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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.07.2004
Aktenzeichen: 14 Wx 24/04
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 53 Abs. 1 Satz 2
BGB § 874
1. Die Eintragung "Nutzungsrecht an einem Teil der Grundstücksfläche für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks xy. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom ... als Grunddienstbarkeit eingetragen am ..." ist unzulässig, weil der Eintragungsvermerk den wesentlichen Inhalt des Rechts nicht erkennen lässt.

2. Grundbucheintragungen sind der Auslegung zugänglich. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen dabei nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.


Oberlandesgericht Karlsruhe 14. Zivilsenat Beschluß

Geschäftsnummer: 14 Wx 24/04

15. Juli 2004

wegen: Löschung einer Eintragung von Amts wegen

hier: weitere Beschwerde des Beteiligten Nr. 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 19.2.2004 - 62 T 97/03 A -

Tenor:

1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten Nr. 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Konstanz vom 19.02.2004 - 62 T 97/03 A - wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Im Grundbuch von A., Blatt abc, ist in Abt. II unter lfd. Nr. 3 für das Grundstück Flurstück Nr. 2657/7 eingetragen:

"Nutzungsrecht an einem Teil der Grundstücksfläche für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 26591/1. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 23.06.1982, als Grunddienstbarkeit eingetragen im Gleichrang mit den Rechten Abt. II Nr. 2 und 4 am 08.07.1982."

Die von der damaligen Eigentümerin des Grundstücks Flst. Nr. 2657/7 - dem Wohnbauunternehmen K. GmbH & Co.; alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der persönliche haftenden GmbH war der damalige Eigentümer der Grundstücks Flst. Nr. 2659/1 - in bezug auf die Grunddienstbarkeit abgegebene Eintragungsbewilligung vom 23.06.1982 (As. 49 der Grundakten) lautet:

"Eine Grunddienstbarkeit zu Lasten des Grundstücks Flst. Nr. 2657/7 für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 2659/1 des Inhalts, dass der jeweilige Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 2659/1 die gesamte Grundstücksfläche des Grundstücks Flst. Nr. 2657/7 allein nutzen darf, die in dem angesiegelten Lageplan grün markiert ist."

Die Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 wurden aufgrund am 22.06.1995 erklärter Auflassung am 21.09.1995 im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 2657/7 eingetragen. Der Beteiligte Nr. 3 hat das Grundstück Flst. Nr. 2659/1 am 28.07.1995 im Wege der Zwangsversteigerung erworben.

Mit Schreiben vom 07.01.2003 haben die Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 gegenüber dem Grundbuchamt Zweifel geäußert, ob die Eintragung der Grunddienstbarkeit den Bestimmtheitsanforderungen entspreche, und um Überprüfung ihrer rechtlichen Zulässigkeit gebeten; mit Schreiben vom 26.01.2003 haben sie beim Grundbuchamt die Eintragung eines Amtswiderspruchs wegen der genannten Eintragung angeregt.

Mit Beschluß vom 05.06.2003 hat der Grundbuchrichter beim Grundbuchamt A. den - wie es heißt - Antrag der Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 auf Löschung der eingetragenen Grunddienstbarkeit wegen Nutzungsrecht zu Lasten des Grundstücks Flst. Nr. 2657/7 zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 2659/1 zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 hat das Landgericht Konstanz den Beschluß des Grundbuchamtes aufgehoben und dieses angewiesen, die im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit zu löschen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2.

II.

Das gemäß den §§ 78, 80 GBO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die am 08.07.1982 erfolgte Grundbucheintragung sei mangels hinreichender Kennzeichnung des eingetragenen Rechts inhaltlich unzulässig und daher gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO von Amts wegen zu löschen. Hierzu sei das Grundbuchamt unter Aufhebung seiner den Antrag auf Löschung der Eintragung zurückweisenden Entscheidung vom 05.06.2003 anzuweisen.

2. Der mit der weiteren Beschwerde angefochtene Beschluß hält der rechtlichen Nachprüfung stand: Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Erstbeschwerde zutreffend beurteilt und in der Sache richtig entschieden.

a) Der Sache nach handelte es sich bei der Entscheidung des Grundbuchamts vom 05.06.2003 um die Ablehnung einer Amtslöschung; daß diese Ablehnung als Zurückweisung eines in Wahrheit nicht gestellten Antrags formuliert war, ändert daran nichts. Da sie als Eigentümer des nach dem Inhalt der Eintragung dienenden Grundstücks durch die Eintragung - deren Unrichtigkeit im behaupteten Sinne unterstellt - in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt waren, waren die Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2, obwohl nicht Antragsteller, zur Herbeiführung der Löschung beschwerdeberechtigt (vgl. Demharter, GBO, 24. Aufl. 2002, Rdn. 61 zu § 53 mit Rdn. 67, 58 zu § 71).

b) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die von den Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 angeregte Amtslöschung - dahin ist ihre Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs zu verstehen - gegeben sind. Was mit der weiteren Beschwerde dagegen vorgebracht wird, greift nicht durch.

aa) Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist eine nach ihrem Inhalt unzulässige Grundbucheintragung von Amts wegen zu löschen.

Inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung dann, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, nicht bestehen kann. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Recht in einem wesentlichen Punkt so unklar ist, daß die Bedeutung des Eingetragenen auch bei zulässiger Auslegung nicht feststellbar ist (BayObLGZ 1990, S. 35 ff.; Demharter, a.a.O., Rdn. 49 zu § 53).

Geht es - wie hier - um die Eintragung eines Rechts, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann gemäß § 874 BGB zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Im Eintragungsvermerk selbst genügt danach die gesetzliche Bezeichnung des Rechts, wenn diese den wesentlichen Rechtsinhalt kennzeichnet (Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl. 2004, Rdn. 5 zu § 874). Bei Rechten dagegen, die - wie das bei einer Grunddienstbarkeit der Fall ist - einen verschiedenartigen Inhalt haben können, ist eine nähere, zumindest schlagwortartige Bezeichnung (z.B. als "Wegerecht", "Wasserleitungsrecht" o.ä.) erforderlich. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt (vgl. etwa BGHZ 35, S. 378 ff., 382; OLG Hamm, DNotZ 1954, S. 207 ff. m. Anm. Jansen; Palandt-Bassenge, a.a.O.; Demharter, a.a.O., Rdn. 17. zu § 44, m.w. N.; Wacker, in: Münchener Kommentar BGB, 4. Aufl. 2004, Rdn. 3 zu § 874; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. 2004, Rdn. 1145). Ebenso anerkannt ist, daß eine unzureichende Kennzeichnung der Dienstbarkeit im Eintragungsvermerk nicht durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ersetzt werden kann (OLG Düsseldorf, DNotZ 1958, S. 155 ff, 156; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 1148).

bb) Diesen Anforderungen entspricht die Grundbucheintragung vom 08.07.1982 nicht. Ihr ist lediglich zu entnehmen, daß es sich bei dem eingetragenen Recht um eine Benützungsdienstbarkeit (Fallgruppe 1 des § 1018 BGB) handeln soll. Es ist aber nicht erkennbar, in welchen einzelnen Beziehungen dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grudndstücks ein Benutzungsrecht zustehen soll (dazu, daß die Begrenzung des Benutzungsrechts auf einen realen Grundstücksteil keine das Wesen der Benützungsdienstbarkeit ausmachende Beschränkung auf einzelne Nutzungsarten darstellt, vgl. KG, Rpfleger 1991, S. 411 f.; BayObLG, MDR 2003, S. 684 f.; Demharter, a.a.O., Anh. Zu § 44, Rdn. 16; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 1130).

Entgegen der vom Beteiligten Nr. 3 vertretenen Auffassung kann die für eine Zulässigkeit der Eintragung erforderliche Klarheit über den Inhalt des eingetragenen Rechts hier auch nicht durch Auslegung gewonnen werden. Richtig ist zwar, daß auch Grundbucheintragungen der - vom Rechtsbeschwerdegericht selbst und ohne Bindung an die Beurteilung durch das Landgericht vorzunehmenden (Demharter, a.a.O., Rdn. 17 zu § 78 m.w.N.) - Auslegung zugänglich sind. Abzustellen ist dabei auf Wortlaut und Sinn der Eintragungsvermerks und der - soweit zulässig - in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt; außerhalb der Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGHZ 92, S. 359 ff., 355; Demharter, a.a.O., Rdn. 4 zu § 53; Meikel/Streck, Grundbuchrecht, 7. Aufl. 1993, Rdn. Zu § 53 GBO - jeweils m.w.N.). Indessen fehlt es hier an jeglichen Anknüpfungspunkten für eine Auslegung:

- Der Eintragungsvermerk als solcher läßt mangels Aussagekraft keine Schlüsse auf den Inhalt der Dienstbarkeit zu;

- entgegen der Auffassung des Beteiligten Nr. 3 ergibt sich aus dem Umstand, daß Berechtigter der jeweilige Eigentümer des Nachbargrundstücks sein sollte, nichts, denn anders als in den Fällen BayObLG, RPfleger 1981, S. 479 (Elektrizitätsgesellschaft) und BayObLG, Rpfleger 1986, S. 296 f. (Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft) ist in bezug auf einen bloßen Grundstücksnachbarn, der die unterschiedlichsten Nutzungsinteressen haben kann, ein typisches Nutzungsinteresse, das den Schluß auf ein konkretes Nutzungsrecht zuließe, nicht erkennbar;

- ob zur Auslegung des unzureichenden Eintragungsvermerks auf die Eintragungsbewilligung zurückgegriffen werden darf, ist zumindest zweifelhaft (verneinend etwa OLG Düsseldorf, DNotZ 1958, S. 155 ff., 157), kann aber dahingestellt bleiben, weil hier auch die Eintragungsbewilligung das Nutzungsrecht des Berechtigten nicht konkretisiert - insbesondere ist daraus, daß der von dem Benutzungsrecht betroffene Grundstücksteil im Lageplangrün markiert ist, mangels Vorschriften zur Farbgebung kein Schluß auf die Art der Nutzung ziehen;

- der vom Beteiligten Nr. 3 erst im Rechtsbeschwerdeverfahren mitgeteilte Umstand, daß im Baulastenbuch der Gemeinde Allensbach für das Grundstück der Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 zugunsten des Grundstücks des Beteiligten Nr. 3 eine Baulast über die Zurverfügungstellung von drei Pkw-Stellplätzen eingetragen wurde, ist zur Qualifizierung der Grunddienstbarkeit schon deshalb nicht geeignet, weil sich im Grundbuch kein Hinweis hierauf ergibt und der Bestand der Baulast zudem nicht von dem einer Grunddienstbarkeit abhängt.

3. Da das eingetragene Recht nicht besteht, ist es gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO von Amts wegen zu löschen. Das nicht existierende Recht konnte der Beteiligte Nr. 3 auch nicht im Wege der Zwangsversteigerung erwerben. Dazu, daß das Vertrauen in das Bestehen des Rechts nicht geschützt ist, vgl. BayObLG, RPfleger 1995, S. 13.

III.

Nach allem war die weitere Beschwerde auf Kosten des Beteiligten Nr. 3 (§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG) als unbegründet zurückzuweisen.

Den Geschäftswert setzt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 5.000,00 € fest (§ 31 Abs. 1 Satz 1, § 30 KostO).



Ende der Entscheidung

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