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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.02.2003
Aktenzeichen: 15 W 387/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 c
BGB § 1836 e
1) Die Festsetzung des Regreßanspruchs der Landeskasse kann auch dann beschränkt auf die Einziehung eines dem Betroffenen möglicherweise zustehenden Anspruchs ausgesprochen werden, wenn es sich um einen Rückforderungsanspruch gem. § 528 BGB handelt.

2) Die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines Solchen Anspruchs sind in dem Festsetzungsverfahren nicht abschließend aufzuklären.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 387/02 OLG Hamm

In der Betreuungssache

betreffend den am 6. August 1959 geborenen Herrn

hier: Ansprüche der Landeskasse nach Forderungsübergang gem. § 1836 e BGB,

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 11. Februar 2003 auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 19. September 2002 gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Lohmeyer

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beschluss des Amtsgerichts Herne vom 4. Januar 2001 wie folgt neu gefasst wird.

Die von dem Betreuten gemäß §§ 1908 e, 1836 c, 1836 d, 1836 e BGB i.V.m. §§ 69 e, 56 g FGG an die Staatskasse zu zahlenden Beträge werden auf 412,16 Euro (=806,12 DM) festgesetzt. Der Betreute hat insoweit Zahlungen an die Landeskasse zu leisten, als ein Rückforderungsanspruch des Betreuten gem. § 528 BGB hinsichtlich des am 3. April 2001 vor dem Notar E zu dessen Urkundenrollennummer 95/2001 geschlossenen Erbauseinandersetzungsvertrages gegen Frau S besteht.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 412,16 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Herne vom 2. Juli 1999 wurde für den Beteiligten zu 1) die Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Rahmen der Gesundheitsfürsorge eingerichtet und der Dipl.-Sozialarbeiter G als Mitarbeiter des K Vereins für Soziale Dienste in e. V. zum Betreuer bestellt. Die Einrichtung der Betreuung war erforderlich, weil der Beteiligte zu 1) infolge einer seit Jahren bestehenden schweren Alkoholabhängigkeit außer Stande war, seine Angelegenheiten in diesem Bereich zu regeln.

Am 29. August 1991 verstarb die Mutter des Beteiligten zu 1). Aufgrund des von den Eltern des Beteiligten zu 1) errichteten gemeinschaftlichen Testaments vom 24. Mai 1991 wurde der Vater des Beteiligten zu 1) zunächst Vorerbe. Durch Wiederverheiratung des Vaters trat entsprechend der im Testament vorgesehenen Regelung am 6. Dezember 1996 der Nacherbfall ein. Nacherben des Nachlasses nach der Mutter wurden der Beteiligte zu 1) und seine Schwester Frau S zu je 1/2. Der Nachlass nach der Mutter bestand im wesentlichen aus deren 1/2 Anteil an der Grundbesitzung Sch straße eingetragen im Grundbuch von sowie eines 1/34 Miteigentumsanteils an dem Grundbesitz eingetragen im Grundbuch von. Der Wert des Nachlasses nach Berichtigung bestehender Verbindlichkeiten betrug entsprechend den im Erbscheinsverfahren gemachten Angaben ca. 150.000,- DM. Am 1. Oktober 1999 verstarb der Vater des Beteiligten zu 1). Der Beteiligte zu 1) schlug durch zu der Urkundenrollennummer 78/1999 des Notars H abgegebene Erklärung vom 29. Oktober 1999 die Erbschaft nach seinem Vater aus. Mit der unter der Urkundenrollennummer 79/1999 des Notars Herold vom gleichen Tag beurkundeten Erklärung beantragte Frau S die Erteilung eines sie als Alleinerbin nach ihrem Vater ausweisenden Erbscheins, der am 9. Februar 2000 erteilt worden ist. Der Wert des Nachlasses betrug nach Abzug der Verbindlichkeiten ca. 220.000,- DM. Durch notariellen Vertrag vom 3. April 2002 - Urkundenrollennummer 95/2001 des Notars B in setzten der Beteiligte zu 1) und Frau S die nach dem Tode der gemeinsamen Mutter bestehende Erbengemeinschaft dahingehend auseinander, daß der Beteiligte zu 1) seinen Anteil an dem Grundbesitz auf seine Schwester übertrug. § 3 des Vertrages lautet wie folgt:

"Gegenleistung

Die Erschienenen zu 1) und 2) sind darüber einig, daß der Erschienene zu 1) der Erschienenen zu 2) einen Geldbetrag schuldet in Höhe von 85.000,- DM (in Worten: fünfundachtzigtausend Deutsche Mark). Die Erschienene zu 2) hat dem Erschienenen zu 1) diesen Betrag im Verlauf der vergangenen 8 Jahre in folgenden Teilbeträgen als Darlehen zur Verfügung gestellt:

Januar 1992 15.000,- DM Mai 1995 25.000,- DM Dezember 1997 20.000,- DM Januar 2000 25.000,- DM

Mit der Übertragung an dem obigen Grundbesitz verzichtet die Erschienene zu 2) auf die Rückzahlung des Betrages in Höhe von 85.000,- DM (in Worten: fünfundachtzigtausend Deutsche Mark) einschließlich Zinsen sowie auf sämtliche mit dem Darlehen verbundene etwaige weitere Ansprüche. Der Erschienene zu 1) nimmt diesen Verzicht an."

Der bebaute Grundbesitz Sch straße 135 wird von Frau S und ihrer Familie bewohnt. Seit April 2002 ist auch der Beteiligte zu 1) dort wohnhaft.

Für im Zeitraum vom 8. Juli 1999 bis zum 29. Februar 2000 erbrachte Betreuungsleistungen erhielt der Betreuer eine Vergütung von 785,- DM nebst Auslagenersatz in Höhe von 31,12 DM aus der Landeskasse angewiesen.

Durch Beschluss vom 4. Januar 2001 hat das Amtsgericht gegen den Beteiligten zu 1) den an die Staatskasse zu zahlenden Betrag auf 806,12 DM festgesetzt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 15. Januar 2001 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er sei weiterhin mittellos, weil er seiner Schwester 85.000,- DM schulde und ihr als Sicherheit seinen Erbteil genannt habe. Durch Beschluss vom 4. September 2002 hat das Landgericht nach Anhörung des Beteiligten zu 1) und der zeugenschaftlichen Vernehmung der Frau S durch die Vorsitzende als beauftragte Richterin die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der durch Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 19. September 2002 rechtzeitig eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde.

Der Senat hat eine Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 des Oberlandesgerichts eingeholt, die den Beteiligten in Abschrift übersandt worden ist.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 56 g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, daß seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 56 Abs. 5 S. 1 FGG zulässigen sofortigen Erstbeschwerde ausgegangen.

Gem. der §§ 1908 i, 1836 e Abs. 1 S. 1 BGB gehen Ansprüche des Betreuers gegen den Betreuten auf die Staatskasse über, soweit diese den Betreuer hinsichtlich der ihm wegen der Betreuung zustehenden Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche befriedigt hat. Ein Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch des Betreuers gegen den Betreuten besteht nämlich auch dann, wenn letzterer derzeit leistungsunfähig ist. Die Staatskasse tritt nur im Interesse des Betreuers für den Betreuten ein und kann dann bei diesem Rückgriff nehmen. Dieser Rückgriff findet im Rahmen der durch § 1836 c BGB bestimmten Leistungsfähigkeit statt, also insoweit, als der Betroffene Einkommen und einzusetzendes Vermögen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Rpfleger 2003, 28). Als Einkommen gelten auch Rückerstattungsansprüche des Betreuten gegen Dritte, auch wenn auf diese bei der Beurteilung der Frage, ob die Landeskasse den Betreuer zu vergüten hat (§ 1836 a BGB), nicht abzustellen sein mag, weil sie durch freiwillige Zahlung, nicht zu realisieren sind und deshalb nicht als "bereite Mittel" i.S.d. BSHG angesehen werden können.

Das Landgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen mit folgender Begründung bejaht:

Zwar sei der Beteiligte zu 1) im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landgericht mittellos, da sein Einkommen von 650,- Euro monatlich die nach § 1836 c BGB i.V.m. § 81 BSHG maßgebliche Grenze von 844,- Euro unterschreite und Vermögen nicht vorhanden sei. Der Beteiligte zu 1) müsse sich aber als vermögend behandeln lassen, da er während des Betreuungsverfahrens und noch während des bereits laufenden Erstbeschwerdeverfahrens seine Vermögenslosigkeit zu Lasten der Staatskasse herbeigeführt habe. Der Beteiligte zu 1) habe in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise durch die Übertragung seines Erbanteils nach der Mutter auf seine Schwester und der Ausschlagung der Erbschaft nach seinem Vater seine Vermögenslosigkeit zu Lasten der Allgemeinheit herbeigeführt und hierdurch die Belastung der Staatskasse mit den durch seine Betreuung entstehenden Kosten verursacht. Weder rechtlich noch sittlich sei es gerechtfertigt gewesen, den gesamten Nachlass seiner Schwester zukommen zu lassen. Zwar nehme man der Zeugin ab, daß sie den Beteiligten zu 1) immer wieder auch mit höheren Beträgen unterstützt und dessen Verbindlichkeiten beglichen habe. Die Zeugin habe die Kammer aber nicht davon überzeugen können, daß der Beteiligte zu 1) von ihr mit 85.000,- DM unterstützt worden sei. Selbst wenn die Angaben des Beteiligten zu 1) hierzu als wahr unterstellt werden würden, rechtfertigte dies auch unter Berücksichtigung des Interesses, das ehemals elterliche Haus für die Schwester zu erhalten und dieses auch dem Beteiligten zu 1) zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen, nicht den Übergang des gesamten Nachlasses i.H.v. 190.000,- DM auf die Schwester.

Diese Ausführungen halten nur im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Regreß gem. § 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. 1836 c, 1836 e BGB setzt die nach § 1836 c BGB zu bestimmende Leistungsfähigkeit des Betreuten voraus, wobei nach zutreffender Ansicht des Landgerichts für diese Feststellung auf den Zeitpunkt der letzten Tatsacheninstanz im Festsetzungsverfahren nach § 1836 e BGB abzustellen ist.

Keinen Bestand haben kann die Entscheidung des Landgerichts, soweit dieses die Leistungsfähigkeit des Beteiligten zu 1) mit der Begründung bejaht hat, der Beteiligte zu 1) sei deshalb als vermögend anzusehen, weil die durch ihn erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach dem Vater gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und deshalb nichtig sei, so daß der Beteiligte zu 1) weiterhin neben seiner Schwester zu je 1/2 Mitglied der Erbengemeinschaft nach deren Vater sei. Bei der Ausschlagung einer Erbschaft handelt es sich weder um eine unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehende Schenkung des Ausschlagenden zu Gunsten des dadurch Begünstigten (vgl. § 517 3. Alt. BGB), noch um eine Veräußerung eines bereits erworbenen Rechts. Vielmehr handelt es sich, wie sich der in § 83 Abs. 1 InsO zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung entnehmen läßt, um eine höchstpersönliche Entscheidung, die im Insolvenzverfahren nicht auf den Insolvenzverwalter übergeht. Eine Sonderregelung sieht das Gesetz nur für den Fall vor, daß Eltern, Vormünder oder Betreuer als gesetzliche Vertreter ihres Schutzbefohlenen das Recht der Ausschlagung ausüben können (§§ 1643 Abs. 2, 1822 Nr. 2., 1908 i BGB), indem es die Ausschlagung für den Schutzbefohlenen dem richterlichen Genehmigungsvorbehalt unterstellt. Ob unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Wertung, die die eine Ausschlagung tragenden Beweggründe wegen deren "Höchstpersönlichkeit" einer Überprüfung entzieht, ein Rückgriff auf die Grundsätze der "Rechtsgeschäfte zu Lasten der Sozialhilfe" zulässig ist, wie das Landgericht meint, erscheint daher bedenklich, kann aber letztlich dahin gestellt bleiben, da es im Ergebnis darauf nicht ankommt.

Nach der Rechtsprechung ist ein Rechtsgeschäft gem. § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn dessen Inhalt oder sein Gesamtcharakter mit grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 138 BGB, Rdn. 7). Diese Voraussetzungen können entgegen dem Landgericht nach dessen tatsächlichen Feststellungen nicht bejaht werden. Da die bisherigen Feststellungen und der Inhalt der Akten eine abschließende Entscheidung zulassen, hat der Senat diese Frage selbst entschieden. Die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Tode des Vaters durch den Beteiligten zu 1) hat zwar zur Folge, daß dieses Vermögen für dessen Lebensunterhalt nicht zur Verfügung steht und insbesondere die Vergütung des Betreuers aus der Staatskasse erbracht werden muß. Allerdings ist der (bedachte) Erbe bei der Entscheidung über die Frage der Ausschlagung einer Erbschaft nicht gehalten, die Belange seiner Gläubiger zu berücksichtigen, denen mit der Annahme der Erbschaft der Zugriff auf weiteres Vermögen zum Zwecke der Befriedigung ihrer Ansprüche ermöglicht wird. Daneben finden auch die Beweggründe Berücksichtigung, die den Beteiligten zu 1) zur Ausschlagung der Erbschaft veranlasst haben. Das persönliche Verhältnis zwischen dem Beteiligten zu 1) und seinem Vater "war nicht gut". Der Vater billigte die Lebensführung des Beteiligten zu 1), die seit etwa 1991 durch exzessiven Alkoholmißbrauch geprägt war, nicht. Gleichwohl hat der Beteiligte zu 1) durch seine Familie, insbesondere seine Schwester, stets Rückhalt geboten bekommen. Der Beteiligte zu 1) ist - allerdings in einem nicht näher aufgeklärten Umfang - nicht nur finanziell unterstützt, sondern von seiner Schwester trotz der immer wieder zu verzeichnenden Rückfälle auch persönlich unterstützt worden. Diese war es auch, die im Interesse des Beteiligten zu 1) dessen Betreuung angeregt hat. Wenn der Beteiligte zu 1) maßgeblich im Hinblick auf die Bemühungen seiner Schwester, "ihn immer wieder aus allem herauszuholen", die Erbschaft nach dem Vater ausgeschlagen hat, um dieser den elterlichen Grundbesitz zukommen zu lassen, kann dieses Verhalten nicht als sittenwidrig eingeordnet werden.

Das übrige ihm zur Verfügung stehende Vermögen, bestehend aus dem hälftigen Erbanteil nach dem Tode der Mutter, hat der Beteiligte zu 1) durch den notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 3. April 2001 auf seine Schwester übertragen. Wenn dem Beteiligten zu 1) gleichwohl ein Rückgriff auf dieses Vermögen oder einen Teil dieses Vermögens möglich ist, ist er nicht mittellos i.S.d. §§ 1836 c und 1836 d BGB. Ein Rückgriff auf dieses Vermögen ist dem Beteiligten zu 1) möglich, wenn der Übertragung des Erbanteils auf seine Schwester eine Schenkung zu Grunde liegt.

Dem Beteiligten zu 1) steht dann dem Grunde nach ein sich aus § 528 Abs. 1 BGB ergebender Herausgabeanspruch gegenüber seiner Schwester zu. Gem. § 528 Abs. 1 S.1 BGB kann der Schenker von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außer Stande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Nach der Vollziehung der Schenkung war der Beteiligte zu 1) außer Stande, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Maß des angemessenen Unterhalts bestimmt sich gem.

§ 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Gem. § 1610 Abs. 2 BGB umfaßt der Unterhalt unter anderem auch dessen gesamten Lebensbedarf. Zu diesem Lebensbedarf zählen auch die Aufwendungen die im Zusammenhang mit der Einrichtung und Durchführung einer Betreuung stehen, insbesondere die an den Betreuer zu entrichtende Vergütung (MK-Kollhosser, BGB, 4. Aufl., § 528 Rdn. 4).

Das Landgericht hat keine hinreichenden Feststellungen zu der Frage getroffen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Übertragung des Erbanteils auf Frau S schenkweise erfolgt ist. Das ist dann der Fall, wenn die Übertragung des Erbanteils nicht zum Ausgleich der in § 3 des notariellen Vertrages vom 3. April 2001 genannten Darlehen sondern unentgeltlich erfolgt ist. Die Kammer hat der Zeugin zwar geglaubt, daß diese in der Vergangenheit den Beteiligten zu 1) immer wieder auch mit höheren Beträgen unterstützt und dessen Verbindlichkeiten ausgeglichen hat. Zur Überzeugung der Kammer habe die Zeugin aber nicht darlegen können, daß sie dem Beteiligten zu 1) insgesamt 85.000,- DM zugewandt habe. Die Beantwortung der Frage, in welchem Umfang Frau S den Beteiligten zu 1) unterstützt hat, ist aber unerläßlich für die Antwort auf die weitere Frage, ob und in welchem Umfang die Übertragung des Erbanteils als Schenkung zu qualifizieren ist. Gleichwohl führt dies nicht dazu, daß der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

Der Regreß gem. § 1908 i Abs. 1 S. 1 i.V.m. 1836 c, 1836 e BGB setzt, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, die nach § 1836 c BGB zu bestimmende Leistungsfähigkeit des Betreuten voraus, die in der Regel im Rahmen der zu treffenden Entscheidung festzustellen ist. Das BayObLG (FamRZ 2002, 417 = BtPrax 2002, 40) und ihm folgend das OLG Düsseldorf (a.a.O.) haben für die Fälle, in denen für den Regreß der Staatskasse die Mittellosigkeit des Betreuten allein wegen der ihm zustehenden Unterhaltsansprüche verneint wird, die Rückzahlung durch den Betreuten angeordnet, ohne daß das Bestehen der Unterhaltsansprüche vor der Anordnung der Rückforderung vom Vormundschaftsgericht zu prüfen ist. Diese beiden Entscheidungen zu Grunde liegenden Erwägungen sind nach Ansicht des Senats auf die Fälle zu übertragen, in denen bei der Beurteilung der Frage, ob die Landeskasse den Betreuten zu vergüten hat, Rückerstattungsansprüche des Betreuten gegen Dritte nicht berücksichtigt worden sind, weil sie durch freiwillige Zahlungen nicht alsbald zu realisieren waren und deshalb nicht als "bereite Mittel" i.S.d. BSHG anzusehen waren. Im vorliegenden Fall, in dem die Befriedigung der Staatskasse wegen der ihr zustehenden Ansprüche durch Einziehung einer dem Betreuten gegenüber einem Dritten zustehenden Forderung erfolgt, kann die Frage der Leistungsfähigkeit des Betreuten zuverlässig erst beurteilt werden, wenn der zur Einziehung gepfändete Anspruch gegen den Drittschuldner von dem mit der Geltendmachung des Anspruchs befassten ordentlichen Gericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Mit der Festsetzung des Rückgriffsbetrages erlangt die Staatskasse gegen den Betreuten zunächst einen Vollstreckungstitel gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4b JBeitrO. Dieser Titel versetzt die Staatskasse in die Lage, im Rahmen der Vollstreckung zur Befriedigung der übergegangenen Forderung auch Ansprüche des Betreuten gegen Dritte im Wege der Pfändung und Überweisung gem. §§ 829, 835 ZPO einzuziehen. Zur Durchsetzung des Anspruchs wird allerdings regelmäßig, wie der vorliegende Fall bestätigt, ein weiteres Gerichtsverfahren erforderlich sein, wenn der Dritte die Berechtigung des gegenüber ihm erhobenen Anspruchs nicht anerkennt und freiwillige Leistungen nicht erbringt. Das Risiko der Durchsetzung des Anspruchs und der mit dessen gerichtlichen Geltendmachung verbundene Aufwand wird damit auf die Staatskasse verlagert. Das Bestehen des gepfändeten Anspruchs wird letztlich erst in dem gerichtlichen Verfahren der Staatskasse gegen den Drittschuldner abschließend und rechtskräftig festgestellt. Eine abschließende Prüfung dieser Frage mit einer bindenden Wirkung kann somit im betreuungsrechtlichen Festsetzungsverfahren nicht erfolgen. Eine eingehende Prüfung möglicher Ansprüche des Betreuten gegenüber dem Drittschuldner im Festsetzungsverfahren stellt insbesondere dann, wenn das Verfahren durch drei Instanzen geführt wird, einen erheblichen und letztlich überflüssigen zusätzlichen Aufwand dar, da eine verbindliche Klärung der Frage, ob dem Betreuten gegenüber dem Drittschuldner der gepfändete Anspruch zusteht, aus den oben dargelegten Gründen nicht erfolgen kann. Daher erscheint es nach Auffassung des Senats sachgerecht, in den Fällen der vorliegenden Art auch ohne eine vorhergehende Prüfung im betreuungsrechtlichen Festsetzungsverfahren zunächst von der bestehenden Leistungsfähigkeit des Betreuten auszugehen. Dies darf indes nicht dazu führen, daß zugunsten der Staatskasse ein Titel geschaffen wird, der einschränkungslos die Zahlungspflicht des Betreuten begründet und die Vollstreckung auch in gem. § 1836 c BGB geschütztes Vermögen zuläßt. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, daß der im Festsetzungsverfahren geschaffene Vollstreckungstitel in seinem Tenor aus sich heraus erkennen läßt, daß er nur Grundlage für die Pfändung und Einziehung der in diesem selbst bezeichneten Ansprüche gegen den zu benennenden Drittschuldner ist. Aus diesen Gründen ist es unschädlich, daß das Landgericht keine weiteren Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welchem Umfang die Übertragung des Erbanteils nach der Mutter durch den Beteiligten zu 1) auf Frau S schenkweise erfolgt ist. Ob ausnahmsweise bereits im Festsetzungsverfahren Veranlassung gegeben sein kann, das Bestehen einer Forderung gegen den Drittschuldner einer Prüfung zu unterziehen, etwa dann, wenn sich aufdrängt, daß der behauptete Anspruch nicht besteht, bedarf keiner weiteren Stellungnahme. Nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts und der Auswertung des zur Verfügung stehenden Akteninhalts besteht für diese Annahme jedenfalls kein Anlass.

Der möglicherweise bestehende Rückforderungsanspruch gem. § 528 Abs. 1 BGB besteht lediglich in dem Umfang, in welchem der Schenkungsgegenstand zur Deckung des angemessenen Unterhalts erforderlich ist. Bedarf der Schenker nur eines Teils des Geschenkes und ist das Geschenk nicht teilbar, so richtet sich der Rückforderungsanspruch als Zahlungsanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB von vornherein nur auf Wertersatz desjenigen Teils der Schenkung, der wertmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs erforderlich ist (BGHZ 94,141,142; 96, 380, 382; OLG Düsseldorf, DnotZ 1996, 652). Aus diesem Grund war der gegen den Beteiligten zu 1) ergangene Festsetzungsbeschluss in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu ergänzen, wobei der Senat aus Gründen der Klarstellung diesen neu gefasst hat.

Gem. § 13a Abs. 1 S. 1 FGG hat der Senat davon abgesehen, die teilweise Erstattung der dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Auslagen anzuordnen. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) hat lediglich zu einer Ergänzung des angefochtenen Festsetzungsbeschlusses geführt, so daß es bei dem allgemeinen Grundsatz des § 13a Abs. 1 S. 1 FGG bleibt, wonach jede Partei selbst die ihr entstandenen Auslagen zu tragen hat.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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