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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 12 U 298/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 839
BGB § 832
Bei der Verletzung einer Amtspflicht zur Führung der Aufsicht über eine Person ist die Regelung des § 832 BGB auch nicht analog anwendbar; die Haftung richtet sich allein nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG.
Oberlandesgericht Karlsruhe 12. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 12 U 298/05

Verkündet am 30. März 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2006 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Zöller Richterin am Oberlandesgericht Lampel-Meyer Richter am Amtsgericht Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 26. Oktober 2005 - 1 O 141/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufsichtspflichten durch Kindergärtnerinnen im Dienst der beklagten Gemeinde. Die Kläger sind Eigentümer eines an das Gelände des von der Beklagten betriebenen Waldkindergartens grenzenden Hausgrundstücks. Die Grundstücke sind durch einen 1,80 m hohen Lamellenzaun getrennt. Eine Gruppe von drei bis vier Kindern im Alter von vier und fünf Jahren befanden sich auf der unteren Terrasse des Außengeländes, das von dem oberen Teil der Freifläche aus nicht einsehbar ist.

Die Kläger behaupten, dass diese Kinder auf Bäume geklettert und von dort aus Steine und Holzstücke auf das mit Acrylglas gedeckte Dach ihrer Pergola geworfen hätten; dabei seien durch die annährend faustgroßen Steine zwei 50 cm lange Risse in der Überdachung entstanden. Dieser Schaden sei von der beklagten Gemeinde zu ersetzen, weil die Erzieherinnen des Waldkindergartens ihre Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt hätten. Nach Lage der Dinge hätten die Erzieherinnen stets Blickkontakt mit den Kindern halten und einschreiten müssen, als sie Steine aufgehoben und auf das Nachbargrundstück geworfen hätten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Schäden durch die Kinder verursacht worden seien.

Gründe:

Die Kläger verlangen Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufsichtspflichten durch Kindergärtnerinnen im Dienst der beklagten Gemeinde.

Die Kläger sind Eigentümer des Anwesens ...., das in seinem hinteren Bereich an das Gelände des von der Beklagten betriebenen Waldkindergartens grenzt und von diesem durch einen 1,80 m hohen Lamellenzaun abgetrennt ist. Am Nachmittag des 16.06.2004 spielte auf dem Kindergartengelände eine Gruppe von drei bis vier Kindern im Alter von vier und fünf Jahren; diese Kinder befanden sich auf der unteren Terrasse des Außengeländes, das von dem oberen Teil der Freifläche aus nicht einsehbar ist.

Die Kläger behaupten, dass diese Kinder auf Bäume geklettert und von dort aus Steine und Holzstücke auf das mit Acrylglas gedeckte Dach ihrer Pergola geworfen hätten; dabei seien durch die annährend faustgroßen Steine zwei 50 cm lange Risse in der Überdachung entstanden. Dieser Schaden sei von der beklagten Gemeinde zu ersetzen, weil die Erzieherinnen des Waldkindergartens ihre Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt hätten. Nach Lage der Dinge hätten die Erzieherinnen stets Blickkontakt mit den Kindern halten und einschreiten müssen, als sie Steine aufgehoben und auf das Nachbargrundstück geworfen hätten. Geltend gemacht werden Reparaturkosten für die Überdachung in Höhe von 1.858,32.- €, außerdem Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung (169,77.- €) und eine Auslagenpauschale (25.- €).

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger von 2.053,09.- € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2004 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass die Risse im Dach der Pergola durch Steinwürfe entstanden seien, und leugnet eine Aufsichtspflichtverletzung. Am Nachmittag des 16.06.2004 seien vier Erzieherinnen auf der oberen Terrasse des Außengeländes tätig gewesen, wo sie 18 bis 20 Kinder beaufsichtigt hätten. Eine Erzieherin habe in Abständen von 20 bis 25 Minuten nach der unten spielenden Gruppe gesehen; dies sei bei Kindern im Alter von vier bis fünf Jahren ausreichend gewesen, zumal sich diese in keiner Weise auffällig verhalten hätten.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten den Nachweis nicht geführt, dass der Schaden durch die angeblichen Steinwürfe verursacht worden sei.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Sie beanstanden die Tatsachenfeststellung des Landgerichts.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, gem. § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG Ersatz für die beschädigte Terrassenüberdachung zu leisten.

A.

Die Zurückweisung der Berufung kann allerdings nicht damit begründet werden, dass die Kläger den Nachweis nicht geführt hätten, die Überdachung der Pergola sei durch Steinwürfe der Kinder beschädigt worden. Diese tatsächliche Feststellung des Landgerichts kann der Senat seiner Entscheidung nicht zugrunde legen (§ 529 Abs.1 Nr. 1 ZPO), weil sie, was die Berufungsbegründung zu Recht rügt, die angebotenen und zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht ausschöpft und damit gegen das Gebot der vollständigen Würdigung des gesamten Prozessstoffes (§ 286 Abs. 1 ZPO) verstößt

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, der vernommene Zeuge habe keine Angaben darüber machen können, ob die Risse wie behauptet entstanden seien, weil er den Vorgang nicht selbst beobachtet, sondern nur Geräusche gehört habe, die auf Steinwürfe hindeuteten. Hieraus und aus dem Umstand, dass bei Rückkehr der Kläger Steine auf dem Dach der Pergola gefunden und Risse im Acrylglas festgestellt worden seien, könne nicht mit der nötigen Sicherheit auf einen Ursachenzusammenhang geschlossen werden. Der Beweis eines ersten Anscheins komme den Klägern nicht zugute. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich, denn ob durch einen Steinwurf Risse dieser Art entstünden, hänge nicht nur von dem Gewicht des Steins, sondern auch von der individuellen Art des Wurfes ab, die sich im Nachhinein durch einen Sachverständigen nicht rekonstruieren lasse. Es sei deshalb nicht mit der nötigen Gewissheit auszuschließen, dass die Risse in der Überdachung schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden seien.

Das Landgericht hätte, da es nach seinem Rechtsstandpunkt auf die Feststellung einer Schadensverursachung durch die Kindergartenkinder ankommen konnte, die Aussage des Zeugen, der das Treiben der Kinder beobachtet und das Aufschlagen der Steine auf der Überdachung gehört haben will, würdigen müssen; davon ausgehend wäre Sachverständigenbeweis zu erheben gewesen zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Steine der beobachteten Art und Größe ein Acryldach beschädigen und die geltend gemachten Risse verursachen können. Abhängig von dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten dann die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Kläger nach § 448 ZPO oder deren Anhörung (BGH VersR 1992, 867; BGH Urteil vom 07.02.2006 - VI ZR 20/05) zu der Frage vorliegen können, ob die Risse bereits vor dem streitgegenständlichen Vorfall vorhanden waren oder nicht.

B.

Für die Entscheidung des vorliegenden Falles bedarf es jedoch keiner Klärung dieser Frage. Der Senat kann unterstellen dass der Schaden durch Steinwürfe der Kinder verursacht wurde. Offen bleiben kann auch, ob die Erzieherinnen der Beklagten am Nachmittag des 16.06.2004 die Kinder auf der unteren Terrasse zu lange unbeaufsichtigt ließen. Denn die Kläger haben den Nachweis nicht geführt, dass eine solche Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre. Bleibt die Kausalität der Amtspflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden offen, geht dies zulasten der Anspruchsteller.

1. Rechtsgrundlage für das Klagebegehren kann nur § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG, nicht aber § 832 BGB sein. Neben § 839 BGB findet § 832 BGB als selbständige Anspruchsgrundlage ebenso wenig Anwendung wie § 823 BGB. Die für den Anspruchsteller günstigeren Regelungen zur Darlegungs- und Beweislast nach § 832 BGB sind im Rahmen der Amtshaftung auch nicht entsprechend heranzuziehen.

I. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Kindern und der Beklagten waren öffentlich rechtlich geregelt, so dass die Erzieherinnen bei der Ausübung der Aufsichtspflicht gegenüber den Kindern und Dritten gegenüber ein öffentliches Amt im Sinne von § 839 BGB wahrnahmen. Bei der Einrichtung von Kindergärten handelt es sich um eine Aufgabe der Daseinsvorsorge; Aufgaben, Ziele und pädagogische Leitlinien der Kinderbetreuung sind öffentlich rechtlich geregelt und bestimmen sich insbesondere nach dem Landesgesetz über die Betreuung von Kindern in Kindergärten und anderen Tageseinrichtungen vom 26. März 2003 (GBl. 161-166) i.V.m. dem Kinder- und Jugendhilfegesetz Baden Württemberg in der Fassung vom 19. April 1996 (GBl. 457) sowie den einschlägigen Bestimmungen des SGB VIII (§§ 2 Abs. 2 Nr. 3, 22 ff). Träger der Einrichtung ist die beklagte Gemeinde als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, die den Kindergarten in ihrer Eigenschaft als örtliche Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe eingerichtet hat und betreibt. Hinzukommt, dass für den Besuch des Kindergartens nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern gestaffelte öffentlich-rechtliche Beiträge erhoben werden und dies durch Satzung geregelt ist. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass der Besuch des Kindergartens, anders als der Schulbesuch, auf freiwilliger Basis erfolgt, für die Einordnung der Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und den zu beaufsichtigenden Kindern keine entscheidende Bedeutung zu (wie hier für einen kommunalen Kindergarten OLG Dresden NJW-RR 1997, 858; OLG Düsseldorf VersR 1996, 710; offen gelassen von OLG Köln, MDR 1999, 997).

II. Die Aufsichtspflicht der Erzieherinnen stellt eine Amtspflicht im Sinne von § 839 BGB dar und unterscheidet sich nach Art und Inhalt nicht von den privatrechtlich begründeten Aufsichtspflichten, die die Grundlage der Haftung nach § 832 BGB bilden. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass nach § 832 BGB sowohl die Verletzung der Aufsichtspflicht als auch deren Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden vermutet wird. Danach liegt die Darlegungs- und Beweislast für Kausalität und Verschulden beim Aufsichtspflichtigen, während sich der aufsichtspflichtige Beamte im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB insoweit besser stellt (vgl. OLG Dresden NJW-RR 1997, 857-859). Diese Ungleichbehandlung ist de lege lata hinzunehmen. Die Haftung des Beamten ist in § 839 BGB selbständig und abschließend geregelt und lässt für die Anwendung der allgemeinen Deliktstatbestände in §§ 823 ff BGB keinen Raum (BGHZ 13, 25-28; OLG Hamburg OLGR 1999, 190-191; OLG Düsseldorf VersR 1996, 710; Soergel-Zeuner BGB 12. Aufl. (1998) § 832 Rdnr. 9; Staudinger-Belling/Eberl-Borges BGB (Neub. 2002) § 832, Rdnr. 22; MüKo-Wagner BGB 4. Aufl. (2004) Rdnr. 5; Palandt-Sprau BGB 65. Aufl. (2006) § 839 Rdnr. 3; a.A. OLG Köln MDR 1999, 997 mit zustimmender Anmerkung von Mertens aaO. 999). Diese abschließende Regelung steht deshalb auch einer analogen Anwendung von § 832 BGB im Rahmen der Amtshaftung entgegen. Außerdem hat der Gesetzgeber die Ausdehnung der Beweislastumkehr in § 832 Abs. 2 BGB auf weitere Fälle ausdrücklich geregelt, dort aber bewusst von der besonderen Voraussetzung eines Übernahmevertrages abhängig gemacht hat (Erman-Schiemann BGB 11. Aufl. (2004) § 832 Rdnr. 4); § 832 BGB ist damit seinerseits als eine abschließende Regelung ausgestaltet und nicht analogiefähig. Entgegen der Auffassung des OLG Köln aaO. ist auch nicht davon auszugehen, dass die Entscheidung des BGH, wonach die Anwendung von § 832 BGB neben § 839 BGB aus systematischen Gründen ausgeschlossen ist (BGHZ 13, 25-28), zwischenzeitlich überholt wäre. Zwar ist zuzugeben, dass der BGH die Beweislastumkehr für die Haftung des Grundstückbesitzers (§ 836 Abs. 1 S. 2 BGB) und des privilegierten Tierhalters (§ 833 S. 2 BGB) im Rahmen von § 839 BGB entsprechend heranzieht (BGH NJW-RR 1990 1500; VersR 1972, 1047). Jedoch unterscheiden sich diese Bestimmungen von § 832 BGB dadurch, dass es sich um Beweislastregeln, nicht aber um selbständige Deliktstatbestände handelt. Beide Vorschriften kehren für Sonderfälle der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht lediglich die Beweislast um, halten sich im Übrigen aber im Rahmen der Grundnorm des § 823 BGB (BGH NJW-RR 1990, 1500-1502), während § 832 BGB nach der gesetzgeberischen Ausgestaltung einen eigenständigen Deliktstatbestand darstellt, der neben die in ihren Voraussetzungen abschließend geregelte Haftung nach § 839 BGB tritt (vgl. BGHZ 13, 25-28).

Die Besserstellung des beamteten Aufsichtspflichtigen gegenüber sonstigen Aufsichtspflichtigen hat dabei keine nicht hinnehmbare Ungleichbehandlung zur Folge. Zum einen findet sich die Begünstigung von fahrlässig ihre Amtspflicht verletzenden Beamten auch in anderen Bestimmungen (§ 839 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und Abs. 3 BGB) und ist dort gesetzlich gewollt, zum anderen kann eine Verpflichtung zum Schadensersatz nach § 839 BGB auch dann begründet sein, wenn einer der sonstigen Deliktstatbestände nicht oder nicht voll verwirklicht ist (vgl. BGHZ 13, 25-28).

2. Für den vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die Erzieherinnen der Beklagten eine Amtspflicht verletzt haben, indem sie die Kinder zu lange Zeit unbeaufsichtigt spielen ließen. Die Erzieherinnen waren jedenfalls nicht verpflichtet, die Kinder von der unteren Terrasse des Kindergartens fernzuhalten oder sie dort ununterbrochen im Auge zu behalten. Dass bereits vor Duldung des Weggangs in den nicht einsehbaren unteren Teil des Kindergartengeländes ein konkreter Anlass für die Annahme einer Gefährdung fremden Eigentums bestand, haben die Kläger nämlich nicht dargetan. Grund zum Einschreiten hatten die Erzieherinnen deshalb hier erst, als sie die angeblichen Steinwürfe bemerkten bzw. hätten bemerken müssen. Für diesen Fall aber haben die Kläger den Nachweis nicht geführt, dass ein solches Unterlassen für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre. Bleiben insoweit Zweifel, geht dies zu ihren Lasten.

I. Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich bei Minderjährigen nach deren Alter, Eigenart und Charakter, wobei sich die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen danach richtet, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall tun müssen, um eine Schädigung Dritter zu verhindern (OLG Düsseldorf VersR 1996, 710, OLG Dresden NJW-RR 1997, 858). Welche Maßnahmen dabei zumutbar sind, lässt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung des insgesamt angestrebten Erziehungsziels entscheiden; den Aufsichtspflichtigen ist ein gewisser Freiraum für vertretbare pädagogische Maßnahmen zu belassen (OLG Dresden aaO., OLG Hamm NJW-RR 1988, 798). Bei Anlegung dieser Maßstäbe waren die Erzieherinnen der Beklagten jedenfalls nicht verpflichtet, die auf der unteren Ebene des Kindergartens spielende Gruppe ununterbrochen im Auge zu behalten.

Zwar sind die Anforderungen bei der Beaufsichtigung einer Gruppe höher als bei der Beaufsichtigung einzelner, weil eine Gruppe eine Eigendynamik entfaltet und die Kinder sich dadurch nicht nur größeren Verletzungsgefahren aussetzen, sondern auch tendenziell eher zu Dummheiten neigen, die auch Dritte schädigen können. Dem steht jedoch gegenüber, dass es sich vorliegend nur um eine kleine Gruppe von drei bis vier Kindern handelte. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten handelte es sich um altersentsprechend normale Kinder ohne besondere Auffälligkeiten. Auch spielten die Kinder auf einem eingezäunten Gelände, das aus Sicht des klägerischen Grundstücks durch einen 1,80 hohen Lamellenzaun abgetrennt war und besondere Gefahren für unbeteiligte Dritte nicht erkennen lässt. Entgegen der Auffassung des OLG Köln aaO. kommt es dabei für den im Verhältnis zu den Klägern maßgeblichen Inhalt der Amtspflicht nicht auf eine mögliche Selbstgefährdung der Kinder und die sich hieraus ergebenen Aufsichtspflichten, sondern allein darauf an, was unter den konkreten Umständen erforderlich und zumutbar war, um Risiken für Dritte auszuschließen. Vor diesem Hintergrund haben die Kläger lediglich pauschal vorgetragen, dass es zu einem vergleichbaren Vorfall im Jahr 2003 gekommen sei, wobei Spielsachen auf das Grundstück der Kläger geworfen worden seien, dort aber nur geringen Schaden an Grünpflanzen verursacht hätten. Vergleichbare Vorfälle dieser Art konnten zwar geeignet sein, eine gesteigerte Aufsichts- und Kontrolldichte für die Erzieherinnen zu begründen, jedoch wurden solche von der Beklagten bestritten. Es wäre Sache der Kläger gewesen, hierzu und zu etwaigen weiteren Vorfällen substantiiert vorzutragen. Auf die Notwendigkeit weiteren Vortrags hatte bereits das Landgericht hingewiesen.

II. Die Kläger haben den Nachweis nicht geführt, dass eine etwaige Aufsichtspflichtverletzung ursächlich für den geltend gemachten Schaden geworden wäre. Denn waren die Erzieherinnen der Beklagten nicht verpflichtet, die Kinder auf der unteren Terrasse ständig im Auge zu behalten, hätte eine Amtspflicht zum Einschreiten erst bestanden, als diese von dem streitigen Vorgang Kenntnis erlangt oder eine Kenntnisnahme schuldhaft versäumt hätten. Nach Lage der Dinge ist dann aber nicht ausschließen, dass die behaupteten Schäden schon bei den ersten Würfen entstanden sind und damit zu einem Zeitpunkt, als eine Pflicht einzuschreiten noch nicht bestand. Bleibt offen, ob die behauptete Amtspflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden ist oder nicht, geht dies zulasten der hierfür im Rahmen von § 839 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Kläger. Im Verhältnis zur Beklagten kommt den Klägern auch § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zugute, denn die Kinder - hier käme die Vorschrift zum Zuge - stehen als Verursacher fest (BGH NJW 1999, 2895).

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Verhältnis von § 832 BGB zu § 839 BGB ist höchstrichterlich entschieden (BGHZ 13, 25-28). Die späteren Entscheidungen des BGH zu der entsprechenden Anwendbarkeit von § 836 Abs. 1 S. 2 BGB bzw. § 833 S. 2 BGB im Rahmen der Amtshaftung bieten nach Auffassung des Senats keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da diese Vorschriften, wie oben ausgeführt, einen anderen Regelungsgehalt haben und anders zu beurteilen sind als § 832 BGB.

Ende der Entscheidung

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