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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.09.1999
Aktenzeichen: 5 UF 84/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 199
ZPO § 187
ZPO § 613 Abs. 1
ZPO § 539
ZPO § 540
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 UF 84/99 OLG Hamm 15 F 278/97 AG Iserlohn

Verkündet am 01. September 1999

Müller, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In der Familiensache

der Frau ..., Rumänien,

Antragsgegnerin und Berufungsklägerin,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Schaefer, Dr. Kahlert, Weyand, Dr. Rohlfing, Dr. Lohmann und Blumenberg in Hamm -

gegen

Herrn ...

Antragsteller und Berufungsbeklagten,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Schlünder, Dr. Stefener, Dr. Rasch, Dr. Micus, Dr. Schlewing, Gurges, Margraf, Dr. Müller, Deppenkemper, Scholz und Tönsing in Hamm -

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 01. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Klünemann, die Richterin am Oberlandesgericht Krippner und den Richter am Oberlandesgericht Jokisch

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 16. Dezember 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Iserlohn aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Berufungsinstanz - an das Familiengericht zurückverwiesen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

Zwar scheitert die Zulässigkeit des von dem Antragsteller unter dem 26. November 1997 erhobenen Scheidungsantrags nicht daran, daß er nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Denn der Mangel, daß er der Antragsgegnerin entgegen § 199 ZPO nicht förmlich über die zuständigen Behörden zugeleitet worden ist, ist gemäß § 187 ZPO dadurch geheilt, daß sie den Scheidungsantrag auf den Postweg per Einschreiben mit Rückschein tatsächlich erhalten hat. § 187 ZPO ist auch auf Zustellungsmängel im internationalen Rechtsverkehr anzuwenden (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 199 Randziffer 17). Wie sich aus dem Rückschein und dem Vergleich der dortigen Unterschrift mit derjenigen auf der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 03. Juni 1999 ergibt, hat die Antragsgegnerin den Empfang der gerichtlichen Sendung am 20. Mai 1998 quittiert. Auch das - nicht unterzeichnete - Erwiderungsschreiben vom 20. Juli 1998 macht deutlich, daß ihr die Antragsschrift tatsächlich zugegangen ist.

Jedoch sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung der am 07. November 1996 geschlossenen Ehe der Parteien zur Zeit noch nicht erfüllt. Das Familiengericht hat die Haltung der Antragsgegnerin zur Scheidung nicht hinreichend untersucht, indem es sie entgegen § 613 Abs. 1 ZPO nicht persönlich angehört hat. Die Pflicht zur Anhörung der Antragsgegnerin entfällt vorliegend nicht deshalb, weil sie sich im Ausland aufhält und unter dem 20. Juli 1998 an das Gericht geschrieben hat. Ob dieses Schreiben in jedem Satz von ihrem Willen getragen wird, läßt sich nicht feststellen. Zum einen fehlt die Unterschrift, zum anderen kann die Antragsgegnerin kein Deutsch, so daß ohne den Vergleich mit dem rumänischen Text, der nicht vorliegt, nicht festgestellt werden kann, ob sie das, was ihr privater Übersetzer geschrieben hat, in dieser Weise erklären wollte.

Eine Ausnahme von der Pflicht zur Anhörung besteht unter den augenblicklichen Umständen noch nicht. Wenn die Antragsgegnerin nicht doch noch vor dem deutschen Gericht erscheint, muß versucht werden, sie in Rumänien anzuhören (vgl. Zöller-Philippi, ZPO 21. Aufl., § 613 Randziffer 4). Daß die dortigen Behörden die Rechtshilfe verweigern werden, kann man derzeit nicht feststellen.

Der Verstoß gegen § 613 ZPO stellt einen schwerwiegenden Verfahrensverstoß dar, der zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO führt. Gegen eine eigene Sachentscheidung des Senats gemäß § 540 ZPO spricht neben der fehlenden Entscheidungsreife der Umstand, daß nur auf diesem Weg der Antragsgegnerin Gelegenheit gegeben werden kann, den nachehelichen Unterhalt im Verbund geltend zu machen (§ 623 Abs. 4 ZPO). Die dadurch eintretende Verfahrensverzögerung fällt gegenüber der übrigen Verfahrensdauer nicht besonders ins Gewicht.

Ende der Entscheidung

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