigung greift er nicht an. Er beruft sich darauf, seine Tätigkeit habe zum Zeitpunkt der Heranziehung als Zeuge schwerpunktmäßig im Bereich von Beratungen im Rahmen des Unternehmenskaufs und Fusionen sowie im Gesellschaftsrecht gelegen und sei seinerzeit auf der Grundlage von mit den Mandanten getroffenen Honorarvereinbarungen mit einem Stundensatz von ca. 250,- € vergütet worden. Wenn er verpflichtet sei, einen Gerichtstermin wahrzunehmen, entgingen ihm diese Honorare endgültig, denn "sie könnten denknotwendig nicht nachgeholt werden". Unter diesen Umständen stelle bereits der gesetzliche Höchstsatz (für Verdienstausfall) eine völlig unangemessene Entschädigung dar.

Die Beschwerde ist nur zu einem geringen Umfang begründet. Der Leiter des Dezernats 10 hat zu ihr u.a. wie folgt Stellung genommen:

"Der Zeuge, der mit der zuerkannten Nachteilsentschädigung nicht einverstanden ist, begehrt mit dem vorgenannten Rechtsmittel die Erstattung von Verdienstausfall zum - unter Geltung der DM-Währung - früher maßgeblichen Höchststundensatz von 25,00 DM; der als Entschädigung für Verdienstausfall gem. § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZSEG a.F. zugebilligt werden konnte. Bei Selbständigen wird zwar in aller Regel ein Verdienstausfall in dieser Höhe auch ohne Nachweis - der auch nur schwer zu führen wäre - zuzuerkennen sein (vgl. auch Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 2 Rdnr. 28.2). Ein Zeuge erhielt aber nach der vorgenannten Vorschrift eine Entschädigung i.H.v. 4,00 DM bis 25,00 DM für jede Stunde der notwendigerweise versäumten Arbeitszeit nur unter der Voraussetzung, dass tatsächlich ein Verdienstausfall eingetreten ist. Ist ein Verdienstausfall nicht eingetreten, kann allenfalls die Nachteilsentschädigung gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 ZSEG gezahlt werden, da mit "Verdienstausfall" eine tatsächliche Minderung des Berufseinkommens gemeint ist.

Dass der Zeuge, der als Rechtsanwalt seine Praxis am Kanzleisitz in Krefeld in Bürogemeinschaft mit 11 weiteren Rechtsanwälten betreibt (vgl. Briefkopf Bd. VII Bl. 218 d.A. sowie Bd. VI Bl. 306), aus Anlass der Wahrnehmung der o.g. Hauptverhandlungstermine tatsächlich einen Verdienstausfall erlitten hat, ist indessen nach wie vor weder nachgewiesen noch sonst ersichtlich.

Denn in eine Sozietät eingebundene Rechtsanwälte erleiden bei kurzfristiger Zeugenzuziehung keinen Verdienstausfall, sondern haben lediglich den Anspruch auf die Nachteilsentschädigung gem. § 2 As. 3 Satz, Abs. 2 Satz 1 ZSEG. Zur Begründung nehme ich insoweit zunächst zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Ausführungen der Kammer im angefochtenen Beschluss, die auf die hiesige - einen vergleichbaren Entschädigungsfall betreffende - Stellungnahme vom 22.03.1999 - 5671 E 5a. 185 Bd. 5 - zurückgehen (vgl. Bd. VI Bl. 315 ff. d.A.) und die ständige, nahezu einhellige Rechtsprechung der Senate des hiesigen Oberlandesgerichts zu dieser Problematik zutreffend wiedergeben sowie weiterhin aktuell sind (vgl. u.a. die weiteren Beschlüsse des OLG Hamm v. 05.05.1999 - 28 U 158/98 -, v. 21.06.1999 - 2 U 170/98 -, v. 18.05.2000 - 28 U 72/99 -, v. 19.05.2000 - 19 U 109/99 -, v. 24.05.2000 - 12 UF 132/99 -, v. 20.12.2001 - 28 U 35/01 - und vom 12.12.2002 - 28 U 163/01 - die sämtlich einen in eine Sozietät eingebundenen Rechtsanwalt betreffen).

Auf den vorliegenden Fall bezogen ist ergänzend lediglich noch Folgendes zu bemerken:

Das Ladungssonderheft befindet sich zwar nicht bei den übersandten Unterlagen, ich gehe aber davon aus, dass dem Zeugen die Ladung zu den o.g. Hauptverhandlungsterminen so rechtzeitig zugegangen ist, dass ihm genügend Zeit zur Verfügung stand, - soweit überhaupt erforderlich - eventuell notwendige Dispositionen betr. die Verlegung von Terminen zu treffen. Herr Dr. G. war m.E. auch schon im eigenen Interesse gehalten, in Abstimmung mit seinen Sozii für die Terminstage Regelungen zu treffen, damit diese den Mandanten für die Zeit seiner Abwesenheit am 04. und 11.11.1999 zumindest als Ansprechpartner zur Verfügung standen (vgl. auch den Beschluss des hiesigen 7. Zivilsenats v. 16.08.1990 - 7 U 147/89 -). Entgegenstehende Abreden dürften mit dem Charakter einer Sozietät, die nach § 59 a Abs. 1 Satz 1 BRAO einen Zusammenschluss zur gemeinschaftlichen Berufsausübung darstellt, nicht vereinbar sein.

Dafür, dass der Beschwerdeführer - wie er sinngemäß vorträgt - aus Anlass der Heranziehung als Zeuge liegengebliebene Arbeit "denknotwendig" nicht hat nachholen können und ihm Honorare endgültig entgangen sind, fehlen jegliche Anhaltspunkte und eine nachvollziehbare Begründung. Konkrete Ausfälle (etwa entgangene Aufträge) hat der Beschwerdeführer bislang nicht geltend gemacht. Es muss mithin bei der dem Zeugen zuerkannten Entschädigung von 4,00 DM je Stunde verbleiben, die der Gesetzgeber für die Fälle vorsieht, in denen ein Verdienstausfall nicht eingetreten ist (vgl. oben).

Eine Berücksichtigung des - zweifellos entstandenen - Zeitaufwandes des Zeugen für die Vorbereitung auf die Vernehmung (vgl. Bd. VI Bl. 105, 314 d.A.) bzw. für die schriftliche Aussage vom 13.11.1999 (Bd. VI Bl. 125 ff. d.A.) im Austauschwege kommt nicht in Betracht, da die diesbezüglichen Entschädigungsansprüche des Zeugen mangels eines rechtzeitig gestellten Antrags längst erloschen sind (§ 15 Abs. 2 ZSEG).

Die Aufwandsentschädigung (Tagegeld) ist allerdings entsprechend § 10 Abs. 2 ZSEG a.F. für die Terminstage am 04. und 11.11.1999 mit je 14,00 DM (Abwesenheit von mehr als 8 bis 12 Stunden) = 28,00 DM (statt 2 * 10,00 DM = 20,00 DM) zu gewähren. Es handelt sich hier um die Sätze, die auch Richtern (in der Reisekostenstufe B nach den bis zum 31.12.1996 geltenden, hier bis zum 27.04.2001 (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 GvKostRNeuOG vom 19.04.2001 - BGBl. I S. 623 -) weiter anzuwendenden Vorschriften über die Reisekostenvergütung der Richter im Bundesdienst zustanden (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., 21. Aufl., § 10 Rdnr. 5.4 und 5.5). Dies bedeutet keinen Verstoß gegen § 308 ZPO, da der Antragsteller neben den bereits erhaltenen 72,00 DM (s.o.) noch weitere 378,00 DM (18 Std. à 21,00 DM) verlangt, aber nur den nachstehend errechneten, geringeren Betrag erhält.

Es ergibt sich danach folgende Berechnung der erstattungsfähigen Entschädigung des Zeugen:

* Nachteilsentschädigung (wie erstattet) = 72,00 DM * Reisekosten (wie erstattet) = zs. 128,00 DM * Tagegeld (vgl. oben) = 28,00 DM Summe : 228,00 DM"

Dem schließt sich der Senat an. Da der Zeuge bereits 220,- DM erhalten hat, sind ihm noch 4,09 € anzuweisen.

Ende der Entscheidung

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