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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: 11 Wx 57/00
Rechtsgebiete: FEVG, FGG


Vorschriften:

FEVG § 16
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 4

Entscheidung wurde am 28.06.2004 korrigiert: Orientierungssatz in die richtige Reihenfolge gesetzt
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 11. Zivilsenat

11 Wx 57/00 11 T 117/00 3 XIV 18/99

Karlsruhe, 29. Mai 2000

Freiheitsentziehungsverfahren

Beschluß

Tenor:

Nachdem sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt hat, wird über die Kosten wie folgt entschieden:

Die Auslagen des Betroffenen sind nicht zu erstatten.

Das gerichtliche Verfahren auf Verlängerung der Abschiebungshaft bis 30. April 2000 ist - in allen Instanzen - gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Der Betroffene ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am 18.05.1996 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte Asylantrag, der durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 09.10.1996 abgelehnt wurde. Zugleich wurde dem Betroffenen eine Ausreisefrist von einem Monat gesetzt und ihm für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes die Abschiebung angedroht. Die hiergegen gerichtete Klage wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts - rechtskräftig - abgewiesen.

Nachdem der Betroffene am 19.10.1999 von der Polizei festgenommen worden war, ordnete das Amtsgericht mit Beschluß vom selben Tage Abschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten an. Die Abschiebungshaft wurde im Anschluß hieran wiederholt verlängert, und zwar bis 12.03.2000, 17.03.2000, 31.03.2000 und zuletzt durch Beschluß des Amtsgerichts vom 29.03.2000 bis 30.04.2000. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen ist vom Landgericht durch Beschluß vom 13.04.2000 zurückgewiesen worden. Hiergegen hat der Betroffene durch Anwaltsschriftsatz vom 18.04.2000, beim Oberlandesgericht eingegangen am 19.04.2000, sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Nachdem am 25.04.2000 ein weiterer Abschiebungsversuch gescheitert war, wurde der Betroffene aufgrund einer Freilassungsweisung der Ausländerbehörde am 27.04.2000 aus der Abschiebungshaft entlassen. Der Betroffene hat daraufhin sein Rechtsmittel auf den Kostenpunkt beschränkt und beantragt, der antragstellenden Behörde seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

II.

Nachdem sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt und der Betroffene sein Rechtsmittel auf den Kostenpunkt beschränkt hat, ist nur noch über die Frage des Auslagenersatzes (§ 16 FEVG) und über die Tragung der Gerichtskosten zu entscheiden. Auslagenersatz kann der Betroffene nicht verlangen. Gerichtskosten sind nicht angefallen.

1. Ob dem Betroffenen die ihm entstandenen Auslagen zu erstatten sind, beurteilt sich nach § 16 Satz 1 FEVG (in entsprechender Anwendung), der als Sonderregelung der allgemeinen Bestimmung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG vorgeht (BGHZ 131, 185, 188). Danach sind die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Gebietskörperschaft, der die Ausländerbehörde angehört, nur dann aufzuerlegen, wenn das Verfahren ergeben hat, daß ein begründeter Anlaß zur Stellung des Haftantrages nicht vorlag, d.h., wenn das Gericht aufgrund des Verfahrensstandes bei Eintritt der Hauptsacheerledigung zu der Überzeugung gelangt, daß die Ausländerbehörde keinen objektiv begründeten Anlaß zur Antragstellung hatte (Senatsbeschluß vom 12.10.1998 - 11 Wx 70/98 -; BayObLG NVwZ Beil. 5/1998 S. 55).

Nach diesem Maßstab bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg; denn es läßt sich nicht feststellen, daß die Ausländerbehörde keinen objektiv begründeten Anlaß zur Antragstellung hatte.

a) Da sich der Betroffene seit 19.10.1999 in Abschiebungshaft befindet setzte die Verlängerung der Abschiebungshaft bis 30.04.2000, also über die 6Monatsfrist des § 57 Abs. 3 Satz 1 AuslG voraus, daß der Betroffene seine Abschiebung in der Vergangenheit verhindert hat (§ 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG).

b) Amts- und Landgericht haben hierzu festgestellt, die für den 17.03.2000 geplante Abschiebung sei gescheitert, weil der Betroffene Widerstand angekündigt und sich der Pilot geweigert habe, den Betroffenen mitzunehmen. Das Amtsgericht stellt darüber hinaus fest, die Fluggesellschaft habe es abgelehnt, den Betroffenen zu befördern, nachdem ein Kamerateam des... die Abschiebung habe filmen wollen.

Diese Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Betroffene habe am 17.03.2000 seine Abschiebung verhindert. Ein Verhindern der Abschiebung im Sinne von § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG liegt nur vor, wenn das Abschiebungshindernis auf einem Tun des Ausländers beruht, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf einem Unterlassen, während er zu einem Tun verpflichtet ist (KG NVwZ-Beilage 8/1995, S. 62 f.). Deshalb kann dem Betroffenen nicht angelastet werden, daß die Fluggesellschaft seine Beförderung ablehnte, nachdem ein... Kamerateam erschienen war. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Betroffene aktiven Widerstand angekündigt und sich daraufhin der Pilot geweigert hätte, ihn an Bord zu lassen. Den tatsächlichen Feststellungen der Beschlüsse des Amts- und Landgerichts läßt sich nicht entnehmen, in welcher Form und wem gegenüber der Betroffene am 17.03.2000 Widerstand angekündigt hat. Auch der übrige Akteninhalt gibt hierüber keinen Aufschluß, weshalb die Vermutung naheliegt, die diesbezüglichen tatrichterlichen Feststellungen beruhten auf dem Bericht des Bundesgrenzschutzamtes vom 17.03.2000. Dort heißt es: "Vor der Rückführungsmaßnahme kündigte der A. Widerstand gegen die Maßnahme an. Bei dem Check-in Vorgang am Flugsteig wurde festgestellt, daß ein...-Filmteam vor Ort war, um diese Maßnahme zu filmen. Diese Erkenntnisse hatte bereits die Luftfahrtgesellschaft, welche die Rückführung ablehnte. Die Maßnahme wurde abgebrochen und der A. auf hiesige Dienststelle zurück verbracht". Auch diesem Bericht läßt sich über die Art und den Zeitpunkt der Ankündigung, Widerstand leisten zu wollen, nichts entnehmen. Die Formulierung läßt Raum für die Möglichkeit, daß es sich um Äußerungen bei einem früheren Abschiebungsversuch gehandelt hat und der entscheidende Grund für den Abbruch des Abschiebungsversuchs am 17.03.2000 darin zu sehen ist, daß sich die Luftfahrtgesellschaft - nach dem Erscheinen eines Filmteams - geweigert hat, den Transport durchzuführen. Jedenfalls hätte die Frage, ob und in welcher Form der Betroffene am 17.03.2000 Widerstand angekündigt hat, näherer Aufklärung (§ 12 FGG) bedurft. Ohne das erledigende Ereignis hätte die sofortige weitere Beschwerde deshalb zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landgericht geführt.

c) Demnach ist - bezogen auf den Verfahrensstand zum Zeitpunkt der Erledigung - offen, ob die Ausländerbehörde begründeten Anlaß hatte, einen Verlängerungsantrag bis zum 30.04.2000 zu stellen. Die Voraussetzungen eine Erstattung der notwendigen Auslagen des Betroffenen durch die Ausländerbehörde sind somit nicht gegeben.

2. Andererseits steht auch nicht fest, daß die Haftverlängerung Bestand gehabt hätte und zu Lasten des Betroffenen Gerichtsgebühren angefallen sind (vgl. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 FEVG).

Ende der Entscheidung

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