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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 12 U 64/01
Rechtsgebiete: VBLS


Vorschriften:

VBLS § 65 Abs. 4
VBLS § 42 Abs.1
Bei Zusammentreffen von Versorgungsrente und Tätigkeitsvergütung kommt es für die Ruhensbestimmung des § 65 Abs. 4 VBLS auch bei Zusammenfassung der Vergütung in einem Nachzahlungsbetrag darauf an, für welchen Zeitraum die Nachzahlung bestimmt ist.

Ist dem Versicherten auf seinen Antrag hin bereits eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden, kann auch bei Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit die Pflichtversicherung nicht mehr aufleben.


Oberlandesgericht Karlsruhe

Tatbestand:

Nach der fristlosen Kündigung seines Arbeitsgebers beantragte und erhielt der bei der beklagten Zusatzversorgungseinrichtung pflichtversicherte Kläger eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Versorgungsrente bei der Beklagten. Der Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber endete gütlich mit einer Nachzahlung des Arbeitsentgelts und der Fortsetzung des Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersrente. Danach berechnete die Beklagte ihre Leistungen neu und brachte die Nachzahlung bei Anwendung der Ruhensbestimmung des § 65 Abs. 4 VBLS monatsweise auf den von der Nachzahlung umfassten Zeitraum in Anrechnung. Die nach dem Rentenbeginn liegenden Zeiten wurden nicht als Umlagemonate bei der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit behandelt.

Der Kläger hält letzteres für falsch und meint ferner, eine Anrechnung der Nachzahlung könne nur auf den Monat des Zahlungseingangs erfolgen. Seine Klage ist in beiden rechtszügen ohne Erfolg geblieben.

Gründe:

I.

Gemäß § 65 Abs. 4 VBLS in der für den fraglichen Zeitpunkt maßgeblichen Fassung ruht die Versorgungsrente unter anderem, wenn der Versorgungsrentenberechtigte aus einem Beschäftigungsverhältnis bei einem Beteiligten Arbeitsentgelt oder laufende Dienstbezüge erhält, soweit das Arbeitsentgelt oder der laufende Bezug bei Versorgungsrentenberechtigten zusammen mit der Gesamtversorgung das dieser zugrundeliegende gesamtversorgungsfähige Entgelt übersteigt. In diesem Fall ist gemäß § 65 Abs. 8 VBLS jedoch mindestens der Betrag der Versorgungsrente nach § 40 Abs. 4 VBLS zu zahlen.

Wie eine Nachzahlung des Arbeitgebers, der - wie hier - wegen Streitigkeiten über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses das Arbeitsentgelt mehrere Monate zurückgehalten und schließlich in einem Betrag bezahlt hat, anzurechnen ist, ist in der Satzung nicht ausdrücklich geregelt und muss somit im Wege der Auslegung ermittelt werden. Dabei ist von den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszugehen (BGH VersR 2000, 1530). Da es sich um eine leistungsbegrenzende Klausel handelt, ist § 65 Abs. 4 VBLS grundsätzlich eng auszulegen. Die Vorschrift darf dabei nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Hierbei ist zu beachten, dass die Zusatzversorgung der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes den Zweck hat, die Versorgung des betroffenen Personenkreises an die Beamtenversorgung anzugleichen (BGHZ 93, 17), wobei die Beklagte nur eine beamtenähnliche Gesamtversorgung gewährt (BGH VersR 1986, 142). Im Vordergrund stehen Gedanken des Fürsorge- und Versorgungsprinzips. Der Versicherte soll im Alter Bezüge erhalten, die seinem Einkommen aus der zusatzversorgungspflichtigen Beschäftigung entsprechen. Die versprochene Zusatzversorgung soll nur solche Versorgungslücken decken, die die gesetzliche Rente offen lässt (BGH VersR 1993, 1505). Mit § 65 Abs. 4 VBLS soll eine Regelung getroffen werden, die den Ruhensvorschriften in der Beamtenversorgung entspricht. Nach Absatz 4 soll der Versorgungsrentenberechtigte kein höheres Einkommen erhalten als dasjenige, das er bei Fortdauer des Arbeitsverhältnisse bezogen hätte. Dem entspricht die Regelung in § 53 BeamtVG, dessen Leistungseinschnitte mit § 65 Abs. 4 VBLS auf die Zusatzversorgung übertragen werden sollen (vgl. Gilbert/Hesse; Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes; § 65 Anmerkung 8).

§ 53 Abs. 7 Satz 4 und 5 BeamtVG bestimmt, dass die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens monatsbezogen erfolgt und nicht in Monatsbeträgen erzieltes Einkommen derart zu berücksichtigen ist, dass das Einkommen des Kalenderjahres geteilt durch 12 Kalendermonate anzusetzen ist. Bereits dies legt nahe, Einmalzahlungen, die sich als Arbeitsentgelt darstellen, bei der Anrechnung gemäß § 65 Abs. 4 VBLS nicht ausschließlich auf den Monat des Zahlungseingangs zu beziehen. Der Zweck der Ruhensregelung der Beamtenversorgung besteht darin, einer Doppelalimentierung aus öffentlichen Mitteln entgegen zu wirken. Beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Erwerbseinkommen ist daher jeweils darauf abzustellen, für welchen Zeitraum das Verwendungseinkommen bestimmt ist, mag dies im Einzelfall für den Versorgungsberechtigten zu einer Besserstellung führen oder nicht (BVerwG; Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 10). Kein anderer Zweck wird aber mit der Ruhensregelung des § 65 Abs. 4 VBLS verfolgt. Die Vorschrift ist demnach dahin zu verstehen, dass bei nachträglicher Erfüllung der Vergütungsansprüche für mehrere Zeitabschnitte der Zahlungsbetrag auf die jeweiligen Monate aufzuspalten ist.

Durch den Wortlaut der Satzung begründete berechtigte Leistungserwartungen des Versicherten werden hierdurch nicht enttäuscht. Ein durchschnittlicher und redlicher Versicherungsnehmer wird § 65 Abs. 4 VBLS nicht dahingehend verstehen, dass bei fortdauerndem Anspruch auf Arbeitsentgelt zufällige Besonderheiten bei dessen Erfüllung Einfluss auf die Höhe seiner Versorgungsrente gewinnen können. Der Kläger hatte somit für den geltend gemachten Zeitraum keine die - im wesentlichen die Mindestversorgungsrente ausmachenden - Leistungen der Beklagten übersteigende Ansprüche auf Versorgungsrente.

II.

Der Kläger begehrt ferner, dass bei der Berechnung seiner Versorgungsrente alle Zeiten berücksichtigt werden, in denen er zur Pflichtversicherung angemeldet war. Seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst habe zum 30.06.1997 geendet. Bis zu diesem Zeitpunkt seien Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden. Deshalb müssten auch die von der Beklagten nicht berücksichtigten Zeiten ab 01.08.1993 in die Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Zeit nach § 42 Abs. 2 VBLS eingestellt werden. Das Landgericht hat die Klage insoweit mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei gemäß § 28 Abs. 2 Buchst. l VBLS ab 01.08.1993 bei der Beklagten nicht mehr versicherbar gewesen, weil er ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Vollrente nach § 37 SGB VI gehabt habe. Auch insoweit bleibt die Berufung des Klägers ohne Erfolg.

Gemäß § 42 Abs. 1 VBLS können als gesamtversorgungsfähige Zeit nur die bis zum Beginn der Versorgungsrente (§ 62) zurückgelegten Umlagemonate (§ 29 Abs. 10) gelten. Beginn der Versorgungsrente ist gemäß § 62 Abs. 1 VBLS der Eintritt des Versicherungsfalls, der hier dadurch eingetreten ist, dass dem Kläger auf eigenen Antrag hin zum 01.08.1993 eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden ist. Damit endet nach § 26 Abs. 4 VBLS in Verbindung mit § 28 Abs.2 Buchst. l VBLS die Pflichtversicherung, da der Kläger als Bezieher einer Vollrente ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr versichert werden konnte. Da es für den Wegfall der Versicherungspflicht genügt, wenn der Versicherte eine Rente wegen Alters als Vollrente erhalten hat, kann die Pflichtversicherung trotz Weiterbeschäftigung nicht mehr aufleben. Zusätzliche Umlagemonate können somit nach Eintritt eines einmal begründeten Versicherungsfalls nicht mehr hinzu kommen (Gilbert / Hesse; a.a.O.; § 28 Anmerkung 16).



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