Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.07.2005
Aktenzeichen: 4 Ws 321/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 112
Zur Frage der Fluchtgefahr unter Berücksichtigung des Zeitpunkts der 2/3 Entlassung.
Beschluss

Strafsache gegen R. K.,

zurzeit in dieser Sache in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Münster,

wegen Betruges u.a.,

(hier: Haftbeschwerde des Angeklagten).

Auf die Beschwerde des Angeklagten vom 1. Juni 2005 gegen den Haftfortdauerbeschluss der XIII . kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 28. April 2005 hat der 4 . Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. Juli 2005 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe:

I. Der Angeklagte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Ahaus vom 11. Dezember 2001 - 3 Ls 38 Js 1265/00 (50/01) - seit dem 31. August 2004 in Untersuchungshaft.

Das Amtsgericht Ahaus hat den Angeklagten am 9. November 2004 wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Betrug sowie wegen eines Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Landgericht Münster hat die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten am 28. April 2005 mit der Maßgabe, dass er des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in drei Fällen schuldig ist, verworfen und zugleich angeordnet, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts Ahaus vom 11. Dezember 2001 aus den Gründen seiner Anordnung nach Maßgabe des heute verkündeten Urteils aufrechterhalten bleibt.

Der Angeklagte hat gegen das Berufungsurteil Revision und gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und folgendes ausgeführt:

"Der Angeklagte hat von Anfang an versucht, sich dem Verfahren mit unlauteren Mitteln zu entziehen. Zu Anfang hat er behauptet, er sei gar nicht die Person, die die Kreditverträge abgeschlossen und das Notebook bestellt habe; vielmehr habe es sich um sein Cousin Jü. K. gehandelt (Bl. 46, 145 d.A.). Anlässlich des Termins vom 11.12.2001 veranlasste er einen Anruf bei Gericht, wonach er verstorben sei (Bl. 73 d.A.). Noch an demselben Tag reichte er per Fax eine gefälschte Todesbescheinigung ein (Bl. 74 d.A.). Polizeiliche Ermittlungen nach dem Aufenthalt des Angeklagten blieben erfolglos (Bl. 89 d.A.). Er konnte erst am 31.08.2004 festgenommen werden (Bl. 167 d.A.). Angesichts seiner richterlichen Vernehmung vom 01.09.2004 hat er zugegeben, sich beim Umzug der Familie zum 01.07.2002 nicht umgemeldet zu haben, um sich dem vorliegenden Verfahren zu entziehen (Bl. 176 R d.A.). Von daher besteht weiterhin konkrete Fluchtgefahr, die nicht durch mildere Maßnahmen als den Vollzug der Untersuchungshaft ausgeräumt werden kann.

Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft ist auch noch nicht unverhältnismäßig. Der Angeklagte ist zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden. Er befindet sich jetzt seit gut 10 Monaten in Untersuchungshaft, hat also nicht einmal die Hälfte der voraussichtlich zu verbüßenden Strafe verbüßt.

Auch die Zeit zwischen erster und zweiter Instanz war nicht übermäßig lang. Das Urteil ist dem Verteidiger am 22.12.2004 zugestellt worden (Bl. 211 d.A.). Danach war die Revisionsbegründungsfrist von einem Monat abzuwarten. Die Akte ist am 24.02.2005 hier eingegangen (Bl. 221 d.A.). Am 10.03.2005 habe ich Termin auf den 28.04.2005 anberaumt (Bl. 222 d.A.). Dies entspricht den üblichen Verfahrensgängen."

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu wie folgt Stellung genommen:

"Bezüglich des dringenden Tatverdachts, welcher auch von dem geständigen Angeklagten nicht in Frage gestellt wird, wird auf die Feststellungen des Berufungsurteils des Landgerichts Münster vom 28.04.2005 Bezug genommen.

Es besteht auch weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Die, wenn auch noch nicht rechtskräftig, im vorliegenden Strafverfahren verhängte Freiheitsstrafe begründet einen erheblichen Fluchtanreiz. Im Verlauf des Verfahrens ist es dem Angeklagten bereits über mehrere Jahre gelungen, sich der Strafverfolgung zu entziehen. Sein Verhalten zeigt, dass er nicht bereit ist, sich dem Verfahren zu stellen. Weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO kommen unter Berücksichtigung der nunmehr konkret in Aussicht gestellten Strafverbüßung nicht in Betracht.

Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft, welche bislang 11 1/2 Monate andauert, ist angesichts der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten nicht unverhältnismäßig. Zwar kann die Möglichkeit der Reststrafenaussetzung zur Bewährung gem. § 57 Abs. 1 StGB bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht außer Acht bleiben (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2003 - 2 Ws 149/03 -), jedoch muss dann zumindest von der Wahrscheinlichkeit einer vorzeitigen bedingten Entlassung ausgegangen werden können (zu vgl. OLG Hamm, MDR 1993, 673). Vorliegend dürfte eine solche Wahrscheinlichkeit nicht vorliegen. Der Angeklagte ist bereits mehrfach - darunter auch einschlägig - in Erscheinung getreten. Er hat bereits mehrfach Strafhaft verbüßt. Einen Teil der ihm hier zur Last gelegten Taten hat er innerhalb von zwei laufenden Bewährungszeiten begangen, ist also Bewährungsversager, was insgesamt nicht für eine günstige Sozialprognose spricht.

Das Verfahren ist auch mit der gebotenen Beschleunigung gefördert worden. Insoweit wird auf die Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts Münster Bezug genommen."

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich an.

Ende der Entscheidung

Zurück