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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 01.02.2008
Aktenzeichen: 1 U 97/07
Rechtsgebiete: BGB, PKW-EnVKV


Vorschriften:

BGB § 433
BGB § 434
PKW-EnVKV
1. Zu den rechtlichen und technischen Grundlagen und den erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen sowie zur Durchführung einer der EG-Richtlinie entsprechenden Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs eines Fahrzeuges.

2. Wird bei einem Neuwagenkauf in einem Technischen Daten-Blatt der Kraftstoffverbrauch in L/100 km "nach 1999/100/EG" dargestellt, so bedeutet dies nicht, dass diese Werte in der täglichen Fahrpraxis erreichbar sein müssen.

3. Die Unterlassung eines Hinweises auf die Besonderheiten des nach der EG-Richtlinie ermittelten Kraftstoffverbrauchs und die Unterschiede zum Kraftstoffverbrauch in der täglichen Praxis, begründet keine Haftung des Neuwagenverkäufers.


Oberlandesgericht Karlsruhe 1. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 1 U 97/07

Verkündet am 01. Februar 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Rücktritt vom Kaufvertrag

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2008 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 5. April 2007 - 1 O 326/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger (Inhaber eines Unternehmens, das den Verkauf und Service von Landmaschinen und Reinigungsmaschinen zum Gegenstand hat) verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein neues Kraftfahrzeug.

Er hat mit Vertrag vom 19.05.2006 das Fahrzeug Opel Combo CDTI Transporter von der Firma A. geleast, das er zuvor bei der Beklagten ausgesucht und bestellt hatte. Die Leasinggeberin hat in Ziffer VII Nr. 1 des Leasingvertrages sämtliche Mängel- und Garantieansprüche an den Kläger abgetreten, der die Abtretung angenommen hat.

Die Leasinggeberin hatte das Fahrzeug zu einem Preis von brutto 13.097,77 Euro von der Beklagten gekauft. Dem Kaufvertrag lag unstreitig die Technische Betriebsanleitung zugrunde, auch Technisches Datenblatt genannt. In Ziffer 6 "Technische Daten" ist der Kraftstoffverbrauch in l/100 km nach 1999/100/EG wie folgt angegeben:

innerstädtisch: 6,6 - 6,8

außerstädtisch: 4,4 - 4,6

gesamt: 5,2 - 5,4

Darunter befindet sich der Hinweis:

"Alle Werte beziehen sich auf das EU-Basismodell mit serienmäßiger Ausstattung. Die Verbrauchsermittlung nach Richtlinie 1999/100/EG berücksichtigt das in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift festgelegte Fahrzeugleergewicht. Zusätzliche Ausstattungen können zu geringfügig höheren als den angegebenen Verbrauchs- sowie CO2-Werten führen. Sie können außerdem das Leergewicht und in manchen Fällen auch die zulässigen Achslasten sowie das zulässige Gesamtgewicht erhöhen bzw. die zulässige Anhängelast reduzieren. Folglich können sie die Höchstgeschwindigkeit vermindern und die Beschleunigungszeit erhöhen. Die angegebenen Fahrleistungen sind erreichbar bei Leergewicht (ohne Fahrer) plus 200 kg Zuladung."

Das Fahrzeug wurde am 13.07.2006 ausgeliefert. Nach etwa 700 km hat der Kläger den Kraftstoffverbrauch getestet und für zu hoch empfunden. Mit Schreiben vom 25.08.2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass der Kraftstoffverbrauch 20 % über den angegebenen Werten liege. Mit Schreiben vom 27.10.2006 wurde die Beklagte zur Nacherfüllung aufgefordert bis 10.11.2006. Die Beklagte teilte im Schreiben vom 06.11.2006 mit, dass der Kraftstoffverbrauch in der zulässigen Toleranz liege. Hierauf erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 09.11.2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag, den die Beklagte am 16.11.2006 abgelehnte. Der Kläger hat behauptet, er habe nach seinem Verbrauchstest nach 700 km auf den nächsten 2.400 km einen Kraftstoffverbrauch von 8 l im Durchschnitt festgestellt. Der bei der Beklagten zuständige Meister habe ihm erklärt, dies werde sich nach ca. 5.000 km normalisieren. Danach habe er aber immer noch einen Kraftstoffverbrauch von 6,7 l und 7,2 l/100 km festgestellt. Auch der Mitarbeiter M. der Beklagten, der das Fahrzeug längere Zeit gefahren habe, habe einen Kraftstoffverbrauch von 6,8 l/100 km festgestellt. Damit liege der tatsächliche Verbrauch ca. 20 % über den angegebenen Daten in der Technischen Betriebsanleitung, was einen Sachmangel darstelle. Sein Fahrverhalten sei durchschnittlich. Die eingebaute Klimaanlage rechtfertige ein Abweichen von den Normwerten nicht. Im Herstellerprospekt werde nicht deutlich auf mögliche Abweichungen im tatsächlichen Gebrauch hingewiesen. Einem Durchschnittskunden könne auch nicht zugemutet werden, die EG-Richtlinie heranzuziehen, um festzustellen, dass es in dieser um Laborwerte gehe. Der Mangel liege darin, dass das Fahrzeug einen tatsächlichen Verbrauch aufweise, der etwa 20 % über den im Technischen Datenblatt angegebenen Werten liege. Da es nicht auf Laborwerte, sondern auf den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch ankomme, werde einer Beweiserhebung und Zugrundelegung der EG-Messrichtlinie daher ausdrücklich widersprochen. Das Fahrzeug sei inzwischen ca. 8.000 km gefahren, weshalb ein Nutzungsvorteil von 0,4 % je 1.000 km des Anschaffungspreises anzurechnen seien. Dies seien 3,2 %, somit 419,13 Euro, die in Abzug zu bringen seien.

Der Kläger begehrt zudem Ersatz von Rechtsanwaltsgebühren wie folgt:

 Gegenstandswert: 16.109,96 Euro
Geschäftsgebühr §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG 0,65 393.90 Euro
Zwischensumme der Gebührenpositionen 393,90 Euro
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Zwischensumme netto 413,90 Euro
16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 66,22 Euro
Gesamtbetrag 480,12 Euro

Der Kläger hat - nach teilweiser Klagerücknahme in Höhe von 3.431,32 EUR - beantragt:

Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an die Firma A. 12.678,64 Euro nebst 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Zustellung der Klagschrift zu bezahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw Marke Opel Combo CDTI Transporter 74 kW/1686 ccm.

Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an den Kläger 480,12 Euro zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, zur Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht verpflichtet zu sein. Das Fahrzeug weise keinen Mangel auf. Der vom Kläger behauptete höhere Kraftstoffverbrauch im tatsächlichen Gebrauch, der bestritten werde, könne nicht mit dem im Technischen Betriebsblatt angegebenen Verbrauch gleichgesetzt oder verglichen werden. Bei letzteren Daten handele es sich um Werte, die im Labor ermittelt worden seien, was sich aus dem Hinweis auf die zugrunde liegende EG-Richtlinie deutlich ergebe.

Der Kläger behaupte nicht, dass die Laborwerte des streitgegenständlichen Fahrzeugs höher lägen als die im Technischen Datenblatt angegebenen. Der tatsächliche Verbrauch, der üblicherweise um 20 bis 60 % höher als die Laborwerte sei, resultiere aus einer Fülle individueller Faktoren wie zum Beispiel Fahrstil, Verkehrsdichte, Verkehrsfluss, Gelände, Witterung, Fahrzeugausstattung etc.

Die Beklagte hält die Nutzungsvorteile für zu niedrig angegeben. Auszugehen sei von 0,67 % pro gefahrener 1.000 km.

Mit Urteil vom 05.04.2007, auf dessen Gründe wegen der Feststellungen und der sonstigen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor.

Für die Frage, ob ein Sachmangel vorgelegen habe, der zum Vertragsrücktritt berechtige, komme es auf die tatsächlichen Verbrauchswerte des Fahrzeugs an. Nach den Angaben im technischen Datenblatt habe er erwarten dürfen, dass das Fahrzeug einen den darin enthaltenen Angaben entsprechenden tatsächlichen Durchschnittsverbrauch erreichen werde.

Die Beklagte habe trotz des Verweises auf die EG-Richtlinie ein Fahrzeug geschuldet, das die im Prospekt genannten Werte tatsächlich auch in der Praxis erreiche.

Das Landgericht sei verpflichtet gewesen, Beweis über den tatsächlichen Verbrauch des Fahrzeugs zu erheben. Jedenfalls bestreite der Kläger unter Beweisantritt nicht nur eine Abweichung des tatsächlichen Verbrauchs sondern auch der Laborwerte dieses Fahrzeuges von den im technischen Datenblatt angegebenen Werten.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Landgerichtsurteils nach den erstinstanzlich gestellten Antragen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, verteidigt das Landgerichtsurteil und trägt ergänzend vor:

Das Landgericht habe angesichts des Klägervortrags rechtsfehlerfrei von einer Beweiserhebung abgesehen. Der Kläger relativiere nunmehr seinen Vortrag, um eine Beweiserhebung zu erreichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Berufungsgericht hat - nach Erteilung rechtlicher Hinweise und Gewährung rechtlichen Gehörs - Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, das Dipl.-Ing. (FH) H. am 5.11.2007 schriftlich erstattet hat und auf das Bezug genommen wird.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger ist nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB), so dass ihm ein Recht auf Rückabwicklung nach § 346 BGB nicht zusteht. Der Kläger vermochte nicht zu beweisen, dass das von ihm geleaste Fahrzeug einen Sachmangel gemäß § 434 BGB aufweist.

Der mit der Schuldrechtsmodernisierung eingeführte neue Sachmangelbegriff stellt formal nicht mehr auf Fehler und das Fehlen zugesicherter Eigenschaften ab, sondern auf die vereinbarte Beschaffenheit (und nur, wenn eine solche Vereinbarung fehlt, auf objektive Umstände (vgl. hierzu auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl. § 434 Rdnr. 1 m.w.N.)).

Ein Sachmangel liegt somit unter anderem dann vor, wenn das erworbene Neufahrzeug bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Beschaffenheit ist hierbei mit dem tatsächlichen Zustand der Sache gleichzusetzen. Das umfasst die der Sache anhaftenden Eigenschaften wie zum Beispiel Motorkraft, Höchstgeschwindigkeit oder Energie- bzw. Kraftstoffverbrauch (z.B. OLG München NJW 1987, 3012; OLG Zweibrücken DAR 1984, 87 ff zum alten Kaufrecht). Hieran hat sich durch die Neuregelung des Schuldrechts nichts geändert. Vereinbart ist die Beschaffenheit, wenn der Inhalt des Kaufvertrages von vornherein oder nachträglich die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in dem Zustand zu übereignen und zu übergeben, wie ihre Beschaffenheit im Vertrag festgelegt ist.

1. Unstreitig lag den Kaufvertragsverhandlungen das Technische Datenblatt zugrunde, in welchem sich Angaben zum Kraftstoffverbrauch finden, so dass von einer Vereinbarung auszugehen ist.

Vereinbart waren im konkreten Fall die Daten im Technischen Datenblatt so, wie sie nach der dort erwähnten EG-Richtlinie errechnet wurden. Es findet sich nämlich der Hinweis: "Die Verbrauchsermittlung nach Richtlinien 1999/100/EG..." . Damit wurden die Verbrauchszahlen Vertragsinhalt, die mittels der in der Richtlinie 1999/100/EG normierten Messmethode - das heißt im Laborversuch - ermittelt wurden. Dem Kläger als Erklärungsempfänger war damit jedenfalls erkennbar, dass die Herstellerangaben auf einer verobjektivierenden Grundlage beruhen und dass sich der bei der individuellen Fahrweise erzielte Kraftstoffverbrauch mit den angegebenen Werten nicht decken musste (vgl. hierzu BGHZ 136, 94 ff).

Auf den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch im normalen Betrieb kann daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht abgestellt werden - auch wenn der Käufer eines Neuwagens mehr an den Angaben über den tatsächlichen Kraftstoffverbrauch interessiert sein mag (vgl. BGH a.a.O.).

Der Kläger hat nicht behauptet und unter Beweis gestellt, dass die Kaufvertragsparteien entgegen dem Wortlaut des Vertrages - gegebenenfalls mündlich - tatsächliche Verbrauchswerte zugrunde gelegt haben und nicht - wie augenscheinlich - Laborwerte nach der EG-Richtlinie.

Selbst wenn der Kläger, wie er behauptet, bzw. die Leasinggesellschaft als Kaufvertragspartnerin, über die Funktion der EG-Richtlinie nicht aufgeklärt wurde, kann dies nicht dazu führen, die der Beklagten zuzurechnenden Erklärungen in einem mit dem erkennbar Gewollten unvereinbaren Sinne auszulegen. Entgegen der Auffassung des Klägers schuldete die Beklagte nicht - trotz ihres Hinweises auf die Verbrauchsermittlung nach der EG-Richtlinie - die Auslieferung eines Fahrzeuges, das die genannten Werte in der Praxis auch tatsächlich erzielt.

2. Es kommt also nicht darauf an, ob das Fahrzeug im täglichen Gebrauch einen höheren Kraftstoffverbrauch hat als im Technischen Datenblatt ausgewiesen, sondern darauf, ob das Fahrzeug unter Zugrundelegung der in der EG-Richtlinie normierten Messmethode einen höheren Kraftstoffverbrauch als angegeben aufweist.

Das Ergebnis der im Berufungsverfahren hierzu durchgeführten Beweisaufnahme hat unterstrichen, dass der Kläger nicht zum Rücktritt des Kaufvertrages berechtigt war und ist.

Der Kläger behauptete, der Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs Opel Combo 1,7 CDTI, liege um 20 % über den Prospektangaben, die wie folgt lauten:

Innerstädtisch: 6,6 bis 6,8 Liter pro 100 Kilometer

Außerstädtisch: 4,4 bis 4,6 Liter pro 100 Kilometer

Gesamt: 5,2 bis 5,4 Liter pro 100 Kilometer

Über diese Behauptung wurde auf Antrag des Klägers gemäß § 358a ZPO Beweis erhoben werden durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens. Dem Sachverständigen wurde aufgegeben, den Verbrauch des genannten Fahrzeugs durch Messungen nach Maßgabe der Richtlinie 80/1268/EWG in der Fassung der Richtlinie 1999/100/EG zu ermitteln.

Auf der Grundlage der Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen steht zur Überzeugung des Gerichts fest:

a) (Grundlagen) In der Europäischen Union erfolgt seit dem 01.01.1996 die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen nach der EG-Richtlinie 80/1268/EWG in verschiedenen Fassungen entsprechend der erforderlichen Anpassung der Weiterentwicklung der Fahrzeuge.

Hierzu wird mit dem zu messenden Fahrzeug ein genormter und eng definierter Fahrzyklus auf einem Rollenprüfstand abgefahren und die Abgasemission gemessen. Über die gemessene Abgasemission wird der Kraftstoffverbrauch berechnet. Der Fahrzyklus und die Vorgehensweise bei der Messung selbst ist in der Anlage 1 des Anhangs III der Richtlinie 91/441/EWG "Richtlinie 91/441/EWG des Rates vom 26.06.1991 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen" beschrieben.

Vor der eigentlichen Kraftstoffverbrauchsmessung werden die Fahrtwiderstände (Roll- und Luftwiderstand des Fahrzeuges) auf der Straße exakt ermittelt und dokumentiert. Diese meist vom Hersteller ermittelten Werte werden auf den Rollenprüfstand übertragen und dort vor Beginn der Messung nochmals überprüft.

Der durchzuführende Fahrzyklus besteht aus einem City-Zyklus (städtische Bedingungen) und einem Überland-Zyklus (außerstädtischen Bedingungen). Das Gesamtergebnis berechnet sich unter der Berücksichtigung der zurückgelegten Fahrtstrecken des innerorts- und außerortsbezogenen Fahrzyklus.

Die bei den Messungen vorherrschende Umgebungstemperatur ist vorgegeben und wird bei den Messungen überprüft. Kaltstartbedingungen und Beschleunigungen und Verzögerungen werden erfasst und entsprechend interpoliert. Die rechtlich verbindlichen Kraftstoffverbrauchsmessungen werden von Prüflaboratorien durchgeführt, die von dem Kraftfahrtbundesamt zertifiziert sein müssen.

Bezüglich des Realitätsbezuges des genormten Fahrzyklusses auf dem Rollenprüfstand gilt Folgendes:

Der durchzuführende Fahrzyklus realisiert reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse, die aus Sicht der Fahrzeughersteller Entwicklungssicherheit bieten. Auch zur Durchführung von Diagnosen ist der vorgegebene Fahrzyklus relevant, da während des Fahrzyklusses Diagnosen zu einem vorgegebenen Ergebnis kommen müssen.

Die genormten Fahrzyklen sollen Durchschnittsprofile darstellen, um die Fahrzeuge untereinander respektive von Prospekt zu Prospekt vergleichen zu können.

Eine Übereinstimmung mit dem Nutzungsprofil des Kunden ist in den meisten Fällen nicht gegeben, insbesondere dann, wenn viele Kurzstrecken und Stadtverkehr auftreten oder ein großer Anteil der Fahrtstrecken auf Autobahnen in hoher Geschwindigkeit zurückgelegt wird. Weiterhin ist zu beachten, dass die Zunahme der elektrischen Antriebe und Einrichtungen zur Erhöhung des Komforts in den Fahrzeugen und Einrichtungen, die der Sicherheit und der Unterhaltung dienen Einfluss auf den Verbrauch ausüben und somit die Prospektangaben im realen Betrieb nur schwer erreichbar sind. Innerhalb der durchzuführenden Fahrzyklen werden Zusatzverbraucher, wie z. B. die Klimaanlage nicht berücksichtigt.

b) Bei dem der Prüfung unterzogenen streitgegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um folgenden Typ.

Fahrzeugart: Lkw geschlossener Kasten

Fahrzeughersteller: Opel

Typ: BF 11

Verkaufsbezeichnung: Combo-C-VAN

Kraftstoffart: Diesel

Bezeichnung der nationalen

Emissionsklasse: 98/69/EGII;B

Leistung / Hubraum: 74 kW / 1686 ccm

Getriebe: Schaltgetriebe 5-Gang

Montierte Reifen: 185/60 R15 88H, Dunlop SP Sport

Der Kraftstoffverbrauch beläuft sich nach Herstellerangaben auf:

Städtisch: 6,6 Liter pro 100 Kilometer

Außerstädtisch: 4,4 Liter pro 100 Kilometer

Gesamt: 5,2 Liter pro 100 Kilometer

Diese Werte wurden der Betriebsanleitung des Fahrzeuges entnommen.

Geringfügig abweichend ergeben sich die Werte aus dem Prospekt des Fahrzeuges wie folgt:

Kraftstoffverbrauch in Liter pro 100 Kilometer nach 1999/100/EG:

Städtisch: 6,6 bis 6,8

Außerstädtisch: 4,4 bis 4,6

Gesamt: 5,2 bis 5,4

c) (Vorbereitungen).

Als Grundlage für die mit dem Fahrzeug durchzuführenden Labormessungen zählt aus technischer Sicht die weitest gehende Übereinstimmung des Fahrzeuges mit den Herstellervorschriften. Um dies zu gewährleisten, ist die Durchführung eines Wartungsdienstes einschließlich aller hierbei erforderlichen Prüfarbeiten vor den Messungen erforderlich. Gegenstand des Wartungsdienstes ist weiterhin das Erneuern verschiedener Verschleißteile, wie beispielsweise den Filterelementen. Hierdurch soll technisch folgerichtig ausgeschlossen werden, dass eine Beeinflussung der Verbrauchsdaten durch mangelhafte Wartung des Fahrzeuges stattfinden kann. Als weiterer Bestandteil des Wartungsdienstes zählt die Fehlerspeicherauslese. Moderne Fahrzeuge werden hinsichtlich ihrer fahrbetrieblichen und emissionsrelevanten Bedingungen durch fahrzeugeigene Steuergeräte permanent überwacht.

Ein von Herstellerdaten abweichender Mehrverbrauch eines Fahrzeuges kann aus technischer Sicht auch mit einer Veränderung des Abgasverhaltens einhergehen und wurde dementsprechend berücksichtigt.

Eventuelle sporadische oder dauernd auftretende Fehler werden entsprechend in den Speichern der Steuergeräte abgelegt und können anlässlich des Wartungsdienstes innerhalb einer Diagnose ausgelesen werden.

Mithin ist erst in der Kenntnis, dass keine Fehler abgespeichert sind, aus technischer Sicht von einer einwandfreien Funktion des Fahrzeugsystems auszugehen.

Um eventuelle Störeinflüsse, wie erhöhte Fahrtwiderstände durch das Fahrwerk ebenfalls ausschließen zu können, wurde das Fahrzeug im Rahmen des Wartungsdienstes zusätzlich optisch vermessen.

Diese Verfahrensweise gewährleistet technisch aussagekräftige Messdaten auf Grundlage eines nachvollziehbaren ordnungsgemäßen Fahrzeugzustandes.

d) (Durchführung der Kraftstoffverbrauchsmessung)

Die Vorbereitungen zu der Kraftstoffverbrauchsmessung umfassten danach Arbeiten zur Herstellung der Übereinstimmung des Fahrzeuges mit den Herstellervorschriften und zur Gewährleistung dessen ordnungsgemäßem Zustandes. Nach einer Umbetankung des Fahrzeuges mit Prüfkraftstoff wurden im Labor im Vorfeld der gegenständlichen Messung definierte Fahrzyklen durchfahren, um eventuell wirkende Einflüsse zu minimieren, die durch eventuell vorangegangene unübliche Fahrtvorgänge nicht auszuschließen sind. Die folgende eigentliche Kraftstoffverbrauchsmessung vollzog sich in einer Klimakammer nach mehrstündiger Konditionierung des Fahrzeuges, mithin nach der Anpassung an die Vorgaben bezüglich der Temperaturbedingungen. Die Räder ruhten auf Rollenprüfständen, die der Ermittlung der Fahrzeuggeschwindigkeit dienen und somit dem durchführenden Laboringenieur die Möglichkeit schafften den Fahrzyklus in der definierten Form durchfahren zu können.

Das entstandene Abgas bei der Kraftstoffverbrauchsmessung wurde über die gesamte Testdauer aufgefangen und analysiert. Aus den enthaltenen Kohlenstoffatomen wurde über chemisch/mathematische Formelzusammenhänge der Kraftstoffverbrauch auf 1/100 Liter je 100 Kilometer genau ermittelt. Gleichzeitig konnte die Emission an Kohlendioxid in Gramm je Kilometer berechnet werden.

Erst die Übereinstimmung aller dieser Parameter beim jeweiligen Einzelfahrzeug bewirkt demnach aus technischer Sicht die Vergleichbarkeit von Verbrauchswerten verschiedener Fahrzeuge untereinander, wie sie beispielsweise in den Verkaufsprospekten oder den Übereinstimmungserklärungen angegeben werden.

Die Bestandteile des Fahrzyklusses, seine Stillstands-, Beschleunigungs- und Endgeschwindigkeitswerte in ihrer Abfolge dienen nicht der Reproduzierbarkeit für den Vergleich mit dem Realverkehr.

Messergebnisse:

Die gemäß EWG-Richtlinien durchgeführte Kraftstoffverbrauchsmessung ergab folgende aufgeführte Werte des streitgegenständlichen Fahrzeuges:

Innerstädtisch: 6,76 Liter pro 100 Kilometer

Außerstädtisch: 4,47 Liter pro 100 Kilometer

Gesamt: 5,31 Liter pro 100 Kilometer

Im Vergleich zu den Hersteller- bzw. Prospektdaten lag weder in der innerstädtischen Phase noch in der außerstädtischen Phase noch im Gesamtverbrauch ein Mehrverbrauch des streitgegenständlichen Fahrzeuges vor.

3. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen wollte, dass vorliegend gar keine Beschaffenheit vereinbart wurde, so dass es allein auf objektive Umstände ankommen würde, womit die Anwendbarkeit des § 434 Absatz 1 Satz 2 und 3 BGB eröffnet wäre, so änderte dies im Ergebnis nichts. § 434 Absatz 1 Satz 3 BGB führt dazu, dass öffentliche Äußerungen des Herstellers eines Neufahrzeuges dem Verkäufer zurechenbar sein können. Entgegen der Auffassung des Klägers enthalten jedoch die "Werksangaben" zum Kraftstoffverbrauch weder unrichtige noch haftungsbegründende irreführende Angaben. Auch wenn es sicherlich im Sinne eines weiter gehenden Verbraucherschutzes wünschenswert wäre, wenn in deutlicher Form bei den Angaben zum Kraftstoffverbrauch auf die Besonderheiten der Ermittlung und den Unterschied zum Verbrauch in der täglichen Praxis auf der Straße hingewiesen würde, so ist ein solcher Hinweis doch zivilrechtlich nicht unverzichtbar und seine Unterlassung nicht haftungsbegründend. Dies gilt umso mehr, als die Vorschriften über die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Angaben sehr detailliert sind und wenig Spielraum zuzulassen scheinen: Zum 1.11.2004 ist die Energieverbrauchs-Kennzeichnungs-Verordnung (Pkw EnVKV) in Kraft getreten. Sie schreibt vor, dass alle Hersteller, Importeure und Händler verpflichtet sind, Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die C02-Emmissionen zu machen, wenn sie neue Kraftfahrzeuge ausstellen, zum Verkauf oder Leasing anbieten oder für diese werben. Beim Kraftstoffverbrauch sind die Werte des Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert anzugeben. Bei den C02-Emmissionen sind die Angaben nur im kombinierten Testzyklus zu machen.

Den Angaben darf der Hinweis hinzugefügt werden, dass sie sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug beziehen und nicht Bestandteil des Angebots sind, sondern allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen dienen. Weil damit eine aus § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB drohende Haftung für die zu erteilenden Informationen ausgeschlossen werden soll, wird indessen die Vereinbarkeit der Pkw-EnVKV mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG bezweifelt, welche die Haftung des Verkäufers für öffentlich mitgeteilte Eigenschaften zwingend vorschreibt. Zivilrechtlich enthalte der Hinweis keine Korrektur einer unzutreffenden Information, sondern solle allein deren rechtliche Unverbindlichkeit bewirken, was eine Umgehung von § 475 BGB darstelle (vgl. dazu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl. Rdnr. 547 m.w.N.).

In den Anlagen 1 bis 4 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV werden äußerst genau die äußere Gestaltung, Form und Größe der Hinweisschilder geregelt. Die Hinweisschilder, die an den Fahrzeugen oder in deren unmittelbarer Nähe anzubringen sind, müssen DIN A 4-Format aufweisen und einheitlich wie das Formblatt in Anlage 1 Abschn. 2 zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV gestaltet sein. Darüber hinaus muss am Verkaufsort (Ausstellungsraum und ggf. auch Freifläche) deutlich sichtbar ein Aushang angebracht werden, in dem die Werte aller im Betrieb ausgestellten oder über den Betrieb beziehbaren neuen Kraftfahrzeuge aufgelistet werden. Weiterhin ist interessierten Kunden ein sog. Leitfaden zu den Verbrauchs- und Emissionswerten aller Modelle neuer Pkw, die in Deutschland angeboten oder ausgestellt werden, kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dieser Leitfaden ist mindestens einmal jährlich von den Herstellern zu aktualisieren. Angaben in der Werbung müssen auch für einen flüchtigen Leser leicht verständlich, gut lesbar und nicht weniger hervorgehoben sein als der Hauptteil der Werbebotschaft. Ein Hinweis durch "Sternchen" genügt nicht. Verstöße werden gemäß § 7 Pkw-EnVKV als Ordnungswidrigkeiten geahndet. Die von der Pkw-EnVKV vorgeschriebenen Angaben haben einen wettbewerbsrelevanten Wertgehalt. Wer die Angabepflichten missachtet, muss damit rechnen, auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Mit solchen Ansprüchen wurden ahnungslose Händler alsbald nach In-Kraft-Treten der Verordnung konfrontiert, weil sie sich noch nicht darauf eingestellt hatten. Ihnen stand § 8 Pkw-EnVKV zur Seite, der eine Schonfrist von 3 Monaten für die Weiterverwendung vorhandenen Werbematerials zubilligte (Reinking/Eggert, a.a.O.).

Unter diesen Gegebenheiten ist es jedenfalls im Hinblick auf die kaufvertragliche Haftung nicht zu beanstanden, wenn Händler und Hersteller auf eine freiwillige nähere Erläuterung ihrer Angaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Gehalt verzichten. Die Angabe des nach der Richtlinie ermittelten Verbrauchs ist für den Verbraucher auch nicht völlig wertlos. Zwar muss er damit rechnen, dass der tatsächliche Verbrauch erheblich höher liegt. Das Messverfahren ermöglicht es ihm aber, verschiedene in Frage kommende Modelle auf objektivierter Basis zu vergleichen und sich für dasjenige Modell zu entscheiden, das den geringsten Verbrauch aufweist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe, die Revision zuzulassen, lagen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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