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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.03.2003
Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. VII - 53/03
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 99
Zum "besonderen Umfang" und zur "besonderen schwierigkeit2 im Sinn von § 99 BRAGO
Beschluss

Strafsache

wegen Betruges,

(hier: Pauschvergütung für den bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO).

Auf den Antrag des Rechtsanwalts H. in Münster vom 13. Januar 2003 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Verteidigung des früheren Angeklagten Bruno hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17. 03. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht Mosler und die Richterin am Landgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Tenor:

Dem Antragsteller wird anstelle der gesetzlichen Gebühr in Höhe von 450,- € eine Pauschvergütung von 850,- € (in Worten: achthundertfünfzig Euro) bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, für seine Tätigkeit als gerichtlich bestellter Verteidiger des früheren Angeklagten Bruno die Gewährung einer Pauschvergütung in Höhe von 1.462,- € zuzüglich Mehrwertsteuer.

Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 21. Februar 2003 ausführlich Stellung genommen und die Tätigkeit des Antragstellers, die zugrunde zu legenden Daten sowie die ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren zutreffend dargelegt. Insoweit wird auf die genannte dem Antragsteller bekannt gegebene Stellungnahme Bezug genommen.

Abweichend von dieser Stellungnahme hält der Senat das Verfahren für den Antragsteller bei der vorzunehmenden Gesamtschau nicht für besonders schwierig i.S.d. § 99 Abs. 1 BRAGO.

Insoweit vermag der Senat auch der Ansicht des Gerichtsvorsitzenden in dessen Stellungnahme vom 6. Februar 2003, der der Leiter des Dezernats 10 der hiesigen Verwaltungsabteilung wegen dessen besonderer Sachnähe nicht widersprochen hat, nicht zu folgen. Der Gerichtsvorsitzende hat "wegen des außerordentlich großen Aktenumfangs und der Vielzahl der Einzeltaten" besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht für die Tätigkeit des Pflichtverteidigers als gegeben erachtet.

Zwar ist es nach ständiger Rechtsprechung des Senats in der Regel geboten, sich wegen der Sachnähe des Vorsitzenden des erkennenden Gerichts dessen Einschätzung anzuschließen (vgl. grundlegend dazu Senat in AnwBl. 1998, 416 = ZAP EN-Nr. 609/98 = AGS 1998, 104 und Senat in JurBüro 1999, 194 = AGS 1999, 104 = AnwBl. 2000, 640). Andererseits bearbeitet aber der Senat seit vielen Jahren Pauschvergütungen für den gesamten Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm und ist daher in der Lage, vergleichend den Grad der Schwierigkeit der Tätigkeit eines Antragstellers auch unter objektiver Betrachtung der Umstände zu beurteilen (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 4. März 2003 in 2 (s) Sbd. VII - 28/03, vom 20. August 2002 in 2 (s) Sbd. VII - 157/02 sowie vom 30. September 1999 in 2 (s) Sbd. 6 - 185 u. 186/99). Die Ausführungen des Vorsitzenden der Strafkammer deuten eher auf einen besonderen Umfang der Tätigkeit des Antragstellers als auf eine besondere Schwierigkeit hin. Den 66 Einzeltaten lagen einfache, leicht überschaubare Sachverhalte zugrunde. Aufgrund des Geständnisses des früheren Angeklagten war eine Vernehmung der in der Anklageschrift benannten 56 Zeugen nicht erforderlich, so dass auch die Beweisführung keine Schwierigkeiten bot.

In Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse bewertet der Senat das Verfahren jedoch bereits als besonders umfangreich für den Antragsteller i.S.d. § 99 Abs. 1 BRAGO. Zwar fand die Hauptverhandlung vor der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Münster nur an einem einzigen Tag statt und dauerte lediglich zwei Stunden vierzig Minuten, da wegen des Geständnisses des Angeklagten eine Vernehmung der vorgesehenen 56 Zeugen entbehrlich war. Dass eine umfangreichere Beweisaufnahme und ein langwieriges Verfahren vermieden werden konnten, beruht aber darauf, dass der Antragsteller den ehemaligen Angeklagten im Rahmen einer prozessökonomischen Verteidigung zu einer geständigen Einlassung veranlasst hat. Hierzu hat er den Mandanten fünf Mal zu jeweils einstündigen Besprechungen in der Justizvollzugsanstalt Münster aufgesucht und am 14. August 2002 einen ebenfalls eine Stunde dauernden Besprechungstermin mit dem Gerichtsvorsitzenden und dem zuständigen Vertreter der Staatsanwaltschaft wahrgenommen. Eine aktive Mitarbeit des Verteidigers, die letztlich zu einer deutlichen Abkürzung des Verfahrens führt, ist im Interesse einer effektiven, zeit- und kostensparenden Rechtspflege im Rahmen des § 99 BRAGO zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. September 1997 in 2 (s) Sbd. 5 - 176/97 sowie vom 7. Februar 1997 in 2 (s) Sbd. 5 - 250/96). In die erforderliche Gesamtschau hat der Senat des weiteren einbezogen, dass der Aktenumfang von insgesamt 20 Leitzordnern und Fallakten eine zeitaufwändige Einarbeitung in den Prozessstoff erfordert hat.

Bei der Bemessung der demnach zu bewilligenden Pauschvergütung hat der Senat alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Dabei waren insbesondere die vorerwähnten Gesichtspunkte von Bedeutung. Nach allem hält der Senat eine Pauschvergütung in Höhe von 850,- €, die die sogenannte Mittelgebühr eines Wahlverteidigers überschreitet, für angemessen aber auch ausreichend.

Der weitergehende Antrag war demgemäß abzulehnen. Die beantragte Pauschvergütung in Höhe von 1.462,- € entspricht den Wahlverteidigerhöchstgebühren. Eine Pauschvergütung in Höhe der Höchstgebühren eines Wahlverteidigers kommt hingegen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur in Betracht, wenn der Antragsteller durch die Tätigkeit in dem Verfahren über einen längeren Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen worden wäre (vgl. hierzu Senat in JurBüro 1997, 84; Beschluss des Senats vom 19. Mai 2000 in 2 (s) Sbd. 6 - 48/2000 = ZAP EN-Nr. 461/2000 = StV 2000, 443 (LS) = StraFo 2000, 285 = NStZ 2000, 555). In Anbetracht des einen einzigen Hauptverhandlungstermins mit einer unterdurchschnittlichen Verhandlungsdauer von lediglich zwei Stunden vierzig Minuten vermag der Senat ungeachtet der aufgrund des Aktenumfangs erforderlichen zeitaufwändigen Vorbereitung der Verteidigung und der Besprechungstermine mit dem Mandanten sowie dem Gericht ein derartiges Sonderopfer des Antragstellers jedoch nicht zu erkennen. Die von ihm vorgetragenen 50 Arbeitsstunden verteilen sich auf den Zeitraum eines ganzen Jahres.

Ende der Entscheidung

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