Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 04.01.2008
Aktenzeichen: 17 U 406/06
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 143
InsO § 146 Abs. 1
BGB § 202 Abs. 2
Der spezielle anfechtungsrechtliche Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Auch die Verbuchung von Zahlungseingängen durch die Gläubigerbank stellt eine solche Rechtshandlung dar.

Die Sicherung eines Anspruchs durch Schaffung einer Aufrechnungslage kann auch dann inkongruent im Sinne des § 131 InsO sein, wenn der Anfechtungsgegner die Erfüllung seines Anspruchs hätte verlangen können. Die kontoführende Bank hat im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses keinen Anspruch auf Gutschriften, die beim zukünftigen Insolvenzschuldners zum Erwerb eines positiven Saldos führen.

Der als inkongruent zu behandelnde Fall, in dem eine Bank eine Gutschrift auf einem nicht-debitorischen Konto des Schuldners zur Aufrechnung mit einem Negativsaldo auf einem anderen Konto des gleichen Schuldners benutzt, steht im Ergebnis dem Fall gleich, in dem die Bank das Guthaben auf einem nicht-debitorischen Konto zur Aufrechnung mit einer vom Kontokorrentverhältnis unabhängigen eigenen Schadensersatzforderung verwenden will.

Mit Beendigung eines Girovertragsverhältnisses erlangt der Kontoinhaber einen vertraglichen Auszahlungsanspruch, bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen daneben nicht.


Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 17 U 406/06

Verkündet am 04. Januar 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2007 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann Richter am Oberlandesgericht Lindner Richter am Landgericht Dr. Zeppernick

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 14. November 2006 - 2 O 465/05 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.979.906,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent für den Zeitraum vom 1. Juni 2000 bis zum 19. Mai 2002 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Mai 2002 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 7/100 und die Beklagte 93/100.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Zwangsvollstreckungsschuldner darf jeweils die Zwangsvollstreckung des Gläubigers gegen Sicherheitsleistung von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 9.979.906,23 €.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der K. GmbH & Co. KG (im Folgenden KSK). Die Parteien streiten über die Auszahlung eines Kontoguthabens der KSK bei der Beklagten. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

KSK schädigte in betrügerischem Zusammenwirken mit der F. Technologie GmbH und Co. KG (im Folgenden F.) unter anderem Leasinggesellschaften, indem sie in großem Umfang nicht existierende Horizontalbohrsysteme an diese verkaufte, die die Maschinen anschließend an F. verleasten. Die von den Leasinggesellschaften gezahlten Kaufpreise überwies KSK teilweise an F. weiter, die damit wiederum Teile der Leasingraten bezahlte. Dabei bediente sich KSK unter anderem eines Giro-Kontokorrents bei der Beklagten, das aufgrund von Zahlungseingängen der Firma L. vom 2. Februar 2000 am 4. Februar 2000 einen positiven Tagessaldo in Höhe von 18.769.618,23 DM aufwies. An diesem Tag reichte KSK einen schriftlichen Überweisungsauftrag über 27.000.000 DM zugunsten eines Kontos der F. beim Bankhaus T. und B. ein.

Ebenfalls am 4. Februar 2000 wurden die Geschäftsführer der F. verhaftet. In der Absicht, sich eine Aufrechnungsmöglichkeit gegenüber F. zu verschaffen, änderte die Beklagte daraufhin den Überweisungsauftrag der KSK eigenmächtig ab, indem sie Namen und Bankleitzahl der Empfängerbank sowie die Kontonummer der Empfängerin durch ein bei ihr geführtes Konto der F. ersetzte. Des Weiteren reduzierte sie den Überweisungsauftrag auf die Summe von 18.640.000 DM, die sie im Folgenden dem Konto der KSK belastete und dem bei ihr geführten F.-Konto gutschrieb. Am folgenden Montag, den 7. Februar 2000 kündigte die Beklagte den der KSK eingeräumten Kontokorrentkredit mit sofortiger Wirkung (Anlage B 26). Nachdem dem Konto der KSK aufgrund zweier Scheckrückgaben in Höhe von insgesamt 875.000 DM neue Deckung zugeflossen war, erstellte die Beklagte zu Lasten des KSK-Kontos am 8. Februar 2000 eigenmächtig einen weiteren schriftlichen Überweisungsauftrag in Höhe von 879.000 DM wiederum zugunsten des bei ihr geführten F.-Kontos aus und führte die Überweisung noch am selben Tag durch.

Am 9. Februar 2000 wurde Rechtsanwalt Dr. B. zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der F. bestellt. In dieser Funktion forderte er die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens auf dem bei der Beklagten geführten Konto der F. auf. Am 1. Juni 2000 wurde über das Vermögen der KSK das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 13.05.2002 (Anlage B 9) erklärte er gegenüber der Beklagten die Insolvenzanfechtung sämtlicher Verrechnungsvorgänge der Beklagten und verlangte Auszahlung in Höhe der von der Beklagten vom Konto der KSK eigenmächtig vorgenommenen Überweisungen von insgesamt 19.519.000 DM (= 9.979.906,23 €).

Die Beklagte machte zunächst keine eigenen Ansprüche auf den überwiesenen Betrag geltend, wollte aber sichergestellt haben, dass sie im Ergebnis nicht von beiden Insolvenzverwaltern - also doppelt - in Anspruch genommen wird. Am 29. Dezember 2004 erklärte die Beklagte dann allerdings gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen die Aufrechnung mit einer von ihr bereits im Juli 2000 angemeldeten Schadensersatzforderung in Höhe von 10.847.803,67 €, die der Kläger am 15.03.2002 zur Tabelle anerkannt hatte. Hintergrund des Schadensersatzanspruchs war das betrügerische Zusammenwirken von F. und KSK zum Nachteil der Leasingfirmen, die sich im Rahmen zweier Konsortialkredite unter anderem bei der Beklagten refinanziert und ihr zur Sicherheit die nicht existierenden Bohrsysteme übereignet hatten.

Der Kläger, der davon ausgegangen ist, dass die Beklagte zur Rückbuchung der eigenmächtigen Überweisungen verpflichtet ist, hat die Aufrechnung der Beklagten aus verschiedenen Gründen für unwirksam gehalten. Die fortlaufend abgegebene Erklärung der Beklagten, auf die Überweisungsbeträge keine eigenen Ansprüche geltend zu machen, sei ihm gegenüber als Anerkenntnis zu werten, zumal sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt die Aufrechnung vorbehalten habe und einen Betrag in Höhe von damals annähernd 10.000.000 DM, der dem Konto der KSK im letzten Monat vor Insolvenzantragstellung als inkongruente Deckung zugeflossen sei, vorbehaltlos herausgegeben habe, obwohl nach ihrer Rechtsauffassung auch insoweit eine Aufrechnungsmöglichkeit bestanden haben müsste. Die Aufrechnung scheitere zudem an § 96 InsO. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO sei die Aufrechnung bereits ausgeschlossen, weil die Beklagte über keinen eigenen Schadensersatzanspruch gegen KSK verfügt, sondern dieser vielmehr den betroffenen Leasingfirmen als direkten Vertragspartnern von F. und KSK zugestanden habe. Soweit entsprechende Ansprüche an die Beklagte zu einem späteren Zeitpunkt abgetreten worden seien, sei dies jedenfalls nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Darüber hinaus verbiete sich auch eine Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, weil die Beklagte, selbst wenn man einen Schadensersatzanspruch gegenüber der KSK unterstelle, nur einen Anspruch auf Zahlung, nicht aber auf Sicherstellung durch Herbeiführung einer Aufrechnungslage besessen habe. Die Aufrechnungslage sei durch Eingang der Gutschriften am 2. und 8. Februar 2000 entstanden, auf die die Beklagte keinen Anspruch gehabt habe, weshalb es sich hinsichtlich der Herstellung der Aufrechnungslage um eine inkongruente Deckung gehandelt habe. Da zuvor die Einzelforderungen kontokorrentgebunden gewesen seien, sei die streitgegenständliche Forderung des Klägers auf Auszahlung des Guthabens erst bei Beendigung des Kontokorrentverhältnisses durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juni 2000 und damit frühestens innerhalb des letzten Monats vor Insolvenzantragstellung am 28. Februar 2000 im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO entstanden. Spätestens seit dem 4. Februar 2000 habe die Beklagte im Übrigen von der Zahlungsunfähigkeit der KSK gewusst.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.979.906,23 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 8. Februar 2000 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, erst am 7. Februar 2000 auf Grund von Presseveröffentlichungen von der Verhaftung der F.-Geschäftsführer erfahren zu haben, damit aber noch nicht notwendig von der - im Übrigen bestrittenen - Zahlungsunfähigkeit von KSK. Auf eine Aufrechnung habe sie zu keinem Zeitpunkt verzichtet, die entsprechende Möglichkeit sei ihr nach § 94 InsO erhalten geblieben, da ihr Schadensersatzanspruch bereits im Jahr 1998 entstanden sei. Die Voraussetzungen des § 96 i.V.m. § 131 Abs. 1 InsO seien im Übrigen mangels "Rechtshandlung" im Sinne des Gesetzes und mangels einer Gläubigerbenachteiligung nicht gegeben. Zudem hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte mit einer eigenen Forderung gegenüber dem Anspruch auf Auszahlung des Guthabenbetrags aus dem Girovertrag wirksam und insolvenzfest die Aufrechnung erklärt habe. Die Gegenforderung aus unerlaubter Handlung in entsprechender Höhe bestehe und sei bereits 1998 fällig gewesen. Die Anfechtung sei auch nicht nach § 96 InsO unzulässig. Da die Beklagte nicht mit einem von den geschädigten Leasinggesellschaften abgetretenen, sondern mit einem eigenen Schadensersatzanspruch aufgerechnet habe, greife der Ausschlussgrund des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht. Auch der Ausschlussgrund des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO sei nicht einschlägig, da weder ein Fall inkongruenter Deckung vorliege, noch bewiesen sei, dass die KSK zum Zeitpunkt der Gutbuchungen Anfang Februar 2000 zahlungsunfähig gewesen sei und die Beklagte davon Kenntnis gehabt habe. Ein "Anerkenntnis" der Beklagten hinsichtlich der Hauptforderung verhindere die Aufrechnung hier genauso wenig wie der Grundsatz von Treu und Glauben.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Parteivortrag, zu den in erster Instanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen und zum Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Dagegen wendet sich der Kläger, der mit der Berufung sein ursprüngliches Prozessziel auf Zahlung von 9.979.906,23 € nebst Zinsen weiter verfolgt. Zur Begründung führt er u.a. aus, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte den Eingang der Gutschriften und damit die Entstehung der Aufrechnungslage im Sinne von §§ 129ff. InsO beanspruchen dürfe. Tatsächlich handele es sich aber um eine inkongruente Deckung, die eine Aufrechnung im Rahmen des Insolvenzfalles verbiete.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts, das sie für zutreffend hält. Dabei wiederholt sie die bereits in der ersten Instanz vorgebrachte Einrede der Verjährung gegenüber den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüchen. Zwar habe sie im Rahmen des Rechtsstreits zunächst auf die Einrede der Verjährung verzichtet, dieser Verzicht sei aber mit Ende der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien hinfällig geworden und spätestens mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 (Anlage K 20) widerrufen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat ganz überwiegend Erfolg. Der Kläger kann als Insolvenzverwalter von der Beklagten aus § 355 Abs. 3 HGB i.V.m. dem Girovertrag Zahlung des auf dem ehemaligen Konto der KSK vorhandenen Guthabens in Höhe von 9.979.906,23 € verlangen (1). Des Weiteren stehen ihm Zinsen in Höhe von 5 Prozent seit dem 1. Juni 2000 sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Mai 2002 zu (2). Die Ansprüche sind nicht verjährt (3).

1. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter einen Anspruch aus dem Girovertrag auf Auszahlung des heute unstreitig auf dem ehemaligen Konto der KSK befindlichen Guthabens in Höhe der Klageforderung.

a) Der Anspruch ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juni 2000 entstanden. Zu Recht hat das Landgericht unter Berufung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Juni 2005 (NJW 2005, 3213 ff.) im Rechtsstreit zwischen der Beklagten und dem Insolvenzverwalter der F. klargestellt, dass es auf den Sachverhaltskomplex der abredewidrigen Abänderung des Überweisungsauftrags der KSK an F. für die Frage des Auszahlungsanspruchs nicht ankommt. Soweit die Beklagte durch insgesamt drei abredewidrige Überweisungen den positiven Saldo auf dem Konto der späteren Insolvenzschuldnerin reduziert hatte, sind diese Buchungen ihr gegenüber unwirksam und wurden von der Beklagten dementsprechend zwischenzeitlich rückgängig gemacht. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Anspruch auf den auf dem Girokonto der Gemeinschuldnerin vorhandenen Überschuss, den sogenannten kausalen Saldo (BGH NJW 1978, 538), fällig geworden (vgl. BGH NJW 2005, 3213, 3214).

b) Der Anspruch des Klägers ist nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 erklärten Aufrechnung mit der von ihr behaupteten und mit Rechtskraftwirkung zur Tabelle angemeldeten deliktischen Gegenforderung in Höhe von 10.847.803,67 € erloschen. Ob der Schadensersatzanspruch als originärer Anspruch der Beklagten besteht, was das Landgericht mit überzeugender Begründung angenommen hat, kann hier im Ergebnis dahingestellt bleiben, da eine Aufrechnung entgegen den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts wegen § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO i.V.m. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig ist.

aa) Es fehlt weder an einer grundsätzlich anfechtbaren Rechtshandlung noch an einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne der §§ 129 ff. InsO: Der spezielle anfechtungsrechtliche Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen und umfasst jede bewusste Willensbetätigung, die eine rechtliche Wirkung auslöst (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof, § 129 Rn. 7, 12). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt auch die Verbuchung von Zahlungseingängen durch die Gläubigerbank eine Rechtshandlung dar, weil ihr rechtsbegründende Kraft zukomme und sie konstitutiv wirke (BGH NJW 1978, 759).

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt ebenfalls vor, da die von der Beklagten erklärte Aufrechnung das Schuldnervermögen in Höhe der Klageforderung nicht unerheblich verkürzt hätte. Dabei ist es entgegen dem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 18.12.2007 unbeachtlich, ob die Gemeinschuldnerin überhaupt einen wirksamen Anspruch gegen die Firma L. hatte. Zwar soll die Anfechtung der Insolvenzmasse keine Vorteile verschaffen, die ihr ohne die Rechtshandlung auch nicht zugestanden hätten (BGH NJW 1983, 1120, 1122), dies ist bei der hier vorliegenden Konstellation aber auch nicht der Fall. Denn die Firma L. hatte das Geld bereits auf das Konto der Gemeinschuldnerin überwiesen, so dass es ohne die hier auf ihre Wirksamkeit zu prüfende Aufrechnung durch die Beklagte ohne weiteres Teil der Insolvenzmasse werden konnte. Ob die betroffene Firma das Geld überweisen musste, spielt dagegen an dieser Stelle keine Rolle. Etwaige Rückgewähransprüche konnte sie nur als Insolvenzforderungen anmelden.

bb) Das Landgericht hat in einem ersten Schritt zu Recht zwischen der Befriedigung des Schadensersatzanspruchs und der bloßen Sicherung unterschieden. Bei der Schaffung einer Aufrechnungsmöglichkeit handelt es sich dementsprechend um eine Sicherung i.S.d. §§ 129 ff. InsO (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl. 2008, § 130 Rn. 9). Während die Beklagte - das Bestehen des Schadensersatzanspruchs unterstellt - durchaus die Erfüllung ihres Anspruchs hätte verlangen können, so dass eine entsprechende Leistung durch die spätere Gemeinschuldnerin als kongruente Leistung zu betrachten wäre, konnte sie die Sicherung ihres Anspruchs durch Schaffung einer Aufrechnungslage gerade nicht verlangen (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof, § 131 Rn. 19). Die vom Gesetzgeber bewusst vorgenommene Unterscheidung zwischen Befriedigung (durch Aufrechnung) und Sicherung (durch Entstehung einer Aufrechnungslage) kann nicht in der Form nivelliert werden, dass die Sicherung als Minus gegenüber der Befriedigung nach den gleichen Maßstäben beurteilt wird (BGH NJW 2004, 3118, 3119). Vielmehr muss nach herrschender Meinung streng differenziert und geprüft werden, ob die Beklagte gerade auf die Schaffung der Aufrechnungslage in der vorliegenden Form einen Anspruch hatte. Die Einordnung des Erwerbs der Aufrechnungslage hängt dabei entscheidend von dem Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen dem Insolvenzschuldner und seinem Gläubiger ab.

Der Bundesgerichtshof hat bereits zum alten Konkursrecht entschieden, dass die Herstellung der Aufrechnungslage zu einer inkongruenten Deckung führt, wenn der Aufrechnende vorher keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, die die Aufrechnungslage entstehen ließ (BGHZ 147, 233, 240), und diesen Grundsatz bei Prüfung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO in gleicher Form übernommen (BGH WM 2003, 2458, 2459; BGH NJW 2004, 3118, 3119). Bei Gutschriften im Kontokorrentverhältnis wird dementsprechend zwischen der nicht vereinbarten und nur ausnahmsweise geduldeten Überziehung einerseits und der Ausnutzung einer vereinbarten Kreditlinie im Rahmen der Kontokorrentabrede andererseits differenziert: Im ersten Fall kann die Bank jederzeit die Rückführung auf den vereinbarten Saldo verlangen, dementsprechend wäre ein Zahlungseingang als kongruente Deckung zu werten. Solange sich der spätere Insolvenzschuldner dagegen innerhalb des vereinbarten Kontokorrentkredits bewegt, hat die Bank vor Kündigung der Kreditvereinbarungen keinen Anspruch auf Ausgleich, da die Giro- oder Kontokorrentabrede allein den Kredit nicht zur Rückzahlung fällig stellt. Ein Recht zu dessen endgültiger Rückführung gewährt die Kontokorrentabrede sogar im Falle der vereinbarten Saldierung nicht (BGH NJW 2002, 1722, 1723). Dementsprechend hatte die Beklagte im Vorfeld des Prozesses auch bereits einen Betrag von damals knapp 10.000.000 DM (die Summe, um die sich die Inanspruchnahme des Kontos im letzten Monat vor Insolvenzantragstellung reduziert hatte) an die Masse entrichtet, da zwischen den Parteien zu Recht unstreitig war, dass es sich insoweit um eine inkongruente Deckung handelte.

Die Konstellation, die der Klage zugrunde liegt, weicht von diesen "Standardfällen" allerdings in doppelter Hinsicht ab: Zum einen führten die in Frage stehenden Gutschriften nicht zu einer Rückführung einer geduldeten Kreditlinie, sondern zum Erwerb eines positiven Saldos, worauf die Beklagte nach dem oben Gesagten erst Recht keinen Anspruch haben konnte. Zudem war die unterstellte Schadensersatzforderung nicht in das Kontokorrent eingestellt, sondern bestand unabhängig davon. Die Aufrechnungslage hinsichtlich der geltend gemachten Gegenforderung entstand also gleichsam zufällig und stellt deshalb eine inkongruente Deckung dar. Die unabhängig von der Kontokorrentabrede bestehende Gegenforderung kann im Ergebnis nicht anders bewertet werden als der in der Literatur zu Recht als inkongruent behandelte Fall, in dem die Bank eine Gutschrift auf einem nicht-debitorischen Konto des Schuldners zur Aufrechnung mit dem Negativsaldo auf einem anderen Konto des gleichen Schuldners benutzt (ausdrücklich Paulus, ZIP 1997, 569, 577; MünchKommInsO/Brandes, 2. Aufl. 2007, § 96 Rn. 31 m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Landgericht und der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.12.1977 (BGH NJW 1978, 758 ff.), der eine andere Sachverhaltskonstellation zu Grunde liegt und die die Frage, wie es zu beurteilen wäre, wenn die Gemeinschuldnerin bei der Beklagten weitere Konten gehabt hätte, gerade dahinstehen lässt.

cc) Die Aufrechnungslage ist mit Erteilung der Gutschriften am 2. und 4. Februar 2000 innerhalb eines Monats vor der Antragstellung am 28. Februar 2000 entstanden. Zwar will die Beklagte - wie mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2007 nach der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen - zwischen dem Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto und dem davor liegenden und ihrer Meinung nach wesentlichen Zeitpunkt des Eingangs des überwiesenen Betrags in ihrem Herrschaftsbereich differenzieren. Die KSK habe nämlich schon zu dem Zeitpunkt, zu dem das Geld auf einem Verrechnungskonto der Bank eingegangen sei, einen Anspruch auf Erteilung einer Gutschrift gehabt. Bereits zu diesem Zeitpunkt, der möglicherweise vor der Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO gelegen haben könne, sei die Aufrechnungslage entstanden. Ob eine solche Differenzierung zwischen Anspruch auf Gutschrift und Anspruch aus Gutschrift vorzunehmen ist, kann vorliegend aber dahingestellt bleiben, da der Vortrag eines erheblich früheren Geldeingangs bei der Beklagten gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen ist. Anhaltspunkte, die für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sprechen könnten, sieht der Senat insoweit nicht, insbesondere nachdem nicht einmal die Beklagte, die als einzige Kenntnis davon haben könnte, einen Geldeingang vor dem 28. Januar 2000 (zur Fristberechnung vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 139 Abs. 1 InsO) vorgetragen hat.

Ebenfalls nicht durchdringen kann die Beklagte mit ihrem Argument, die Aufrechnungslage habe seit dem Entstehen ihres Schadensersatzanspruchs durchgehend bestanden. Dies war schon aus tatsächlichen Gründen nicht der Fall, weil das Konto der KSK vor dem Eingang der hier streitgegenständlichen Forderungen im Soll war. Die mit der Aufrechnungslage einhergehende Sicherung ist somit nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO inkongruent und die erklärte Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam. Weitere subjektive Tatbestandsvoraussetzungen fordert das Gesetz in diesem Fall nicht.

2. Dem Kläger stehen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 286, 288 BGB seit dem 21. Mai 2002 und in Höhe von 5 Prozent aus § 353 HGB seit dem 1. Juni 2000 zu.

a) Seit dem 21. Mai 2002 lagen die Voraussetzungen des Verzugs vor.

aa) Der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens war seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, und der Klägervertreter hatte die Beklagte mit Schreiben vom 13. Mai 2002 unter Fristsetzung bis zum 20. Mai 2002 zur Zahlung der Klagesumme in verzugsbegründender Weise aufgefordert.

bb) Zudem handelte die Beklagte auch schuldhaft. Auf einen ihr Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum kann sie sich nicht berufen. Zwar geht die Rechtsprechung allgemein davon aus, dass der Schuldner für einen unverschuldeten Rechtsirrtum nicht einzustehen braucht, sie stellt insoweit aber strenge Anforderungen an die Voraussetzungen (vgl. BGH NJW 1994, 2755; MünchKommBGB/Ernst, 5. Aufl. 2007, § 286 Rn. 108). So könnte der Schuldner sogar bei einer umstrittenen Rechtsfrage, die in dieser Form hier nicht erkennbar ist, nicht darauf vertrauen, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung die richtige ist. Auch die Sorge vor einer doppelten Inanspruchnahme reicht nicht aus, um den Anspruch des Klägers zu verweigern, zumal die Beklagte den Betrag hätte hinterlegen können.

cc) Da der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens am 1. Juni 2000 fällig wurde, ergibt sich die Anwendbarkeit des § 288 BGB aus Art. 229 Abs. 1 Satz 3 EGBGB.

b) Zu einem früheren Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen des Verzugs nicht vor. Weder war gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, noch hatte der Schuldner gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An die Annahme einer Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Beklagte müsste gegenüber dem Gläubiger unmissverständlich zu verstehen gegeben haben, dass sie unter keinen Umständen mehr zur freiwilligen Erfüllung bereit wäre (MünchKommBGB/Ernst, § 286 Rn. 64 sowie ausführlich § 323 Rn. 99). Tatsächlich hat die Beklagte vor dem Zeitpunkt der Mahnung des Klägers eine entsprechende Erklärung nie abgegeben. Sie hat im Gegenteil zunächst stets betont, zu einer Zahlung grundsätzlich bereit zu sein, sobald die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme ausgeräumt sei.

Ein Anspruch auf Zahlung der vom Kläger geforderten Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 8. Februar 2000 bis zum 20. Mai 2002 besteht auch nicht aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen. Insbesondere kann sich der Kläger insoweit nicht auf § 143 InsO i.V.m. den Vorschriften über eine verschärfte Haftung nach Bereicherungsrecht bzw. §§ 987 ff. BGB berufen. Zu Recht hat das Landgericht in seinen Urteilsgründen ausgeführt, dass sich der Anspruch des Klägers gerade nicht aus der Anfechtung der Rechtshandlungen im Zusammenhang mit den abredewidrigen Überweisungen auf das bei der Beklagten geführte Konto von F. ergibt. Auch unmittelbar aus Bereicherungsrecht besteht kein Anspruch des Klägers auf Zinszahlung. Mit Beendigung des Girovertragsverhältnisses hat der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der KSK einen vertraglichen Auszahlungsanspruch erlangt, bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen daneben nicht.

c) Für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2000 hat der Kläger jedoch einen Anspruch auf Fälligkeitszinsen gemäß §§ 353, 352 HGB in Höhe von jährlich 5 Prozent der Klagesumme. Bei dem zwischen KSK und der Beklagten abgeschlossenen Kontokorrentvertrag handelte es sich gemäß § 343 HGB um ein beiderseitiges Handelsgeschäft. Der Kontokorrentvertrag erlosch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juni 2000. Damit wurde auch der kausale Saldo zur Auszahlung fällig. Zwar ist der Kläger als Insolvenzverwalter selbst nicht Kaufmann, aber der Gemeinschuldner bleibt während des Insolvenzverfahrens Kaufmann (vgl. Baumbach/Hopt, 32. Aufl. 2006, § 1 HGB Rn. 47). Der Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozent ist in dem weitergehenden Klageantrag als "Minus" enthalten.

3. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung hat keinen Erfolg.

a) § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO erklärt eine anfechtbar herbeigeführte Aufrechnung für unwirksam. Dies hat zur Folge, dass die ursprüngliche Forderung des Gemeinschuldners, die anderenfalls durch Aufrechnung erloschen wäre, für die Dauer und die Zwecke des Insolvenzverfahrens fortbesteht. Was dies in Bezug auf die Verjährung der Hauptforderung bedeutet, war bisher im Schrifttum umstritten. Mit Urteil vom 28. September 2006 hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass zu Gunsten des Insolvenzverwalters § 146 Abs. 1 InsO entsprechend anzuwenden ist, und dementsprechend die Verjährung der anfechtungsrechtlichen Ausübungsfrist unterstellt (BGH NJW 2007, 78, 80). Ob dies auch gelten kann, wenn dies wie im vorliegenden Fall gegenüber der am 31.12.2000 beginnenden regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist zu einer Verkürzung der Verjährungsfrist führt, muss hier nicht entschieden werden, da der Anspruch des Klägers auch bei Annahme einer zweijährigen Verjährung gemäß § 146 InsO analog zum Zeitpunkt der Klageerhebung (Zustellung der Klageschrift gemäß § 253 ZPO am 31. August 2005) noch nicht verjährt war.

b) Unterstellt man die analoge Anwendbarkeit des § 146 InsO, wäre der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Kontoguthabens grundsätzlich zwei Jahre nach Insolvenzeröffnung, also am 30. Juni 2002 verjährt. Jedoch hat die Beklagte mit Schreiben vom 21.05.2002 (Anlage K 14) den Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede erklärt und diesen Verzicht mit Schreiben vom 27.05.2002 (Anlage K 16) auf eventuelle Nebenansprüche - insbesondere auch Zinsen - erweitert. Nach den mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 1. Januar 2002 eingeführten Änderungen im Verjährungsrecht ist ein solcher Verzicht auch dann zulässig, wenn er vor Eintritt der Verjährung erfolgt (MünchKommBGB/Grothe, 5. Aufl. 2006, § 202 Rn. 13, OLG Brandenburg, NJW-RR 2005, 871; BGH WM 2007, 2230 f.). Das neue Recht ist im vorliegenden Fall gemäß Art. 229 § 6 I 1 und 2 EGBGB anwendbar, da die Verjährung zum 1. Januar 2002 noch nicht eingetreten war.

aa) Der Verzicht auf die Einrede der Verjährung im Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2002 war nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Zeitraum befristet. Eine solche Befristung, die grundsätzlich möglich wäre (MünchKommBGB/Grothe, § 214 Rn. 8), ergibt sich auch nicht bei Auslegung des Schreibens gemäß §§ 133, 157 BGB. Insbesondere wurde der Verzicht nicht auf die Zeit außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen beschränkt. Zwar kann nach § 202 Abs. 2 BGB n.F. die Verjährungsfrist durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Enthält der Verzicht auf die Verjährung keine zeitliche Einschränkung, so führt das aber nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit des Verzichts, sondern es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Forderung durch den Verzicht nicht unverjährbar sein soll. Der ohne Bestimmung eines Endzeitpunkts erklärte Verzicht ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass er die Grenzen des § 202 Abs. 2 BGB einhält, soweit sich aus der Auslegung der Erklärung nichts Abweichendes ergibt (BGH WM 2007, 2230 f.)

Vor dem Hintergrund des parallelen Rechtsstreits zwischen der Beklagten und dem Insolvenzverwalter der F. konnte ein objektiver Dritter den Einredeverzicht im vorliegenden Fall nur so verstehen, dass er zumindest bis zum Abschluss des Parallelprozesses gelten sollte. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem Aufbau des Schreibens, in dem der Vertreter der Beklagten in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Einredeverzicht zunächst darauf abgestellt hat, dass eine doppelte Inanspruchnahme der Beklagten verhindert werden müsse. Erst im letzten Absatz des Schreibens und ohne direkten Bezug zum Einredeverzicht geht er dann auf die wünschenswerte Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung ein.

bb) Ob ein unbefristet erklärter Einredeverzicht überhaupt widerrufbar ist, erscheint fraglich (verneinend etwa MünchKommBGB/Grothe, § 214 Rn. 8, BGHZ 22, 267, 271), kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da in dem Schreiben der Beklagten vom 29. Dezember 2004 ein solcher Widerruf auch nach Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB nicht erklärt wurde. Einen ausdrücklichen Widerruf enthält das Schreiben nicht. Da der Beklagtenvertreter in diesem Schreiben allerdings nochmals den ursprünglich erklärten Einredeverzicht erwähnt, hätte ein objektiver Dritter im Fall eines Widerrufs gerade deshalb mit einer ausdrücklichen Erklärung rechnen dürfen. Hinzu kommt, dass der Beklagtenvertreter im Folgenden im Hinblick auf eine mögliche Verjährung der behaupteten Gegenforderung seinerseits die Aufrechnung mit der Klageforderung erklärt, so dass sich ein Widerruf des Einredeverzichts für den Empfänger auch aus rechtlichen Gründen nicht aufdrängt, da eine erfolgreiche Aufrechnung die Frage nach der Verjährung der Hauptforderung obsolet erscheinen lassen würde.

cc) Zu einem anderen Ergebnis käme man im Übrigen auch dann nicht, wenn man mit der Beklagten annähme, dass im Schreiben vom 29. Dezember 2004 ein wirksamer Widerruf enthalten gewesen und die Hemmung des Verjährungsfristablaufs somit mit Zugang des Schreibens am 30. Dezember 2004 beendet worden sei. Rechtsfolge einer solchen Hemmung wäre gemäß § 209 BGB nämlich, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt gewesen wäre (im vorliegenden Fall also vom 21. Mai 2002 bis zum ursprünglichen Fristende am 31.12.2003), in die Verjährungsfrist nicht hätte eingerechnet werden dürfen, sondern diese nach Ende der Hemmung am 30. Dezember 2004 entsprechend verlängert hätte. Die Klageerhebung am 31. August 2005 wäre somit auch in diesem Fall noch vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus § 203 S. 2 BGB, der nur bestimmt, dass die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 1 ZPO sind nicht vorhanden, sie werden von den Parteien auch nicht aufgezeigt. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2007 vorträgt, die Besonderheit des Falles läge darin, "dass die Aufrechnungslage zu Gunsten der Beklagten eine kongruente Deckung bewirkt und diese in Gläubigerbenachteiligungsabsicht hergestellt wurde", entspricht dies schon nicht den Tatsachen, da der Senat gerade keine kongruente, sondern eine inkongruente Deckung bejaht hat.

Der Streitwert wurde gem. § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück