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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.02.2003
Aktenzeichen: 9 U 166/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 5. Juli 2002 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 382,67 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszins seit dem 20.02.2002 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 3/5 und der Beklagten zu 2/5 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Beklagten eine Verkehrssicherungspflichtverletzung anzulasten sei, denn jedenfalls treffe den Kläger ein anspruchsausschließendes Mitverschulden, weil er sich an den Basketballkorb angehängt und diesen damit unsachgemäß genutzt habe, obwohl er hätte ohne weiteres erkennen können, daß der Korb nicht auf eine derartige Nutzung ausgerichtet gewesen sei. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz und Schmerzensgeld zu, weil die Beklagte für den Unfall am 26. Juni 2001 mitverantwortlich ist, bei dem der Kläger in ihrer Sporthalle durch einen abbrechenden Basketballkorb am Korb verletzt worden ist.

1.

Die Beklagte hat die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem sie in ihrer Sporthalle einen Spielbetrieb mit den Baskettballkörben zuließ, ohne Vorkehrungen gegen Unfälle beim Anhängen an den Korb zu treffen.

Auch wenn die Beklagte - wie sie es in ihrer Berufungserwiderung noch einmal betont - den streitigen Basketballkorb wie auch das dazugehörige Basketballbrett jeweils von einer Fachfirma erworben und die Konstruktion darüber hinaus von einer dieser Firmen nicht nur montieren, sondern auch regelmäßig hat kontrollieren lassen, entband sie dies als erstverantwortliche Eigentümerin der Sporthalle nicht von ihrer Verpflichtung sicher zu stellen, daß von der Korbballkonstruktion Unfallgefahr ausging, zumal wenn diese nicht - wie von der Berufung eingeräumt - nicht höchsten Qualitätsanforderungen genügte.

Zwar bestand eine Abbruchgefahr von Korb und Brett praktisch nur dann, wenn man sich - wie der Kläger - an den Korb hängte. Selbst wenn man aber dergleichen als bestimmungswidrig ansieht, so schließt dies eine diesbezügliche Sicherungspflicht nicht aus. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, daß Verkehrssicherungspflichten auch die Verhütung von Gefahren zum Gegenstand haben, die aus unbefugtem oder mißbräuchlichem Verhalten entstehen, wenn die Gefahr zweckwidriger und dadurch unfallträchtiger Benutzung groß ist und dem Sicherungspflichtigen Vorkehrungen gegen die mißbräuchliche Nutzung möglich und zumutbar sind (BGH NJW 1980, 1745; VersR 1975, 87; OLG Celle VersR 1984, 46). Im Streitfall war die Gefahr des unfallträchtigen Anhängens an den Basketballkorb vor dem Hintergrund des in nahezu jedem Basketballspiel praktizierten Spielzuges des "Dunking", bei dem der Spieler beim Korbwurf seine Hände oberhalb des Basketballringes hat, unübersehbar groß. Auf der anderen Seite wäre es ohne großen Aufwand möglich und auch zumutbar gewesen, vor der nicht auszuschließenden Gefahr eines Abbrechens des Basketballkorbes für den Fall eines Anhängens deutlich zu warnen, um zu verhindern, daß insbesondere Jugendliche ihren vermeintlichen Vorbildern gedankenlos nacheifern mochten.

Daß die von ihr mit der Montage und Kontrolle des Basketballkorbes beauftragte Fachfirma G s.i.b.Maßnahmen gegen das Abbrechen des Basketballgerüstes infolge Anhängens an den Korb getroffen hat, ist von der Beklagten nicht dargetan. Die Benutzerinformation dieser Firma für Basketball-Wandgerüste enthält vielmehr den ausdrücklichen Hinweis darauf, daß das Anhängen an Gestänge und Korb verboten ist und zu Schäden an der Konstruktion führt. Selbst wenn der Beklagten diese Information nicht zur Kenntnis gelangt wäre, durfte sie ohne dies bestätigende Angaben der Firma G s.i.b. jedenfalls nicht ohne weiteres darauf vertrauen, daß das Basketballgerüst einem Anhängen standhalten werde. Sie war aus diesem Grund dazu verpflichtet, selbst Vorkehrungen gegen eine hieraus resultierende Unfallgefahr zu treffen.

2.

Auf der anderen Seite trifft den Kläger ein Mitverschulden. Als zum Zeitpunkt des Unfalls 14-jähriger Jugendlicher konnte er erkennen, daß das Festhalten an der Basketballkorbaufhängung die Gefahr eines Zusammenbruchs des Gestells barg, welche mit dem Körpergewicht des Spielers und der Dauer des Anhängens stieg. Wenn er auch mangels gegenteiliger Hinweise wegen der weiten Verbreitung eines derartigen Spielverhaltens nicht sicher wissen mochte, daß das Gestell seiner Belastung nicht standhalten werde, so durfte er auf der anderen Seite auch nicht ohne weiteres auf die Sicherheit der Konstruktion vertrauen. Wenn er sich ohne sichere Kenntnis von der Standfestigkeit des Gestells mit seinem ganzen Körpergewicht an den Korb angehängt hat, hat er gegen die ihm im eigenen Interesse zur Schadensverhütung obliegende Eigensorgfalt verstoßen.

3.

Bei der Abwägung sind die Verursachungsanteile der Beteiligten gleich hoch zu bewerten. Auf seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, daß sich ihr eine mißbräuchliche Nutzung des Basketballkorbes durch Anhängen gerade durch den Spielern der National Basketball Association (NBA) nacheifernden Jugendlichen geradezu aufdrängen mußte und ihr entsprechende Warnmaßnahmen ohne großen Aufwand möglich gewesen wären. Zu Ungunsten des Klägers schlägt sich dessen erhebliches Körpergewicht nieder; nach seinem eigenen Vortrag hat er zur Unfallzeit bereits 85 kg gewogen.

4.

Eine unfallbedingte 15 cm lange Kopfplatzwunde ist durch die ärztliche Bescheinigung des Dr. E vom 12.09.2001 nachgewiesen. Für diese Verletzung hält der Senat allerdings das vom Kläger begehrte Grundschmerzensgeld von 2.000,00 DM für überhöht. Vor dem Hintergrund daß der Kläger keinen stationären Aufenthalt erdulden mußte und der Heilungsverlauf komplikationslos verlief sowie unter Berücksichtigung vergleichbarer Fälle in der Rechtsprechung erscheint hier allenfalls ein Betrag von 750,00 EUR als angemessen. Der materielle Schaden in Höhe von 30,00 DM (15,34 EUR) ist außer Streit. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers ist ihm nach allem der hälftige materielle Schaden in Höhe von 7,67 EUR sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 375,00 EUR zuzuerkennen.

Die Zinsen sind als Verzugszinsen gerechtfertigt.

5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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