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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 20 U 80/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 257
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 24. Februar 2005 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, am 30.11.2005 an den Kläger 3.498,77 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 79 % und die Beklagte zu 21 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Feststellung bzw. hilfsweise auf Zahlung aus zwei Kapitallebensversicherungen in Anspruch.

Der Kläger ist von Beruf Diplom-Kaufmann und vermittelt als Mitarbeiter der "S GmbH" u. a. von der Beklagten angebotene Lebensversicherungen.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine englische Lebensversicherungsgesellschaft. Sie wurde 0000 gegründet und gehört seit 0000 zu 100 % der I-Bank.

Im November 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Abschluss von drei Lebensversicherungen:

1.) Lebensversicherung mit dem Namen "X1" (X1), Laufzeit 7 Jahre. Der Versicherungsbeitrag war in einer Einmalleistung von 19.173,45 € (= 37.500,00 DM) zu erbringen.

2.) Lebensversicherung "X2" (X2), Laufzeit 10 Jahre; Einmalleistung 47.760,62 € (= 89.500,00 DM).

3.) Lebensversicherung "X3" mit jährlichen Beiträgen von 6.843,00 DM.

Bei den Versicherungsmodellen "X1" und "X2" handelt es sich um anteilsgebundene Kapitallebensversicherungen gegen Einmalbeitrag. Der Einmalbeitrag wird von der Beklagten in Wertpapiere investiert, die in sog. Pools zusammengefasst sind. Die Anzahl der Anteile, die einem Vertrag zugeteilt sind, ergibt, multipliziert mit dem jeweiligen Anteilswert, den jeweiligen Policenwert des Vertrages. Am Ende der Laufzeit des Vertrages wird der jeweilige Policenwert als Versicherungsleistung ausgezahlt, evtl. zzgl. eines Fälligkeitsbonusses.

Es ist bei diesen beiden Versicherungsmodellen möglich, bereits bei Antragstellung monatliche, vierteljährliche, halbjährliche oder jährliche Auszahlungen aus den Verträgen zu vereinbaren. In dem Antrag hinsichtlich der ersten Versicherung des Klägers gibt es insoweit unter Punkt "H. Auszahlungen., unter dem Unterpunkt "2. Regelmäßige Auszahlungen" ein Feld mit der Bezeichnung .Auszahlungshöhe (zu derzeitigem Geldwert). In dieses Feld hat der Kläger bei der Antragstellung 6 843,00 DM eingetragen (Bl. 9 ff. d. A.). In dem Antrag zur zweiten Versicherung heißt es unter dem Punkt "F Auszahlungen,, und dem Feld "Auszahlungswert:,, der Rubrik "2. Regelmäßige Auszahlung 12.800,00 DM" (Bl. 20 ff. d. A.).

Die Auszahlungen aus dem X1 sollten direkt der Beitragszahlung für den X Plan dienen. Die Auszahlungen aus dem X2 sollten auf ein Konto des Klägers gehen. Zur Finanzierung der Einmalzahlungen nahm der Kläger ein Darlehen auf.

Bei Antragstellung lagen dem Kläger die jeweiligen Policenbedingungen (Bl. 27 ff. d. A. bzw. Bl. 55 ff. d. A.) und die jeweiligen Verbraucherinformationen vor (Bl. 40 ff. d. A. bzw. Bl. 65 ff. d. A.).

Die Beklagte nahm die Versicherungsanträge an und übersandte dem Kläger zu allen Versicherungen Versicherungsscheine. Die Versicherungsscheine bzgl. der X1 und X2 beinhalten eine mit »Auszahlungsdetails" genannte Anlage, in der unter "regelmäßige Auszahlungen,, der Betrag von 6.843,00 DM, das Datum der ersten Auszahlung am 01. November 2000 und das Datum der letzten Auszahlung am 01. November 2005 bzw. der Betrag von 12.800,00 DM mit dem Datum der ersten Auszahlung am 30. November 2000 und dem Datum der letzten Auszahlung am 30. November 2008 aufgenommen wurde.

Im Zusammenhang mit dem Antrag/Abschluss der Verträge wurden Musterberechnungen zur voraussichtlichen Wertentwicklung angefertigt (Bl. 130/321 d. A.).

Der Kläger bediente sich im Vorfeld seiner Antragstellung einer - nur für Vermittler zugänglichen - Software der Beklagten, die bei der Ermittlung des Betrages helfen soll, der als jährliche Auszahlung gewählt wird. Insoweit konnte der Bediener eingeben, wie hoch die Beitragszahlung ist und sodann zwischen einer Gewinnerwartung von 5 und 10 % wählen. Bei Eingabe einer anderen Zahl akzeptierte das Programm nur Prozentsätze von bis zu 8,5 %. Das Programm ermittelte sodann einen Auszahlungsbetrag. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Vorfeld der Antragsstellung für seine Verträge die gewünschten Auszahlungsbeträge, die in den Vertrag als jährliche Auszahlung aufgenommen werden sollten, sowie eine Gewinnerwartung von 8,5 % eingegeben und das Programm hat sodann die dafür erforderlichen Einzahlungsbeträge ermittelt.

Nachdem zu Beginn der Vertragslaufzeit die von dem Kläger beantragten Auszahlungen noch vorgenommen wurden, entstand im Jahre 2003 zwischen den Parteien Streit darüber, ob die Auszahlungen auch in Zukunft in der vollen - bereits bei Antragstellung - beantragten Höhe erfolgen müssten. So hat die Beklagte die bzgl. des Vertrages X1 im November 2004 vorgesehene Auszahlung (die aber nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist) nicht erbracht. Insoweit hat sich die Beklagte darauf berufen, dass bei einer Auszahlung in der beantragten Höhe der Policenwert unter den Mindestwert von 1.250,00 € fallen würde. Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass der Wert der jeweiligen Versicherungen des Klägers, der jeweils durch die Einmalzahlung entstanden ist, durch die erfolgten Auszahlungen und vorgenommenen Abzüge für Kosten und Gebühren aufgrund der Tatsache, dass die Wertentwicklung hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, bereits größtenteils aufgebraucht ist, so dass er künftige Auszahlungen in der beantragten Höhe voraussichtlich nicht mehr abdeckt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Auszahlungspflicht der Beklagten bestehe unabhängig vom Restwert seiner Versicherung. Die Beklagte habe sich mit der Annahme des Versicherungsantrages aufgrund des Wortlautes des Antrages und auch des Wortlautes des Versicherungsscheins uneingeschränkt und unbedingt dazu verpflichtet, bis zum Ende der Vertragslaufzeit jährlich die beantragten Auszahlungen in voller Höhe vorzunehmen. Ein Vorbehalt dahingehend, dass dies nur unter der Bedingung erfolgen soll, dass der Wert der Versicherung diese Auszahlungen auch abdecke, sei nicht vereinbart. Die Beklagte habe das Risiko einer fehlenden Deckung der Auszahlungen durch die Werthaltigkeit der durch die Einmalzahlung genährten Versicherung allein zu tragen. Dadurch, dass die Beklagte die Software zur Verfügung gestellt habe, bei der sich ein Auszahlungswert unter Berücksichtigung einer Gewinnerwartung von 8,5 % ermitteln lasse, habe sie einen Antragsrahmen geschaffen, den der Versicherungsnehmer vollständig ausreizen könne. Wenn die Beklagte den auf Basis dieses Programmes gestellten Antrag einschränkungslos annehme, habe sie auch die beantragten Leistungen unabhängig davon, ob sie die erhoffte Wertsteigerung überhaupt erwirtschaften kann, zu erbringen. Es sei für den Versicherungsnehmer nicht nachvollziehbar, wie die Versicherung den Auszahlungsbetrag ermittle. Er habe aber angesichts der Tatsache, dass das Programm eine Wertsteigerungsangabe von 8,5 % akzeptiere, davon ausgehen dürfen, dass Auszahlungen bis in der durch das Programm ausgeworfenen Höhe in jedem Fall vereinbart werden können. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, indem der Kläger die streitgegenständlichen jährlichen Auszahlungen durch das Programm ermittelt, diese dann beantragt und die Beklagte den Vertrag einschränkungslos angenommen habe. Weder aus dem Wortlaut des Antrages, noch aus dem Wortlaut des Versicherungsscheines oder dem Inhalt der Policebedingungen und Verbraucherhinweisen lasse sich erkennen, dass die Auszahlungspflicht unter der Bedingung der Werthaltigkeit der Versicherung stehe. Es sei in dem Antrag und in dem Versicherungsschein nur von "jährlicher Auszahlung" und von einem Auszahlungszeitraum bis zum Ende des Vertrages die Rede, woraus der Versicherungsnehmer schließen dürfe, dass die Auszahlungen auch garantiert seien.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn am 30.11.2005 3.498,77 €, am 30.11.2007 6.544,54 Euro und am 30.11.2008 6.544,54 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, aus den Vertragsbedingungen folge eindeutig, dass die Auszahlung der jährlichen Beträge von der Wertentwicklung der Versicherung abhängig sei. Es sei den Bedingungen klar zu entnehmen, dass die Auszahlungen nur dann erfolgen könnten, wenn der Wert der Versicherung diesen Betrag hergebe. Der Restwert sei insoweit von der Gewinnentwicklung abhängig. Die Ermittlung des Betrages durch die Software gebe lediglich eine Hilfestellung für die Entscheidung, in welcher Höhe die jährlichen Auszahlungen festgelegt werden sollen. Dabei stehe es in der Entscheidung des Anwenders, ob er von einer hohen Gewinnentwicklung ausgehe (8,5 %) oder einer eher pessimistischen Prognose (in Richtung 0,0 %). Je nach Auswahl der Gewinnentwicklung variiere der jährliche Betrag, der im Falle der Realisierung dieser gewählten Gewinnentwicklung durch den Versicherungswert gedeckt sei. Es sei aber klar erkennbar, dass dann, wenn die Wertentwicklung unter der erwarteten Entwicklung liege, die Auszahlungen nicht in der beantragten Höhe erfolgen könnten, da diese dann gemessen an der Werthaltigkeit der Versicherung zu hoch gewählt sei. Genau diese Überlegungen ermögliche die Nutzung der Software. Es könne nicht richtig sein, dass der Kläger hier den optimistischsten und höchsten Wert (8,5 %) angebe und sodann davon ausgehen könne, dass dieser Betrag garantiert sei. Es leuchte ein, dass diese Auffassung unzutreffend sei, wenn man berücksichtige, dass im Falle einer - dem Kläger möglichen - Auswahl einer niedrigeren Gewinnerwartung auch ein entsprechend niedrigerer Betrag ausgeworfen worden wäre. Es sei zwischen den Parteien wirksam vereinbart, dass die jährlichen Auszahlungen zwar erfolgen sollten, aber durch die Werthaltigkeit der Versicherung begrenzt seien.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 225 ff. d. A.), auf welches wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers habe der Vertrag nicht zum Gegenstand, dass für die Dauer des Vertrages der Höhe nach garantierte Auszahlungen in der mit der Klage geltend gemachten Höhe verlangt werden könnten.

Hiergegen richtet sich die - frist- und formgerecht eingelegte und begründete - Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren mit im Wesentlichen folgender Begründung weiterverfolgt und (hilfsweise) erweitert:

Nach dem Wortlaut der Vereinbarungen sei die Beklagte zur Zahlung verpflichtet, ohne sich darauf berufen zu können, der Versicherungswert decke die begehrten Auszahlungen nicht. Die Beklagte sei gehalten gewesen, einen Vorbehalt zu vereinbaren, wenn sie bei Erschöpfung des Versicherungswertes nicht habe zahlen wollen.

Da das Antragsformular von der Beklagten stamme, sei die Sicht des Klägers entscheidend. Da das Antragsformular keinen Vorbehalt enthalte, habe der Kläger davon ausgehen können, dass die Auszahlungen - bei Annahme des Antrages - vorbehaltlos erfolgen würden. Die Beklagte habe das Angebot des Klägers genauso angenommen, wie es dieser abgegeben habe, so dass sie daran gebunden sei.

Dessen ungeachtet, habe die Beklagte bislang nicht hinreichend dargelegt (und bewiesen), dass die Versicherungswerte die Auszahlungen nicht mehr deckten. Die Beklagte habe die Vertragswerte durch unzulässige Marktpreisanpassungen verringert. Marktpreisanpassungen seien nur dann zulässig, wenn die Auszahlungen nach Vertragsbeginn beantragt werden, was hier aber nicht eingreife.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils,

1.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn am 30.11.2005 3.498,77 €, am 30.11.2007 6.544,54 € und am 30.11.2008 6.544,54 € zu zahlen.

2.) hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn am 30.11.2005 3.498,77 €, am 30.11.2007 6.544,54 € und am 30.11.2008 6.544,54 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet (1.); die Zahlungsklage ist teilweise begründet, teilweise unzulässig (2.).

1.) Feststellungsantrag

Nach der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Klarstellung verfolgt der Kläger mit der Feststellungsklage inhaltlich die Überprüfung, ob die Beklagte verpflichtet ist, unabhängig von den jeweiligen Werten der Versicherungen X1 und X2 die bei Vertragabschluss beantragten jährlichen Auszahlungen zu erbringen. Dieses Begehren erweist sich als unbegründet.

a) Allerdings ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Beklagte zur Erbringung der Auszahlungen verpflichtet wäre, wenn man allein auf den Inhalt der Anträge und der Policen abstellen würde. Weder in den Anträgen noch in den von der Beklagten ausgestellten Versicherungsscheinen findet sich ein Hinweis, wonach Auszahlungen nur dann zu erbringen sind, wenn zum Auszahlungszeitpunkt ein "genügender" Versicherungswert besteht.

b) Nach allgemeinen Regeln kommt es für die Ermittlung des Inhalts eines Vertrages aber nicht allein auf die unmittelbaren vertraglichen Urkunden an, sondern auf alle Umstände, die im Zusammenhang mit dem Vertragschluss standen.

Maßgebend für die in erster Linie am Wortlaut auszurichtende Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung ist, wie sie aus der Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsauffassung verstanden werden. Aus der Sicht einer Versicherungsgesellschaft, die den Antrag auf Abschluss der Lebensversicherungsverträge vorformuliert hat, kann der - potentielle - Versicherungsnehmer seinen Willen mit Unterzeichnung dieser Erklärung nur so erklärt haben, wie er seinerseits den Antrag verstehen konnte. Deshalb muss die Versicherungsgesellschaft den Antrag so gegen sich gelten lassen, wie er bei Berücksichtigung der für den Versicherungsnehmer erkennbaren Umstände, objektiv zu verstehen ist. Dabei ist auch der Inhalt von Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die - wie vorliegend - z. B. durch Bezugnahme im Antragsformular Vertragsbestandteil geworden sind, zu berücksichtigen (BGH VersR 2002, 1089). Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGH VersR 2001, 489; VersR 2001, 576; VersR 2002, 436). Auch sind die Erklärungen nach beiden Seiten hin interessengerecht und am Zweck der Vereinbarung auszulegen (BGH VersR 2001, 883; NJW 1997, 3087).

c) Nach Auffassung des Senats war für den Kläger aus den jeweiligen Policenbedingungen und den Verbraucherinformationen, die ihm bei Aufnahme des Antrages bekannt waren, bei Anwendung eines objektiven Maßstabes deutlich erkennbar, dass sich die Beklagte zur Erbringung von regelmäßigen Auszahlungen während der Laufzeit des Vertrages nur dann verpflichten wollte, wenn der Policenwert der Versicherungen entsprechende Auszahlungen rechnerisch zulässt. Dieses Angebot des Klägers zu diesen Bedingungen hat die Beklagte durch die Policierung angenommen. Die Erklärung eines Vorbehaltes war - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht erforderlich. Dabei hat sich der Senat entscheidend von folgenden Erwägungen leiten lassen:

aa) Aus den Regelungen in Ziff. 2.1, "Anteilswert" und "Regelmäßige Auszahlungen" (Bl. 29/30 d. A.), Ziff. 9.1 (Bl. 35 d. A.) der Policenbedingungen zum X1 und in Ziff. 6.3.1 (Bl. 46 d. A.) der Verbraucherinformationen zum X1 geht hervor, dass die regelmäßigen Auszahlungen durch Einlösung von Anteilen am jeweiligen Pool bewerkstelligt werden. Daraus folgt, dass eine Auszahlung nicht mehr erfolgen kann, wenn im Pool keine Anteile mehr vorhanden sind, weil die Anteile bereits zur Ermöglichung der vorausgehenden Auszahlungen eingelöst worden sind. Nach Auffassung des Senats kann einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer beim sorgfältigen Lesen dieser Regelungen dieser Automatismus nicht verborgen bleiben.

bb) Aus den Regelungen in Ziff. 2.1 " Überprüfungstermin", Ziff. 8 (Bl. 35 d. A.), Ziff. 9.2 (Bl. 36 d. A.) der Policenbedingungen zum X1 und in Ziff. 12.7 (Bl. 53 d. A.) der Verbraucherinformationen zum X1 folgt, dass nach einer bestimmten Dauer der Vertrag einer Überprüfung unterzogen wird, die u. a. dazu dient, festzustellen, ob der Policenwert ausreicht, bereits beantragte Auszahlungen durchzuführen. Die Aufnahme eines solchen Überprüfungsverfahrens in das Vertragswerk setzt aber zwingend die Möglichkeit voraus, dass der Vertragswert die beantragten Auszahlungen rechnerisch nicht ermöglicht. Diese mögliche Folge wird im Übrigen auch daraus deutlich, dass in Ziff. 9.2 der Policenbedingungen (Berechnung der Beitragshöhe) davon die Rede ist, dass "die im Vertrag vereinbarte Leistung durch die geplanten Auszahlungen voraussichtlich nicht beeinträchtigt wird". Schließlich wird aus der Formulierung "Sobald der Wert des Vertrages auf Null sinkt, verfällt er" in Ziff. 12.7 der Verbraucherinformationen zum X1 erkennbar, dass Auszahlungen nicht erfolgen können, wenn der Wert des Vertrages auf Null sinkt. Denn aus einem nicht mehr bestehenden Vertrag ("verfällt") können keine Leistungen mehr verlangt werden.

cc) Die vorgenannten Regelungen, denen eine durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung entnehmen kann, dass regelmäßige Auszahlungen das Vorhandensein eines entsprechenden Policenwertes bedingen, werden durch die Regelung in Ziff. 10.1.1. der Verbraucherinformationen zum X1 (Bl. 50 d. A.) ergänzt. Darin ist die einzige garantiemäßige Erklärung der Beklagten enthalten ("Wir garantieren, dass der Preis der Anteile niemals fällt; In der Tat wird garantiert, dass der Anteilspreis am Ende des betreffenden Anlagezeitpunktes der höchste bis zu diesem Zeitpunkt ist"). Weitergehende garantiemäßige Erklärungen, insb. im Zusammenhang mit den regelmäßigen Auszahlungen hat die Beklagte nicht abgegeben.

dd) Darüber hinaus sprechen auch die im angefochtenen Urteil aufgeführten Gründe, auf die der Senat Bezug nimmt, gegen die Auffassung des Klägers. Insb. konnte der Kläger nicht ernsthaft darauf vertrauen, dass er unabhängig vom Eintritt der von ihm selbst erhofften Rendite- und Wertentwicklung Anspruch auf die regelmäßigen jährlichen Auszahlungen haben würde. Die im Zusammenhang mit dem Abschluss der Verträge erstellten "Musterberechnungen" (Bl. 130 und 321 d. A.) enthalten den drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, wonach "die dargestellten Leistungen nicht garantiert werden" können und "nur als Beispiele anzusehen sind".

ee) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend auch in Bezug auf den X2. Die relevanten Regelungen finden sich hier in der Ziff. 3.1 der Policenbedingungen und den Ziff. 10.1 und 13.8 der Verbraucherinformationen.

2.) Zahlungsantrag

Der Zahlungsantrag ist zulässig und begründet, soweit der Kläger Zahlung in Höhe von 3.498,87 € aus dem X1 begehrt; soweit der Kläger Zahlungen für 2007 und 2008 aus dem X2 begehrt, ist der Antrag unzulässig.

a) Die Beklagte streitet ihre grundsätzliche Verpflichtung, bei "genügendem" Policenwert die für 2005 beantragte regelmäßige Auszahlung in Höhe von 3.498,77 € zu erbringen, nicht ab. Sie beruft sich lediglich darauf, dass eine Auszahlung nicht erfolgen könne, da der Policenwert dann unter den "vertraglich vereinbarten" Mindestwert von 1.250,00 € fallen würde. Mit dieser Begründung hat die Beklagte bereits die für November 2004 vereinbarte Zahlung (die aber nicht Gegenstand es vorliegenden Rechtsstreits ist) abgelehnt. Dieses Argument verfängt jedoch nicht.

aa) Ausweislich der von der Beklagten erstellten Information vom 15.06.2005 (Bl. 338 d. A.) hatte der X1 einen Wert von 4.318,06 €. Die (zum 30.11.2005 bzw. 01.11.2005) beantragte Zahlung in Höhe von 3.498,77 € kann daraus - wie beantragt - am 30.11.2005 erbracht werden. Denn der Wert der Anteile kann - entsprechend der Garantie der Beklagten, Ziff. 10.1.1 der Verbraucherinformationen, Bl. 50 d. A. - nicht sinken.

bb) Die Einhaltung eines bestimmten Mindestwertes ist nicht vereinbart. Weder die Verbraucherinformationen noch die Policenbedingungen enthalten eine entsprechende Regelung in Bezug auf einen Mindestwert, wenn bei Vertragsbeginn beantragte Zahlungen betroffen sind. Zwar ist in Ziff. 9.1.5 der Policenbedingungen (Bl. 35 d. A.) von einer "von D festgesetzten Mindestgrenze" die Rede. In Ziff. 6.3.2 der Verbraucherinformationen (Bl. 46 d. A) wird auch ein Mindestwert genannt. Dieser bezieht sich aber eindeutig nur auf "nach Vertragsbeginn beantragte Auszahlungen" (Ziff. 6.3.2 Verbraucherinformationen). Ziff. 6.3.1 der Verbraucherinformationen enthält eine solche Grenze nicht.

cc) Da der von der Beklagten errechnete Policenwert ausreicht, die für November 2005 beantragte Auszahlung zu erbringen, kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob und in welcher Höhe Marktpreisanpassungen zulässig sind/waren, zum jetzigen Zeitpunkt nicht an.

b) Der auf künftige Zahlung gerichtete weitergehende Zahlungsantrag bzgl. des X2 ist auch unter Anwendung des § 257 ZPO unzulässig. Die Parteien streiten nicht nur um die Fälligkeit eines dem Grunde und der Höhe nach bestehenden Anspruches. Denn es steht nicht fest, wie hoch der Policenwert zum 30.11.2007 und zum 30.11.2008 sein wird.

aa) Der Wert beträgt ausweislich der Information der Beklagten vom 15.06.2005 11.511,83 € (Bl. 332 d. A.). Zum 30.11.2005 werden 6.544,54 € ausgezahlt, so dass dann nur noch rd. 5.000,00 € verbleiben (vorbehaltlich der zu erwartenden Gutschriften). Es ist daher wahrscheinlich, dass bereits im Jahre 2006 eine Zahlung in Höhe von 6.544,54 € nicht erbracht werden kann. Zwar ist auch hier kein Mindestwert von 1.250,00 € zu berücksichtigen. Denn ein solcher Mindestwert ist auch hier nicht vereinbart. Eine solche Regelung findet sich zwar in Ziff. 10 der Verbraucherinformationen. Sie gilt nach dem Verständnis des Senats aber nur bei Auszahlungen, die nach Vertragsbeginn beantragt werden.

bb) Selbst wenn man die von der Beklagten vorgenommenen Abzüge in Höhe von rd. 2.400,00 € (die sie als Rückgabeanpassungen/Marktpreisanpassungen bezeichnet und die der Kläger für unzulässig hält) und den zu erwartenden Bonus hinzurechnen würde, könnte nicht vorausgesagt werden, welcher Wert der X2 zum 30.11.2007 haben würde. Der Kläger selbst geht von einem negativen Wert bereits zum 31.12.2006 aus (Bl. 86 d. A.). Dies gilt erst recht für 2008. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die von der Beklagten vorgenommenen Marktpreisanpassungen zulässig waren, kommt es daher nicht an. Dies wird allenfalls für die Schlusszahlung relevant sein.

III.

Die prozzesualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 10 ZPO.

IV.

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die Revision zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es geht vorliegend um die Auslegung von Willenserklärungen. Diese unterliegen nur beschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (BGH NJW-RR 2000, 1002 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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