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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.11.2000
Aktenzeichen: 11 Wx 88/00
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1908 i Abs. 1 S. 1
BGB § 1836 Abs. 2 S. 2
BGB § 1836 a
BGB § 1835 Abs. 3
BVormVG § 1
FGG § 56 g Abs. 5 S. 2
FGG § 69 e S. 1
1. Die Vergütung eines Rechtsanwalts als Berufsbetreuer eines vermögenden Betreuten ist an den Stundensätzen des § 1 BVormVG auszurichten (im Anschluß an BGH, B. vom 31.08.2000 - XII ZB 217/99 -).

2. Eine Überschreitung des Höchststundensatzes von 60 DM zzgl. Umsatzsteuer ist möglich, wenn die Betreuung besondere Schwierigkeiten aufweist. Ein Stundensatz von 120 DM kann aber auch bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten nicht als zu gering angesehen werden.

3. Soweit der Anwaltsbetreuer spezifisch anwaltliche Dienste leistet, für die ein anderer Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, können diese nach der BRAGO abgerechnet werden.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 11. Zivilsenat

11 Wx 88/00 2 T 29/00

Karlsruhe, 15. November 2000

In Sachen

wegen Festsetzung der Betreuervergütung

hier: sofortige weitere Beschwerde des früheren Betreuers

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, war seit dem 31.08.1998 zunächst als Kontrollbetreuer der Betroffenen, seit 22.02.1999 als (Berufs-) Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge und Aufenthaltsbestimmung bestellt. Die Betroffene ist zwischen dem 13. und 14.11.1999 verstorben. Mit Schriftsatz vom 28.12.1999 beantragte der Betreuer bezogen auf den Zeitraum 02.03.1999 bis 28.12.1999 die Festsetzung einer Vergütung von (20 Stunden à 200,00 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer =) 4.524,00 DM. Das Amtsgericht hat ihm nur (19,5 Stunden à 120,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer =) 2.714,40 DM bewilligt.

Nicht gegen die - geringfügige - Kürzung der Stundenzahl, wohl aber gegen die Herabsetzung des Stundesatzes auf 120,00 DM legte der Betreuer sofortige Beschwerde ein, die vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben ist. Mit seiner - vom Landgericht zugelassenen - sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Betreuer weiterhin das Ziel, dass ein höherer Stundensatz in Ansatz gebracht wird.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 29 Abs. 1, 56 g Abs. 5 S. 2, 69 e S. 1 FGG), aber nicht begründet.

1. Die Vorinstanzen haben zu Recht keinen höheren Stundensatz als 120,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer bewilligt.

a) Seit dem 01. Januar 1999 ist die gesetzliche Grundlage für die Vergütung von Berufsbetreuern neu geregelt. Nach §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der mit der Betreuung verbundenen Geschäfte. Diese Regelung gilt sowohl für die Betreuung vermögensloser als auch bemittelter Betreuter. Das Vormundschaftsgericht hat die Vergütung im Einzelfall im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu bestimmen. Dieses Ermessen wird in § 1836 a BGB für mittellose Betreute - und nur für diese, so BGH, Beschluss vom 31. August 2000, XII ZB 217/99, S. 8, bislang unveröffentlicht - dahin eingeschränkt, dass für aus der Staatskasse zu zahlende Vergütungen die Sätze von § 1 Abs. 1 BVormVG maßgeblich sind. Für die Höhe der Vergütung des Betreuers eines vermögenden Mündels sind diese Vergütungssätze zwar nicht verbindlich, doch stellen sie bei der Bemessung der Vergütung eine wesentliche Orientierungshilfe dar. Das bedeutet zum einen, dass die Vergütungssätze in § 1 Abs. 1 BVormVG Mindestsätze darstellen, die nicht unterschritten werden dürfen, zum anderen, dass sie im Regelfall auch bei vermögenden Betreuten angemessen sind und nur überschritten werden dürfen, wenn dies die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte ausnahmsweise gebietet (BGH, a.a.O., S. 14).

b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich verneint. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht in früheren Entscheidungen gefordert, dass berufsmäßig tätigen Vormündern auch Zeitaufwand und anteilige Bürokosten zu erstatten seien - so etwa im Urteil vom 01. Juli 1980, BVerfGE 54, 251, 275 -, doch genügten die in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Sätze von 30,00, 45,00, 60,00 DM diesem Erfordernis. Die Sätze seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (so BGH, a. a. O., S. 13, unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 16.03.2000, FamRZ 2000, 729 ff.). Das neue Recht lege fest, mit welchem Stundesatz ein Berufsbetreuer in der Regel auszukommen habe. Nach dieser Vorgabe müsse der Aufwand an Sach- u. Personalkosten eingerichtet werden (BGH, a. a. O., S. 14).

c) Der Senat bezweifelt, dass der in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG festgelegte Höchstsatz von 60,00 DM ausreicht, um auch nur die Kosten eines - teilweise - als Berufsbetreuer tätigen Rechtsanwalts zu decken (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 09.01.1998, FamRZ 1998, 698). Darauf kommt es aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht (mehr) an, weil eine generalisierende Betrachtungsweise geboten ist und "keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich (sind), dass die wirtschaftliche Existenz von Berufsbetreuern mit den Vergütungsansprüchen gegenüber der Staatskasse nicht mehr gewährleistet sei" (BGH, a. a. O., Umdruck S. 13 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschlüsse vom 15.12.1999, FamRZ 2000, 345, und vom 16.03.2000, a. a. O.). Der Senat ist über § 28 Abs. 2 FGG an diese neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gebunden.

d) Demnach kann hier in der Zubilligung eines Stundensatzes von 120,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer kein Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers gesehen werden.

aa) Die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Vergütungshöhe ist in der Rechtsbeschwerde nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob das Gericht den Tatsachenstoff vollständig gewürdigt und die Denkgesetze, Auslegungsgrundsätze sowie die Ermessensgrenzen beachtet hat.

bb) Hier ist ein Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers nicht erkennbar. Da dem Umfang der Geschäfte schon dadurch Rechnung getragen wird, dass der erforderliche Zeitaufwand mit den entsprechenden Stundensätzen abgegolten wird, kommen als maßgebliche Bemessungskriterien nach § 1836 Abs. 2 S. 2 BGB lediglich die nutzbaren Fachkenntnisse des Betreuers sowie die Schwierigkeit der Geschäfte in Betracht (BGH, a.a.O., S. 14). Die (besondere) Schwierigkeit der Geschäfte vermag dabei eine Erhöhung der Vergütung nur zu rechtfertigen, wenn sie gemessen an der Qualifikation des Betreuers, die ihrerseits bereits bei der Zuordnung eines bestimmten Stundensatzes Berücksichtigung findet, überdurchschnittlich hoch ist (BGH, a.a.O., S. 15).

Das Landgericht ist bei seinem Beschluss davon ausgegangen, dass die Betreuung "mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden" gewesen sei. Dem ist der Beschwerdeführer in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit neuem Tatsachenvortrag entgegengetreten. Er hat im einzelnen dargelegt, dass die Betreuung wegen der Zerstrittenheit der Töchter der Betroffenen und mangelnder Kooperationsbereitschaft der Beteiligten zu 2 besondere Anforderungen gestellt habe. Dieser Vortrag rechtfertigt indessen eine 120,00 DM pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer übersteigende Vergütung nicht. Abgesehen davon, dass neuer Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden, sondern allenfalls - bei Vorliegen eines Verfahrensfehlers - Anlass für eine Zurückverweisung sein kann, ist zu bemerken, dass die Berücksichtigung der behaupteten Umstände nicht zu einer höheren Vergütung führen würde. Der Senat teilt durchaus die Ansicht des Beschwerdeführers, es habe sich um einen überdurchschnittlich schwierigen Betreuungsfall gehandelt, doch ist diesem Gesichtspunkt durch die Zuerkennung einer um 100 % über dem Regelsatz für Betreuer mit abgeschlossener Hochschulausbildung liegenden Vergütung bereits ausreichend Rechnung getragen. Soweit der Beschwerdeführer spezifisch rechtsanwaltliche Dienste - für die ein anderer Betreuer einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte - geleistet hat, steht es ihm frei, Aufwendungsersatz zu verlangen und nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) abzurechnen (§ 1835 Abs. 3 BGB).

Da nur der Betreuer weitere Beschwerde eingelegt hat, kann im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot dahinstehen, ob nach dem dargelegten Maßstab des Bundesgerichtshofes nicht sogar nur ein geringerer Stundensatz hätte bewilligt werden dürfen.

Ende der Entscheidung

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