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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 03.08.2006
Aktenzeichen: 15 W 35/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 393
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 1. HS
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 11.04.2006 - 9 S 633/05 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I. Mit Urteil vom 22.11.2005 hat das Amtsgericht Pforzheim auf Antrag der Klägerin die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen für unzulässig erklärt. Das Amtsgericht Pforzheim hatte der Beklagten für ihre Rechtsverteidigung in diesem Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Beklagte hatte sich damit verteidigt, dass die Klägerin aus Rechtsgründen nicht berechtigt gewesen sei, gegen die Forderungen der Beklagten aus den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen mit Gegenansprüchen aufzurechnen. Im Urteil vom 22.11.2005 ist das Amtsgericht Pforzheim der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt. Das Amtsgericht Pforzheim hat festgestellt, die Forderungen der Beklagten aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen seien durch eine wirksame Aufrechnung der Klägerin erloschen.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim hat die Beklagte Berufung eingelegt. Gleichzeitig hat sie beantragt, ihr auch für das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 11.04.2006 hat das Landgericht Karlsruhe den Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Beklagten im Berufungsverfahren biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn die Kostenerstattungsforderungen der Beklagten seien - wie vom Amtsgericht Pforzheim zutreffend entschieden - durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung erloschen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten. Sie hält an ihrer Rechtauffassung fest, dass die Klägerin zu einer Aufrechnung nicht berechtigt gewesen sei. Zugunsten der Beklagten sei insoweit § 393 BGB (keine Aufrechnung gegen Forderung aus unerlaubter Handlung) anzuwenden.

Das Landgericht Karlsruhe hat der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt. Zur Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, gegen den das Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden Beschluss sei ein Rechtsmittel nicht gegeben.

II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Die Verweigerung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe durch den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 11.04.2006 ist nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung durch ein Rechtsmittel nicht anfechtbar. Dementsprechend ist der Senat nicht berechtigt, die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Beklagten im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe zu überprüfen.

1. Gegen eine Verweigerung von Prozesskostenhilfe findet gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 1. HS ZPO die sofortige Beschwerde statt. Die Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde sind in § 567 Abs. 1 ZPO geregelt. Nach dieser Vorschrift kommt eine sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte nur in Betracht, wenn diese Entscheidungen im ersten Rechtszug ergangen sind. Entscheidungen des Landgerichts im zweiten Rechtszug unterliegen dementsprechend nicht der sofortigen Beschwerde. Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass eine Verweigerung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht im Berufungsverfahren generell nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist (vgl. Zöller/Philippi, Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 127 ZPO Randnummer 10; Bork in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2004, § 127 ZPO Randnummer 18).

2. Gegen die Anwendung von § 567 Abs. 1 ZPO lässt sich nicht einwenden, die Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde seien in § 127 Abs. 2 ZPO abschließend regelt. Nach der ZPO-Reform, die zum 01.01.2002 in Kraft getreten ist, gibt es an vielen Stellen des Gesetzes eine ausdrückliche Bestimmung, dass die sofortige Beschwerde gegeben sei. § 567 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO nimmt auf diese Regelungen in anderen Vorschriften der ZPO Bezug. Aus der Bezugnahme in § 567 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO ergibt sich, dass in jedem Fall bei einer sofortigen Beschwerde die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO (Rechtsmittel gegen Entscheidungen im ersten Rechtszug) zu prüfen sind. Dementsprechend ist in der Rechtssprechung anerkannt, dass auch bei anderen Entscheidungen des Berufungsgerichts eine sofortige Beschwerde nicht in Betracht kommt. Dies gilt beispielsweise bei einem Ordnungsmittelbeschluss im Berufungsverfahren (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2003, 230) oder bei einer Entscheidung über eine Richterablehnung im Berufungsverfahren des Landgerichts (vgl. OLG Celle, OLG R 2002, 228).

3. Der Entscheidung des Senats stehen auch keine teleologischen Erwägungen entgegen. Der Ausschluss der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe erscheint im Zusammenhang des Rechtsmittelsystems der Zivilprozessordnung vielmehr konsequent und sinnvoll: Das Oberlandesgericht wird in keinem Fall berechtigt sein, die zu erwartende Hauptsacheentscheidung des Landgerichts zu überprüfen. Denn gegen die Hauptsacheentscheidung des Landgerichts im Berufungsverfahren ist ein Rechtsmittel zum Oberlandesgericht nicht gegeben. (Es kann allenfalls im Einzelfall eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof in Betracht kommen, wenn das Berufungsgericht unter den besonderen Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil zulässt) Da das Oberlandesgericht in der Hauptsache mit dem vorliegenden Rechtsstreit in einem Rechtsmittelverfahren nicht befasst werden kann, ist es konsequent, dass das Oberlandesgericht auch keine Befugnis hat, im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung auf das Rechtsmittel einer Partei zu prüfen, ob das Landgericht die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zutreffend beurteilt hat. Die Beschränkung des Rechtsmittelzuges bei der Prozesskostenhilfe entspricht der Beschränkung der Rechtsmittel im Hauptsacheverfahren.

4. Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren nicht veranlasst (127 Abs. 4 ZPO).

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