Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 528/06
Rechtsgebiete: StVO


Vorschriften:

StVO § 23
Zur Beurteilung der Einlassung des Betroffenen, er abe nicht mit einem Handy telefoniert, sondern sich mit einem Akkurasierer, der wie ein Handy aussieht, rasiert.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen D.S.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf den am 24. Mai 2006 eingegangenen Antrag der Betroffenen vom 18. Mai 2006 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne vom 16. Mai 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 08. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Dem Betroffenen wird von Amts wegen auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne vom 16. Mai 2006 gewährt.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten der Betroffenen als unzulässig verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach §§ 23 Abs. 1 a, 49 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung er beantragt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unzulässig zu verwerfen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Unzulässigkeit des Antrags ergibt sich jedoch nicht daraus, dass der Zulassungsantrag nicht innerhalb der Wochenfrist der §§ 80, Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 StPO einzuhaltenden Frist von einer Woche, sondern erst am 24. Mai 2006 beim Amtsgericht eingegangen ist.

Die Frist zur Einlegung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde betrug eine Woche, obwohl der Betroffene, nachdem er von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen im Hauptverhandlungstermin gemäß § 73 Abs. 2 OWiG entbunden worden war, nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Da jedoch sein mit Vertretungsvollmacht versehener Verteidiger an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, begann die nach den durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen die nach §§ 80, Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 341 StPO einzuhaltende Beschwerdefrist mit der an diesem Tag stattfindenden Verkündung des Urteils vom 16. Mai 2006 (zum Fristbeginn vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., 2006, § 341 Rn. 8).

Dem Betroffenen war jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ausweislich des Fertigungsvermerks auf dem Zulassungsantrag datiert dieser vom 18. Mai 2006, ist jedoch erst am 24. Mai 2006 beim Amtsgericht eingegangen. Nach Auffassung des Senats kann davon ausgegangen werden, dass der Verteidiger des Betroffenen den Schriftsatz so rechtzeitig zur Post gegeben hat, dass dieser an sich rechtzeitig hätte eingehen müssen. Zwar ist ein Nachweis insoweit nicht erfolgt, auch fehlt (bislang) eine Glaubhaftmachung, etwa in Form des sich bei der Akte befindenden Briefumschlag, mit dem der Zulassungsantrag befördert worden ist. Dessen Fehlen kann jedoch nicht zu Lasten des Betroffenen gehen (vgl. BVerfG NJW 1997, 1770 m.w.N.; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 4. Aufl., 2006, Rn. 2054). Demgemäß war dem Betroffenen auf seine Kosten von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren, so dass der Zulassungsantrag rechtzeitig eingegangen ist.

2. Die Unzulässigkeit des Zulassungsantrag ergibt sich jedoch aus der Begründung des Antrags selbst. Diese enthält nämlich ausschließlich unzulässige Angriffe auf die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Gerichts. Dass die Beweiswürdigung sonst unvollständig, widersprüchlich oder lückenhaft sei, wird mit dem Rechtsmittel indes nicht vorgetragen. Die Beweiswürdigung und die Feststellungen sind jedoch beide grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten.

Gem. § 337 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG kann die Rechtsbeschwerde daher nur darauf gestützt werden, dass das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Rügen solcher Art sind auch als Sachrüge, sofern die Begründung als eine solche ausgelegt werden kann, nicht ordnungsgemäß erhoben, da auch diese, sofern sie nicht Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze aufzeigt, nicht lediglich auf Angriffe gegen Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung gegründet werden können (Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2001 - 2 Ss OWi 525/01 - und vom 2. August 2004 - 2 Ss OWi 472/04, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Da die Rechtsbeschwerde somit nicht gem. § 344 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG zulässig begründet worden ist, ist auch der Zulassungsantrag unzulässig (Senatsbeschluss, a.a.O.).

3. Selbst im Falle der Zulässigkeit des Rechtsmittels in Form der allgemeinen Sachrüge wäre das Urteil gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zu überprüfen. Eine solche Überprüfung führt nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts gebietet. Die Zulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kommt wegen der Höhe der geringen Geldbuße von 40 € nicht in Betracht. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich und mit keinem Wort dargetan, inwiefern die Einheitlichkeit der Rechtsprechung verletzt sein soll. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der Senat weist darauf hin, dass es in keiner Weise zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht der Einlassung des Betroffenen, er habe nicht mit einem Handy telefoniert, sondern sich mit einem Akkurasierer, der wie ein Handy aussehe, rasiert, nicht gefolgt und sie als Schutzbehauptung angesehen hat. Gegen die Richtigkeit dieser Einlassung spricht schon, dass der Betroffene sie nicht sofort nach dem Anhalten gegenüber den Polizeibeamten geltend gemacht hat, sondern erst in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht. Nichts hätte aber näher gelegen als der sofortige Hinweis auf den Akkurasierer, wenn er denn tatsächlich benutzt worden wäre. Auch die mit der Rechtsbeschwerdebegründung weiter mitgeteilte Einlassung, die sich bewegenden Lippen des Betroffenen seien darauf zurückzuführen, dass der Betroffene zur Musik des Radios gesungen habe, entbehren angesichts der Gesamtumstände eines ernsthaften Hintergrundes und stützen nur den vom Amtsgericht gezogenen Schluss.

Demgemäss war der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unzulässig mit der den Betroffenen treffenden Kostenfolge aus § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

Zurück