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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 30.12.2008
Aktenzeichen: 14 U 107/07
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 278 S. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 843
WEG § 27 Abs. 1 Nr. 2
1. Die dem Verwalter durch Vertrag übertragene Pflicht, alles zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung Notwendige zu tun, umfasst auch die Verkehrssicherungspflicht.

2. Hat der Verwalter einen auch die Räum- und Streupflichten umfassenden Hausmeistervertrag mit einem Dritten nicht im Namen der Wohnungseigentümer, sondern im eigenen Namen abgeschlossen, so bedient er sich zur Erfüllung seiner Streupflicht des Dritten und haftet gemäß § 278 BGB für dessen Verschulden.

3. Die Räum- und Streupflicht bezieht sich bei einer Wohnanlage nicht nur auf die zu dieser gehörenden Wege, sondern auch auf den Personenzugang zur Tiefgarage.

4. Der Berechnung des Schadens wegen unfallbedingter Verminderung häuslicher Arbeitsleistung ist nicht der Arbeitsaufwand zugrunde zu legen, den der Geschädigte nach seinem Vortrag selbst vor dem Unfall betrieben hat. Maßgeblich ist vielmehr, welche Zeit eine jüngere und gesunde Hilfskraft gebraucht hätte, um die objektiv erforderlichen, aber auch hinreichenden Hausarbeiten im Haushalt des Geschädigten zu verrichten.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 14 U 107/07

Verkündet am 30.12.2008

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 19.12.2008 unter Mitwirkung von

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Bauer Richter am Oberlandesgericht Wachter Richterin am Oberlandesgericht Dr. Bauer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 05.06.2007 - 1 O 8/07 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.875,48 € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.522,80 € vom 30.09.2006 bis zum 30.04.2007 und aus 3.875,48 € seit dem 01.05.2007 sowie 495,11 € vorgerichtliche Anwaltskosten.

Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2007 zu bezahlen. Die Beklagte Ziff. 2 wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.000,00 € vom 12.01.2007 bis zum 14.01.2007 zu bezahlen.

Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche zukünftigen materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Glatteisunfall am 12.03.2006 noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Ferner wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin eventuelle zukünftige, noch nicht erkenn- und voraussehbare immaterielle Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Glatteisunfall am 12.03.2006 entstehen werden.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagten 4/5.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer Verletzung der Streupflicht auf Schadensersatz in Anspruch.

Die im Jahr 1938 geborene Klägerin wohnt in einer Mietwohnung in einer Wohnanlage in S.. Die aus drei Häusern bestehende, Ende 2001 fertiggestellte Gesamtanlage hat eine Tiefgarage, in die man - von der Straße und einem in die Wohnanlage führenden Privatweg kommend - über eine abschüssige Rampe gelangt. Der obere Teil der Rampe liegt im Freien und ist nicht überdacht. Der untere Teil der Rampe, der durch ein Rollgitter und eine für den Durchgang von Personen bestimmte Gittertür von dem oberen abgetrennt ist, befindet sich im Gebäude. Im mittleren Bereich der Gittertür ist ein Blech angebracht. Etwa zwei Meter hinter dem Rollgitter und der Gittertür trifft die Rampe auf den Boden der Tiefgarage; dort ist eine querverlaufende Birkorinne installiert.

Die Wohnungseigentümer haben einen Verwaltervertrag mit der Beklagten Ziff. 2 abgeschlossen, nach dem diese im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alles zu tun hat, "was zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig ist"; die Beklagte Ziff. 2 war unter anderem beauftragt und berechtigt, einen Hausmeister auszuwählen und mit diesem einen Vertrag abzuschließen. Die Beklagte Ziff. 2 hat mit der Beklagten Ziff. 1 einen Vertrag über Hausmeistertätigkeiten abgeschlossen. Nach diesem Vertrag hatte die Beklagte Ziff. 1 nach Bedarf Schnee zu räumen und abstumpfende Mittel zu streuen.

Ausweislich des vorgelegten Wettergutachtens hat es am 11.03.2006 in S. zunächst geregnet und später geschneit. In der ersten Tageshälfte des 12.03.2006 gab es anhaltenden Schneefall und ab Mittag einzelne Schneeschauer (Tagesmenge ca. 2 cm). Die Temperatur betrug - 2 ° C. Das Gutachten vermerkt weiter: "verbreitet Glätte durch Eis und Schnee".

Die Klägerin hat aufgrund eines im Jahr 1967 erlittenen Unfalls ein versteiftes rechtes Kniegelenk. Am 12.03.2006 gegen 16.00 Uhr wollte sie mit ihrem Ehemann einen Sonntagsspaziergang unternehmen. Nachdem sie das Haus verlassen hatten, beschlossen sie, wegen der aufziehenden Wolken einen Regenschirm aus dem in der Tiefgarage abgestellten Auto zu holen. Die Klägerin stürzte auf der Rampe. Sie zog sich eine Verletzung des linken Knöchels zu und wurde mit einem Rettungswagen in das S.-Krankenhaus in F. gebracht. Dort wurde eine bimalleoläre OSG-Luxationsfraktur mit geschlossenem Weichteilschaden 3. Grades diagnostiziert. Die Klägerin wurde am 20.03.2006 operiert (Plattenosteosynthese Fibula distal, Schrauben- und K-Drahtosteosynthese Innenknöchel) und sie befand sich bis zum 27.03.2006 in stationärer Behandlung. In dem Entlassungsbericht des Krankenhauses heißt es, daß die Klägerin an Unterarmgehstützen mobilisiert worden sei, soweit dies mit der Einschränkung eines steifen Kniegelenks möglich sei. Für zu Hause habe sie einen Rollstuhl zur Unterstützung erhalten. Das Krankenhaus hat einen geschlossenen Unterschenkelentlastungsgips mit Fußsohlenbodenkontakt für zwei Wochen und danach einen Unterschenkelgehgips für drei Wochen empfohlen.

Die Klägerin hat behauptet, bis zu der Gittertür sei die Rampe trocken und frei von Schnee gewesen. Nachdem sie die Tür aufgeschlossen und einen Fuß hinter die Türschwelle gesetzt habe, sei sie auf der dort befindlichen nicht abgestreuten Eisfläche ausgerutscht. Es habe sich um eine ca. 1 x 2 m große, transparente Tauwasserfahne gehandelt, die von außen - insbesondere auch wegen des an der Tür angebrachten Blechs - nicht zu sehen gewesen sei. Hinter der Tür sei es ständig feucht. Bei den herrschenden Witterungsverhältnissen hätte sich dort Glatteis bilden müssen. Beide Beklagte hafteten ihr wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Es habe der Beklagten Ziff. 2 oblegen, der ihr übertragenen Verkehrssicherungspflicht selbst nachzukommen und/oder dafür zu sorgen, daß gestreut wird, und die Beklagte Ziff. 1 laufend zu überwachen. Das habe sie nicht getan. Die Beklagte Ziff. 1 habe in dem Winter wiederholt nicht geräumt und gestreut. Hinter der Tür sei weder in diesem noch in dem vor-angegangenen Winter gestreut worden.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus habe sie sich nur mit Hilfe des Rollstuhls mit Schmerzen bewegen können. Am 25.04.2006 sei der Gips abgenommen worden. Danach habe sie nur mit Krücken gehen können. Die massiven Beeinträchtigungen hätten bis Ende Juni bestanden. Die Wundheilung habe bis September gedauert. Anfang 2007 habe sie wieder begonnen, Auto zu fahren. Auch ein Jahr nach dem Unfall habe sie nur 20 Minuten hintereinander mit Krücken gehen können und dann eine Pause benötigt. Von der geplanten Entfernung der eingesetzten Metallversorgung sei Abstand genommen worden. Bei einer solchen Verletzung und Beeinträchtigung komme ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung ab 8.000,00 € in Betracht.

Die Klägerin hat zunächst Zahlung von 7.895,15 € sowie aus einem Gegenstandswert von 11.895,15 € (4.000,00 € Schmerzensgeld, 7.895,15 € materieller Schaden) berechnete vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 785,90 € begehrt und behauptet, daß ihr für die Zeit vom 12.03.2006 bis 30.06.2006 Kosten von 316,95 € (Duschhocker, Gehstützen usw.) und ein Haushaltsführungsschaden nebst Fahrtkosten in Höhe von 7.534,52 € entstanden seien. Wie sich aus dem in Bezug genommenen vorgerichtlichen Schreiben ergibt, wollte sie auch Fahrtkosten zur Krankengymnastik in Höhe von 43,68 € geltend machen, die in dem geforderten Betrag von 7.895,15 € enthalten sind. Im weiteren Verlauf hat die Klägerin "für materielle Schäden aus der Zeit 12.03.2006 bis 30.04.2007" Zahlung von 8.247,83 € begehrt, nämlich außer den bisher geltend gemachten 316,95 € zzgl. 43,68 € weitere 352,68 € (Zuzahlungen und Fahrtkosten). Die Klägerin hat vorgetragen, sie bewohne mit ihrem 75jährigen Ehemann eine 88 qm große Wohnung (Wohn-, Schlaf- und Gästezimmer, Küche, Bad, Toilette). Vor dem Unfall habe sie den Haushalt allein geführt, weil ihr Ehemann unter Wirbelsäulenbeeinträchtigungen leide. Unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten und Verhältnisse sei ihr bis zum 30.06.2006 ein Haushaltsführungsschaden einschließlich Fahrtkosten ihrer Angehörigen in Höhe von 7.534,52 € entstanden. Die Hausarbeiten seien von ihrem Ehemann und den beiden in E. und B. wohnenden Kindern erledigt worden. Der Zeitaufwand habe sich auf 449 Stunden (46 Stunden während ihres Krankenhausaufenthaltes, 403 Stunden vom 27.03. bis 30.06.2006) belaufen; der Stundensatz werde mit 15,00 € angesetzt. Für Fahrten mit dem Pkw seien 799,52 € anzusetzen. Im weiteren Verlauf hat die Klägerin geltend gemacht, unter Berücksichtigung von Tabellenwerken sei davon auszugehen, daß im Haushalt wöchentlich 44 Stunden anfielen. Für die Zeit ihres Krankenhausaufenthaltes seien 32,6 Wochenstunden anzusetzen. Für diese Zeit sei jedenfalls der fiktive Nettolohn einer Wirtschafterin in Höhe von 10,63 € und für die Zeit nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus der fiktive Nettolohn einer Wirtschaftsgehilfin in Höhe von 9,79 € anzusetzen.

Die Beklagte Ziff. 1 hat behauptet, selbst wenn die Klägerin gestürzt wäre, wäre dies auf eigene Ungeschicklichkeit und nicht auf Glatteis zurückzuführen. Die Klägerin trage bewußt falsch vor, um einen Anspruch zu begründen. Die Behauptung, daß die Rampe nicht gestreut gewesen sei, sei abwegig. Ihr Mitarbeiter P. habe am Morgen und am Nachmittag des 12.03.2006 Schnee geräumt und auch die entsprechenden Streuarbeiten durchgeführt. Wegen der 2 cm hohen Türschwelle könne kein Wasser von außen in die Tiefgarage gelangen. Es könne auch keine gefrorene Tauwasserfahne gegeben haben, denn bei einer Temperatur von - 2 ° C habe der Schnee nicht tauen können. Die Hausbewohner hätten noch nie Glatteisbildung im Tiefgaragenbereich beanstandet.

Die Beklagte Ziff. 2 hat behauptet, hinter der Tür zur Tiefgarage habe sich noch nie Glatteis gebildet. Es bestehe schon deshalb keine Vereisungsgefahr, weil Niederschlags- oder Schmelzwasser wegen der Neigung der Rampe in die Birkorinne laufe. Im übrigen verhindere die an der Gittertür angebrachte Metallplatte, daß ähnlich tiefe Temperaturen wie im Außenbereich entstehen könnten. Bei einer Temperatur von - 2 ° C sei die Bildung einer Eisfläche ausgeschlossen. Die Verkehrssicherungspflicht sei nicht vertraglich auf sie übertragen worden. Ob dem Verwalter die Verkehrssicherungspflicht kraft Gesetzes obliege, sei streitig. Jedenfalls hafte er nicht, wenn er die Verkehrssicherungspflicht auf eine zuverlässige Hauswartfirma übertragen habe. Die Beklagte Ziff. 1 habe seit fünf Jahren ohne Beanstandungen eine Vielzahl von Objekten betreut. Sie habe jedenfalls darauf vertrauen dürfen, daß die Beklagte Ziff. 1 der ihr übertragenen Verpflichtung weiterhin nachkommt, weil dieses Vertrauen nicht durch Beschwerden erschüttert worden sei.

Im übrigen haben die Beklagten den Haushaltsführungsschaden dem Grunde und der Höhe nach bestritten und geltend gemacht, daß jedenfalls die Stundensätze nach BAT zugrundezulegen seien. Durch den Krankenhausaufenthalt habe die Klägerin Lebenshaltungskosten in Höhe von 160,00 € erspart.

Wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Landgericht Freiburg hat die Klage durch Urteil vom 05.06.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagten Ziff. 1 habe zwar die Räum- und Streupflicht für die Wohnanlage oblegen. Diese habe sich grundsätzlich auch auf den Bereich des Personendurchgangs zur Tiefgarage erstreckt. Der eröffnete Zugang zu dem Gebäude müsse bei Eis- und Schneeglätte gestreut werden. Die Klägerin habe aber nicht bewiesen, daß der Zugang zu der Tiefgarage auch zum Unfallzeitpunkt bzw. am Unfalltag hätte gestreut werden müssen. Für den Beginn und das Ende der Streupflicht sei eine Gefährdung durch Glättebildung maßgebend. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Zeugen sei das Gericht allerdings überzeugt, daß die Klägerin auf einer glatten gefrorenen Fläche gestürzt sei. Jedoch stehe nicht fest, daß die Beklagte Ziff. 1 aufgrund der Witterungsverhältnisse zur Durchführung von Streuarbeiten verpflichtet gewesen sei. Nach den Angaben der Zeugen seien die Gehwege auf dem Gelände der Wohnanlage und die Zufahrt zu der Tiefgarage - abgesehen von der glatten Fläche im Bereich des Personenzugangs - frei von Eis und Schnee und gut begehbar gewesen. In dem maßgeblichen Zeitpunkt habe es also keine Gefährdung des Verkehrs durch Glättebildung gegeben. Das Vorhandensein einer vereinzelten Glatteisfläche sei nicht ausreichend, um eine Streupflicht zu begründen. Es bestehe keine Pflicht, bei sonst freien Verkehrswegen kleinere isolierte glatte Flächen zu streuen (OLG München 1 U 5320/06). Daß die Glatteisfläche - wie die Klägerin vorgetragen habe - nicht erkennbar gewesen sei, ändere hieran nichts. Die Beklagte Ziff. 1 sei nicht verpflichtet gewesen, die ansonsten eis- und schneefreien Geh- und Fahrwege der Wohnanlage und die Tiefgarageneinfahrt auf solche nicht sichtbaren Eisflächen hin zu untersuchen (OLG Oldenburg, RuS 1999, 415). Auch die Beklagte Ziff 2 hafte nicht. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß für sie Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, daß die Beklagte Ziff. 1 die ihr übertragene Räum- und Streupflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, und daß die Beklagte Ziff. 2 ihrer Überwachungspflicht nicht in hinreichendem Maße nachgekommen sei. Zudem lasse sich eine Verletzung der Räum- und Streupflicht durch die Beklagte Ziff. 1 nicht feststellen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe die Zeugenaussagen falsch gewürdigt. Die Unfallstelle sei dem Mitarbeiter der Beklagten Ziff. 1 nach dessen eigenen Angaben als besonders glatteisgefährdet bekannt gewesen. Am Unfalltag habe aufgrund der Witterungsverhältnisse eine konkrete Gefahrenlage bestanden. Dennoch habe er an dem fraglichen Tag nichts getan. Die Beklagte Ziff. 1 treffe der Vorwurf, eine bekannte Gefahrenstelle bei gefahrträchtigen Witterungsverhältnissen nicht ausreichend kontrolliert und durch Streuen beseitigt zu haben. Hier wäre sogar ein vorsorgliches Abstreuen der Gefahrenstelle erforderlich und zumutbar gewesen. Der glättegefährdete, abschüssige und enge Türdurchgang sei mit den von den Oberlandesgerichten München und Oldenburg entschiedenen Fällen nicht vergleichbar. Als Verwalter sei die Beklagte Ziff. 2 gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG zur Behebung von Baumängeln verpflichtet gewesen. Bei turnusmäßigen Rundgängen hätte sie feststellen können, daß der Eingang zur Tiefgarage ständiger Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Nunmehr seien unter dem Vorwand des Baus eines Marderschutzes Profilbleche angebracht worden.

Im weiteren Verlauf hat die Klägerin ihre Tätigkeiten an einem normalen Tag vor dem Unfall geschildert: Danach war sie etwa 8,5 Stunden am Tag im Haushalt tätig und hat einmal in der Woche einen zusätzlichen Putztag eingelegt, um alles "tipp-topp" zu reinigen und zu säubern. Bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, bis September 2006 habe sie zwei Gehstützen benötigt und danach - bis November/Dezember 2006 - noch eine Gehstütze. Seitdem benütze sie einen Spazierstock, wenn sie außerhalb des Hauses allein unterwegs sei.

Die Klägerin beantragt

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Bekl. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kl. Schadensersatz aus dem Glatteisunfall vom 12.03.2006 für materielle Schäden aus der Zeit von 12.03.2006 bis 30.04.2007 in Höhe von 8.247,83 € nebst Zinsen aus 7.895,15 € in Höhe von 5 %-Punkten für dem Basiszinssatz für die Zeit vom 30.09.2006 bis 30.04.2007 sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 8.247,83 € seit 01.05.2007 zzgl. 785,90 € nicht anzurechnende Geschäftsgebühr gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG zu zahlen;

festzustellen, daß die Bekl. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Kl. sämtliche zukünftigen materiellen Schäden aus dem Unfall vom 12.03.2006 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;

die Bekl. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kl. ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

festzustellen, daß die Bekl. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Kl. sämtliche zukünftigen immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 12.03.2006 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte Ziff. 1 macht geltend, alle Zeugen hätten ausgesagt, daß die Wege der Wohnanlage und die Zufahrt zu der Tiefgarage frei von Eis und Schnee und gut begehbar gewesen seien. Sie sei ihrer Streupflicht also nachgekommen. Es müsse nicht sämtlicher Schnee entfernt werden. Schnee könne zu Schneematsch werden, die Flüssigkeit könne die Rampe herunterlaufen und sich an der im Schatten liegenden Türschwelle ansammeln. Das angesammelte Wasser könne gefrieren, während der in der Sonne liegende Teil der Rampe abtrockne. Da nicht alles Matschwasser über die Türschwelle in die Tiefgarage laufen könne, müsse es schon vor der Tür gefrorenes Matschwasser gegeben haben, das sich farblich von dem Bodenbelag abgezeichnet habe. Die Klägerin hätte die Farbunterschiede erkennen können. Zur Zeit der Durchführung der Räum- und Streupflicht seien die farblichen Unterschiede nicht vorhanden gewesen, denn gerade auf diesen Bereich habe ihr Mitarbeiter besonders geachtet. Da es sonnig und trocken gewesen sei, habe sie keinen Anlaß gehabt, der Räum- und Streupflicht weiter nachzugehen. Durch die Streupflicht könne nicht vermieden werden, daß Tau- und Schneewasser in einem schattigen Bereich gefriere. Jedenfalls nachmittags gegen 16 Uhr habe sie davon ausgehen dürfen, daß der Sonnenschein eine Vereisung durch gefrorenes Schmelzwasser beseitigt habe. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, daß eine Verkehrssicherungspflicht "genereller Art" an diesem Tag nicht bestanden habe und daß sie kein Problembewußtsein hinsichtlich einer einzelnen noch verbliebenen Stelle zu entfalten brauchte. Wenn schon die Klägerin davon ausgegangen sei, daß es keine Glätte gab, dann habe auch sie davon ausgehen können.

Die Beklagte Ziff. 2 trägt vor, bis zu der Beweisaufnahme habe sie nichts von der Problematik an der fraglichen Stelle gewußt. Auch die Klägerin habe vor dem Unfall dort wohl nie eine Glättebildung festgestellt, denn sie habe nicht das geringste Gefahrenbewußtsein gehabt. Bauliche Maßnahmen seien nicht angezeigt gewesen. Der Situation sei durch Maßnahmen der Verkehrssicherungspflicht zu begegnen gewesen, die auf die Beklagte Ziff. 1 übertragen war.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.

Der Verkehrssicherungspflichtige muß - wie das Landgericht insoweit noch zutreffend angenommen hat - den Zugang zu einem Gebäude bei Eisglätte streuen. Dies gilt auch für den Zugang zu der Tiefgarage. Die Klägerin ist auf einer nicht abgestreuten Eisfläche ausgerutscht, als sie auf der abschüssigen Rampe durch die geöffnete Gittertür gegangen ist. Nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ein zu Hilfe gekommener Nachbar und die beiden Rettungssanitäter haben bekundet, daß es dort "vereist", "rutschig", "spiegelglatt" war. Die Sanitäter hatten Probleme, die Klägerin vom Boden aufzuheben und auf die Trage zu legen, weil es dort so glatt war. Das Landgericht ist der Ansicht, daß die Beklagte Ziff. 1 nicht zum Streuen des Türbereichs verpflichtet war, weil die Wege der Wohnanlage und der obere Teil der Rampe frei von Eis und Schnee waren und eine vereinzelte Glatteisfläche keine Streupflicht begründe. Dabei wird verkannt, daß es nach dem vorgelegten Wettergutachten am Vortag geregnet und geschneit hatte, daß es in der ersten Tageshälfte des 12.03.2006 anhaltenden Schneefall und ab Mittag einzelne Schneeschauer gegeben hatte und - bei einer Temperatur von - 2 ° C - verbreitet Glätte durch Eis und Schnee herrschte. Die Beklagte Ziff. 1 hat sich denn auch gar nicht darauf berufen, daß die Witterungsverhältnisse keinen Anlaß zum Schneeräumen und Streuen geboten hätten. Sie hat vielmehr vorgetragen, daß Herr P. an diesem Tag zweimal - morgens und am Nachmittag - Schnee geräumt und gestreut habe. Wer zwar die Wege einer Wohnanlage räumt und streut, den Personendurchgang zur Tiefgarage aber ungestreut läßt, genügt seiner Verkehrssicherungspflicht gerade nicht. Auch hier zu streuen war fraglos geboten und zumutbar. Gerade der Umstand, daß die Wege der Anlage und der obere Teil der Rampe frei von Eis und Schnee waren, verleitete einen Fußgänger zu der Annahme, daß er auch in die Tiefgarage gehen könne, ohne Schaden zu nehmen. Warum der ehemalige Mitarbeiter der Beklagten Ziff. 1 im Bereich der Gittertür nicht gestreut hat, ist offen. Herr P. hat bei seiner Zeugenvernehmung angegeben, keine Erinnerung an den 12.03.2006 zu haben. Im übrigen hat der Zeuge ausgesagt, daß die Tiefgaragenrampe sehr gefährlich sei. Kurz vor oder im Innenbereich an der Schwelle der Personendurchgangstür könne es eine Eisfläche geben. Für seine Ruhe sei es besser gewesen, Salz zu streuen. Es gebe Tage, an denen es nicht schneie und trotzdem glatt sei. In Staufen habe er 10 bis 15 Objekte machen müssen. Ein Gehweg habe auch einmal eine halbe Stunde länger warten können. Die Rampen zu den Tiefgaragen seien besonders wichtig gewesen, weil speziell sie gefährlich seien. Dies ist unmittelbar einleuchtend: Da Feuchtigkeit und Niederschlag durch die Öffnungen der Gittertür gelangen kann, wird der Bodenbelag der Rampe bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt mit einem Eisfilm überzogen. Selbst wenn - was dem von der Beklagten Ziff. 1 vorgelegten Wettergutachten nicht entnommen werden kann - am Nachmittag des 12.03.2006 in Staufen auch einmal die Sonne geschienen haben sollte, konnte die Beklagte Ziff. 1 Streumaßnahmen an der späteren Unfallstelle jedenfalls nicht mit der Überlegung unterlassen, daß die - ohnehin nicht in der Sonne liegende - vereiste Stelle auftauen werde.

Die Klägerin kann auch die Beklagte Ziff. 2 in Anspruch nehmen. Nach dem Verwaltervertrag hat die Beklagte Ziff. 2 im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alles zu tun, was zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig ist. Die Verpflichtung alles zu tun, was zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig ist, umfaßt auch die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht (BayObLG, NZM 2005, 24; OLG München, NZM 2006, 110). Der Mieter ist in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen, durch den der Eigentümer seine Räum- und Streupflicht auf einen Dritten überträgt (BGH, NJW 2008, 1440). Denn die Sicherung des Zugangs zu dem Haus bei Schnee- und Eisglätte ist Aufgabe des Vermieters, und sie dient vor allem dem Schutz des Mieters. Hätte die Beklagte Ziff. 2 den Vertrag über die Hausmeistertätigkeiten allerdings im Namen der Wohnungseigentümer mit der Beklagten Ziff. 1 abgeschlossen, hätte sie nicht gemäß § 278 BGB für deren Fehlverhalten einzustehen, weil sie die Befreiung von der Verpflichtung zur Vornahme eigener Maßnahmen nicht dadurch erlangt hätte, daß sie für sich einen Dritten beauftragt hat, sondern dadurch, daß eigene Maßnahmen von ihrer Seite nicht mehr erforderlich waren, weil die Wohnungseigentümer selbst alles zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht Erforderliche unternommen haben (BayObLG a.a.O., OLG München a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte Ziff. 2 den Hausmeistervertrag mit der Beklagten Ziff. 1 aber im eigenem Namen abgeschlossen; sie hat sich der Beklagten Ziff. 1 zur Erfüllung ihrer Streupflicht bedient und haftet daher für deren Verschulden. Ein Mitverschulden ist der Klägerin nicht anzulasten. Die Tiefgarage war nicht beleuchtet und der Blick hinein durch das Blech an der Gittertür beeinträchtigt. Der Zeuge Kenk hat auch ausgesagt, es sei nicht so gewesen, "daß man direkt eine Eisfläche gesehen hätte".

Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz ihres materiellen Schadens, der in Höhe von 713,31 € unstreitig ist. Für die Klinikbesuche ihrer Angehörigen kann sie im Ergebnis keinen Fahrtkostenersatz verlangen. Zwar gehören zu den Heilungskosten, die die Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzen hat, auch Fahrtkosten von nahen Angehörigen für Krankenhausbesuche. Bei Pkw-Fahrten können 0,20 €/km angesetzt werden (Palandt/Heinrichs BGB 68. Aufl. § 249 Rdn. 9). Die Klägerin hat geltend gemacht, daß ihr Ehemann sie insgesamt sechsmal (je 44 km) und die beiden Kinder sie je viermal (je 30 km bzw. 26 km) besucht hätten. Hierfür wären Fahrtkosten von insgesamt 97,60 € (488 km x 0,20 €) anzusetzen. Andererseits sind auf die Heilbehandlungskosten die bei einem Krankenhausaufenthalt ersparten häuslichen Verpflegungskosten anzurechnen (Palandt/Heinrichs a.a.O. vor § 249 Rdn. 141). Diese - von den Beklagten unwidersprochen mit 160,00 € bezifferten - Kosten sind höher als die zu erstattenden Fahrtkosten. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Ersatz ihres Schadens hinsichtlich der Verminderung ihrer häuslichen Arbeitsleistung. In dem Zeitraum, für den die Klägerin ihren Haushaltsführungsschaden geltend macht - nämlich bis zum 30.06.2006 - brauchte sie zunächst einen Rollstuhl und danach zwei Gehstützen. Daher konnte sie nur solche Hausarbeiten verrichten, die im Sitzen erledigt werden können. Der für die nicht im Sitzen zu erledigenden Hausarbeiten erforderliche Arbeitszeitaufwand richtet sich aber nicht nach dem Aufwand, den die Klägerin selbst nach ihrem Vortrag vor dem Unfall betrieben hat. Insoweit kommt es auch nicht auf den vorgetragenen Zeitaufwand ihres Ehemannes und der Kinder an. Maßgeblich ist vielmehr, welche Zeit eine jüngere und gesunde Hilfskraft gebraucht hätte, um die objektiv erforderlichen, aber auch hinreichenden Hausarbeiten im Haushalt der Klägerin zu verrichten. Dieser Zeitaufwand ist nach § 287 ZPO auf drei Stunden am Tag zu schätzen; zu einer solchen Schätzung ist der Senat imstande, da seine Mitglieder jahrzehntelange Erfahrung mit Hausarbeiten haben. Für die Zeit, da die Klägerin im Krankenhaus war, ist ein reduzierter Zeitaufwand von 2,5 Stunden am Tag anzunehmen. Dies ergibt - unter Ansatz des fiktiven Nettolohns einer Wirtschaftsgehilfin - einen Betrag von 3.162,17 € (14 Tage x 2,5 Std. = 35 Std. x 9,79 € = 342,65 €; 96 Tage x 3 Std. = 288 Std. x 9,79 € = 2.819,52 €).

Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auch auf die anteiligen (63 %) vorgerichtlichen Anwaltskosten, da die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war.

Schließlich hat die Klägerin Anspruch auf Schmerzensgeld. Dem Schmerzensgeld kommt vor allem eine Ausgleichsfunktion zu. Dabei kann seine richtige Höhe nicht mit mathematischer Genauigkeit ermittelt werden. Vielmehr ist sie nach § 287 ZPO nach freier Überzeugung unter Würdigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände zu bestimmen. Von Bedeutung sind dabei vor allem das Ausmaß und die Schwere der physischen Störung, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und das Maß der Lebensbeeinträchtigung. Der als Zeuge vernommene Hausarzt der Klägerin hat ausgesagt, daß die Klägerin rund vier Wochen einen Rollstuhl benötigt habe, da ihr Gang auch mit zwei Gehstützen unsicher gewesen sei. Die Wundheilung habe sich um Monate - bis in den Juni hinein - verzögert. Es habe sich ein Ödem im Wundheilungsgebiet gebildet, die Wundnaht habe sich auseinandergezogen, es sei zu einer Vereiterung und einer starken Adduktorenreizung gekommen. Noch im September habe die Klägerin zwei Gehstützen gebraucht. Als Folgeschaden werde in etwa fünf Jahren mit Sicherheit eine Arthrose auftreten. Wie dann unstreitig gestellt worden ist, hat die Klägerin noch bis November/Dezember 2006 eine Gehstütze benötigt. Im Hinblick auf diese Umstände - insbesondere den langwierigen Heilungsverlauf und die rund acht Monate andauernde gravierende Gehbehinderung - hält der Senat ein Schmerzensgeld von 10.000,00 € für angemessen.

Mit dem Schmerzensgeld werden alle Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden kann. Nicht erfaßt werden Verletzungsfolgen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten sind und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar ist (BGH, NJW 2004, 1243). Daher ist festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin eventuelle zukünftige, noch nicht erkenn- und voraussehbare immaterielle Schäden zu ersetzen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder besitzt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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