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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 2 UF 11/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Wiedereinsetzungsantrag der Antragsgegnerin vom 13.3.2007 wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Durch Teilurteil vom 24.11.2006 hat Amtsgericht - Familiengericht - Essen-Borbeck den durch den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Scheidungsverbund eingereichten Antrag auf Auskunftserteilung auf der ersten Stufe des von ihr erhobenen Stufenklageantrags zum Ehegattenunterhalt abgewiesen. Gegen dieses Urteil, ihrem Prozessbevollmächtigten zugegangen am 29.11.2006, hat die Antragsgegnerin - ebenfalls durch ihren Prozessbevollmächtigten - am 29.12.2006 fristgerecht Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist eingegangen per Telefax in der zentralen Telefaxstelle des Oberlandesgerichts Hamm unter Verwendung der dem Oberlandesgericht zugewiesenen Telefaxnummer #####/####- 518.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigen der Antragsgegnerin wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum Mittwoch, den 28.2.2007, verlängert. Die am 28.2.2007 nach Dienstschluss um 18.02 Uhr unter der Telefaxnummer #####/####- 403 bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm eingegangene Berufungsbegründungsschrift vom selben Tage wurde - ausweislich der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft vom 26.4.2007 - am darauffolgenden Tag, den 1.3.2007, an das Oberlandesgericht weitergeleitet. Die Übersendung der Berufungsbegründungsschrift an die Generalstaatsanwaltschaft beruhte darauf, dass entweder der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin oder dessen Büroangestellte anhand einer Internetrecherche eine nicht dem Oberlandesgericht zugewiesene Telefaxnummer angewählt haben.

Ausweislich der mit dem Wiedereinsetzungsgesuch eingereichten Internetseite ist die Telefaxnummer aus der Startseite der Suchmaschine "Google-Maps" (unter der domain:*Internetadresse*) entnommen worden, die sich öffnet, wenn als Stichwort für die Internetsuche bei Google "Oberlandesgericht Hamm" eingegeben wird. Die Startseite enthält unter der Überschrift "Oberlandesgericht Hamm" und neben einer Wegbeschreibung (Kartenansicht) die zum Oberlandesgericht und zur Generalstaatsanwaltschaft zugehörige identische Anschrift und zwei Telekommunikkationsnummern, wobei es sich bei der untersten Nummer um die - als solche nicht kenntlich gemachte - Telefaxnummer der Generalstaatsanwaltschaft handelt. Im direkt darunter angeordneten Hauptteil der Startseite wird in mehren sogenannten "links" auf die verschiedenen, beim Oberlandesgericht ansässigen Behörden verwiesen, unter anderem an erster Stelle auf das Oberlandesgericht Hamm und an zweiter Stelle auf die Generalstaatsanwaltschaft. Durch einen Mausklick auf die jeweilige angegebene Behörde gelangt man auf die behördeninterne Startseite mit den offiziell ausgegebenen Telefon- und Telefaxnummern.

Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin oder dessen Büroangestellten haben die für den Versand der Berufungsbegründungsschrift auswählte Telefaxnummer aus der Startseite von "Google-Maps" entnommen, ohne sich durch einen Mausklick auf die behördeninterne Seite des Oberlandesgerichts davon zu vergewissern, dass es sich dabei um die richtige Nummer handelt. Durch eine telefonische Anwahl der auf der Startseite von "Google-Maps" an zweiter Stelle angegebenen Nummer haben sie festgestellt, dass es sich dabei um eine Telefaxnummer handelt, und diese fälschlicherweise für die Telefaxnummer des Oberlandesgerichts gehalten. Der anschließend übermittelte Sendebericht enthält zwar einen "OK-Vermerk", aber keinen Hinweis auf den Empfänger der Nachricht.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag war gemäß §§ 233 ff. ZPO zurückzuweisen, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Antragsgegnerin ohne ihr Verschulden an der Wahrung der Berufungsbegründungsfrist gehindert war. Insoweit muss sie sich ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.

a) Die Berufungsbegründungsfrist ist nicht gewahrt, weil die zweimonatige Rechtsmittelbegründungsfrist nach § 520 Abs. 2, S. 1 ZPO, die gemäß § 520 Abs. 2, S. 3 ZPO um einen Monat bis zum 28.2.2007 verlängert worden war, zum Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründungsschrift beim Oberlandesgericht Hamm am 1.3.2007 bereits abgelaufen war. Der Eingang der Berufungsbegründungsschrift bei der Generalstaatsanwaltschaft wahrt die Frist nicht, weil es sich dabei um eine vom Oberlandesgericht zu unterscheidende andere Behörde handelt, die ihren Sitz zwar im gleichen Gebäude, dort aber in anderen Räumen und unter einer anderen Telekommunikationsverbindung hat.

b) Die Antragsgegnerin war auch nicht ohne Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten an der Einhaltung der Frist gehindert, denn nach den vorliegenden Umständen muss davon ausgegangen werden, dass in der Praxis ihres Prozessvertreters eine - den üblichen Sorgfaltsanforderungen entsprechende - Ausgangskontrolle nicht stattgefunden hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf sich die im Rahmen der Ausgangskontrolle gebotene Überprüfung des Sendeberichts nicht auf die Überprüfung beschränken, ob die darin ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor ausgewählten identisch ist. Wurde die Faxnummer nicht aus einem bewährten EDV-Programm des Anwalts in seiner neusten Fassung entnommen, sondern aus anderen Verzeichnissen oder Listen, ist die Verwechslungsgefahr besonders hoch. Deshalb ist die im Sendebericht angegebene Empfängernummer auch daraufhin zu überprüfen, ob es sich hierbei um die richtige Empfängernummer handelt (BGH, Beschluss vom 24.6.2004 - VII ZB 35/03 -; Beschluss vom 22.6.2004 - VI ZB 14/04 - , abgedruckt in NJW 2004 3491, 3492; BGH Beschluss vom 10.5.2006 - XII ZB 267/04 -). Das gilt insbesondere dann, wenn die Empfängernummer aus elektronischen Dateien herausgesucht wird und an einem und demselben Ort mehrere Empfänger in Betracht kommen (BGH Beschluss vom 1.5.2006 - XII ZB 267/04 -). Vorliegend besteht außerdem die Besonderheit, dass die Empfängernummer nicht aus amtlich dem Empfänger zugeordneten Verzeichnissen, sondern aus dem Verzeichnis einer Internetsuchmaschine entnommen wurde. Dass derartige Verzeichnisse keine ausreichende Gewähr für ihre Richtigkeit bieten und auch nicht bieten können, weil sie der Gestaltungsmöglichkeit des Empfängers im wesentlichen entzogen sind, ist hinlänglich bekannt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin wäre daher gehalten gewesen, bei der Ausgangskontrolle die Richtigkeit der für die Telefaxnummer des Oberlandesgerichts gehaltenen Telekommunikationsnummer aus der Startseite der Internetsuchseite zu überprüfen. Soweit nicht er selbst, sondern einer seiner Angestellten gehandelt hat, kann er sich zwar grundsätzlich darauf verlassen, dass sein zuverlässiges Büropersonal bei einem richtig adressierten Schreiben die zutreffende Telefaxnummer ermitteln und in das Gerät eingibt. Das setzt jedoch voraus, dass er zuvor seinem Personal entsprechende Anweisungen erteilt hat, wie die zutreffende Telefaxnummer zu ermitteln ist und deren Einhaltung zumindest stichprobenweise überwacht hat (vgl. BFH NJW 2003, 2559, 2560). Dass der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin diesen an ihn zu stellenden Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, ist weder vorgetragen, noch aus den Umständen ersichtlich. Die Ermittlung der zutreffenden Telefaxnummer wäre darüber hinaus unschwer möglich gewesen durch einen Mausklick auf den direkt darunter angeführten "link" zur offiziellen Eingangsseite des Oberlandesgerichts. Ein konkreter Anlass zu einer entsprechenden Überprüfung ergab sich nicht nur daraus, dass die aus der betreffenden Startseite ausgewählte Nummer nicht als Telefaxnummer ausgewiesen war, sondern auch daraus, dass die betreffende Startseite mehrere "links" zu unterschiedlichen am gleichen Ort ansässigen Behörden auswies. Hinzu kommt, dass die angewählte Telefaxnummer nicht mit der Telefaxnummer übereinstimmte, die bei der erfolgreichen Übersendung der Berufungsschrift am 29.12.2006 angewählt worden ist.

Für eine entsprechende Überprüfung der Richtigkeit der angewähltem Telefaxnummer reichte es daher nicht aus, sich durch die Herstellung einer schlichten Fernsprechverbindung davon zu überzeugen, dass es sich bei der an zweiter Stelle auf der Internetstartseite angegebenen Nummer um eine Telefaxnummer handelte. Eine derartige Prüfung beinhaltet gerade nicht die Feststellung, dass die angewählte Telefaxnummer auch dem gewünschten Empfänger zuzuordnen ist.

Es kann auch davon ausgegangen werden, dass der Übermittlungsfehler bei ordnungsgemäßer Ausgangskontrolle, insbesondere bei einer Überprüfung der Zuordnung der ausgewählten Telefaxnummer anhand des Sendeberichts der ordnungsgemäß beim Oberlandesgericht eingegangenen Berufungsschrift oder anhand der offiziellen - durch einen zusätzlichen Mausklick auf der benutzten Startseite von "Google-Map" zu öffnenden - Internetseite des Oberlandesgerichts aufgefallen wäre und die Berufungsbegründung fristgerecht hätte eingelegt werden können.

Vor diesem Hintergrund war die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verweigern.

Ende der Entscheidung

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