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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 27 U 2/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, AnfG


Vorschriften:

InsO § 6 Abs. 1
InsO § 34 Abs. 2
InsO § 133
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1 S. 2
InsO § 134
InsO § 143
ZPO § 141 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 531 Abs. 2
AnfG § 16 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. November 2006 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Im Übrigen darf die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 20.000 € leistet.

Gründe:

A. Die Schuldnerin war teils unmittelbare, teils mittelbare Gesellschafterin mehrerer Gesellschaften, über die im Jahre 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Ebenfalls im Jahre 2001 erging gegen sie im Anschluss an eine Betriebsprüfung ein Einkommensteuerbescheid, wonach sie wegen verdeckter Gewinnausschüttungen mehr als 400.000 € Einkommensteuer zu zahlen habe. Hierüber führt die Schuldnerin eine laufende Auseinandersetzung mit dem Finanzamt. Vollstreckungsversuche der Finanzverwaltung sind bislang nur z.T. erfolgreich gewesen.

Mit notariellem Vertrag vom 20.6.2002 (Bl. 17 ff. GA) räumte die Klägerin ihrem Ehemann und ihrer Tochter, der Beklagten, als Gesamtberechtigten ein lebenslanges Wohnrecht an ihrem Hausgrundstück in H, Flur #, Flurstück ##2, ein. Als Gegenleistung wurde ein so genanntes Leibgedinge vereinbart, in welchem sich die Wohnberechtigten zur Pflege der Schuldnerin verpflichteten. Mit weiterer notarieller Urkunde vom selben Tage (Bl. 24 ff. GA) bestellte die Schuldnerin an dem Grundstück eine Eigentümergrundschuld über 200.000 €. Schließlich übertrug sie mit weiterem notariellem Vertrag vom selben Tage (Bl. 31 ff. GA) der Beklagten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an dem Grundstück. Als Gegenleistung wurde in § 9 des Vertrags ein lebenslanges Wohnrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Schuldnerin und der Großmutter der Beklagten bezeichnet, ferner wurde in § 10 eine "Geldentschädigung" in Höhe von 150.000 € vereinbart, wovon 50.000 € bereits gezahlt seien und weitere 100.000 € durch Sachleistungen in Form von Pflege der Schuldnerin und ihres Ehemannes in gesunden und kranken Tagen zu erbringen seien. Außerdem wurde ein entsprechendes im Grundbuch einzutragendes Leibgedinge zugunsten der Schuldnerin und ihres Ehemannes vereinbart.

Am 10.2.2005 wurde auf Antrag des Finanzamts vom 15.7.2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.

Er hält die geschilderten Rechtsgeschäfte für gemäß §§ 133, 134 InsO anfechtbar und hat die Rückauflassung des Grundstücks an die Schuldnerin nebst Bewilligung entsprechender Eintragung sowie die Bewilligung der Löschung des Wohnungsrechts beantragt.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Geschäfte etwas mit der finanziellen Situation der Schuldnerin zu tun gehabt hätten; sie habe auch keine Kenntnis von einer angespannten finanziellen Lage gehabt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte sei gemäß §§ 133, 143 InsO zur Rückgewähr des Erlangten verpflichtet. Die Schuldnerin habe Grundstücksübertragung und Wohnrechtsbestellung in dem Bewusstsein vorgenommen, die Durchsetzung von Steuerforderungen des Finanzamts mindestens zu erschweren, wenn nicht zu vereiteln, wovon die Beklagte habe Kenntnis gehabt habe.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten seiner Begründung sowie des Parteivorbringens in erster Instanz verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie rügt vorab, dass das Insolvenzverfahren jeder Grundlage entbehre und mangels bestehender Steuerverpflichtungen der Schuldnerin nicht in zulässiger Weise geführt werde. Der Kläger sei daher nicht zur Anfechtung berechtigt. Die Steuerbescheide für die Zeit von 1991 bis 2000, die die Grundlage des Insolvenzantrags der Finanzverwaltung bildeten, seien nicht rechtskräftig, sondern Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren. Die Schuldnerin beantragt deshalb die Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluss aller (auf Seite 7 der Berufungsbegründung = Bl. 161 GA aufgeführten) Verfahren vor dem FG Münster. Von diesen Verfahren ist das Verfahren 9 K 118/01 FG Münster mittlerweile von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden, nachdem das Finanzamt den Erlass von Änderungsbescheiden zugesagt hat. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Abschrift des Protokolls der Verhandlung vor dem Finanzgericht Münster vom 8.5.2007 (Bl. 376 ff. GA) verwiesen.

Weiter rügt die Beklagte, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung den Duldungsbescheid der Finanzverwaltung vom 28.4.2004 (Bl. 99 ff. GA) nicht berücksichtigt habe. Sie meint, durch diesen Bescheid sei sie selbst an Verfügungen über den Grundbesitz gehindert und die Finanzverwaltung als einzige Gläubigerin des Insolvenzverfahrens hinsichtlich des Grundstücks abgesichert. Für die Anfechtung im vorliegenden Verfahren fehle es deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis der alleinigen Gläubigerin und die Klage sei unzulässig.

Davon abgesehen fehle es entgegen dem angefochtenen Urteil auch an den Anfechtungsvoraussetzungen.

Der Grundstückswert betrage allenfalls 50.000 €, weil das darauf befindliche Gebäude baufällig sei und abgerissen werden müsse. Warum der Wert in der notariellen Urkunde mit 150.000 € angegeben worden sei, könne sie nicht mehr nachvollziehen. Daher überstiegen die von ihr übernommenen Gegenleistungen, insbesondere schon die Pflegeverpflichtung gegenüber dem krebskranken Vater, den Wert des übertragenen Gegenstandes. Ferner habe sie die im Vertrag angegebenen 50.000 € geleistet, indem sie ein Darlehen in Höhe von 45.000 € aufgenommen und davon Schulden ihrer Mutter begliche habe; zusätzlich habe sie auf dieses Darlehen mehr als 5.000 € Zinsen gezahlt. Von einer unentgeltlichen Übertragung könne daher nicht ausgegangen werden.

Daraus, dass sie als Gegenleistung Verbindlichkeiten ihrer Eltern erfüllt habe, könne auch nicht auf Kenntnis von einem Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Sie habe nur eine Zahlungsverpflichtung in Größenordnung des Grundstückswertes erfüllt. Von Steuerschulden ihrer Mutter und drohender Zahlungsunfähigkeit habe sie nichts gewusst. Die Steuerschulden seien zudem durch den Vergleich vor dem FG Münster vom 8.5.2007 jedenfalls erheblich reduziert worden. Motivation des Grundstücksankaufs sei vielmehr die folgende gewesen:

Sie sei mit ihrer Familie im Jahre 2002 in das benachbarte Haus Nr. 11 ihrer Großmutter eingezogen, während die Großmutter wegen ihrer Schwerstbehinderung zuvor in das Haus Nr. 7 (das verkaufte Grundstück) umgezogen sei. Dieser Wohnungstausch sei durch ein Wohnrecht für die Großmutter in Nr. 7 und eine letztwillige Verfügung zugunsten der Beklagten abgesichert worden. Beide Grundstücke bildeten eine bauliche und wirtschaftliche Einheit und eine Trennung wäre wegen der Grenzüberbauung, Erschließung und Zuwegung nur mit erheblichem, den Gebäudewert überschreitenden, Kostenaufwand möglich. Deshalb sei es für sie sinnvoll gewesen, das Grundstück Nr. 7 von ihrer Mutter zu kaufen.

Die Bestellung der Eigentümergrundschuld sei erfolgt, weil die Schuldnerin und ihr Mann von den Banken keine Darlehen mehr bekommen hätten. So sei es noch möglich gewesen, Finanzmittel zu beschaffen. Von weiteren Vollstreckungsmaßnahmen sei die ganze Familie nicht mehr ausgegangen, nachdem ab 2002 keine Vollstreckungsmaßnahmen seitens der Finanzverwaltung mehr veranlasst worden seien. Insbesondere sie, die Beklagte, die keine Vorstellungen vom Ausmaß der Steuerschulden ihrer Eltern gehabt habe, sei von diesen dahin beruhigt worden, dass keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen mehr anstünden.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Er meint, dass der ergänzende Vortrag der Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen sei, legt die Einspruchsentscheidung des Finanzamts M betreffend die Einkommensteuerfestsetzungen gegenüber der Schuldnerin für die Jahre 1998-2000 vor (Bl. 228 ff. GA), verweist darauf, dass es in dem Insolvenzverfahren neun Insolvenzgläubiger gebe (Tabelle Bl. 231 f. GA), und bestreitet den von der Beklagten jetzt vorgetragenen Grundstückswert, eine zum Abriss nötigende Baufälligkeit des Gebäudes, eine aktuelle Pflegebedürftigkeit des Vaters der Beklagten sowie den für die Pflegeleistung fiktiv angenommenen Wert von 100.000 €. Ebenfalls bestreitet er, dass Zahlungen von 50.000 € als Gegenleistung für die angefochtene Grundstücksübertragung geflossen sind. Es gebe lediglich ein Schuldanerkenntnis der Schuldnerin zugunsten der Beklagten über 48.876,04 € aus Darlehen (Bl. 233 GA). Dementsprechend habe sie auch diesen Betrag aus dem Versteigerungserlös der Immobilie in T für sich reklamiert. Diese Geltendmachung als Darlehensrückzahlungsanspruch zeige, dass es sich bei den Zahlungen für die Eltern nicht um eine Gegenleistung für die Grundstücksübertragung gehandelt habe.

Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 133 InsO spreche zusätzlich der zeitliche Ablauf von Steuerfestsetzung, Vollstreckungsmaßnahmen, Zahlungen und Grundstücksübertragung. Hierzu trägt er insbesondere vor: Das Finanzamt habe zunächst nur in das Grundstück L-Hof 11 und nicht in das Grundstück Nr. 7 vollstreckt, weil Verwaltungsvorschriften die Sicherung einer einzelnen Forderung auf mehreren Grundstücken untersagt hätten. Vollstreckungsmaßnahmen seien ab März 2001 erfolgt, wobei sich die Schuldnerin gegen die Zwangsversteigerungen mit Rechtsmitteln bis Juni 2002 erfolglos gewehrt habe (wegen der vorgetragenen einzelnen Maßnahmen und gerichtlichen Entscheidungen wird auf Seite 5 und 6 des Schriftsatzes vom 13.7.2007 = Bl. 260/261 GA verwiesen). Auffällig sei der zeitliche Zusammenhang, dass am 13.6.2002 die letzte Beschwerde gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsversteigerung abgelehnt worden sei und eine Woche später sowohl das Grundstück Nr. 11 von der Schuldnerin auf deren Mutter rückaufgelassen worden sei, wodurch die bestehende Zwangssicherungshypothek des Finanzamts im Hinblick auf die voreingetragene Rückauflassungsvormerkung ins Leere gegangen sei, demgemäss auch anschließend deren Löschung verlangt worden sei, als auch das Grundstück Nr. 7 an die Beklagte aufgelassen worden sei.

Schließlich hält der Kläger weiterhin auch die Voraussetzungen des § 134 InsO für gegeben.

Der Senat hat im Termin vom 31.05.2007 den Vater der Beklagten als Terminsvertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO und im Termin vom 15.11.2007 die Beklagte persönlich zum Sachverhalt angehört. Wegen des Inhalts ihrer Erklärungen wird auf die Berichterstattervermerke vom 5.6.2007 und vom 8.1.2008 Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Die Akte 7 K 32/01 AG Lübbecke war zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Anfechtbarkeit der Grundstücksübertragung und der Wohnrechtsbestellung gemäß § 133 InsO zu Recht bejaht.

I. Der Kläger ist aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens berechtigt, die Anfechtbarkeit der Rechtsgeschäfte geltend zu machen.

1. Im Anfechtungsprozess ist nicht zu prüfen, ob das Verfahren zu Recht eröffnet worden ist. Dem Anfechtungsgegner stehen Einwände insoweit nicht zu. Das folgt bereits daraus, dass gemäß § 6 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 InsO allein der Schuldner das Recht hat, die Eröffnung anzufechten.

Darüber hinaus spielt es für die materielle Zahlungsunfähigkeit auch keine Rolle, ob die vom Finanzamt geltend gemachten Steuerforderungen vor dem Finanzgericht angefochten sind. Es reicht aus, dass die Schuldnerin fällige und vollstreckbare Forderungen zu einem wesentlichen Teil nicht bezahlen kann.

Aus diesem Grunde kommt auch eine Aussetzung wegen des nicht bestandskräftig abgeschlossenen Besteuerungsverfahrens bis zum Abschluss noch anhängiger Verfahren vor dem Finanzgericht kommt nicht in Betracht.

2. Der vom Finanzamt erlassene Duldungsbescheid vom 28.4.2004 (Bl. 99 f. GA) steht der Anfechtung durch den Kläger ebenfalls nicht entgegen. Denn nach § 16 Abs. 1 AnfG geht die Befugnis zur Verfolgung von Anfechtungsansprüchen mit der Insolvenzeröffnung gerade auf den Insolvenzverwalter über. Die Verfügungsbefugnis der Beklagten ist mit dem Duldungsbescheid nicht entfallen; dessen Vollstreckung ist vielmehr davon abhängig gemacht, dass die zugrunde liegenden Steuerbescheide rechtskräftig bzw. vorbehaltlos werden. Zudem ist der Duldungsbescheid ebenfalls mit Einspruch angegriffen.

II. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO liegen vor.

1. Der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin steht aufgrund einer Gesamtschau der feststehenden unstreitigen Indizien zur sicheren Überzeugung des Senats fest.

a) Ein sehr starkes Indiz liegt vor allem im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, das sechs Tage nach dem endgültigen Scheitern des Versuchs, die Einstellung der Zwangsversteigerung des Grundstücks L-Hof 11 (Flurstück ##3) zu erreichen, und zeitgleich mit der Rückübertragung jenes Grundstücks an die Mutter der Schuldnerin vorgenommen wurde.

Die Schuldnerin hatte zuvor alle Rechtsmittel ausgeschöpft, um die Einstellung der beiden laufenden Zwangsversteigerungsverfahren zu erreichen; dies war hinsichtlich des Grundstücks auf T endgültig im April 2002 und hinsichtlich des Grundstücks L-Hof 11 in H endgültig im Juni 2002 gescheitert. Der entsprechende Beschluss des LG Bielefeld ist Rechtsanwalt Dr. U als Vertreter der Schuldnerin am 14.6.2002 zugestellt worden (Bl. 77 BA).

Indem nunmehr sechs Tage später das Grundstück L-Hof 11 an die Mutter der Schuldnerin, Frau N, übertragen wurde, konnte es - nachdem andere Versuche gescheitert waren - der Zwangsversteigerung entzogen werden, weil es zu deren Gunsten mit einer Rückauflassungsvormerkung im Rang vor der eingetragenen Zwangssicherungshypothek belastet war. Indem Frau N am selben Tage zugunsten der Beklagten letztwillig verfügte, wurde des Weiteren vermieden, dass das Grundstück später wieder im Wege der Erbfolge ins Vermögen der Schuldnerin fallen und dann erneut als Haftungsobjekt zur Verfügung stehen könnte. Unter diesen Umständen drängte es sich auf, dass das Finanzamt bei Wegfall dieses Grundstücks als Haftungsobjekt Ausschau nach einem etwaigen Ersatz halten würde, wofür insbesondere das Grundstück L-Hof 7 (Flurstück ##2) in Betracht kam, das indessen mit der gleichzeitigen Übertragung an die Beklagte ebenfalls einem etwaigen Zugriff des Finanzamts entzogen wurde.

b) Ein weiteres Indiz dafür, dass der entsprechende Vorsatz ein zumindest mitbestimmendes Motiv für die vorgenommenen Rechtsgeschäfte gewesen ist, liegt in der zusätzlich vorgenommenen Bestellung der Wohnrechte und der Eigentümergrundschuld, weil andere nachvollziehbare Gründe hierfür nicht ersichtlich sind.

Warum der Beklagten ein Wohnrecht an einem Grundstück bestellt wurde, das ihr anschließend übereignet wurde, wobei die Beklagte dann ihrer Mutter und Großmutter ein Wohnrecht bestellte, hat sie auch auf Befragen nicht zu erklären vermocht. Ein anderer Sinn als "das Grundbuch voll zu machen", um den Gläubigerzugriff zu erschweren, ist deshalb nicht zu erkennen.

Dies gilt umso mehr als auch die Bestellung der Eigentümergrundschuld anders als mit einer Rangsicherung vor Vollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern nicht erklärlich ist. Denn es ist nicht einleuchtend, dass sie zur Beschaffung von Finanzmitteln benötigt wurde, weil die Schuldnerin und ihr Ehemann - u.a. wegen negativer Schufa-Auskunft - keine Kredite von Banken mehr bekamen. Ein möglicher Kreditgeber, der bereit ist, auf eine ihm abzutretende Eigentümergrundschuld Kredit zu gewähren, tut dies regelmäßig auch gegen Bestellung einer Fremdgrundschuld. Hinzu kommt, dass nach den Angaben der Beklagten bei ihrer Anhörung tatsächlich von der Grundschuld auch kein Gebrauch gemacht worden ist.

c) Der sich nach den vorstehenden Indizien aufdrängende Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz konnte von der Beklagten auch im Übrigen nicht durch Aufzeigen möglicher anderer Gründe für das Gesamtpaket der am 20.6.2002 vorgenommenen Beurkundungen entkräftet werden.

Insbesondere ist es unschlüssig, dass die Übertragung des Grundstücks Nr. 7 auf sie deshalb erfolgt sei, weil beide Grundstücke nur gemeinsam sinnvoll und wirtschaftlich zu nutzen seien und deshalb wegen der letztwilligen Verfügung ihrer Großmutter zu ihren Gunsten die spätere Vereinigung der Grundstücke in der Hand eines Eigentümers gesichert werden sollte. Tatsächlich war es nämlich so, dass vor den Verträgen beide Grundstücke der Schuldnerin und damit einer Eigentümerin gehörten und erst durch die Geschäfte vom 20.6.2002 zwei verschiedenen Eigentümern, indem die Schuldnerin ein Grundstück auf ihre Tochter, die Beklagte, und eines auf ihre Mutter übertrug. Wäre es nur darum gegangen, das Eigentum in einer Hand zu sichern, hätte sie beide Grundstücke ihrer Tochter übertragen können, statt den Umweg über deren Großmutter zu wählen, womit jedoch der Zwangsversteigerungsvermerk im Grundbuch nicht hätte beseitigt werden können.

Davon abgesehen gibt es keinerlei konkrete Anknüpfungspunkte dafür, dass die Behauptung der Beklagten, die beiden Grundstücke seien nur gemeinsam sinnvoll wirtschaftlich nutzbar, überhaupt zutreffend ist. Hierfür ist nicht entscheidend, ob das Gebäude L-Hof 9 zum Flurstück ##2 (mit dem Gebäude Hausnummer 7) oder zum Flurstück ##3 (mit dem Gebäude Hausnummer 11) gehört. Ist die von der Beklagten mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 21.12.2007 vorgelegte Flurkarte zutreffend, so steht sogar im Gegenteil fest, dass auch ihre Darstellung, das Flurstück ##2 werde als Zuwegung zum Flurstück ##3 benötigt, unzutreffend ist. Denn das Flurstück ##3 grenzt danach in Einfahrtsbreite an die Straße.

Dieser Schriftsatz gibt deshalb keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Schließlich hat die Beklagte im Rahmen ihrer Anhörung erklärt, es sei darum gegangen, bei den Verträgen entsprechend fachmännischem Rat "das Meiste herauszuholen". Auch diese Erklärung kann nur so verstanden werden, dass es allen Beteiligten darum ging, den Gläubigern umgekehrt möglichst wenig zukommen zu lassen.

2. Alleine diese Erklärung legt auch den Schluss auf die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz ihrer Mutter außerordentlich nahe. Zumindest steht sie aber aufgrund der Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO fest. Nach dieser Vorschrift ist die entsprechende Kenntnis zu vermuten, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Das ist hier der Fall, wie sich aus den weiteren Erklärungen der Beklagten ergibt.

Sie wusste nicht nur, dass ihre Mutter unbedingt 50.000 € zur Tilgung von Anwaltskosten und anderer Verbindlichkeiten benötigte, sondern sie wusste auch von Steuerverbindlichkeiten und von bereits erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen. Nach ihrer schriftsätzlichen Darstellung hatte sie lediglich keine Vorstellungen "über das Ausmaß" der Steuerschulden ihrer Eltern und wurde dahin beruhigt, es seien "keine weiteren" Vollstreckungsmaßnahmen zu erwarten. Alleine die Kenntnis von bestehenden Steuerverbindlichkeiten, die trotz bereits durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen bislang nicht befriedigt werden konnten, impliziert aber das Wissen, dass Zahlungsunfähigkeit zumindest drohte. Hinzu kommt, dass die Beklagte bereits im März 2002 die objektiv unzutreffende Erklärung unterschrieben hatte, dass sie einen Veräußerungserlös von ca. 225.000 € aus einem anderweitigen Grundstücksverkauf "in vollem Umfang" ihren "Eltern Helga und Uwe C" zur Verfügung stelle, um Steuerverbindlichkeiten auszugleichen. Dies belegt, dass die Beklagte sehr wohl von zumindest beträchtlichen Steuerverbindlichkeiten ihrer Eltern, auch ihrer Mutter, wusste und lässt ihre Angabe, sie habe die Steuerschulden nur in Verbindung mit ihrem Vater gebracht, unglaubhaft erscheinen. Ferner hat die Beklagte bei ihrer Anhörung erklärt, dass ihre Großmutter das andere Grundstück zurück haben wollte, weil sie nicht wollte, "dass da Schulden drauf sind". Somit war ihr auch in diesem Zusammenhang bewusst, dass die Grundstücke ihrer Mutter zumindest potenziell für Steuerverbindlichkeiten hafteten.

Damit war zugleich klar, dass die Weggabe des Grundstücks an sie die Gläubiger benachteiligte. Daran vermochte die vereinbarte Gegenleistung nichts zu ändern. Insbesondere drängte sich auf, dass den Gläubigern eine Verwertung der auch als Gegenleistung vereinbarten Pflegeleistungen aufgrund der Art der Leistung nicht möglich war.

Schließlich konnte die Beklagte am 20.6.2002 nicht davon ausgehen, die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei beseitigt. Die angebliche Vorstellung der gesamten Familie, die Verwertung der Immobilie auf T würde ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu befriedigen, war nach dem gesamten Vortrag der Beklagten wesentlich davon getragen, dass die Steuerbescheide nicht rechtskräftig und die Steuern zu hoch festgesetzt waren. Es war indessen völlig unabsehbar, wann eine Änderung der Steuerfestsetzungen erfolgen würde; tatsächlich ist sie immer noch nicht erfolgt. D.h. dass im Juni 2006 fällige und vollstreckbare Forderungen im Raum standen, deren Begleichung nicht gesichert war. Dass die von der Beklagten abgegebene Erklärung über das Zur-Verfügung-Stellen eines Verkaufserlöses mangels konkreter Verkaufsabsicht und Erlösaussicht zudem inhaltlich unzutreffend war, zeigt des Weiteren, dass die Beklagte nicht nur davon wusste, dass weitere Vollstreckungsmaßnahmen drohten, sondern auch, dass sie im Wissen um diesen Umstand aktiv daran mitwirkte, deren Durchsetzung möglichst zu verhindern.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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