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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 15 W 440/05
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 4
WEG § 23

Entscheidung wurde am 29.01.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Eine rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, die auf der Grundlage einer Öffnungsklausel durch Mehrheitsbeschluss vorgenommen wird, führt regelmäßig zu einer unbilligen Benachteiligung der betroffenen Wohnungseigentümer und ist deshalb insoweit für ungültig zu erklären.
Tenor:

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels werden der angefochtene Beschluss teilweise aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts vom 01.03.2005 abgeändert wie folgt neu gefasst:

Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.7.2004 zu Tagesordnungspunkt 2 wird insoweit für ungültig erklärt, als er den Kostenverteilungsschlüssel rückwirkend für die Zeit vor dem 16.7.2004 abändert.

Der Beschluss zu TOP 4 wird insgesamt für ungültig erklärt.

Der weitergehende Beschlussanfechtungsantrag der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten für das Verfahren aller drei Instanzen tragen die Beteiligte zu 1) einerseits und die Beteiligten zu 2) bis 5) andererseits je zur Hälfte. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

Der Gegenstandswert für das Verfahren dritter Instanz wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Miteigentümer der oben bezeichneten Wohnungseigentumsanlage, die Beteiligte zu 2) ist zugleich Verwalterin. Die Beteiligte zu 1) ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 8.

Das Wohnungseigentum ist durch Teilungserklärung vom 15.6.1978 (Urk.-Nr. ###/1978 des Notars L in N) begründet worden. Nach der Teilungserklärung besteht die Wohnung Nr. 8 aus Ess-, Wohn- und Schlafraum, Küche, Diele, Abstellraum und Bad/WC sowie zwei Balkonen und einem Kellerraum. Durch eine nachträgliche Änderung der Teilungserklärung wurde an der im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachterrasse ein Sondernutzungsrecht für den Eigentümer der Wohnung Nr. 8 begründet. Die Beteiligte zu 1) errichtete auf der Dachterrasse einen Wintergarten mit einer Fläche von 13,65 qm, in dem sich zumindest ein Heizkörper befindet, der an die Heizungsanlage des Hauses angeschlossen ist.

Im Sondereigentum der Beteiligten zu 1) stehen ferner die nunmehr als Wohnung Nr. 8a bzw. "Sauna" bezeichneten Räumlichkeiten mit einer Gesamtfläche von 25,62 qm. Diese befinden sich im Keller des Hauses. Die Ersteigentümerin beabsichtigte ursprünglich, sie als Appartement auszuweisen, was jedoch bauordnungsrechtlich nicht zulässig war. Durch die ursprüngliche Teilungserklärung wurde an diesen Räumen, die im Aufteilungsplan mit "App./Abst./Bad" bezeichnet waren, daher zunächst kein Sondereigentum begründet. Sie wurden erst später durch die teilende Eigentümerin aufgrund eines Vorbehaltes in den Kaufverträgen dem Sondereigentum der Wohnung Nr. 1 des Aufteilungsplanes zugeordnet, in der Folge dann zunächst der Wohnung Nr. 9 und schließlich der Wohnung der Beteiligten zu 1). In diesen Räumlichkeiten waren von Anfang an zwei Heizkörper vorhanden. 1998 richtete die Beteiligte zu 1) dort eine Sauna ein.

Bestandteil der Teilungserklärung ist eine Gemeinschaftsordnung. Diese bestimmt in § 14 (Kostenbeiträge):

"Zur Bestreitung der laufenden Unkosten wie [...] Betriebskosten des Hauses [...] ist vorschussweise ein monatlicher Beitrag zu Händen des Verwalters zu entrichten. Abrechnung erfolgt nach Ablauf eines Kalenderjahres, wobei folgende Aufschlüssellung verwand wird:

a) nach Tausendstelanteilen:

1) Betriebskosten (z.B. Versicherungsprämien, öffentliche Abgaben),

2) Kosten des Hausmeisters

3) Kosten der Hausverwaltung,

b) nach Kopfzahl der Wohnungsparteien:

1) Wasserkosten, soweit gemeinschaftlich

2) Stromkosten für Räume im Miteigentum

3) Kosten der Reinigung.

Die Wohnungseigentümer sind darüber hinaus zur Ansammlung einer Instandsetzungsrückstellung (Reparaturfonds) für das gemeinschaftliche Eigentum verpflichtet. Zur Ansammlung der Rückstellung ist ein Jahresbeitrag von mindestens DM 2,-- je qm reine Wohnfläche zu entrichten.

[...]

Das Haus ist mit einer Aufzugsanlage und Zentralheizung ausgestattet. Der Verwalter erhebt zunächst einen Pauschalbetrag, gemessen an der qm-Wohnfläche von jedem Wohnungseigentümer. Die Abrechung der Kosten (Heizung und Warmwasserversorgung) erfolgt jährlich nach Größe der Wohnungen ohne Balkone durch ein Spezial-Institut für Heizkostenabrechnungen.

[...]"

In § 25 der Gemeinschaftsordnung heißt es:

"Eine Änderung dieser Gemeinschaftsordnung bedarf der Zustimmung von 2/3 aller Miteigentümer und ist vom Verwalter zur Eintragung ins Grundbuch anzumelden.

Eine Änderung, die lediglich die laufende Verwaltung und Unterhaltung sowie die Kostenumlagen betrifft, kann mit einfacher Stimmenmehrheit der Eigentümerversammlung beschlossen werden."

Im August 2003 wurde mit einem Kostenaufwand von 6.575,28 € ein neuer Heizkessel eingebaut. Die Kosten wurden zunächst aus der Instandhaltungsrücklage gedeckt. In der Eigentümerversammlung am 12.3.2004 wurde TOP 3 die Frage erörtert, ob die Kostentragung für den neu installierten Heizkessel nach Größe der beheizbaren Wohnfläche statt nach 1000stel-Miteigentumsanteilen verteilt werden sollte. Eine Beschlussfassung zu diesem Punkt erfolgte wegen des Widerspruches der Beteiligten zu 1) zu diesem Zeitpunkt nicht.

Im Rahmen der folgenden Verhandlungen zwischen der Beteiligten zu 2) als Verwalterin und der Beteiligten zu 1) über einen neuen Verteilungsschlüssel übersandte erstere mit Schreiben vom 7.4.2004 eine tabellarische Aufstellung zur "Neufestsetzung der 1000stel als Grundlage für die Kostenrechnung" und "Umrechnung der Kosten des Heizkessels nach beheizbarer Wohnfläche gegenüber den Rücklagen nach 1000stel neu". Eine Einigung konnte jedoch nicht erzielt werden.

Mit Schreiben vom 3.7.2004 lud die Beteiligte zu 2) daraufhin zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ein; die Tagesordnung sah unter TOP 2. - 4. vor:

"2. Festsetzung der neuen beheizbaren Wohnfläche und der 1000stel der Wohnung Nr. 8 und 8a (Sauna), Eigentümer: K GmbH

3. Änderung der 1000stel für alle Wohnungen

4. Umrechnung der Kosten des neuen Heizkessels von den nach alten 1000stel gebildeten Rücklagen auf die neuen beheizbaren Wohnflächen"

An der Eigentümerversammlung am 16.7.2004 nahmen alle Wohnungseigentümer persönlich oder vertreten durch die Verwalterin teil. Zu TOP 2 heißt es im Protokoll:

"Mit Schreiben vom 7.4.2004 habe ich der Fa. K GmbH die neue Wohnflächen- und 1000stel-Berechnung der Wohnung Nr 8 und 8a (Sauna) zugesandt. Es wurde eine Frist bis zum 23.4.2004 gesetzt, um diese Berechnungsgrundlage prüfen zu lassen. [...] Wir haben erneut den TOP diskutiert. Herr I [der Vertreter der Beteiligten zu 1)] ist nach wie vor der Meinung, dass die neuen Berechnungsgrundlagen nicht rechtens sind. Der Eigentümer N enthielt sich der Stimme. Die Eigentümer I, T [...] und X stimmen der neuen Berechnungsgrundlage zu. Somit gilt diese ab dem Wirtschaftsjahr 2003/2004."

Für die von der Beteiligten zu 2) vorgeschlagene neue Wohnflächen- und 1000stel-Berechnung der Wohnung Nr. 8 und 8a (Sauna) stimmten die Beteiligten zu 2) bis 4), der Beteiligte zu 5) enthielt sich, die Beteiligte zu 1) stimmte gegen die Änderung. Zu TOP 3 heißt es im Protokoll:

"Aufgrund der neuen Wohnflächen- und 1000stel -Berechnung der Wohnung Nr. 8 und 8a Sauna der Firma K GmbH ändern sich die 1000stel-Berechnungen für alle übrigen Eigentümer ab dem Wirtschaftsjahr 2003/2004."

Ebenfalls mit den Stimmen der Beteiligten zu 2) bis 4) wurde der Beschluss zu TOP 4 gefaßt:

"Somit werden die Kosten des neuen Heizkessels von den nach alten 1000stel gebildeten Rücklagen auf die neuen beheizbaren Wohnflächen umgerechnet. Die Nachzahlungen oder Erstattungen werden in der Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 berücksichtigt."

Die Beteiligte zu 1) hat rechtzeitig beantragt, die Beschlüsse zu TOP 2) bis 4) für ungültig zu erklären, und hat geltend gemacht: Die Änderung hinsichtlich der 1000stel-Anteile beschränke sich nicht auf eine Veränderung des Verteilungsschlüssels, sondern ändere die Miteigentumsanteile und habe nicht durch Mehrheitsbeschluss erfolgen können. Die Änderung sei auch sachlich nicht gerechtfertigt. In den Räumen, die jetzt als Sauna genutzt würden, hätten sich früher Büroräumlichkeiten befunden, in denen auch früher schon zwei Heizkörper installiert gewesen seien.

Die übrigen Beteiligten haben die Auffassung vertreten, die Beschlüsse seien durch § 25 der Gemeinschaftsordnung gedeckt, insbesondere seien nicht die Miteigentumsanteile abgeändert worden. Die Änderung sei gerechtfertigt, da sich durch den Ausbau der Dachterrasse als Wintergarten die beheizbare Wohnfläche der Wohnung der Beteiligten zu 1) vergrößert habe. Auch nutze die Beteiligte zu 1) jetzt Räumlichkeiten als Sauna, die früher lediglich als Keller gedient hätten, und habe diese mit zwei Heizkörpern versehen. Die von der Beteiligten zu 1) genutzte heizbare Fläche habe sich infolge dessen um 39,27 qm erhöht, ohne dass diese Änderungen bisher berücksichtigt worden seien.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 1.3.2005 zurückgewiesen. Die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht mit Beschluss vom 15.11.2005 zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde vom 7.12.2005 verfolgt die Beteiligte zu 1) ihren Beschlussanfechtungsantrag weiter.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist. Die Mindestbeschwer von 750,00 Euro (§ 45 Abs. 1 WEG) ist überschritten, weil die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels sich als Dauerregelung darstellt, deren nachteilige Wirkung für die Beteiligte zu 1) über eine Vielzahl von Jahren den genannten Betrag voraussichtlich überschreiten wird.

Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts insoweit auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In der Sache hält die Entscheidung jedoch nicht in allen Punkten der rechtlichen Überprüfung stand.

In formeller Hinsicht sind gegen die am 16.7.2004 gefassten Beschlüsse keine Bedenken erkennbar und werden von der Beteiligten zu 1) auch nicht geltend gemacht.

Die gefassten Beschlüsse sind jedoch inhaltlich teilweise zu beanstanden.

1) Beschluss zu TOP 2

a) Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 2) unterliegt allerdings insoweit keinen Bedenken, als er für die Zeit nach dem 16.7.2004 eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels vornimmt.

Ziff. IV der Teilungserklärung i.V.m. § 14 der Gemeinschaftsordnung trifft für die Tragung der laufenden Unkosten eine differenzierte Regelung. Danach sind die Betriebskosten grundsätzlich nach 1000stel-Anteilen zu tragen. Für bestimmte Betriebskosten des Gemeinschaftseigentums gilt eine Verteilung nach Kopfzahl. Die Beiträge zur Instandhaltungsrücklage werden nach der Anzahl der Quadratmeter reiner Wohnfläche erhoben. Die Abrechnung der Heizkosten erfolgt schließlich nach dem tatsächlichen Verbrauch. Ziff. IV der Teilungserklärung i.V.m. § 25 der Gemeinschaftsordnung lässt eine Änderung der Kostenumlage durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung zu. Hiervon hat die Eigentümerversammlung am 16.7.2004 mit dem Beschluss zu TOP 2 Gebrauch gemacht.

Der Beschluss zu TOP 2 bedarf allerdings der Auslegung, sein Inhalt erschließt sich aus dem Wortlaut nicht vollständig, da die neue Berechnungsgrundlage für die Wohnung der Beteiligten zu 1) nicht mitgeteilt wird. Diese Auslegung kann der Senat selber vornehmen, weil es sich hinsichtlich der Änderung der Berechnungsgrundlagen um einen Beschluss mit länger dauernder Wirkung handelt, an den auch der Sonderrechtsnachfolger gebunden ist (BGH NJW 1998, 3713). Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten an der Beschlussfassung ankommt. Maßgebend sind dabei der Wortlaut und die Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713). Dabei können insbesondere auch Begleitumstände herangezogen werden, die in der Versammlungsniederschrift zum Ausdruck gekommen sind.

Vorliegend nimmt das Protokoll zu TOP 2 Bezug auf die mit Schreiben vom 7.4.2004 der Beteiligten zu 1) übersandte neue Wohnflächen- und 1000stel-Berechnung der Wohnung Nr. 8 und 8a (Sauna). Diese Berechnung ist zwar nicht Teil des Protokolls; dies berührt aber nicht die Bestimmtheit des Beschlussinhalts. Nimmt ein Eigentümerbeschluss auf Gegenstand Bezug, so reicht es aus, dass dieser mit genügender Bestimmtheit feststellbar ist (BayObLG WuM 1993, 707; FGPrax 2005, 14).

Dem Schreiben vom 7.4.2004 war eine tabellarische Aufstellung beigefügt. In einer ersten Tabelle ist für jede Wohnung zunächst die Gesamtfläche in qm angegeben, in den beiden folgenden Spalten ein als "1000stel alt" bzw. "1000stel neu" bezeichneter Wert sowie die Wohnfläche in qm. Für die Wohnung Nr. 8 ergeben sich aus dieser Aufstellen eine Wohnfläche von 121,03 qm und ein neuer 1000stel Wert von 239/1000, für die Wohnung Nr. 8a 25,62 qm und 47/1000stel.

Aus dem Text unter Ziff. 1 oberhalb der Tabellen folgt zugleich, dass der neu festgesetzte 1000stel-Wert nur "als Grundlage für die Kostenrechnung" dienen soll, also die Verteilung der Betriebskosten sowie der Kosten des Hausmeisters und der Hausverwaltung, die nach § 14 der Gemeinschaftsordnung nach 1000stel-Anteile umgelegt werden, und nicht - wie die Beteiligte zu 1) meint - die Miteigentumsanteile insgesamt neu festgesetzt werden sollten. Bei diesem Verständnis hält sich die Regelung auch in dem von § 25 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Rahmen, da sie lediglich die Kostenumlagen betrifft, und konnte daher per Mehrheitsbeschluss verabschiedet werden.

Auch wenn der in einer Gemeinschaftsordnung festgesetzte Verteilungsschlüssel bei Vorliegen einer Öffnungsklausel grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss abgeändert werden kann, ist eine solche Abänderung ist jedoch nur zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem bis dahin bestehenden Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden (BGH Z 95, 137 = NJW 1985, 2832; Senat FGPrax 2000, 100/102; Beschl. v. 20.12.2004, 15 W 367 - 369/04 = OLGReport 2005, 262 (Ls.)). In Bezug auf den Kostenverteilungsschlüssel ist dies insbesondere dann der Fall, wenn sich die Verhältnisse gegenüber früher in wesentlichen Punkten geändert haben oder die ursprünglich vorgesehene Verteilung - weil den tatsächlichen Verhältnissen nicht angemessen - sich nicht bewährt hat (BGH a.a.O.; Senat FGPrax 2000, 102).

Der Senat vermag sich hingegen nicht der vom Landgericht angeführten Entscheidung des OLG Frankfurt (NZM 2001, 140) anschließen, soweit dieses es auch bei Vorliegen einer Öffnungsklausel für notwendig erachtet, dass außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an dem geltenden Schlüssel grob unbillig erscheinen lassen. Die vom OLG Frankfurt hierfür angeführten weiteren Entscheidungen des Senats, des BayObLG und des Kammergerichts betrafen Sachverhalte, in denen die Teilungserklärung eine Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels gerade nicht vorsah. In diesen Fällen kann sich zwar nach gefestigter Rechtsprechung aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ergeben, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an ihm als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (BGHZ 130, 304 = NJW 1995, 2791). An die Feststellung dieser Voraussetzungen ist ein strenger Maßstab anzulegen, da neu in die Gemeinschaft eintretende Wohnungseigentümer grundsätzlich auf den Bestand der in der Teilungserklärung enthaltenen Kostenregelung vertrauen können. Enthält die Teilungserklärung jedoch selbst eine Öffnungsklausel hinsichtlich der Kostenverteilung, so muss jeder Wohnungseigentümer von vorneherein mit der Möglichkeit einer Abänderung rechnen und ist nicht in dem selben Maße schutzbedürftig wie in den Fällen, in denen es an einer Öffnungsklausel fehlt.

Die Abweichung von der Entscheidung des OLG Frankfurt erfordert keine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG, da die vom Senat vertretene Rechtsauffassung im Einklang mit der bereits oben zitierten Entscheidung des BGH steht (BGHZ 15, 151, 153).

Eine die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels grundsätzlich rechtfertigende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist vorliegend zunächst mit der Erweiterung der Wohnung Nr. 8 durch die Umwandlung der Dachterrasse in einen Wintergarten, der mit zumindest einem Heizkörper ausgestattet ist, gegeben. Hierdurch hat sich die Wohnfläche der Wohnung Nr. 8 um 13,65 qm vergrößert.

Hinsichtlich der als Nr. 8a bzw. Sauna bezeichneten Räumlichkeiten ist zwar kein neuer Wohnraum geschaffen worden. Dennoch ist gegenüber dem Zeitpunkt der Teilungserklärung eine relevante Änderung eingetreten, da diese Räume nunmehr im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers stehen und sich die der Beteiligten zu 1) zur Verfügung stehende Wohnfläche dadurch um weitere 25,62 qm vergrößert hat. In der Teilungserklärung vom 15.6.1978 war an diesen Räumen entgegen der ursprünglichen Absicht der teilenden Eigentümerin kein Sondereigentum begründet worden. Entsprechend sind diese Räume auch bei der Berechnung der Miteigentumsanteile nicht berücksichtigt worden. Offenbar ist die Teilungserklärung auch später, nachdem die Räume einer der Wohnung zugewiesen worden waren, in diesem Punkt nicht angepasst worden.

Soweit der Beschluss eine Anpassung der bei der Kostenumlage nach § 14 der Gemeinschaftsordnung zugrundzulegenden 1000stel-Anteile für die Zukunft vorsieht, wird die Beteiligte zu 1) auch nicht gegenüber dem bisherigen Zustand unbillig benachteiligt. Die Änderung hält sich vielmehr im Rahmen des bisherigen Umlagesystems. Bei der Festlegung der Größe der 1000stel-Anteile in der Teilungserklärung hat sich die teilende Eigentümerin offensichtlich am Verhältnis der Größe der jeweiligen Wohnung zur Gesamtwohnfläche orientiert.

Soweit der Beschluss eine Feststellung hinsichtlich der Größe der Wohnfläche trifft, ist bereits zweifelhaft, ob hierin überhaupt eine Abänderung des bisherigen Verteilungsschlüssels liegt. § 14 der Gemeinschaftsordnung stellt für die Beiträge zum Reparaturfonds und die vom Verwalter zu erhebenden Vorschüsse für die Heizkosten auch bisher schon auf die Größe der Wohnfläche ab. Dass hiermit die in der Teilungserklärung enthaltene qm-Angabe gemeint sein sollte, ist eher zweifelhaft. Die dort gemachten Angaben sind "ca."-Angaben. Nach dem Wortlaut des § 14 ist es ebenso möglich, auf die tatsächliche Größe abzustellen. Dies bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung. Auch wenn man insoweit von einer Änderung ausgehen würde, würde die Beteiligte zu 1) nicht dadurch unbillig benachteiligt, dass die Verteilung nunmehr nach der tatsächlich von ihr genutzten Wohnfläche erfolgen würde. Dass die tatsächliche Größe der Räumlichkeiten in dem Beschluss unzutreffend widergegeben wären, hat die Beteiligte zu 1) nicht geltend gemacht.

Unter Zugrundelegung der von der Beteiligten nicht bestrittenen Flächen sind die im Beschluss ausgewiesenen 1000stel-Anteile bei kaufmännischer Rundung auch rechnerisch zutreffend.

b) Keinen Bestand kann der Beschluss jedoch haben, soweit die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels mit Wirkung für das bereits zurückliegende Wirtschaftsjahr 2003/2004 erfolgen soll. Eine solche Rückwirkung stellt eine unbillige Benachteiligung der Beteiligten zu 1) dar.

Ein Wohnungseigentümer kann regelmäßig auch dann, wenn der Kostenverteilungsschlüssel durch Mehrheitsbeschluss geändert werden kann, darauf vertrauen, dass die laufenden Kosten der Gemeinschaft nach demjenigen Verteilungsschlüssel abgerechnet werden, der der Vereinbarungs- und Beschlusslage im betreffenden Abrechnungszeitraum entspricht; er muss nicht damit rechnen, das dieser Schlüssel mit Rückwirkung für bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume willkürlich verändert wird. In Übereinstimmung hiermit ist für den Anspruch auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ohne Öffnungsklausel (siehe oben 1a) anerkannt, dass eine Anpassung, die durch gerichtliche Entscheidung und nicht durch Vereinbarung der Miteigentümer erfolgt, erst ab Rechtskraft der Entscheidung Wirkung erlangt (vgl. BGH NJW1995, 2791 m.w.N.; BayObLG NJW-RR 1987, 71).

Anders mag dies sein, wenn der geltende Verteilungsschlüssel unpraktikabel ist oder zu grob unbilligen Ergebnissen führt (vgl. BayObLG WuM 1992, 156, 157; OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 1306). Ist dies nicht der Fall, greift eine durch Mehrheitsbeschluss bewirkte rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels regelmäßig in schutzwürdige Belange einzelner Wohnungseigentümer ein (OLG Karlsruhe a.a.O.). Der vorliegend bisher benutzte Verteilungsschlüssel ist indes weder unpraktikabel noch grob unbillig. Die sich durch die Änderung der 1000stel-Anteile ergebenden Abweichungen liegen im Bereich von höchstens zwei Prozent.

2. Zu TOP 3

Nach dem Protokoll der Eigentümerversammlung ist zu TOP 3 keine gesonderte Abstimmung erfolgt. Es ist lediglich festgehalten, dass sich als Folge des Beschlusses zu TOP 2 auch die 1000stel-Berechnungen für die übrigen Eigentümer ändern. Dies ist jedoch letztlich nur die rein rechnerische Konsequenz aus der Erhöhung des 1000stel-Anteils für die Wohnung der Beteiligten zu 1). Zur Herbeiführung dieser Rechtsfolge bedurfte es daher keines über den zu TOP 2 gefassten hinausgehenden weiteren Beschlusses.

Zur Klarstellung weist der Senat daraufhin, dass in dem zeitlichen Umfang, in dem der Beschluss zu TOP 2 für ungültig erklärt worden ist, auch hinsichtlich der 1000stel-Anteile der weiteren Miteigentümer keine Änderung eintreten konnte.

2. Beschluss zu TOP 4

Der Beschluss zu TOP 4 war insgesamt für ungültig zu erklären.

Mit dem Beschluss zu TOP 4 hat die Eigentümerversammlung den Kostenverteilungsschlüssel nicht generell für die Zukunft, sondern lediglich hinsichtlich eines konkreten Einzelfalles, nämlich der Umlage der Kosten der Neuanschaffung des Heizkessels im Sommer 2003, abgeändert. Auch eine solche Abweichung im Einzelfall ist grundsätzlich durch die in der Teilungserklärung enthaltene Öffnungsklausel gedeckt. Wird die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft durch die Teilungserklärung auf eine an sich nur einer Vereinbarung zugängliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erweitert, so erstreckt sich diese Beschlusskompetenz umfassend auf Regelungen in dem durch die Öffnungsklausel genannten Sachbereich. Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft deckt damit nicht nur eine abstrakte normähnliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft, sondern auch Regelungen, durch die im Einzelfall von der Teilungserklärung abgewichen wird. Entscheidend kann nur sein, dass die Eigentümerversammlung als das nach der Teilungserklärung dazu berufene Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft die Regelung getroffen hat (Senat, Beschluss vom 20. Dezember 2004, 15 W 367/04, 15 W 368/04, 15 W 369/04, zitiert nach JURIS).

Allerdings unterliegt eine im Einzelfall vorgenommene Abweichung von dem Kostenverteilungsschlüssel der Teilungserklärung denselben inhaltlichen Schranken wie eine inhaltlich entsprechende abstrakte Regelung für die Zukunft: Eine Änderung ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe vorliegen und einzelne Wohnungseigentümer aufgrund der Neuregelung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden.

Aus den bereits zu TOP 2 ausgeführten Gründen ist daher die rückwirkende Umstellung der Umlage der Kosten für die Anschaffung des Heizkessels von einer Verteilung nach 1000stel-Anteilen (alt) entsprechend § 14 der Gemeinschaftsordnung auf eine Umlage entsprechend der beheizbaren Wohnfläche eine unbillige Benachteiligung der Beteiligten zu 1). Die betragsmäßigen Unterschiede zwischen beiden Berechnungsarten sind - wie sich aus der Aufstellung der Verwalterin im Schreiben vom 7.4.2004 ergibt - nicht so erheblich, dass nach Treu und Glauben eine Änderung für die Vergangenheit ausnahmsweise gerechtfertigt wäre.

Die Entscheidung zu den Gerichtskosten beruht auf § 47 S. 1 WEG. Die Vorinstanzen hatten, ausgehend von einer vollständigen Zurückweisung der Beschlussanfechtung, der Beteiligten zu 1) die Gerichtskosten insgesamt auferlegt. Da das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) jedoch dazu führt, dass die angefochtenen Beschlüsse teilweise für ungültig erklärt werden, entspricht es der Billigkeit, die Beteiligten zu 2) und 5) ebenfalls an den Gerichtskosten zu beteiligen, wobei der Senat den Anteil des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens mit je 50% bewertet. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten (§ 47 S. 2 WEG) hat der Senat keine Veranlassung gesehen, von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Verfahren nach dem WEG jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Bei der Festsetzung des Geschäftswertes (§ 48 Abs. 3 WEG) ist der Senat der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch die Vorinstanzen gefolgt.

Ende der Entscheidung

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