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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.10.2000
Aktenzeichen: 23 W 34/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 788 Abs. 1
Leitsatz:

Entstehen durch die Zwangsvollstreckung aus einem inländischen Titel Vollstreckungskosten im Ausland, die sich aufgrund eines ausländischen Vollstreckungsverfahrens mit eigener Kostengrundentscheidung ergeben, so sind diese Kosten nur nach Maßgabe der ausländischen Kostenentscheidung erstattungsfähig.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 34/99 OLG Hamm 21 O 238/96 LG Münster

in dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 16. Oktober 2000 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 6. Januar 1999 gegen den Beschluß des Rechtspflegers des Landgerichts Münster vom 14. Dezember 1998 durch die Richter am Oberlandesgericht Schnapp, Lülling und Horsthemke

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin wird auf ihre Kosten nach einem Wert von bis zu 3.000,00 DM zurückgewiesen.

Gründe:

Die Erinnerung der Klägerin ist als sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RpflG, § 104 Abs. 3 ZPO) zulässig, aber unbegründet.

Zur Entscheidung steht zunächst die Frage, inwieweit im Ausland - hier in den Niederländen - entstandene Vollstreckungskosten im Rahmen der Kostenfestsetzung auf der Grundlage eines inländischen Titels berücksichtigt werden können. Dabei geht es einmal um die Kosten des niederländischen Verfahrens über die Anerkennung des deutschen Titels und zum anderen um dort entstandene weitere Vollstreckungskosten.

Der Senat ist der Auffassung, daß die Kosten des Verfahrens über die Anerkennung des Urteils des Landgerichts Münster vom 12. Februar 1997 in den Niederlanden nur auf der Grundlage der insoweit von dem niederländischen Gericht getroffenen Kostenregelung erstattungsfähig sind. Soweit diese Kosten nach deutschem Verständnis noch Prozeßkosten des Ausgangsverfahrens oder schon darauf beruhende Zwangsvollstreckungskosten sein könnten und daher ihre Erstattungsfähigkeit über § 103 ZPO oder § 788 ZPO auf der Grundlage des anerkannten Urteils in Betracht kommen könnte, ist dies wegen der Vorrangigkeit der niederländischen Entscheidung ausgeschlossen. Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Rpfl. 1990, 184 f; zustimmend Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 788 ZPO Rndr. 7).

Entscheidend ist die Besonderheit, daß hier - wie auch in dem vom OLG Düsseldorf zum französischen Recht entschiedenen Fall - die ausländische (hier: niederländische) Entscheidung eine Regelung über die im Anerkennungsverfahren entstandenen Kosten enthält. Wenn das OLG Düsseldorf meint, nach wechselseitig geschuldeter "Comity" (Grundsatz gegenseitiger Rücksichtnahme) habe der französische Richter die Anwendung deutschen Rechts hinzunehmen, so überzeugt dies nicht. Der Senat ist vielmehr mit H (JurBüro 1990, 1394 ff., 1395; ihm folgend auch Zöller/ Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 788 ZPO Rdnr. 3 a) der Auffassung, daß die deutschen Gerichte auf die ergangene ausländische Entscheidung Rücksicht nehmen müssen, soweit sie als abschließend gewollt ist, insbesondere wenn sie - wie hier - einen Kostenerstattungsanspruch begrenzt. Es geht um die Erstattung von Kosten, die in den Niederlanden im Rahmen eines niederländischen Verfahrens angefallen sind. Die Entscheidung über solche Kosten kann die niederländische Rechtsordnung aber nach eigenen Vorstellungen und Gerechtigkeitsmaßstäben regeln.

Würden deutsche Gerichte anders entscheiden und ungeachtet der niederländischen Entscheidung die Kostenfestsetzung durchführen, so könnte es möglicherweise dahin kommen, daß ein niederländisches Gericht jedenfalls die Vollstreckbarkeitserklärung eines entsprechenden deutschen Kostenfestsetzungsbeschlusses ablehnen würde, wenn aus ihm in den Niederlanden vollstreckt werden soll. Darüber hinaus könnte dies bei einem niederländischen Gericht sogar zu der Erwägung führen, die Anerkennung deutscher Urteile von vornherein abzulehnen, um einen niederländischen Staatsbürger vor der Vollstreckung von Verfahrenskosten zu schützen, die er nach niederländischem Recht ausdrücklich nicht zu tragen braucht. Die Anerkennung ausländischer Urteile finden nach international geltendem Prozeßrecht ihre Grenze am "Ordre public". Von keiner Rechtsordnung kann verlangt werden, dass sie Entscheidungen ausländischer Gericht hinnimmt, die mit wesentlichen Grundzügen ihres eigenen Rechts unvereinbar sind (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Selbst wenn nach niederländischem Recht hier ein Verstoß gegen den "Ordre public" wegen der insoweit hohen Anforderungen zu verneinen wäre, ist der Senat der Auffassung, dass allein die gebotenen Rücksicht auf niederländische Rechtsvorstellungen es verlangt, insoweit einen Konflikt zu vermeiden. Hinsichtlich von Vollstreckungskosten, die in den Niederlanden entstanden sind, ist es eher einem deutschen Gericht zuzumuten niederländisches Recht hinzunehmen als umgekehrt.

Soweit T (IPRax 1990, 150 ff, 151) herausstellt, dass nach deutschem Rechtsverständnis die Pflicht zur Tragung der Vollstreckungskosten Bestandteil der Pflicht zur Tragung der Prozeßkosten ist, über die zu entscheiden das Prozeßgericht auch international zuständig sei, rechtfertigt dies eine andere Entscheidung nicht. Ein solch eher formales Argument ist kaum geeignet, ein ausländisches Gericht davon zu überzeugen, dass die abweichenden eigenen Rechtsvorstellungen zurücktreten müssen, wie sie in der eigenen Entscheidung über die Verfahrenskosten Ausdruck gefunden haben.

Ob weitere Vollstreckungskosten im Ausland, über die eine besondere ausländische Kostenentscheidung nicht vorliegt, im deutschen Kostenfestsetzungsverfahren allgemein berücksichtigungsfähig sind, kann hier offen bleiben. Solche Kosten hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Trotz Aufforderung hat sie nicht erläutert, ob und gegebenenfalls welche Tätigkeit die niederländischen Anwälte über das Anerkennungsverfahren hinaus im Zusammenhang mit einer anschließenden Vollstreckung aus dem anerkannten Urteil des Landgerichts Münster und/oder aus den auf seiner Grundlage erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen erbracht haben. Es kann daher nicht festgestellt werden, ob und in welchem Umfang insoweit notwendige Zwangsvollstreckungskosten überhaupt angefallen sind. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, auf welche Vollstreckungsmaßnahme sich die erstmals mit Schriftsatz vom 8. Juni 2000 geltend gemachten Gerichtsvollzieherkosten beziehen.

Soweit die Klägerin im übrigen die Festsetzung von Gebühren nach § 57 BRAGO begehrt, sind diese grundsätzlich erstattungsfähig: Insoweit ist aber nicht erkennbar, welche anwaltliche Tätigkeit überhaupt abgerechnet werden soll. Auch hierzu hat die Klägerin trotz Hinweises ihr Vorbringen nicht substantiiert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf § 12 GKG, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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