Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 20.11.2007
Aktenzeichen: 17 U 89/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 765 Abs. 1
Die Verjährungfrist einer Bürgschaftsforderung beginnt gleichzeitig mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung. Auf eine Zahlungsaufforderung des Gläubigers an den Bürgen kommt es für den Eintritt der Fälligkeit der Bürgschaftsforderung nicht an.
Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 17 U 89/07

Verkündet am 20. November 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 06. November 2007 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann Richter am Oberlandesgericht Dr. Schnauder Direktor des Amtsgerichts Koch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 15. Mai 2007 - 11 O 287/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Klägerin zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 29.319,97 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Sie gewährte der Sch. GmbH am 28.9.1999 ein Existenzgründungsdarlehen in Höhe von 55.000 DM, für das die Beklagte als Geschäftsführerin der Darlehensnehmerin die selbstschuldnerische Bürgschaft übernahm (Anl. K 1). Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kreditnehmerin am 31.3.2001 kündigte die Klägerin am 13.8.2001 das Darlehen und stellte es zur Rückzahlung am 20.8.2001 fällig. Sie nahm die Beklagte mit Schreiben vom 16.5.2006 aus der Bürgschaft in Anspruch und erwirkte am 13.6.2006 den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte, der dieser am 19.6.2006 zugestellt wurde. Die Beklagte hat gegen ihre Inanspruchnahme die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Streit der Parteien betrifft die Rechtsfrage, ob der Lauf der Verjährungsfrist erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen oder bereits mit Fälligstellung des Darlehens gegenüber dem Hauptschuldner beginnt.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klageforderung sei verjährt, da der streitbefangene Anspruch aus der Bürgschaft gleichzeitig mit der Hauptforderung fällig werde.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie verfolgt weiterhin die Durchsetzung des Zahlungsanspruchs aus der Bürgschaft und ist der Auffassung, dass die Forderung gegen die Beklagte nicht verjährt sei. Der Anspruch aus der Bürgschaft entstehe nicht bereits mit Fälligkeit der Hauptforderung, sondern erst mit Fälligkeit der Bürgschaftsforderung. Diese sei erst mit Inanspruchnahme der Beklagten im Schreiben vom 16.5.2006 eingetreten.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil des Landgerichts, das sie für rechtlich zutreffend hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht gerechtfertigt.

Die Klageforderung ist verjährt. Entgegen der Berufungsantwort folgt dies allerdings nicht schon daraus, dass das an die Hauptschuldnerin gerichtete Schreiben der Klägerin vom 13.8.2001 auch gegenüber der beklagten Bürgin als Inanspruchnahme zu werten sei. Das trifft nicht zu, weil in diesem Schreiben eine Inanspruchnahme der Bürgin lediglich angekündigt wird. Das Landgericht hat aber ohne Rücksicht auf dieses Verteidigungsvorbringen der Beklagten zutreffend entschieden und überzeugend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und der Literatur begründet, dass die Klageforderung mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt ist.

1. Die Verjährung der Bürgschaftsforderung begann mit Ablauf des 20.8.2001, da zu diesem Zeitpunkt der Anspruch der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin auf Rückzahlung des Darlehens fällig wurde (Anl. B 1, I 23).

Für den Beginn der Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist ebenso wie schon nach § 198 BGB a. F. auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Anspruch entstanden ist. Das ist dann der Fall, sobald der (fällige, § 271 BGB) Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Auf Grund der Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der Hauptforderung (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) entscheidet sich die Frage grundsätzlich danach, wann der Anspruch auf Rückzahlung der Hauptforderung (hier: des Darlehens) fällig geworden ist. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger zur vertraglichen Fälligkeitsvoraussetzung gemacht worden ist. So liegt es jedoch im Streitfall nicht.

Daher tritt der Beginn der Verjährung der Bürgschaftsforderung gleichzeitig mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung ein (MünchKommBGB/Habersack, 4. Aufl. § 765 Rdnr. 82; Schmitz/Wassermann/Nobbe, in: Bankrechtshandbuch, 3. Aufl., § 91 Rdnr. 98 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 199 Rdnr. 3 Hohmann, WM 2004, 758, 760; a. A. Staudinger/Horn, BGB, 13. Aufl., § 765 Rdnr. 112; Gay, NJW 2005, 2585, 2588). Die Bürgschaftsverpflichtung entsteht mit dem Sicherungsfall, so dass es sich nicht um einen sog. verhaltenen Anspruch handelt, der erst mit dem Erfüllungsverlangen des Gläubigers entsteht. Ebenso hat auch der Bundesgerichtshof in anderem Zusammenhang bereits entschieden, dass der Bürgschaftsanspruch ohne weiteres mit der Hauptschuld fällig wird (BGH NJW-RR 2004, 1190, 1191). Auch der Gesetzgeber ging davon aus, dass der Anspruch des Gläubigers gegen Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung entsteht (BT Drucks. 14/7052, S. 206).

2. Die von der Gegenmeinung vorgetragenen und von der Berufung aufgegriffenen Gesichtspunkte vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen.

Das gilt insbesondere für den Einwand, dass es bei längerer Verjährungsfrist für den gesicherten Anspruch zu sach- und interessenwidrigen Ergebnissen kommt, etwa bei der Gewährleistungsbürgschaft, wenn man für die Fälligkeit nicht eine Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger verlange. In einem solchen Fall wird man aber regelmäßig im Wege einer ergänzenden Auslegung der Sicherungszweckvereinbarung gemäß §§ 133, 157 BGB zu dem Ergebnis kommen, dass die längere Frist für die Mängelgewährleistung auch für den Bürgenanspruch gelten soll (Palandt/Heinrichs, a. a. O. § 195 Rdnr. 3).

Ein unbilliges Ergebnis provoziert die hier vertretene Auffassung auch nicht in dem Fall, dass ein Gläubiger dem Hauptschuldner Stundung (Ratenzahlung) gewährt, bei der das Erfüllungsziel über den Lauf der Verjährungsfrist für die Bürgschaft hinausreicht. Den Verjährungseintritt kann der Gläubiger hier ohne weiteres dadurch verhindern, dass er eine Verlängerung der Verjährungsfrist mit dem Bürgen vereinbart (§ 202 BGB) und die Stundung der Hauptschuld von einer solchen Vereinbarung abhängig macht.

III.

Die Berufung der Kläger ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da es bislang an einer höchstrichterlichen Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage fehlt. Der Streitwert wurde gem. § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück