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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1052/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 44
Leitsatz: Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn die Fristversäumung entweder auf langer Potslaufzeit oder einem Verteidigerverschulden beruht.
Beschluss: Bußgeldsache gegen K.N.

wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (hier: Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 3. April 2000 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 29. März 2000 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 07.11.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Dem Betroffenen wird von Amts wegen auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 29. März 2000 gewährt.

Gründe:

I.

Der Betroffene ist durch in seiner Anwesenheit verkündetes Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 29. März 2000 wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung mit einer Geldbuße von 200,-- DM belegt worden, außerdem wurde ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Hiergegen hat er durch seinen Verteidiger mit Schreiben vom 3. April 2000 Rechtsbeschwerde eingelegt. Diese ist erst am 6. April 2000 beim Amtsgericht Bochum eingegangen. Die Rechtsbeschwerde ist inzwischen fristgemäß begründet worden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig, weil verspätet, zu verwerfen. Sie sieht keine Gründe, dem Betroffenen von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.

Dem Betroffenen war - entgegen dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - von Amts wegen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil vom 29. März 2000 zu gewähren. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft sind Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene durch sein Verschulden an der Einhaltung der Wochenfrist des § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 341 Abs. 1 StPO gehindert war, nicht ersichtlich.

Die vom Verteidiger des Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde datiert vom 3. April 2000. Wann sie zur Post gegeben worden ist, lässt sich dem bei den Akten befindlichen Briefumschlag, in dem die Beschwerde befördert worden ist, nicht entnehmen, da der Poststempel, aus dem sich das Datum der Aufgabe der Rechtsbeschwerde zur Post ergeben könnte, unleserlich ist. Dies geht vorliegend jedoch nicht zu Lasten des Betroffenen. Denn unabhängig davon, wann die Rechtsbeschwerde zur Post gegeben worden ist, ist ihr verspäteter Eingang beim Amtsgericht Bochum nicht auf ein Verschulden des Betroffenen zurück zu führen.

Nach Auffassung des Senats ist in entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum für die Zulässigkeit eines Klageerzwingungsantrags erforderlichen Umfang der Darlegungen hinsichtlich der Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO davon auszugehen, dass die vom Verteidiger des Betroffenen unter dem 3. April 2000 verfasste Rechtsbeschwerde auch an diesem Tag zur Post gegeben worden ist (so auch die ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. im Übrigen die Nachweise bei Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., 1999, § 172 Rn. 27; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 2. Aufl., 1999, Rn. 492 b). Dann hat es aber nicht der Betroffene zu vertreten, wenn die Rechtsbeschwerde erst drei Tage später am 6. April 2000 beim Amtsgericht Bochum eingeht. Mit einer so langen Postlaufzeit von Wetter nach Bochum brauchte er nicht zu rechnen (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 44 StPO Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).

Geht man hingegen davon aus, dass die Rechtsbeschwerde nicht sofort am 3. April 2000, sondern später, jedenfalls so spät zur Post gegeben worden ist, dass die Rechtsbeschwerde nicht mehr fristgemäß am 5. April 2000 beim Amtsgericht Bochum eingehen konnte, dann ist der verspätete Eingang auf ein Verschulden des Verteidigers des Betroffenen zurückzuführen, dass dem Betroffenen jedoch ebenfalls nicht zugerechnet werden kann (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 44 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen).

Da somit die Fristversäumung auf keinen Fall auf einem Verschulden des Betroffenen beruht, war diesem, da die versäumte Handlung nachgeholt und im Übrigen die Rechtsbeschwerde fristgemäß begründet worden ist, gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

III.

Der Senat konnte in der Sache selbst noch nicht entscheiden. Sie ist ihm noch nicht gem. § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 347 StPO vorgelegt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 7 StPO.

Ende der Entscheidung

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