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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 01.07.2004
Aktenzeichen: 12 U 117/04
Rechtsgebiete: AHB, BBR


Vorschriften:

AHB § 1 Ziff. 1
AHB § 1 Ziff. 3
AHB § 5
Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR)
Bestimmt sich der zeitliche Deckungsumfang einer Betriebshaftpflichtversicherung nach den AHB, so ist als Schadenereignis im Sinne von § 1 Nr. 1 AHB das Verhalten des Versicherungsnehmers anzusehen, das die Haftpflicht für die spätere Schädigung ausgelöst hat.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 117/04

Verkündet am 01. Juli 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 01. Juli 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer Richterin am Landgericht von Pentz

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 30.01.2004 - 7 O 336/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger führte einen Betrieb für Schreinereiarbeiten, Montagebau und Innenausbau. Er unterhielt bei der Beklagten bis 1996 eine Betriebshaftpflichtversicherung. 1995 baute er in einem Hotel Türen ein, deren Zargen mangelhaft waren, was nach Beendigung des Versicherungsvertrages dazu führte, dass die Türen im unteren Bereich aufquollen. Der Hauseigentümer musste deshalb Mietminderungen hinnehmen, wegen welcher er den Kläger in Anspruch genommen hat.

Das Landgericht hat die Beklagte zu dem von ihr versagten Deckungsschutz verurteilt. Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungsschutz aus einer Haftpflichtversicherung.

Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 21.06.1994 bis 30.09.1996 ein Vertrag über eine Betriebshaftpflichtversicherung (Versicherungsschein Nr. HSP 30-4095695-13; Anlage K 1). Der Kläger führte einen Betrieb für Schreinereiarbeiten, Montagebau und Innenausbau. Unter anderem bezieht der Vertrag folgende Bestimmungen ein:

AHB § 1 Gegenstand der Versicherung

1. Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, dass er wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses, das den Tod, die Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen (Personenschaden) oder die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hatte, für diese Folgen auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

2. ....

3. Der Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung ausgedehnt werden auf die gesetzliche Haftpflicht wegen Vermögensschäden, die weder durch Personenschaden noch durch Sachschaden entstanden ist, sowie wegen Abhandenkommens von Sachen.

AHB § 5 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers, Verfahren

1. Versicherungsfall im Sinne dieses Vertrages ist das Schadenereignis , das Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte.

2. Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche schriftlich anzuzeigen.

In den Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) ist geregelt:

4.2 Vermögensschäden

Mitversichert ist im Rahmen des Vertrages die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers wegen Vermögensschäden im Sinne des § 1 Ziff.3 AHB aus Schadenereignissen, die während der Wirksamkeit der Versicherung eintreten.

Ausgeschlossen sind

1. Schäden, die durch vom Versicherungsnehmer (oder in seinem Auftrag oder für seine Rechnung von Dritten) hergestellte oder gelieferte Sachen oder geleistete Arbeiten entstehen;

2. ....

4.15 Mängelbeseitigungsnebenkosten

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Schäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten, und erfasst insoweit auch die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadensbeseitigung zugänglich zu machen und um den vorherigen Zustand wieder herzustellen.

Nicht gedeckt sind diese Kosten, wenn sie nur zur Nachbesserung aufgewendet werden, ohne dass ein Folgeschaden eingetreten ist. Ferner sind in jedem Falle nicht gedeckt die Kosten des Versicherungsnehmers für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst.

Im Jahr 1995 baute der Kläger im Auftrag der Firma P-GmbH in dem im Gebäude K-Straße 1-5 in S im 5. und 6. OG des Gebäudes untergebrachten Hotel 160 Türen für die Duschbäder der Hotelzimmer ein. Das Hotel ist seit Fertigstellung vermietet. Vermieterin ist die I-GmbH mit Sitz in W. Nach Beendigung des Versicherungsvertrages am 30.09.1996 zeigten sich an den eingebauten Türen Schäden an den Türblättern und -zargen, da diese im unteren Bereich aufquollen. Ab dem Jahre 1998 minderte der Hotelbetreiber, die R-GmbH & Co. KG, die Miete für das Hotel. Die Vermieterin, die I- GmbH, klagte die geminderte Miete vom Mieter des Hotels ein. Im Rahmen dieses Rechtsstreits, der im Jahre 1998 bis 2002 vor dem Landgericht Mannheim (Az. 21 a O 51/98) geführt wurde, verkündete die I-GmbH dem Kläger mit Schriftsatz vom 22. Februar 2000, der dem Kläger am 25.02.2000 zugestellt wurde, den Streit. Der Kläger trat dem Rechtsstreit nicht bei. Mit Urteil vom 21.09.2001 gab das Landgericht der Klage der I-GmbH überwiegend statt, billigte der dortigen Beklagten jedoch ein Minderungsrecht in Höhe von 1 % des Pachtzinses, das heißt in Höhe von monatlich € 494,25 aufgrund der aufgequollenen Türzargen zu. Das Urteil ist seit März 2002 rechtskräftig.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2000, zugestellt an den Kläger 02.03.2000, leitete die I- GmbH ein selbständiges Beweisverfahren gegen den Kläger des vorliegenden Rechtsstreites ein, welches vor dem Landgericht Mannheim (9 OH 3/00) geführt wurde. Das Gutachten im Beweissicherungsverfahren kam zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger verwendeten Materialien für die von ihm erstellten Türzargen für Hotelbadezimmer, die in besonderem Maße unkontrollierten Wasseraustritten ausgesetzt sind, grundsätzlich ungeeignet sind.

Die I-GmbH trat ihre Ansprüche gegen den Kläger an die P- GmbH ab. Diese forderte den Kläger erfolglos zum Austausch der Türen auf. In dem anschließend zwischen der P- GmbH und dem Kläger beim Landgericht Mannheim geführten Rechtsstreit (9 O 344/03) schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich der Kläger verpflichtete, an die P- GmbH einen einmaligen Betrag in Höhe von € 10.000,00 zu zahlen. Die mangelhaften Zargen sind bis heute nicht ausgetauscht.

Mit Schreiben vom 05.04.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Deckungsschutz. Die Beklagte erhielt hierdurch erstmals Kenntnis, dass gegen den Kläger Schadensersatzansprüche aufgrund mangelhafter Türzargen geltend gemacht wurden. Die Beklagte lehnte die Deckungsübernahme ab.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass eine Eintrittspflicht der Beklagten auch dann zu bejahen sei, wenn der Schadenseintritt erst nach Ablauf des Versicherungsvertrages zutage getreten sei, da allein entscheidend sei, dass der Zeitpunkt des Kausalereignisses in die Versicherungszeit falle. Kausalereignis sei vorliegend der Einbau der Türen im Jahre 1995, das damit noch während des bestehenden Versicherungsverhältnisses liege.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 7.908,01 zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der geänderten Klage zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die gegen den Kläger gerichteten Haftpflichtansprüche wegen Mangelfolgeschäden aus dem Einbau von Türen im Hotelgebäude ... Haftpflichtversicherungsdeckung zu gewähren.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellung Bezug genommen wird, hat der Zahlungsklage stattgegeben von € 7.908,01 und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die gegen den Kläger gerichteten Haftpflichtversicherungsansprüche wegen Mangelfolgeschäden aus dem Einbau von Türen im Hotelgebäude ...., soweit diese durch den zwischen den Parteien geschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag, Versicherungsschein-Nr. HSP 30-4095692-13, von der Beklagten zu tragen sind, Haftpflichtversicherungsdeckung zu gewähren.

Das Landgericht hat ausgeführt, dass im vorliegenden Falle Deckungsschutz zu gewähren sei, weil für die Bestimmung des Schadenereignisses gemäß § 1 AHB auf den Einbau der ungeeigneten Türen Anfang 1995 (Kausalereignis) abzustellen sei. Ein Unternehmer, der eine Haftpflichtversicherung der vorliegenden Art abschließe, habe ein berechtigtes Interesse und erwarte auch, dass in allen Fällen, in denen das haftungsbegründende Ereignis in den Haftungszeitraum falle, der Versicherer vollen Versicherungsschutz gewähre, und zwar auch dann, wenn die schädigenden Folgen erst nach Vertragsablauf hervortreten würden. Vorliegend sei auch keine Obliegenheitsverpflichtung des Klägers gegeben. Denn auch bei grober Fahrlässigkeit bliebe der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt habe. So liege der Fall hier. Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Bei den gegen den Kläger geltend gemachten Regressansprüchen wegen Mietminderung handele es sich auch um einen von der Beklagten zu ersetzenden Schaden. Denn es handelte sich um Vermögensschäden, die durch - und nicht nur an - vom Versicherungsnehmer hergestellten oder gelieferten Sachen entstanden seien.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese beantragt,

das Urteil des Landgerichts Heidelberg abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führt aus, der Haftpflichtfall sei erst in der Feststellung der Beschädigung an den Türen zu sehen. Die zugrundezulegenden AHB stellten auf das Folgeereignis ab. In § 1 AHB werde ausdrücklich auf das Schadenereignis abgestellt, was auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer bedeute, dass nicht die Ursache, sondern das Folgeereignis gemeint sei. Das Unterlassen der Schadensanzeige sei auch vorsätzlich erfolgt, so dass sie von ihrer Leistung frei sei. Bei der geltend gemachten Mietminderung handele es sich um einen Vermögensschaden, der mit dem Sachschaden unmittelbar zusammenhänge und deshalb nicht ersatzfähig sei.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Der Versicherungsfall im Sinne von §§ 1 Ziff.1 u. 3, 5 Ziff. 1 AHB ist gegeben. Der Kläger hat im Rahmen seines Schreinereiunternehmens fehlerhafte Türzargen eingebaut, die bei einem Dritten zu Vermögenseinbußen geführt haben, wegen deren Ausgleich gegen den Kläger aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen Ansprüche geltend gemacht werden.

2. Die Haftpflichtangelegenheit fällt auch unter den zeitlichen Deckungsumfang der abgeschlossenen Haftpflichtversicherung. Der Kläger begehrt Deckung für Schäden, die unstreitig erst nach Beendigung des Betriebshaftpflichtversicherungsvertrages mit der Beklagten zu Tage getreten sind und wegen welcher er auch erst nach Ende des Versicherungsverhältnisses als Haftpflichtiger in Anspruch genommen wird. Da der Versicherungsschutz gemäß § 1 Ziff. 1 AHB daran angeknüpft wird, dass das Schadenereignis, das die Haftung auslösen soll, während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten ist, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, was unter "Schadenereignis" im Sinne der vereinbarten Bedingungen zu verstehen ist. Welche Bedeutung dem Begriff "Schadenereignis " beizumessen ist, ist durch Auslegung der dem konkreten Versicherungsvertrag jeweils zugrundegelegten Allgemeinen oder Besonderen Versicherungsbedingungen zu ermitteln (Senat VersR 2003, 1436; OLG Nürnberg VersR 2000, 1490; Späte, Haftpflichtversicherung, AHB-Kommentar, § 1 Rn. 29). Unterschiedliche Vertragswerke können dabei zu einem unterschiedlichen Verständnis des Begriffs "Schadenereignis " führen.

a. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und in Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Es kommt auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Dabei ist neben dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang der mit der Klausel für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Zweck für die Auslegung maßgebend (Senat a.a.O.; BGH VersR 1991, 417; VersR 1993, 957; VersR 2002, 1503). Demgegenüber kommt der dem Versicherungsnehmer regelmäßig unbekannten Entstehungsgeschichte einer Klausel keine maßgebende Bedeutung zu (BGH ZfSch 1996, 261; NJW 2003, 139). Dementsprechend vermögen die in der juristischen Auseinandersetzung verwendeten Begriffe wie "Kausalereignis" oder "Folgeereignis", die sich in den Bedingungen nicht finden, das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ebenso wenig zu prägen wie die daran anknüpfenden Theorien, die er ebenfalls nicht kennen wird.

b. Der Wortlaut des § 1 Ziff. 1 AHB lässt den Versicherungsnehmer erkennen, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem versicherten Zeitraum und einem "Schadenereignis " besteht. Ohne nähere Erläuterung könnte er unter diesem Begriff das Ereignis verstehen, das den Schaden verursacht, aber auch ein solches, das den Schaden eintreten lässt, oder das den Schaden offenbar werden lässt. Er könnte auch daran denken, dass das Schadenereignis darin zu sehen ist, dass jemand gegen ihn Schadensersatzforderungen geltend macht, denn erst dann sind seine Interessen tatsächlich berührt und Deckungsschutz erforderlich. Der Versicherungsnehmer liest aber sodann, dass das Schadenereignis ein Vorkommnis ist, das Folgen zeitigt. Es soll ersichtlich den in § 1 Nr.1 AHB und Ziff. 4.2 BBR genannten Schädigungen bzw. Schäden vorausgehen. Ohne weitere Erläuterung wird er daher davon ausgehen, dass der Schaden, auf dessen Ersatz er in Anspruch genommen wird, im Zeitpunkt des Schadenereignisses regelmäßig noch nicht eingetreten sein soll, das "Schadenereignis " somit eng mit der Schadensverursachung zusammenhängt.

Der Versicherungsnehmer, der eine Betriebshaftpflicht abschließt, geht nach dem Wortlaut von § 1 Ziff. 1 AHB davon aus, dass es sich bei dem Schadenereignis nur um ein solches handeln kann, das auf sein Verhalten zurückzuführen und geeignet ist, den geltend gemachten Anspruch auszulösen. Unter dem Schadenereignis wird er daher ein Ereignis verstehen, das die zeitlich spätere Schädigung herbeigeführt hat und geeignet war, den erhobenen Haftpflichtanspruch auszulösen (vgl. auch BGHZ 153, 182). Ein solches Ereignis wird er nicht allein in einem noch intern gebliebenen Fehlverhalten sehen, sondern erst dann annehmen, wenn eine Handlung oder ein Unterlassen im Verhältnis zum Geschädigten die haftungsrechtlich maßgebende Ursache für die Schädigung und die Schädigungsfolgen setzt. In der Produkthaftpflicht wird er daher regelmäßig das Inverkehrbringen (vgl. Senat a.a.O m.w.N.) als Schadenereignis begreifen. Im vorliegenden Fall ist Schadenereignis daher - wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist - der Einbau der mangelhaften Türzargen. Dieser fällt in den versicherten Zeitraum.

Aus den sonstigen zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen ergeben sich für den Versicherungsnehmer keine Hinweise, die ihm Anlass zu der Annahme geben könnten, der Versicherer wolle die zeitliche Geltung der Betriebshaftpflichtversicherung anders ausgestalten. Insbesondere kann in § 5 Ziff. 1 und 2 AHB kein solcher Hinweis gesehen werden. Zum einen wird auch in § 5 Ziff.1 AHB das Schadenereignis definiert als ein Vorkommnis, das Folgen "haben könnte". Zum anderen kann der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer § 5 Ziff.2 AHB nur dahingehend verstehen, dass ihm bekannt gewordene Umstände, die Haftpflichtansprüche nach sich ziehen können, schnellstmöglich dem Versicherer zu melden sind. Er wird davon ausgehen, dass die Meldepflicht gewiss den Zeitpunkt betrifft, in dem gegen ihn Ansprüche erhoben werden, aber auch besteht, wenn er zuvor von der Schädigung eines Dritten erfährt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sich durch die Vorschrift aber auch durchaus dazu aufgerufen fühlen, ein ihm unterlaufenes Fehlverhalten, das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einem Drittschaden führen kann, unverzüglich dem Versicherer zu melden.

c. In seinem Verständnis des § 1 Ziff. 1 u. 3 AHB wird sich der durchschnittliche Versicherungsnehmer in der Sparte des Klägers vor dem Hintergrund seiner berechtigten Leistungserwartungen an eine Betriebshaftpflichtversicherung bestärkt sehen. Ein Unternehmer hat - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - ein berechtigtes Interesse und erwartet auch, dass in den Fällen, in denen das haftungsbegründende Ereignis in den versicherten Zeitraum fällt, der Versicherer vollen Versicherungsschutz gewährt und zwar auch dann, wenn die schädigenden Folgen erst nach Vertragsablauf hervortreten. Ansonsten müsste der jeweilige Versicherungsnehmer allein schon in Anbetracht der einschlägigen Verjährungsbestimmungen nach der Einstellung seines Betriebes die Haftpflichtversicherung entsprechend weiterführen (gegebenenfalls bis 30 Jahre nach Betriebsende). Von einer derartigen Notwendigkeit wird er aber bei verständiger Würdigung der Bedingungen nicht ausgehen.

Wendet der Versicherungsnehmer sich den erkennbaren Interessen des Versicherers zu, so wird er annehmen, dass auch diesem im Rahmen der Risikoprüfung der Betrieb vor Augen stehen soll, wie er sich bei Eingehung des Versicherungsvertrages und in der Folgezeit darstellt. Ohne anderslautenden Hinweis wird sich ihm nicht aufdrängen, der Versicherer wolle das Risiko für zu Tage tretende Schäden übernehmen, die ein Betrieb von möglicherweise noch ganz anderem Zuschnitt hinsichtlich Personalbestand, Ausbildungsstand, Qualitätssicherung und Sorgfaltsstandard in nicht überschauter Vergangenheit verursacht hat.

3. Bei den gegen den Kläger geltend gemachten Regressansprüchen wegen Mietminderung handelt es sich auch um einen von der Beklagten zu ersetzenden Schaden. Gemäß Ziff. 4.15 der Besonderen Bedingungen erstreckt sich der Versicherungsschutz auf Schäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten und erfasst insoweit auch die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadensbeseitigung zugänglich zu machen und um den vorherigen Zustand wieder herzustellen. Nicht gedeckt sind dabei die Kosten des Versicherungsnehmers für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst. Damit ist der Einschluss von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der eine Betriebshaftpflichtversicherung abschließt, zu verstehen im Sinne der auch ihm in der Laiensphäre bekannten überkommenen Unterscheidung von Mangelschaden und Mangelfolgeschaden. Zu letzteren zählen insbesondere Vermögensschäden, die der Vertragspartner des Versicherten infolge der Mangelhaftigkeit erleidet und die durch die Mängelbeseitigung nicht (mehr) abgewendet werden können (vgl. BGH VersR 1991, 293). Eine beachtliche Beschränkung dieses Einschlusses lässt sich der Überschrift der Bestimmung "Mängelbeseitigungsnebenkosten" nicht entnehmen.

4. Der Senat folgt dem Landgericht auch darin, dass keine Obliegenheitsverletzung des Klägers vorliegt, die zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten gemäß § 6 AHB führt. Die unstreitig sehr verspätet erfolgte Anzeige des Versicherungsfalles stellt ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers dar. Der Senat teilt nach eigener Überprüfung die Ausführungen des Landgerichts, wonach der Kläger glaubte, mit Beauftragung eines Rechtsanwalts in dem selbständigen Beweisverfahren alles Notwendige zur Anspruchsabwehr getan zu haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen (Urteilsgründe S. 10 und 11). Bei grober Fahrlässigkeit - wie hier - bleibt der Versicherer insoweit verpflichtet, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat. So liegt der Fall hier. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen (S. 11 Urteilsgründe).

5. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht gemäß § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Eine Treuwidrigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der eingetretenen Verzögerung (vgl. BGH VersR 2002, 698) hat die Beklagte nicht dargetan.. Die Ansprüche des Klägers sind auch nicht verwirkt. Hierzu reicht die bloße Unterlassung der Anzeige nicht aus. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Urteilsgründe des Landgerichts verwiesen (S. 12 der Urteilsgründe).

6. Die Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig und begründet. Der Kläger kann Ersatz der weiteren Mangelfolgeschäden aus dem Einbau der mangelhaften Türzagen beanspruchen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Soweit die Versicherungsbedingungen entgegen der Ansicht des Senats auch ein Verständnis des Begriffs Schadenereignis im Sinne des realen Verletzungserfolges zulassen, führt dies im Streitfall zu keinem abweichenden Ergebnis. Mit dem vollendeten Einbau der mängelbehafteten Türzargen ist der reale Verletzungserfolg, der der Vermögensschädigung vorausgehen soll, eingetreten; das war ebenfalls in versicherter Zeit. Im Übrigen müsste bei einem möglichen Verständnis, das das Schadenereignis in einem erst nach Ende der Versicherung liegenden Sachverhalt sieht, zugunsten des Versicherungsnehmers die Unklarheitenregel des § 5 ABBG a. F. (§ 305 c Abs. 2 BGB) Anwendung finden.

Ende der Entscheidung

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