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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.03.2009
Aktenzeichen: 17 W 2/09
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 17 Abs. 2
GKG § 28 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 4 Satz 1
GKG § 66 Abs. 4 Satz 2
GKG § 66 Abs. 8
ZPO § 546
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Rechtsmittelführer ist Rechtsanwalt und zum Abwickler der Kanzlei des Rechtsanwaltes C. in L. bestimmt. In dieser Eigenschaft beantragte er beim Amtsgericht D. Einsicht in die zugrunde liegende Akte, was antragsgemäß gewährt wurde. Die Akte des Amtsgerichts wurde zu diesem Zweck zum Landgericht L. transportiert und dort in das Fach des Antragstellers eingelegt. Für diese Leistung fordert das Amtsgericht vom Rechtsmittelführer die Zahlung einer Auslagenpauschale in Höhe von 12,00 € gemäß Nr. 9003 KV-GKG.

Dieser vertritt die Ansicht, es liege keine "Versendung" vor, wenn die Akte in ein nahe gelegenes Gericht gebracht und dort in das Fach des Rechtsanwaltes zur Abholung eingelegt werde. Hierzu beruft er sich auf eine Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein. Es sei nicht einzusehen, dass für einen Vorgang wie den zugrunde liegenden 12,00 € "kassiert" würden. Vor Anwendung von Nr. 9003 KV-GKG sei in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob besondere Aufwendungen entstanden seien. Eine andere Auslegung der genannten Gebührenvorschrift führe zu einer verfassungswidrigen Bereicherung der Staatskasse zu Lasten des Bürgers.

Der Bezirksrevisor verweist darauf, dass auf Grund des neuen Dienstleistungsvertrages zwischen der L.-er Anwaltsverein Service GmbH und dem Landgericht L. die Justizverwaltung für den Transport der Dienstpost zwischen dem Landgericht und den Amtsgerichten des Bezirks entgeltpflichtig sei. Die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein stehe der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, da dort ein entgeltfreier Transport ins lediglich ein paar Hundert Meter vom Arbeitsgericht entfernte Fach des Anwaltes beim Landgericht bewerkstelligt worden sei.

Das Amtsgericht D. hat die Erinnerung mit Beschluss vom 7. August 2008 zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass infolge des Dienstleistungsvertrages Kosten entstanden seien und von daher die Pauschale von 12,00 € erhoben werden dürfe.

Das Landgericht hat die Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 7. November 2008 zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung die weitere Beschwerde zugelassen. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass nach Nummer 9003 KV-GKG der Zusatzaufwand, der mit einer Aktenversendung verbunden sei, pauschal abgegolten werden solle, und zwar unabhängig vom Umfang der zu versendenden Akten und der Art und Weise der Versendung.

Hiergegen richtet sich der Antragsteller mit seiner weiteren Beschwerde. Das Landgericht hat dieser nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG zulässig, da sie vom Landgericht, das als Beschwerdegericht entschieden hat, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Entscheidung zugelassen wurde. Sie hat in der Sache selbst jedoch keinen Erfolg, da dem Landgericht eine Rechtsverletzung, § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG, § 546 ZPO, nicht vorzuwerfen ist. Es hat Nr. 9003 Nr. 1 KV-GKG richtig angewendet, so dass der Antragsteller gemäß §§ 17 Abs. 2, 28 Abs. 2 GKG zur Zahlung der geforderten 12,00 € verpflichtet ist.

1.

Das Tatbestandsmerkmal der "Versendung" ist erfüllt. Von einer Versendung der Akten ist nach allgemeiner Ansicht u.a. dann auszugehen, wenn auf Antrag eines Prozessbeteiligten die Akten vom aktenführenden Gericht an ein anderes verbracht werden, bei dem der antragstellende Rechtsanwalt sein Gerichtsfach hat und wo er die Akte abzuholen gedenkt. Nach nahezu einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ist vom Antragsteller in einem solchen Fall der in Nr. 9003 Nr. 1 KV-GKG vorgesehene Pauschalbetrag von 12,00 € zu entrichten (LG Detmold NJW 1995, 2801; LG Frankenthal NJW 1995, 2801; AG Ahaus AnwBl 1995, 154; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, Nr. 9003 KV-GKG Rdnr. 2; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Auflage, Nr. 9003 KV-GKG Rdnr. 42; Notthoff AnwBl 1995, 538, 540; Zimmermann, in : Binz/Dorndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG-JVEG, Nr. 9003 KV-GKG Rdnr. 4). Damit soll der durch die Aktenversendung entstehende zusätzliche Aufwand an Kosten abgegolten werden, und zwar gerade ohne dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob der Pauschalbetrag kostendeckend ist oder nicht.

Erfasst werden diejenigen Zusatzkosten, die etwa für Porto, Verpackung, das Anlegen eines Retents, das Versehen der Akte mit einem Begleitschreiben, das Überwachen der Aktenrückführung sowie Transportkosten entstehen. Nach der amtlichen Begründung für die Einführung der in Rede stehenden Vorschrift (BT-Ds 12/6962, Seite 87 f.) ist kein Grund dafür ersichtlich, Aufwendungen, die durch eine solche besondere Serviceleistung der Justiz entstehen, unberücksichtigt zu lassen (ebenso: OLG Hamm, NJW 2006, 306 = OLGR 2006, 98; NJW 2006, 1076; OLG Koblenz JB 2006, 207; VGH München NJW 2007, 1483 = AGS 2007, 574; LG Detmold, a. a. O.; LG Frankenthal a. a. O.; AG Leipzig JB 2005, 547; Lümmler JB 1995, 573; Notthoff a. a. O, Seite 539).

2.

Hiernach ist kein Grund dafür ersichtlich, dass im vorliegenden Fall seitens des Antragstellers und Beschwerdeführers keine 12,00 € zu entrichten sein sollten. Es handelt sich um eine Versendung, da die Akte von der aktenführenden Stelle, dem Amtsgericht D. , zum Landgericht L. transportiert wurde, wo der Antragsteller sein Anwaltsfach hat. Dass anlässlich der Abwicklung der Übersendung Mehrkosten entstanden sind, kann schlechterdings nicht verneint werden. Dies betrifft neben den Tätigkeiten der Geschäftsstelle und der Wachtmeisterei insbesondere Aufwendungen für den Transport. Die Akte ist durch den Kurierdienst des L.-er Anwaltsverein Service GmbH transportiert worden, dem das Landgericht auf Grund des geschlossenen Dienstleistungsvertrages entgeltpflichtig ist.

Der Argumentation des Antragstellers, die Pauschale falle nur an, wenn nach einer vorherigen Prüfung im Einzelfall feststehe, dass überhaupt Mehrkosten angefallen sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Dass durch die Bearbeitung des Antrags auf Akteneinsicht und der damit verbundenen Bearbeitung sowie des Transportes der Akte an einen dritten Ort zusätzliche Sach- und Personalkosten entstehen, ist offensichtlich. Vor allen Dingen verkennt der Antragsteller das Wesen einer Pauschale, das heißt eines Betrages, der gerade ohne Berücksichtigung von Details sowie des konkreten Einzelfalls zu leisten ist, und zwar unabhängig davon, ob tatsächlich höhere oder niedrigere Aufwendungen entstanden sind.

Im Übrigen zeigt der vorliegend zu entscheidende Fall in geradezu exemplarischer Weise, wie intensiv die Ressourcen der Justiz gebunden und in welchem kaum absehbaren Umfang Kosten entstehen würden, wenn wie vom Antragsteller gefordert in jedem Einzelfall zunächst einmal im Detail geprüft werden müsste, ob überhaupt Mehraufwendungen entstanden sind. Würde man tatsächlich derart verfahren, dann läge es aber nahe, die Mehraufwendungen in einem nächsten Schritt konkret zu beziffern. Aber gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber die Zahlung eines Pauschalbetrages angeordnet hat, zeigt, dass dieser seiner Gesetzgebung eine andere Verfahrensweise als vom Antragsteller gewünscht zugrunde gelegt hat.

3.

Aus alledem ergibt sich, dass der Senat der Entscheidung des AG Düsseldorf (JB 1997, 433), wonach die Pauschale nach Nr. 9003 KV-GKG nicht anfällt, wenn Akten per Kurierdienst von der Staatsanwaltschaft zum Landgericht transportiert und dort in das Anwaltsfach eingelegt werden, nicht zu folgen vermag. Ebenso wie das Amtsgericht verkennt auch das LAG Schleswig-Holstein (NJW 2004, 2510), dass Aufwendungen für die Übersendung einer Akte - wie oben dargelegt - nicht allein in Form von Transportkosten entstehen bzw. entstehen können.

4.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 66 Abs. 8 GKG

Ende der Entscheidung

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