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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.07.2005
Aktenzeichen: 2 Ws 177/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 140
Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Strafvollstreckungsverfahren.
2 Ws 177/05 OLG Hamm 2 Ws 178/05 OLG Hamm

Beschluss

Strafsache

wegen Diebstahls u.a. (hier: weitere Beschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts sowie gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung im Verfahren nach § 56 f StGB ).

Auf die (weitere) Beschwerde des Verurteilten vom 03. Juni 2005 gegen den Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 18. Mai 2005 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 07. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen: Tenor:

1. Die weitere Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wird auf dessen Kosten als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Pflichtverteidigers wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer ist durch Strafbefehl des Amtsgerichts Bochum vom 18. Juni 2003, rechtskräftig seit dem 02. April 2004, wegen Diebstahls und anderer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Nachdem das Amtsgericht - Bezirksjugendschöffengericht - Bochum den Beschwerdeführer durch Urteil vom 19. Mai 2004 wegen versuchten Diebstahls und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten - ohne Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt hatte, widerrief das Amtsgericht Bochum durch Beschluss vom 04. März 2005 die durch Strafbefehl vom 18. Juni 2003 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung.

Gegen diesen dem Verurteilten am 11. März 2005 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 15. März 2005 sofortige Beschwerde eingelegt und die Beiordnung von Rechtsanwalt K. als Pflichtverteidiger beantragt. Das Landgericht Bochum hat durch den angefochtenen Beschluss vom 18. Mai 2005 die sofortige Beschwerde des Verurteilten verworfen und den Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt, da weder ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliege noch aufgrund der Schwere der Taten oder einer besonderen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder weil der Verurteilte sich nicht selbst verteidigen könne, eine Pflichtverteidigung geboten sei. Der Sachverhalt sei einfach und klar gelagert und dem bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getretenen und damit für den gerichts- und justizerfahrenen Verurteilten verständlich. Der Grundsatz des fairen Verfahrens sei durch die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung nicht verletzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Verurteilte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 03. Juni 2005 bei dem Landgericht Bochum Beschwerde eingelegt, das der Beschwerde - soweit sie die Ablehnung der Pflichtverteidigerstellung betraf - nicht abgeholfen hat. Des Weiteren hat die Strafkammer ausgeführt, dass gegen ihre Sachentscheidung betreffend die sofortige Beschwerde vom 15. März 2005 ein weiteres Rechtsmittel grundsätzlich nicht gegeben ist.

II.

Der Verurteilte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 18. Mai 2005 insgesamt. Die Beschwerde ist daher als sofortige weitere Beschwerde des Verurteilten gegen den Widerruf der Staraussetzung zur Bewährung und als einfache Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers auszulegen.

1.

Soweit sich sein Rechtsmittel gegen den durch das Landgericht Bochum bestätigten Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung richtet, war es als unzulässig zu verwerfen.

Eine weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Bochum ist insoweit gemäß § 310 Abs. 2 StPO nicht statthaft, weil der angefochtene Beschluss weder eine Verhaftung noch eine Unterbringung betrifft.

2.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung ist zwar gemäß § 304 Abs. 1 StPO statthaft und zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben. Der Beschluss des Landgerichts Bochum ist insoweit mit der Beschwerde anfechtbar, weil es sich - worauf die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 20. Juli 2005 zutreffend hingewiesen hat - um eine Entscheidung handelt, die erst auf einen im Beschwerderechtszug gestellten, außerhalb der eigentlichen Beschwerde liegenden Antrag ergangen ist (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 16. Februar 1999 in 3 Ws 70, 71 und 71/99; OLG Bamberg, NStZ 1986, 39).

Der Beschwerde muss der Erfolg versagt bleiben.

Unabhängig davon, dass eine rückwirkende Bestellung als Pflichtverteidiger ohnehin unzulässig und für eine solche kein Raum wäre (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 12. Mai 2004 in 2 Ws 139 u. 140/04, vom 17. April 2001 in 2 Ws 85/01 und vom 7. Juni 1999 in 2 Ws 167/99; ferner unter ausführlicher Darstellung des diesbezüglichen Streitstandes Beschluss des hiesigen 1. Strafsenats vom 6. Juli 2004 in 1 Ws 203/04 m. w. N. sowie Meyer/Goßner, StPO, 48. Aufl., § 141 Rdnr. 141 Rdnr. 8) und das Überprüfungsverfahren durch die Entscheidung des Landgerichts vom 18. Mai 2005 ohnehin beendet ist, war die Bestellung eines Pflichtverteidigers vorliegend nicht geboten.

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers richtet sich nach § 140 Abs. 2 StPO, der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschlüsse vom 04. Februar 2002 in 2 Ws 12/02 m.w.N., vom 21. Oktober 2003 in 2 Ws 245-248/03 m.w.N.; vom 12. Mai 2004 in 2 Ws 139 u. 140/04; vom 20. Dezember 2004 in 2 Ws 322 u. 324/04 sowie zuletzt vom 05. April 2005 in 2 Ws 305/04 u. 32/05), die - soweit ersichtlich - der übereinstimmenden Auffassung aller Strafsenate des Oberlandesgerichts Hamm entspricht (vgl. u.a. schon OLG Hamm NStZ 1983, 189 sowie OLG Hamm NStZ-RR 1999, 319; NStZ-RR 2000, 113 = StV 2000, 92; StraFo 2000, 32 sowie u. a. auch noch die Beschlüsse in 2 Ws 71/01, 2 Ws 77/01, 2 Ws 85/01, 1 Ws 183/99 und 1 Ws 313 u. 314/00; Kleinknecht/Meyer-Goßner , StPO, 48. Aufl., § 140 Rn. 33, 33a m.w.N.) im Vollstreckungsverfahren entsprechende Anwendung findet. Danach ist ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, dies gebietet. Diese Voraussetzungen, die im Lichte der Besonderheiten des Vollstreckungsverfahrens zu sehen sind, sind vorliegend nicht erfüllt. Die Entscheidung der Frage, ob eine Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen ist, weil der Verurteilte während laufender Bewährungszeit einschlägige Straftaten begangen hat, die bereits rechtskräftig abgeurteilt worden sind, ist weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht so schwierig, dass die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erschiene. Auch ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Verurteilte nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen. Solche sind auch nicht vorgetragen.

Ende der Entscheidung

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