Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.09.2003
Aktenzeichen: 13 W 93/03
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 34 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 2
Eine Verwertung von Akten oder Urkunden als Beweis im Sinne des § 34 Abs. 2 BRAGO setzt voraus, dass diese Niederschlag in einer gerichtlichen Sachentscheidung gefunden hat.
Oberlandesgericht Karlsruhe 13. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 13 W 93/03

15. September 2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hier: sofortige Beschwerde

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Konstanz vom 01.08.2003 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert beträgt 2.320,82 €.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

In dem zwischen den Parteien anhängigen Berufungsverfahren hatte der Senat Nachlassakten zu Informationszwecken beigezogen (II 201). Die Akten wurden beiden Parteivertretern zur Einsicht überlassen. Auf Vorschlag des Senats schlossen die Parteien einen Vergleich mit einer Kostenquote von 75 % zu Lasten der Klägerin, 25 % zu Lasten der Beklagten.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 15.04.2003 beantragte die Beklagte unter anderem die Festsetzung einer Beweisgebühr in Höhe von 3.094,42 €. Die Nachlassakten seien als Beweis verwertet worden. Die Passivlegitimation der Beklagten sei Gegenstand kontroverser Auseinandersetzung gewesen, weil streitig gewesen sei, ob die Beklagte Erbin ihres vorverstorbenen Mannes geworden und wenn ja, ob sie diese Erbenstellung durch Anfechtung und Ausschlagung wieder verloren habe. Der Senat habe die Passivlegitimation der Beklagten als höchst fraglich angesehen und hätte sie bei streitiger Entscheidung wohl verneint. Aufgrund dieser Einschätzung der Prozesssituation sei der Vergleich unter Beitritt des Haftpflichtversicherers (Streithelfer) geschlossen worden. Das Landgericht holte eine dienstliche Stellungnahme des Senats ein, wonach zwar über den Inhalt der Akten auszugsweise verhandelt worden, der Senat aber der Auffassung gewesen sei, dass es darauf nicht für die Entscheidung ankomme. Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Landgericht den Ansatz der Beweisgebühr abgelehnt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, welche geltend macht, dass die Passivlegitimation die prozessentscheidende Frage gewesen sei, welche dann auch zum Verlust des Anspruchs gegen die Beklagte geführt habe.

II.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Eine Beweisgebühr ist in jedem Fall deshalb nicht angefallen, weil es an einer gerichtlichen Sachentscheidung fehlt.

Ob eine Verwertung von Akten oder Urkunden als Beweis im Sinne des § 34 Abs. 2 BRAGO voraussetzt, dass diese Niederschlag in einer gerichtlichen Sachentscheidung gefunden hat, ist streitig.

Nach der einen Auffassung entsteht eine Beweisgebühr in diesen Fällen auch dann, wenn die Ermittlungsakten bzw. Urkunden erkennbar zu Beweiszwecken zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und es zu einer Verwertung in einer abschließenden Sachentscheidung nur deshalb nicht kam, weil aufgrund der Erörterung unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus den Ermittlungsakten ein Vergleich geschlossen wurde (Senat, Anwaltsblatt 1982, 438; Gerold/Schmidt - von Eicken, BRAGO, 15. Aufl. 2002, § 34, Rnr. 17). Die vorwiegend von der neueren Rechtsprechung vertretene Gegenmeinung verlangt eine Beweiswürdigung in einer gerichtlichen Sachentscheidung (OLG Hamburg MDR 2000, 234; OLG München Rechtspfleger 2001, 98; Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl. 2000, § 34 Rnr. 19 m.w.N.).

Der Senat schließt sich unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung der letztgenannten Auffassung an. Wie das OLG München zutreffend ausgeführt hat, stellt eine vorläufige Aussage des Gerichts über seine Überzeugung schon deshalb keine Beweisverwertung dar, weil es an seine vorläufige Äußerung nicht gebunden ist. Es handelt sich um keine Verwertung, sondern um eine Prognose, zu welchem Ergebnis nach derzeitigem Stand eine spätere Verwertung des Beweismittels in einer etwaigen Entscheidung wohl führen wird. Auch wenn sich die Parteien auf Grundlage dieser vorläufigen Äußerung zum Abschluss eines Vergleiches entschließen und damit die vorläufige Würdigung akzeptieren, kann das einer endgültigen gerichtlichen Beweiswürdigung, auf die durch den Vergleich verzichtet wird, nicht gleichgestellt werden.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der dargestellten Streitfrage und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, § 574 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück