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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.02.2003
Aktenzeichen: 11 UF 220/02
Rechtsgebiete: BGB, BSHG, UVG


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB §§ 1601 ff.
BGB § 1602
BGB § 1603
BSHG § 91
UVG § 7
1.)

Ob der Unterhaltspflichtige den Unterhaltsansprüchen eines minderjährigen Kindes Schulden ganz oder teilweise entgegenhalten kann, ist gem. § 1603 BGB unter Berücksichtigung der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger zu entscheiden. Auch wenn die Berücksichtigung der Schulden zu einer Unterschreitung des Regel Unterhaltes führen würde, kann dies gleichwohl gerechtfertigt sein, wenn dem Unterhaltsschuldner nach Treu und Glauben nicht abverlangt werden kann, ohne Bedienung der anderen Schulden weiterhin Unterhalt in Höhe des - möglichst vollen - Bedarfs des Kindes zu leisten, er den Unterhalt also letztlich auf Kosten einer durch Zinsen ständig weiter wachsenden Verschuldung aufbringen müßte.

2.)

Wird für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ein Motorroller oder Krad eingesetzt, sind bei der unterhaltsrechtlichen Ermittlung des Einkommens 0,12 EUR / 0,23 DM je Kilometer abzugsfähig.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 UF 220/02 OLG Hamm

Verkündet am 28. Februar 2003

In der Familiensache

hat der 11. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm durch die Richter am Oberlandesgericht Dr. Köhler, Michaelis de Vasconcellos und Jellentrup auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17.04.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Unterhalt wie folgt zu zahlen:

1. Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 34,00 EUR für die Zeit vom 01.01. - 31.05.2002, monatlich 80,78 EUR für die Zeit vom 01.06.2002 - 31.01.2003 und monatlich 121,75 EUR für die Zeit ab dem 01.02.2003;

2. Kindesunterhalt für den Sohn Dominik über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 10/2002) titulierten Betrag von monatlich 50,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 47,29 EUR (insgesamt damit 97,29 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 31.05.2002, monatlich weiteren 68,25 EUR (insgesamt damit 118,25 EUR) die Zeit vom 01.06.2002 - 31.01.2003 sowie monatlich weiteren 52,80 EUR (insgesamt damit 102,80 EUR) für die Zeit ab dem 01.02.2003;

3. Kindesunterhalt für den Sohn Cedric über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 9/2002) titulierten Betrag von monatlich 35,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 45,22 EUR (insgesamt damit 80,22 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 31.05.2002, monatlich weiteren 62,50 EUR (insgesamt damit 97,50 EUR) die Zeit vom 01.06.2002 - 31.01.2003 sowie monatlich weiteren 49,75 EUR (insgesamt damit 84,75 EUR) für die Zeit ab dem 01.02.2003;

4. Kindesunterhalt für den Sohn Yannick über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 8/2002) titulierten Betrag von monatlich 35,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 45,22 EUR (insgesamt damit 80,22 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 31.05.2002, monatlich weiteren 62,50 EUR (insgesamt damit 97,50 EUR) die Zeit vom 01.06.2002 - 31.01.2003 sowie weiteren 49,75 EUR (insgesamt damit 84,75 EUR) für die Zeit ab dem 01.02.2003.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen; die weitergehe Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin 56 % und der Beklagte 44 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 30 % und der Beklagte 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien sind seit 1994 verheiratete und seit November 2001 getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder Dominik, geboren am 08.09.1994, Cedric, geboren am 18.10.1997 und Yannick, geboren am 15.12.1999, hervorgegangen, die im Haushalt der nicht erwerbstätigen Klägerin leben. Diese bezieht das Kindergeld und daneben Sozialhilfe sowie seit Januar 2002 auch Leistungen nach dem UVG. Nach §§ 91 BSHG; 7 UVG auf die Stadt Hamm bzw. das Land NRW übergegangene Ansprüche sind rückabgetreten worden.

Der am 20.09.1973 geborene Beklagte ist Glaser und bei einer Fa. G beschäftigt. Sein dort erzieltes Einkommen wird seit dem 01.01.2002 nach Steuerklasse 1/1,5 besteuert. Die Fahrten zur Arbeitsstelle (einfache Wegstrecke 7 km) legt der Beklagte unter Einsatz eines Motorrollers zurück. Ein während der Ehe angeschaffter, über einen Kredit der C-Bank finanzierter Pkw verblieb nach der Trennung zunächst im Besitz der Klägerin, ist im April 2002 aber an den Beklagten herausgegeben worden, der das Fahrzeug nach Darstellung der Klägerin an sich veräußern sollte, was bislang unstreitig nicht geschehen ist.

Der Beklagte hat sich durch Jugendamtsurkunden der Stadt Hamm vom 09.01.2002 (UR.-Reg. 08/2002 - 10/2002) verpflichtet, für die Zeit ab dem 01.01.2002 an die Klägerin Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 50,00 EUR für Dominik sowie monatlich je 35,00 EUR für Cedric und Yannick zu zahlen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von weitergehendem Kindesunterhalt - für Dominik 465,00 DM für Dezember 2001 und monatlich weitere 237,75 EUR ab Januar 2002; für Cedric und Yannick je 360,00 DM für Dezember 2001 sowie monatlich weitere je 184,07 EUR ab Januar 2002- sowie daneben auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 158,00 DM = 80,78 EUR ab Dezember 2001 in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, der Beklagte verfüge über ein monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen von 3.236,00 DM, hiervon abzusetzen sei allein der Pkw-Kredit mit monatlich 253,00 DM.

Der Beklagte hat sich auf eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen. Er hat sein Nettoeinkommen für das Jahr 2001 mit monatsdurchschnittlich 3.038,06 DM und ab Januar 2002 unter Hinweis auf den zum 01.01.2002 erfolgten Wechsel der Steuerklasse mit nur noch monatsdurchschnittlich 1.307,04 EUR beziffert. Er hat zudem darauf verwiesen, für Dezember 2001 - insoweit unstreitig - noch die Miete der vormaligen Ehewohnung in Höhe von 994,93 DM sowie eine Abschlagsrechnung der Stadtwerke Hamm in Höhe von 261,00 DM bezahlt zu haben und daneben vorgetragen, auf einen Ratenkreditvertrag bei der S-Bank Essen, den Finanzierungskredit bei der C-Bank sowie auf einen zur Finanzierung von Hausratsgegenständen nach der Trennung aufgenommenen Kunden-Kredit bei der Fa. I monatlich Raten von 250,00 DM = 127,82 EUR, 253,63 DM = 129,68 und 50,00 DM = 25,56 EUR zu zahlen. Die Kosten der Anschaffung benötigter Hausratsgegenstände seien dabei als trennungsbedingten Mehrbedarf anzusehen.

Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, ab Januar 2002 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich weiteren 47,29 EUR (insgesamt damit 97,29 EUR) für Dominik sowie weiteren je 45,22 EUR (insgesamt damit 80,22 EUR) für Cedric und Yannick zu zahlen. Es ist von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten ausgegangen, hat hierbei allerdings allein die Raten des Kredits bei der S-Bank Essen mit monatlich 200,00 DM = 102,26 EUR als berücksichtigungsfähige Belastung angesehen, während es die von dem Beklagten für Dezember 2001 noch getragenen Kosten der vormaligen Ehewohnung als anzurechnende Unterhaltszahlung behandelt hat. Die Raten des Pkw-Kredits hat das Amtsgericht dagegen wegen der ihr überlassenen Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs mit monatlich 200,00 DM auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin angerechnet.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren im Umfang ihr gewährter Prozesskostenhilfe weiter. Die Klägerin bemängelt die Einkommensberechnung des Amtsgerichts als unrichtig, beanstandet daneben insbesondere die Berücksichtigung der vorgetragenen Verbindlichkeiten des Beklagten und meint, die vom Beklagten erbrachten Zahlungen auf Miete und Nebenkosten der Ehewohnung für Dezember seien entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht als Erfüllung anzusehen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie Unterhalt wie folgt zu zahlen:

1. Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 40,00 EUR für die Zeit vom 01.01. - 30.04.2002, monatlich 85,00 EUR für die Zeit vom 01.05.2002 - 31.01.2003 und monatlich 122,00 EUR ab dem 01.02.2003;

2. Kindesunterhalt für den Sohn Dominik über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 10/2002) titulierten Betrag von monatlich 50,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 47,29 EUR (insgesamt damit 97,29 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 30.04.2002 sowie monatlich weiteren 70,00 EUR (insgesamt damit 120,00 EUR) die Zeit ab dem 01.05.2002;

3. Kindesunterhalt für den Sohn Cedric über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 9/2002) titulierten Betrag von monatlich 35,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 45,22 EUR (insgesamt damit 80,22 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 30.04.2002 sowie monatlich weiteren 65,00 EUR (insgesamt damit 100,00 EUR) die Zeit ab dem 01.05.2002;

4. Kindesunterhalt für den Sohn Yannick über den durch Urkunde des Jugendamtes der Stadt Hamm vom 09.01.2001 (UR-Reg.Nr. 8/2002) titulierten Betrag von monatlich 35,00 EUR hinaus in Höhe von monatlich weiteren 45,22 EUR (insgesamt damit 80,22 EUR) für die Zeit vom 01.01. - 30.04.2002 sowie weiteren 65,00 EUR (insgesamt damit 100,00 EUR) die Zeit ab dem 01.05.2002.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Feststellungen des Amtsgerichts in seinem angefochtenen Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Kläger ist teilweise begründet.

1.

Die grundsätzliche Unterhaltsverpflichtung des Beklagten nach §§ 1361; 1601 ff BGB steht zwischen den Parteien außer Streit. Nach erfolgter Rückabtretung der nach §§ 91 BSHG, 7 UVG übergegangenen Ansprüche begegnet auch die Aktivlegitimation der Klägerin keinen Bedenken.

2.

Der Unterhaltsbedarf der Klägerin bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnisse, die hier geprägt wurden durch das Erwerbseinkommen des Beklagten aus selbständiger Tätigkeit sowie durch Zahlungen auf bestehende Verbindlichkeiten. Entsprechendes gilt für den Unterhalt der Kinder, die ihren angemessenen Lebensbedarf (§ 1610 I BGB) mangels eigener Einkünfte gleichfalls aus der Lebensstellung des Beklagten ableiten, da sie unstreitig über keine eigenen bedarfsdeckenden Einkünfte verfügen; § 1602 BGB.

a) Einkommen des Beklagten:

Das Einkommen des Beklagten stellt sich nach den vorgelegten Unterlagen wie folgt dar:

aa) 2001

Für das Jahr 2001 ergibt sich anhand der in der Verdienstabrechnung für Dezember 2001 (Bl. 59 GA) ausgewiesenen Jahreszahlen folgende Einkommensberechnung:

Gesamtbrutto 48.243,07 DM ./. Lohnsteuer (3/3,0) - 1.800,00 DM ./. Kirchensteuer - 0,00 DM ./. SolZ. - 0,00 DM ./. Krankenversicherung (14,1 %) - 3.401,17 DM ./. Pflegeversicherung - 410,07 DM ./. Rentenversicherung - 4.607,20 DM ./. Arbeitslosenversicherung - 1.567,90 DM Nettoeinkommen 36.456,73 DM d.h. monatsdurchschnittlich 3.038,06 DM

Vermögenswirksame Leistungen seines Arbeitgebers hat der Beklagte nicht erhalten.

Berufsbedingte Fahrtkosten sind (jedenfalls) ab Dezember 2001 durch den Einsatz eines Motorrollers für die unstreitig 7 km lange (einfache) Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Hamm-Westen/Hamm-Heessen) angefallen. Bei der Bemessung der abzugsfähigen Fahrtkosten hält es der Senat in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 02.08.2002 - 11 UF 389/01 -) für sachgerecht, sich in Anlehnung an die steuerlich absetzbaren Fahrtkosten an dem Verhältnis der für den Einsatz privateigener Pkw und Motorräder/Roller geltenden Pauschalen von 0,70 DM/ km und 0,33 DM/km zu orientieren und dies auf die nach Ziff. 6 II HLL geltende Pauschale von 0,48 DM/km bzw. 0,24 EUR/km zu übertragen. Es ergibt sich so ein berücksichtigungsfähiger Satz von 0,23 DM/km = 0,12 EUR/km, der im Streitfall an sich zu abzugsfähigen monatlichen Fahrtkosten von 59,03 DM = 30,18 EUR führen würde. Das Amtsgericht hat statt dessen einen etwas geringeren Betrag von (nur) 51,33 DM = 26,25 EUR einkommensmindernd in Abzug gebracht, was der Beklagte unbeanstandet hinnimmt.

Der Einwand der Klägerin, berufsbedingte Fahrkosten seien auf Seiten des Beklagten überhaupt nicht zu berücksichtigen, da die Anschaffung des vom ihm genutzten Rollers von ihrer Mutter finanziert worden sei, ist dagegen unbegründet. Abgesehen davon, dass der Beklagte jedenfalls die laufenden Unterhaltungs- und Betriebskosten des Fahrzeugs aus eigenen Mitteln zu bestreiten hat, fehlt jeder Vortrag dazu, dass die behauptete Finanzierungshilfe der Mutter/Schwiegermutter - bei der es sich um eine freiwillige Zuwendung eines Dritten handelte- seinerzeit (bereits) mit der Zielrichtung erfolgte, die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Beklagten zu erhöhen.

Dem Einkommen des Beklagten hinzuzurechnen ist schließlich noch die nach Maßgabe des vorgelegten Steuerbescheides vom 07.09.2001 für das Jahr 2000 gewährte Steuererstattung in Höhe von 698,00 DM mit monatsanteilig 58,17 DM.

Das anrechenbare Einkommen des Beklagten belief sich danach im Dezember 2001 auf:

monatsdurchschnittliches Nettoeinkommen 3.038,06 DM ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 51,33 DM zzgl. Steuererstattung für 2000 58,17 DM 3.044,90 DM

bb) 2002:

Das im Jahr 2002 erzielte Erwerbseinkommen des Beklagten ist zwar allein für die Zeit von Januar - September 2002 belegt. Ein Vergleich des Gesamt-Brutto in den Verdienstabrechnungen für September 2001 (Bl. 56; 34.983,85 DM) und September 2002 (Bl. 179; 17.877,81 EUR = 34.965,96 DM) zeigt indes, dass sich der Bruttoverdienst des Beklagten im Jahr 2002 jedenfalls bis dahin auf Vorjahresniveau gehalten hat. Bei dieser Sachlage hält es der Senat für gerechtfertigt, für das Gesamtjahr 2002 das im Jahr 2001 erzielte Einkommen fortzuschreiben. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings der zum 01.01.2002 auf Seiten des Beklagten erfolgte Wechsel der Steuerklasse von Steuerklasse 3/3,0 nach 1/1,5. Dies führt dann zu folgender Einkommensberechnung (nach: PRESTO-Dataline Lohn 2002):

Gesamtbrutto (48.243,07 DM; s.o.) 24.666,29 EUR ./. Lohnsteuer (StKI. 1/1,5) - 3.713,00 EUR ./. Kirchensteuer - 118,60 EUR ./. SolZ. - 69,20 EUR ./. Krankenversicherung (13,9 %; vgl. Bl. 171 ff) - 1.714,31 EUR ./. Pflegeversicherung - 209,66 EUR ./. Rentenversicherung - 2.355,63 EUR ./. Arbeitslosenversicherung - 801,65 EUR Nettoeinkommen 15.684,24 EUR d.h. monatsdurchschnittlich 1.307,02 EUR 1.307,02 EUR ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 26,25 EUR zzgl. Steuererstattung für 2001 (667,75 EUR : 12) 55,65 EUR 1.336,42 EUR

b)

Ob und ggfs. in welchem Umfang bei Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens Zahlungen des Beklagten auf bestehende Verbindlichkeiten anzuerkennen sind, ist zwischen den Parteien streitig. Das Amtsgericht hat allein den Umschuldungskredits des Beklagten bei der S-Bank Essen mit einer von monatlich 250,00 DM = 127,82 EUR auf monatlich 200,00 DM = 102,26 EUR reduzierten Rate als unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähige Belastung anerkannt, während es den im Zusammenhang mit der Anschaffung von Hausratsgegenständen aufgenommenen Ikea-Kredit völlig unberücksichtigt gelassen und die - gleichfalls von monatlich 253,68 DM = 129,68 EUR auf 200,00 DM = 102,26 EUR gekürzten - Raten des Pkw-Kredits bei der C-Bank lediglich beim Trennungsunterhalt als bedarfsdeckende Leistung des Beklagten in Ansatz gebracht hat.

Mit der Berufung meint die Klägerin dagegen, auch der Kredit der S-Bank sei ebenso wenig zu berücksichtigen wie das Pkw-Darlehn bei der C-Bank, ersterer wegen fehlender Darlegung der Geldverwendung und Darlehnsaufnahme ohne ihr Wissen, zweiterer wegen der gegen ihren erklärten Willen erfolgten Anschaffung des Fahrzeugs und dessen zwischenzeitlich erfolgter Rückgabe an den Beklagten. Auch mit diesem Einwand dringt die Klägerin nur teilweise durch:

aa)

Ob und ggf. in welcher Weise Schulden des einem ehelichen Kind Unterhaltspflichtigen zu beachten sind, ist nach der allgemeinen Regel des § 1603 BGB zu entscheiden. Die Vorschrift sieht in ihrem ersten Absatz zwar nicht einen Vorwegabzug, aber doch die Berücksichtigung der "sonstigen Verpflichtungen" des Unterhaltsschuldners vor. Unterhaltsansprüchen kommt mithin kein allgemeiner Vorrang vor Forderungen anderer Gläubiger gegen den Unterhaltsschuldner zu (OLGR Hamm 1996, 43 f unter Hinweis auf BGH NJW 1984, 2351 = FamRZ 1984, 657, 658 zum nachehelichen Unterhaltsanspruch). Andererseits dürfen die anderen Verbindlichkeiten aber auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr ist eine Ausgleich zwischen den Belangen von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger zu suchen (BGH FamRZ 1982, 157, 158). Dabei sind in Fällen, in denen eine Berücksichtigung bestehender Verbindlichkeiten den Mindestbedarf des Unterhaltsberechtigten beeinträchtigen würde, insbesondere der Zweck der eingegangenen Verpflichtungen, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise wiederherzustellen (vgl. BGH NJW 1984, 2351 = FamRZ 1984, 657).

Zu berücksichtigen ist im übrigen, dass beim Verwandtenunterhalt nach §§ 1601 ff BGB allein der Umstand, dass Verbindlichkeiten im Einverständnis mit dem Ehegatten und im Zuge der gemeinsamen Lebensführung eingegangen worden sind, im Verhältnis zu den Kindern nicht in gleichem Maße Bedeutung gewinnt wie allein gegenüber dem - getrennt lebenden und/oder geschiedenen-Ehegatten. Bei minderjährigen Kindern ist hier zu beachten, dass sie schon aufgrund ihres Alters regelmäßig nicht in der Lage sind, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen. Von daher erscheint eine Berücksichtigung bestehender Verbindlichkeiten stets dann problematisch, wenn sie im Ergebnis infolge (dann) fehlender Leistungsfähigkeit des Pflichtigen zu einer Unterschreitung des Regelunterhalts führt (BGH NJW 1984, 2351 = FamRZ 1984, 657, 659).

Auch in derartigen Fällen scheidet eine Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens um Zahlungen des Pflichtigen auf bestehende Verbindlichkeiten aber nicht grundsätzlich aus. Sie kommt vielmehr auch dann in Betracht, wenn und soweit dem Unterhaltsschuldner wegen Grund und Höhe seiner anderweitigen Schulden die Berufung auf diese Verpflichtungen nicht nach Treu und Glauben versagt ist und ihm deshalb billigerweise nicht abverlangt werden kann, ohne Bedienung der anderen Schulden weiterhin Unterhalt i.H.d. - möglichst vollen - Bedarfs des Kindes zu leisten, den Unterhalt also letztlich auf Kosten einer durch Zinsen ständig weiter wachsenden Verschuldung aufzubringen (vgl. BGH NJW-RR 1986, 428 ff, 430; OLG Hamm -12 Fs.- OLGR 1995, 128fOLGR 1996, 42 f; OLG Hamm -3. Fs.- OLGR 1995, 129).

bb)

Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass der bei der S-Bank Essen aufgenommen Kredit des Beklagten über 12.000,00 DM zum einen mit einem Betrag von 2.021,75 DM der Ablösung eines Altkredits diente (Bl. 39 GA), zum anderen aber in Höhe weiterer 8.300,00 DM auf ein Girokonto des Beklagten geflossen ist (Bl. 407 104 GA), das nach der bereits erstinstanzlich vorgelegten Kontenverdichtung (Bl. 94 ff GA) offenkundig als Familienkonto geführt wurde; sämtliche Mietzahlungen für die Ehewohnung sind ebenso von dem Konto bestritten worden wie etwa die Zahlungen eines Haushaltsgeldes an die Klägerin, während andererseits sowohl die Lohnzahlungen an den Beklagten als auch Kindergeld und sonstige Erstattungszahlungen (Bl. 97/99 GA: Entbindungsgeld u. Haushaltshilfe-Zahlungen der IKK Westfalen-Mitte) auf das Konto geflossen sind. Bei dieser Sachlage hält der Senat es mit dem Amtsgerichts für angemessen und auch aus unterhaltsrechtlicher Sicht gerechtfertigt, den Kredit entsprechend der Beurteilung des Amtsgerichts mit einer - vom Beklagten hingenommenen - reduzierten Rate von monatlich 200,00 DM = 102,26 EUR einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Hinsichtlich des weiteren, im August 2001 anlässlich der Anschaffung eines Pkw aufgenommenen Kredits bei der C-Bank ist demgegenüber - nicht zuletzt auch mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin selbst diesen Kredit erstinstanzlich zunächst noch unbeanstandet gelassen hat - eine differenzierte Betrachtung geboten. Nachdem die Klägerin das Fahrzeug nach erfolgter Trennung der Parteien noch bis zum 18.04.2002 selbst genutzt hat, widerspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn gleichwohl auch für diese Zeit die Berücksichtigungsfähigkeit des Kredits in Abrede gestellt wird, zumal der Kredit auch bei Fortbestand der Ehe die ehelichen Lebensverhältnisse in gleicher Weise geprägt und (nachteilig) beeinflusst hätte. Gerechtfertigt erscheint auch hier allein eine Kürzung der anzuerkennenden Kreditrate von monatlich 129,68 EUR auf monatlich 102,26 EUR = 200,00 DM, da dem Beklagten zuzumuten war, sich zur Steigerung seiner Leistungsfähigkeit bei der kreditgebenden Bank um eine Reduzierung der monatlichen Raten zu bemühen.

Die vorstehend dargelegten Überlegungen können allerdings nur für die Zeit bis einschließlich Mai 2002 gelten. Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und des in Rede stehenden Mangelfalls war dem Beklagten zuzumuten, sich nach Rückerhalt des Pkw unverzüglich und auch unter Inkaufnahme eines etwaigen Verlustes - zu dem allerdings jeder nachprüfbare Vortrag fehlt - um eine Veräußerung des Fahrzeugs zu bemühen, zumal er für die Fahrten zur Arbeit weiterhin auf seinen Roller zurückgreifen konnte. Auch für die Abwicklung der Besuchskontakte mit seinen Kindern war der Pkw schon mit Blick auf den fortbestehenden Wohnsitz des Beklagten in Hamm keinesfalls zwingend erforderlich. Dem Beklagten ist dabei zwar zuzugeben, dass eine Fahrzeugverkauf gewisse Vorbereitungen erforderte und daher im Zweifel nicht von einem Tag auf den anderen hätte erfolgen können. Auch bei gebotener Zubilligung einer gewissen Karenzzeit muss nach Einschätzung des Senats aber davon ausgegangen werden, dass ein Fahrzeugverkauf jedenfalls bis Ende Mai 2002 hätte erfolgen und abgewickelt werden können, so dass ab Juni 2002 eine weitere Berücksichtigung angefallener bzw. anfallender Kreditraten im Zusammenhang mit dem Pkw-Darlehn nicht mehr gerechtfertigt ist.

Hinsichtlich des bereits vom Amtsgericht unberücksichtigt gelassenen IKEA-Kunden-kredits des Beklagten erübrigen sich nähere Ausführungen schon mit Rücksicht darauf, dass der Beklagte selbst diese Verbindlichkeit im Berufungsverfahren nicht mehr thematisiert.

c)

Für den Bedarf der Klägerin sowie die vom Beklagten zu leistenden Zahlbeträge ergibt sich nach vorstehendem folgende Berechnung:

aa) Dezember 2001:

Nettoeinkommen des Beklagten incl. Steuer abzgl. Fahrtkosten 3.044,90 DM ./. Kreditrate S-Bank Essen mtl. - 200,00 DM ./. Kreditrate C-Bank mtl. - 200.00 DM 2.644,90 DM ./. Regelunterhalt Dominik (geb. 08.09.1994; ASt. 2) - 444,00 DM ./. Regelunterhalt Cedric (geb. 18.10.1997; ASt. 1) - 366,00 DM ./. Regelunterhalt Yannick (geb. 15.12.1999; ASt. 1) - 366,00 DM 1.468,90 DM Bedarf der Klägerin = 3/7 629,53 DM

Noch nicht berücksichtig ist dabei allerdings, dass der Beklagte im Dezember 2001 unstreitig noch die - grundsätzlich von beiden Parteien geschuldeten - Miet- und Mietnebenkosten der früheren Ehewohnung mit insgesamt 1.255,93 DM (Miete 994,93 DM; Nebenkosten 261,00 DM) getragen und seine Leistungsfähigkeit hierdurch bereits vollständig ausgeschöpft hat. Für Unterhaltszahlungen besteht danach in diesem Monat kein Raum mehr.

bb) Januar-Mai 2002:

Nettoeinkommen des Beklagten incl. Steuer abzgl. Fahrtkosten 1.336,42 EUR ./. Kreditrate S-Bank Essen mtl. - 102,26 EUR ./. Kreditrate C-Bank mtl. - 102,26 EUR 1.131,90 EUR ./. Regelunterhalt Dominik (geb. 08.09.1994; ASt. 2 - 228,00 EUR ./. Regelunterhalt Cedric (geb. 18.10.1997; ASt. 1) - 188,00 EUR ./. Regelunterhalt Yannick (geb. 15.12.1999; ASt. 1) - 188,00 EUR 527,90 EUR Bedarf der Klägerin = 3/7 226,24 EUR

Berechtigten Unterhaltsansprüchen von insgesamt 830,24 EUR (226,24 EUR + 228,00 EUR + 188,00 EUR + 188,00 EUR) steht eine Leistungsfähigkeit des Beklagten von nur 291,90 EUR (1.131,90 EUR ./. 840,00 EUR) gegenüber, was zu einer Mangelquote von 35,16 % führt. Es ergeben sich so an sich folgende Zahlbeträge:

- für Dominik: 228,00 EUR x 35,16 % = 80,16 EUR - für Cedric: 188,00 EUR x 35,16 % = 66,10 EUR - für Yannick: 188,00 EUR x 35,16 % = 66,10 EUR - für die Klägerin: 226,24 EUR x 35,16 % = 79,55 EUR

Die Klägerin muss sich indes die auf ihren Antrag hin erfolgte weitergehende Titulierung des Kindesunterhalts durch das Amtsgericht mit Beträgen von monatlich (jeweils insgesamt) 97,29 EUR für Dominik sowie je 80,22 EUR für Cedric und Yannick nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen halten lassen, mit der Folge, dass ihr Unterhaltsanspruch für die Zeit vom 01.01. - 31.05.2002 auf einen Betrag von monatlich rund 34,00 EUR (Differenz zwischen Leistungsfähigkeit des Beklagten von monatlich 291,90 EUR und tituliertem Kindesunterhalt von monatlich insgesamt 257,73 EUR) zu begrenzen ist.

cc) Juni 2002 - Januar 2003:

Die Berechnung verändert sich durch den Fortfall der nun nicht mehr anzuerkennenden Kosten der Pkw-Finanzierung wie folgt:

Nettoeinkommen des Beklagten 1.336,42 EUR ./. Kreditrate S-Bank Essen mtl. - 102,26 EUR ./. Kreditrate C-Bank mtl. - 0,00 EUR 1.234,16 EUR 1.234,16 EUR ./. Regelunterhalt Dominik (geb. 08.09.1994; ASt. 2) - 228,00 EUR ./. Regelunterhalt Cedric (geb. 18.10.1997; ASt. 1) - 188,00 EUR ./. Regelunterhalt Yannick (geb. 15.12.1999; ASt. 1) - 188,00 EUR 630,16 DM Bedarf der Klägerin = 3/7 270,07 EUR

Berechtigten Unterhaltsansprüchen von insgesamt 874,07 EUR (270,07 EUR + 228,00 EUR + 188,00 EUR + 188,00 EUR) steht nun eine Leistungsfähigkeit des Beklagten von nur 394,16 EUR (1.234,16 EUR ./. 840,00 EUR) gegenüber, was zu einer Mangelquote von 45,09 % führt. Es ergeben sich so folgende - wiederum vorläufigen - Zahlbeträge:

- für Dominik: 228,00 EUR x 45,09 % = 102,80 EUR - für Cedric: 188,00 EUR x 45,09 % = 84,77 EUR - für Yannick: 188,00 EUR x 45,09 % = 84,77 EUR - für die Klägerin: 270,07 EUR x 45,09 % = 121,77 EUR

Da die Klägerin für sich vor dem Senatstermin bis einschließlich Januar 2003 lediglich einen Unterhaltsanspruch von monatlich 158,00 DM = 80,78 EUR geltend macht und angemahnt hat (§ 1613 I BGB), ist der an sich auf sie entfallende Mehrbetrag von 40,99 EUR (121,77 ./. 90,78) erneut unter den Kindern im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche (37,76 %, 31,12 %, 31,12 %) zu verteilen. Die Zahlbeträge für den Kindesunterhalt erhöhen sich danach für Dominik auf rund 118,25 EUR, für Cedric und Yannick dagegen auf je rund 97,50 EUR.

dd) ab 01.02.2003:

Die Klägerin beansprucht nunmehr für sich Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 122,00 EUR, so dass nach Maßgabe der fortgeltenden Anspruchsberechung für die Zeit ab 01.06.2002 (s.o. zu cc)) auf der Grundlage einer Mangelquote von 45,09 % von folgenden berechtigten Unterhaltsansprüchen auszugehen ist:

- für Dominik: 228,00 EUR x 45,09 % = 102,80 EUR - für Cedric: 188,00 EUR x 45,09 % = rund 84,75 EUR - für Yannick: 188,00 EUR x 45,09 % = rund 84,75 EUR - für die Klägerin: 270,07 EUR x 45,09 % = rund 121,75 EUR

Die Kostenentscheidungen beruht auf §§ 92, 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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