Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: 28 U 98/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 125 S. 2
BGB § 218 Abs. 1
BGB § 276 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 b
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 323
BGB § 346
BGB § 346 Abs. 1
BGB § 349
BGB § 398
BGB § 434
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 438 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 440
BGB § 475 Abs. 2
BGB § 611
BGB § 675 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.
BGB § 812 Abs. 1 S. 2 2. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11.05.2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger legt dem Beklagten fehlerhafte anwaltliche Sachbearbeitung zur Last.

Der Kläger bestellte am 18.12.2002 bei der Firma H GmbH (im Folgenden: Verkäuferin) aus C einen gebrauchten Mercedes Benz des Typs C 240 mit der Fahrgestellnummer #####1 (Erstzulassung: 09.11.2000, Gesamtfahrleistung: 63.500 km) zu einem Preis von 24.250,00 € (Bl. 13 GA).

Auf Seite 1 der von der Verkäuferin vorformulierten schriftlichen Bestellung wurde festgehalten, dass sie zu den Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen mit Gebrauchsfahrzeug-Garantie gemäß den beigefügten Garantiebedingungen erfolge sowie dass das Fahrzeug mit zwölf Monaten Gewährleistung für Vertragsmäßigkeit ab dem Tag der Auslieferung verkauft werde (Bl. 6 BA). Die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen sehen eine einjährige Verjährungsfrist vor. Auf Seite 2 der Bestellung hieß es: "Sämtliche Vereinbarungen z.B. Nebenabreden, Zusicherungen, nachträgliche Vertragsveränderungen sind schriftlich niederzulegen" (Bl. 13 GA).

Am 19.12.2002 kaufte die Verkäuferin von dem Kläger ein Gebrauchtfahrzeug unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel zum Preis von 19.250,00 €. Dieser Betrag wurde mit dem Kaufpreis für den Mercedes Benz C 240 verrechnet. Am 18.12.2002 hatte der Kläger bereits 5.000,00 € bar angezahlt.

Der Mercedes Benz wurde am 19.12.2002 an den Kläger geliefert.

Im Frühjahr 2003 trat aus der Flüssigkeitsleitung der Servolenkung Servoflüssigkeit aus. Dieser Schaden wurde von der Verkäuferin kostenlos beseitigt. Im Juli 2003 ließ sich bei einem Kilometerstand von 75.699 km das Automatikgetriebe nicht mehr schalten. Die Verkäuferin führte die erforderliche Reparatur durch. Die Kosten waren überwiegend durch die Gebrauchtfahrzeug-Garantie abgedeckt. Der Kläger musste nur einen Betrag in Höhe von 61,67 € hinzuzahlen, der die Kosten für einige nicht der Garantie unterfallende Materialien abdeckte. Im Dezember 2003 (11.12.2003) stellte sich bei einem Kilometerstand von 81.774 km nach dem Überfahren einer Unebenheit ein Vibrieren und Schütteln der Vorderachse ein. Dieses behob die Verkäuferin durch den Einbau von neuen Verbindungsstangen sowie den Tausch von zwölf Zündkerzen. Der Kläger zahlte dafür 428,25 €. Im Februar 2004 stellte sich bei einem Kilometerstand von 85.875 km erneut das Vibrieren und Schütteln der Vorderachse ein. Zudem funktionierte die Fußbodenheizung nicht mehr. Die Verkäuferin erneuerte die Lagerung des Stabilisators und tauschte den Stellmotor für die Fußraumklappen aus. Hierfür stellte sie dem Kläger einen Betrag in Höhe von 460,54 € in Rechnung. Am 16.03.2004 fiel der Mercedes Benz bei einem Kilometerstand von 86.838 km in unmittelbarer Nähe der Daimler-Chrysler Niederlassung C "T-Straße" aus: Der Wahlhebel des Automatikgetriebes konnte nicht mehr in die Parkposition gebracht werden, so dass auch der Zündschlüssel nicht mehr abzuziehen war. Zudem war die Servolenkung schwergängig und verursachte Geräusche. Die genannte Niederlassung ersetzte das Wählhebelmodul des Automatikgetriebes und führte eine Schadensanalyse bezüglich der Funktionsstörungen der Servolenkung durch. Dafür wurde dem Kläger am 05.04.2004 ein Betrag in Höhe von 775,76 € in Rechnung gestellt. Die Schadensanalyse ergab, dass die Servolenkung zu voraussichtlichen Kosten in Höhe von 550,00 € ausgetauscht werden müsste.

Im Folgenden kam es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und der Verkäuferin bezüglich der Möglichkeit des Klägers, Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Im Frühjahr 2004 beauftragte der Kläger den Beklagten damit, seine Rechte gegenüber der Verkäuferin wahrzunehmen. Mit Schreiben vom 21.06.2004 wandte sich der Beklagte daraufhin an die Verkäuferin und forderte sie zur Erstattung des Reparaturkostenbetrages bezüglich der letzten Reparatur des Mercedes Benz vom März/April 2003 auf. Weiterhin bat der Beklagte um eine Erklärung der Verkäuferin, dass sie die anstehende Reparatur der Servopumpe kostenlos ausführen werde. Der Beklagte verwies darauf, dass die laut Formularkaufvertrag nur einjährige Gewährleistungsfrist individualvertraglich auf 24 Monate verlängert worden sei. Zudem stellten die Reparatur vom März/April 2003 sowie die noch anstehende Reparatur lediglich eine Fortsetzung der bislang erfolglos gebliebenen Reparaturarbeiten dar, die bereits während der ersten zwölf Monate nach der Übergabe des Fahrzeugs ausgeführt worden waren. In zwei Telefonaten des Beklagten mit dem Zeugen Q2, einem Mitarbeiter der Verkäuferin, konnte keine Einigung erzielt werden. Mit Schreiben vom 02.08.2004 erklärte der Beklagte daher entsprechend des ihm erteilten Auftrags für den Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag (Bl. 19 GA). Er vertrat die Auffassung, dass die aufgetretenen Schäden in ihrer Gesamtheit die Einstufung des Fahrzeugs als mangelhaft im Sinne des § 434 BGB rechtfertigten.

Die Bevollmächtigten der Verkäuferin beriefen sich im Schriftsatz vom 13.08.2004 darauf, dass der Zeuge Q2 dem Kläger keineswegs individualvertraglich eine Gewährleistungsfrist von 24 Monaten zugesagt habe. Vielmehr gelte eine Gewährleistungsfrist von 12 Monaten. Ein Rücktritt sei schon von daher nicht möglich. Zudem vertraten die Bevollmächtigten der Verkäuferin die Ansicht, dass die aufgetretenen Schäden als normal und verschleißbedingt hinzunehmen seien und - auch in ihrer Gesamtheit - keinen Fehler darstellten. Die reparaturbedürftige Servopumpe stelle keinen Sachmangel dar. Auch sei der Mercedes Benz nicht extrem schadensanfällig.

Mit Schriftsatz vom 22.09.2004 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Klageschrift, die er am selben Tag beim Landgericht Bielefeld eingereicht hatte und die unter dem Aktenzeichen 2 O 405/04 geführt wurde (Bl. 26 ff. GA, Bl. 1 ff. BA). Der Beklagte beantragte in der Klageschrift, die Verkäuferin zu verurteilen, an den Kläger 19.525,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des näher bezeichneten Mercedes Benz zu zahlen. In der Klageschrift vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die aufgetretenen Schäden und Ausfälle angesichts des Fahrzeugalters und der Laufleistung keine Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen seien, sondern Sachmängel darstellten, die den Kläger ohne Fristsetzung zur Ausübung des Rücktrittsrechts berechtigten. Den in Abzug zu bringenden Gebrauchsvorteil des Klägers bezifferte der Beklagte unter Zugrundelegung des Nettokaufpreises in Höhe von 20.905,17 € und den bis zu diesem Zeitpunkt gefahrenen 31.500 km mit 31,5 x 150,00 € = 4.725,00 €.

Mit Schreiben des Landgericht Bielefelds vom 23.09.2004 wurde der Beklagte zur Zahlung der Gerichtsgebühren in Höhe von 864,00 € aufgefordert (Bl. I BA). Da der Beklagte dieser Aufforderung jedoch nicht nachkam, wurde die Klageschrift nicht zugestellt und die Akte nach sechs Monaten weggelegt. Der Kläger suchte den Beklagten während dieser Zeit mehrfach in dessen Büro auf und bat um Mitteilung des aktuellen Sachstands. Der Beklagte teilte dem Kläger nicht mit, dass Gerichtskosten eingezahlt werden müssten, sondern vertröstete den Kläger wegen angeblicher Absprache eines Verhandlungstermins auf einen späteren Zeitpunkt.

Am 23.04.2006 kündigten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten und forderten den Beklagten auf, die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 28.07.2006 forderten sie den Beklagten erfolglos zur Zahlung eines Betrags in Höhe von 22.746,28 € bis zum 11.08.2006 auf. Dabei wurde ein Betrag in Höhe von 19.525,00 € - der Betrag, in dessen Höhe der Beklagte in der nicht zugestellten Klageschrift namens des Klägers die Verurteilung der Verkäuferin beantragt hatte - als Schadensersatz wegen einer Verletzung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht geltend gemacht. In Höhe von 3.221,28 € wurden aufgewendete Rechtsverfolgungskosten (teils aus abgetretenem Recht der Rechtsschutzversicherung des Klägers) zurückverlangt.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger gegen den Beklagten zunächst einen Betrag in Höhe von insgesamt 22.746,28 € geltend gemacht, diesen Betrag jedoch durch am 29.12.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz um 8.800,00 € reduziert.

Der Kläger hat einen Betrag in Höhe von 10.725,00 € als Schadensersatz verlangt. Er hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte seine anwaltliche Sorgfaltspflicht verletzt habe, indem er den Gerichtskostenvorschuss nicht eingezahlt habe. Die Klage gegen die Verkäuferin wäre erfolgreich gewesen, wenn der Beklagte den Gerichtskostenvorschuss gezahlt und die Klage zugestellt worden wäre: Zum einen wären zum damaligen Zeitpunkt die gegen die Verkäuferin bestehenden Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt gewesen. Der Kläger hat nämlich behauptet, dass - abweichend von den Verkaufsbedingungen der Verkäuferin - mündlich zwischen dem Kläger und Q2, dem Mitarbeiter der Verkäuferin, im Beisein der Zeugen Q und L eine Verjährungsfrist von zwei Jahren vereinbart worden sei, die - anders als die einjährige Frist - zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage gegen die Verkäuferin noch nicht abgelaufen gewesen war. Diese individualvertragliche Vereinbarung hätte im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Verkäuferin bewiesen werden können. Zudem hat der Kläger behauptet, dass die eingetretenen Schäden einen Mangel darstellen. Der durch das Versäumnis des Beklagten entstandene Vermögensnachteil lasse sich dergestalt berechnen, dass von der ursprünglichen Kaufpreiserstattungsforderung in Höhe von 19.525,00 € ein Betrag in Höhe von 8.800,00 € abgezogen werde. Der Betrag von 8.800,00 € entspreche dem Händlereinkaufswert, den der Mercedes Benz laut einem DEKRA-Gutachten vom 23.10.2006 bei einer Laufleistung von 129.269 km (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 28.12.2006) zu diesem Zeitpunkt aufgewiesen habe. Bezüglich der ursprünglichen Kaufpreiserstattungsforderung hat der Kläger den von dem Beklagten in der nicht zugestellten Klageschrift gegen die Verkäuferin berechneten Betrag in Höhe von 19.525,00 € zugrundegelegt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Vorteile, die er durch die weitere Nutzung des Mercedes Benz gezogen habe, bereits dadurch in Ansatz gebracht seien, dass im Rahmen der Bewertung des Händlereinkaufswerts die Laufleistung des Pkw berücksichtigt wurde. Der Schaden des Klägers könne nicht allein in der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Pkws im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung im Jahr 2004 gesehen werden, da auf diese Weise nicht berücksichtigt werde, dass der Kläger den Wagen gar nicht in Eigentum und Besitz habe haben wollen, er insofern "aufgedrängt bereichert werde". Aus eigenem sowie teilweise aus abgetretenem Recht seiner Rechtsschutzversicherung hat der Kläger zudem einen Betrag in Höhe von 3.221,28 € als Erstattung aufgewendeter Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sein unkorrektes Verhalten nicht zum Eintritt eines Schadens geführt habe. Denn auch dann, wenn das Klageverfahren gegen die Verkäuferin ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre, hätte der Kläger mit seinem Begehren keinen Erfolg gehabt: Zum einen sei der Rücktritt vom Kaufvertrag wegen des Ablaufs der in den Verkaufsbedingungen der Verkäuferin vorgesehenen einjährigen Verjährungsfrist unwirksam gewesen. Der Beklagte hat nämlich behauptet, dass der Kläger keineswegs mit der Verkäuferin mündlich eine längere Frist als die in den Verkaufsbedingungen enthaltene einjährige Frist vereinbart habe. Zum anderen hat der Beklagte eingewendet, dass die eingetretenen Schäden keine Mängel darstellen.

Das Landgericht hat die Prozessakte 2 O 405/04 beigezogen, die Parteien angehört und sodann den Beklagten verurteilt, an den Kläger 3.035,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2006 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger zwar ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm bzw. seiner Rechtsschutzversicherung an den Beklagten geleisteten Zahlungen in Höhe von 3.035,28 € aus §§ 812 I S. 1 - 1. Alt., S. 2 - 2. Alt., 398 BGB zustünde. Jedoch könne er keinen Schadensersatz von dem Beklagten verlangen. Es möge dahinstehen, ob die damalige Klage gegen die Verkäuferin überhaupt erfolgreich gewesen wäre. Denn zumindest sei dem Kläger kein Schaden entstanden. Wenn die damalige Klage nämlich erfolgreich gewesen wäre, wären dem Vermögen des Klägers 19.525,00 € zugeflossen, zugleich wäre aber der PKW aus dem Vermögen entfallen. Nunmehr wurde das Vermögen des Klägers zwar nicht um 19.525,00 € bereichert, dafür verblieb aber der PKW mit diesem Wert im Vermögen des Klägers. Dass der Kläger den PKW weiter nutze und der Wert des PKW jetzt von daher geringer sei, sei auf einen eigenen Entschluss des Klägers zurückzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 100 ff. GA).

Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts, soweit seine Klage abgewiesen worden ist. Zur Begründung führt er aus, dass ihm entgegen der Einschätzung des Landgerichts ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zustehe. Das Landgericht hätte unter Würdigung der entsprechenden Beweisantritte inzident die Erfolgsaussichten der damaligen Klage gegen die Verkäuferin prüfen müssen. Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht den Eintritt eines Schadens verneint: Zum einen habe das Landgericht nicht davon ausgehen dürfen, dass der Pkw, der im Rahmen der damaligen Klage Zug um Zug habe zurückgegeben werden sollen, den gleichen Wert gehabt habe wie der zurückzuzahlende Kaufpreis. Zum anderen hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger um den Wagen "aufgedrängt bereichert" worden sei. Es beruhe keineswegs auf einem Entschluss des Klägers, dass er den Wagen weiter genutzt habe und von daher der Wert des Wagens nun geringer sei. Vielmehr sei der Kläger bis zur Mandatskündigung davon ausgegangen, dass er den Pkw nicht veräußern dürfe, da dieser - nach Auskunft des Beklagten, seines damaligen Prozessbevollmächtigten - noch für Beweiszwecke benötigt werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Rechtsanwälte N & Kollegen in C vom 20.08.2007 (Bl. 138 GA) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11.05.07 teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 13.946,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die Entscheidung des Landgerichts und wiederholt bzw. vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird insgesamt auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 2 O 405/04 Landgericht Bielefeld sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Im Übrigen hat der Senat die Zeugen L und Q2 vernommen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2007 verwiesen. Auf die Vernehmung der von ihm weiter benannten Zeugin Q hat der Kläger verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein über den Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung hinausgehender Zahlungsanspruch zu.

Insbesondere sind die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht wegen fehlerhafter anwaltlicher Sachbearbeitung gem. §§ 280 I, 675 I, 611 BGB im Ergebnis nicht erfüllt.

I. Anwaltsvertrag

Der Kläger und der Beklagte haben im Frühjahr 2004 einen Rechtsanwaltsvertrag gem. §§ 675 I, 611 BGB abgeschlossen. Gegenstand war die Geltendmachung der Rechte des Klägers gegen die Verkäuferin, die aus dem Erwerb des Mercedes Benz C 240 vom Dezember 2002 resultierten.

II. Pflichtverletzung

Dem Beklagten ist eine Pflichtverletzung zum Nachteil des Klägers zur Last zu legen. Er hat es versäumt, den Gerichtskostenvorschuss für die Klage des Klägers gegen die Verkäuferin des Mercedes Benz C 240 bei dem Landgericht Bielefeld einzuzahlen. Auf diese Weise hat er die Zustellung der Klage an die Verkäuferin verhindert. Damit hat er die Interessen des Klägers, der ihm ausdrücklich einen Klageauftrag erteilt hatte, nicht umfassend und ordnungsgemäß wahrgenommen. Das Verfahren ist zu keiner Zeit weiter betrieben worden. Das entsprechende Versäumnis wird von dem Beklagten selbst nicht in Abrede gestellt.

III. Verschulden

Die Pflichtverletzung ist dem Beklagten schuldhaft i.S.d. § 276 I BGB unterlaufen.

IV. Schadensverursachung

Durch die Pflichtverletzung des Beklagten ist jedoch kein Schaden des Klägers verursacht worden. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn ein rechnerischer Vergleich der jetzigen Vermögenslage des Klägers mit derjenigen, die bestünde, wenn der Beklagte sich pflichtgemäß verhalten hätte, zu einer negativen Differenz zum Nachteil des Klägers führt. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden.

1. Pflichtgemäßes Verhalten des Beklagten

Bei pflichtgemäßem anwaltlichen Verhalten des Beklagten wäre der von der Rechtsschutzversicherung zur Verfügung gestellte Kostenvorschuss bei der Gerichtskasse eingezahlt und sodann das Klageverfahren gegen die Verkäuferin durchgeführt worden.

2. Hypothetischer Ausgang des Verfahrens gegen die Verkäuferin

Vor diesem Hintergrund entfällt ein Vermögensschaden des Klägers aber deshalb, weil seine Klage gegen die Verkäuferin abgewiesen worden wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung ist hierbei nicht zu fragen, wie das hypothetische Verfahren wohl bei dem zuständigen Gericht konkret ausgegangen wäre. Vielmehr hat der Regressrichter selbst in eigener Zuständigkeit zu prüfen, wie ein solches Verfahren richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Dies entspringt der Geltung des normativen Schadensbegriffs und der Bindung eines Gerichts an Recht und Gesetz (Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage, Rn. 740, Rn. 849 m.w.N).

In einem solchen hypothetischen Verfahren wäre die Verkäuferin nicht zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 24.250,00 € abzüglich eines näher zu bestimmenden Gebrauchsvorteils Zug um Zug gegen Rückübereignung des Mercedes Benz C 240 verurteilt worden. Dem Kläger stand nämlich gegen die Verkäuferin kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 346, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB zu.

a. Rücktrittserklärung

Die zur Ausübung des Gestaltungsrechts gem. § 349 BGB maßgebliche Rücktrittserklärung hat der Beklagte allerdings mit Schreiben vom 02.08.2004 namens des Klägers gegenüber der Verkäuferin erklärt (Bl. 19 GA).

b. Bestehen eines Rücktrittsrechts

Jedoch hatte der Kläger gegenüber der Verkäuferin kein Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 I BGB.

aa. Kaufvertrag

Zwar ist zwischen dem Kläger und der Verkäuferin im Dezember 2002 ein Kaufvertrag geschlossen worden.

bb. Unwirksamkeit des Rücktritts gem. §§ 218 I, 438 I Nr. 3 BGB i.V.m. den Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen der Verkäuferin

Jedoch war der Rücktritt des Klägers gem. §§ 218 I BGB unwirksam. Das ist deshalb der Fall, weil im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Nacherfüllungsanspruch des Klägers schon verjährt war und die Verkäuferin sich darauf berufen hat.

Die Verkäuferin hat sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber dem Beklagten als dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers geltend gemacht, dass ein Nacherfüllungsanspruch bereits nach Ablauf eines Jahres - also im Dezember 2003 - verjährt gewesen wäre. Dies ist auch zu Recht geschehen.

Grundsätzlich beträgt zwar die Verjährungsfrist für einen Nacherfüllungsanspruch bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens gem. § 438 I Nr. 3 BGB zwei Jahre ab der Ablieferung. Diese gesetzliche Verjährungsfrist war im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 02.08.2004 noch nicht abgelaufen.

aa. Wirksame Verkürzung der Verjährungsfrist durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen der Verkäuferin

Jedoch ist die zweijährige Frist durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen der Verkäuferin wirksam auf ein Jahr beschränkt worden. Laut dem diesbezüglich übereinstimmenden Vortrag des Klägers und des Beklagten enthalten die damals benutzten und wirksam einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel, nach der die Verjährungsfrist auf ein Jahr abgekürzt wird. Eine solche Verkürzung ist gem. § 475 II BGB bei einem Verkauf eines Gebrauchtwagens grundsätzlich möglich. Tatsachen im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Anhaltspunkte für Zweifel an deren Wirksamkeit liefern könnten, sind von den Parteien nicht vorgetragen. Der seinerzeit verwendete Text selbst ist trotz entsprechender Auflage nicht zu den Akten gereicht worden. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, nicht mehr über die entsprechende Unterlage zu verfügen.

bb. Mündliche Verlängerung der durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen verkürzten Verjährungsfrist auf zwei Jahre

Die durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen wirksam auf ein Jahr verkürzte Frist ist nicht durch eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Verkäuferin wiederum auf die gesetzlich vorgesehene zweijährige Frist verlängert worden.

(1) Möglichkeit, eine von den Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen abweichende mündliche Vereinbarung zu treffen

Grundsätzlich wäre es allerdings durchaus möglich gewesen, die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen durch eine mündliche Vereinbarung zu ändern. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass sich auf dem Bestellformular, welches von der Verkäuferin vorformuliert und von dem Kläger unterschrieben worden ist, ein Passus findet, wonach sämtliche Vereinbarungen wie z.B. nachträgliche Vertragsveränderungen schriftlich niederzulegen sind. Diese auf dem Bestellformular abgedruckte Schriftformklausel ist nämlich gem. § 307 I BGB unwirksam. Eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Verkäuferin kann also nicht gem. § 125 S. 2 BGB nichtig sein.

Da die auf dem Bestellformular abgedruckte Schriftformklausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden ist und von der Verkäuferin als Verfasserin des Bestellformulars gestellt worden ist, handelt es sich auch bei ihr um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 I BGB. Einfache Schriftformklauseln in der vorliegenden Form verstoßen gegen § 305 b BGB und sind gem. § 307 I BGB unwirksam, wenn sie - so wie vorliegend - auch nachvertragliche Vereinbarungen umfassen (vgl. die Nachweise bei Palandt-Heinrichs, § 305b Rdz. 5 und 307 Rdz. 146 zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung).

(2) Mündliche Vereinbarung einer Verlängerung der durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen verkürzten Verjährungsfrist

Jedoch ist die - als solche rechtlich grundsätzlich mögliche - Verlängerung der zunächst verkürzten Verjährungsfrist tatsächlich nicht erfolgt. Davon muss der Senat ausgehen, da dem Kläger der Beweis für seine Behauptung, dass eine dahingehende Vereinbarung zwischen ihm und der Verkäuferin getroffen worden sei, nicht gelungen ist.

(a)

Insofern muss nicht einmal vertieft werden, dass der Senat keine Anhaltspunkte sieht, an der glaubhaften Darstellung des Zeugen Q2 zu zweifeln. Dieser hat überzeugend und lebensnah ausgeführt, dass er eine derartige Abrede, wie sie vorliegend von dem Kläger behauptet wird, mit Sicherheit niemals getroffen hätte - und selbst wenn dies doch geschehen wäre, so hätte er darüber gewiss einen schriftlichen Vermerk aufgenommen.

(b)

Vielmehr scheitert die Beweisführung des Klägers bereits allein daran, dass der von ihm benannte Zeuge L selbst die tatsächlichen Voraussetzungen der behaupteten Einigung nicht bestätigt hat. Er hat zwar bekundet, dass der Kläger Wert auf eine zweijährige Gewährleistungsfrist gelegt habe. Der Zeuge L konnte jedoch nicht angeben, wie der Zeuge Q2 als maßgeblicher Vertreter der Verkäuferin hierauf reagiert habe. Im Hinblick auf die tatsächlichen Voraussetzungen einer beiderseitigen Willensübereinstimmung zur Verlängerung der Gewährleistungsfrist war die Zeugenaussage mithin zum Nachteil des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers von vornherein bereits unergiebig.

(c)

Auf die Vernehmung der Zeugin Q hat der Kläger in Kenntnis des Beweisergebnisses ausdrücklich verzichtet.

(d)

Nach allem war die durch die Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsbedingungen wirksam auf ein Jahr verkürzte Frist ausgehend von der Übergabe des Wagens an den Kläger am 19.12.2002 bereits abgelaufen, bevor der Kläger überhaupt erst im Frühjahr den Beklagten aufsuchte und ihm das grundlegende Anwaltsmandat erteilte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück