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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 01.10.2004
Aktenzeichen: 11 WF 244/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 II
Wechselt eine Partei ohne sachlich rechtfertigenden Grund den ihr im PKH-Verfahren beigeordneten Anwalt, dann kann gleichwohl ein neuer Anwalt beigeordnet werden, wenn sichergestellt ist, dass dadurch der Staatskasse keine höheren Kosten entstehen.

Eine Beschränkung des Gebührenerstattungsanspruchs im Rahmen der Beiordnung ist jedenfalls dann zulässig, wenn der neu beizuordnende Anwalt ausdrücklich zustimmt.


Oberlandesgericht Hamm Beschluss

11 WF 244/04 OLG Hamm

In der Familiensache

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 14.09.2004 wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Beckum vom 01.09.2004 teilweise abgeändert.

In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Beckum vom 23.06.2004 wird der Antragstellerin mit Wirkung ab dem 30.06.2004 im Rahmen der ihr bewilligten Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt S in Braunschweig beigeordnet.

Die Beiordnung erfolgt mit der Maßgabe, dass kein Anspruch auf Erstattung einer Prozessgebühr (§ 31 I Nr. 1 BRAGO) besteht und Fahrtkosten sowie Abwesenheitsgeld (§ 28 BRAGO) nur bis zur Höhe der Kosten eines in Braunschweig ansässigen Verkehrsanwalts und nur insoweit aus der Staatskasse zu erstatten sind, als nicht bereits ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch der mit Beschluss vom 23.06.2004 zur Verkehrsanwältin der Antragstellerin bestellten Rechtsanwältin K in Braunschweig entstanden ist.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die als im eigenen Namen der Antragstellerin eingelegt anzusehende Beschwerde (vgl. nur Zöller-Philippi, ZPO, 24. Aufl. § 127 Rz. 19) ist nach § 127 II ZPO zulässig und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg.

1.

Allerdings teilt der Senat die Einschätzung des Amtsgerichts, dass trifftige Gründe für eine Mandatskündigung der Antragstellerin gegenüber den ihr mit Beschluss vom 23.06.2004 beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten weder dargetan noch erkennbar sind. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses sowie die ihm zugrunde liegende Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Münster vom 03.08.2004 Bezug genommen.

2.

Hat eine Partei den Anwaltswechsel ohne sachlich rechtfertigenden Grund vorgenommen oder die tief greifende Störung des Vertrauensverhältnisses selbst verschuldet, dann kann sie nach anerkannter und auch vom Senat geteilter Auffassung nicht uneingeschränkt auf Staatskosten die Beiordnung eines neuen Anwalts verlangen und auf diese Weise unnötig hohe Anwaltskosten verursachen. Ein solches Verhalten wäre rechtsmissbräuchlich (BGH NJW-RR 1992, 189; Zöller-Philippi, aaO., § 121 Rz, 34, 35; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 121 Rz. 26; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 78c Rz. 3; Schoreit/Dehn, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe, 7. Aufl., § 121 ZPO Rz. 4; je m.w.N.).

Andererseits besteht allerdings auch kein zwingender Grund, einer Partei die Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts bei unberechtigter Mandatskündigung gegenüber dem ihr zunächst beigeordneten Rechtsanwalt zu verweigern, wenn sichergestellt ist, dass der Staatskasse und damit der Allgemeinheit hierdurch keine höheren Aufwendungen entstehen als beim Fortbestand der Beiordnung des bisherigen Rechtsanwalts. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Anwaltswechsel nicht völlig willkürlich, sondern aus Sicht der Partei wenigstens nachvollziehbar ist, etwa dann, wenn sie - gleich, ob zu Recht oder Unrecht - das Vertrauen in ihren bisherigen Prozessbevollmächtigten verloren hat, was die Antragstellerin hier unwiderlegbar behauptet.

Um sicherzustellen, dass der Staatskasse keine unnötigen Mehrkosten entstehen, muss in Fällen, in denen die hilfsbedürftige Partei den Anwaltswechsel zu vertreten hat, der Vergütungsanspruch des neu beigeordneten Rechtsanwalts dann jedoch von vornherein beschränkt werden (OLG Nürnberg, OLGR 2003, 373 m.w.N.). Eine derartige Beschränkung, wie sie der Senat hier vorgenommen hat, muss ungeachtet ansonsten bestehender Bedenken gegen die Vornahme einer Beschränkung des Gebührenerstattungsanspruchs eines Rechtsanwalts im Rahmen seiner Beiordnung im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren jedenfalls dann als zulässig erachtet werden, wenn sie mit ausdrücklicher Zustimmung des beizuordnenden Anwalts erfolgt (OLG Köln, OLGR 2002, 132, 133, zugleich m.w.N. zum Meinungsstand). Diese Zustimmung hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hier nach Verzicht auf die Beanspruchung einer Prozessgebühr im Termin vom 01.07.2004 (Bl. 88R GA) in seinen Schriftsätzen vom 23.08. und 28.08.2004 (Bl. 125 f, 126; 128 GA) erklärt.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 127 IV ZPO, 131b KostO.

Hamm, den 01.10.2004

Ende der Entscheidung

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