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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 12.05.2003
Aktenzeichen: 19 AR 16/03
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 117
EGZPO § 26 Nr. 2
1. Erklärt der Antragsteller im Prozesskostenhilfeantrag, die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage ergebe sich aus dem in der Anlage beigefügten Klageentwurf, so ist damit in der Regel auch dann ausreichend klar, dass keine zuzustellende Klageschrift vorliegt, wenn die Anlage als unterschriebene Klage gestaltet ist.

2. Durch einen vor dem 01.01.2002 eingegangenen Prozesskostenhilfeantrag mit Klageentwurf wird die nach dem 01.01.2002 erhobene Klage nicht anhängig im Sinne von § 26 Nr. 2 EGZPO.


Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg -

Geschäftsnummer 19 AR 16/03

Beschluss vom 12.05.2003

wegen Schadensersatzes

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 I Nr. 6 ZPO

Gründe:

I.

Der jetzige Kläger stellte mit Schriftsatz vom 05.07.2001 an das AG K. einen Antrag auf Prozesskostenhilfe. In der Begründung heißt es:

"Die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage ergibt aus dem in der Anlage beigefügten Klageentwurf..."

Die Anlage enthielt einen als Klage überschriebenen Schriftsatz, mit dem Schadensersatz in Höhe von 9.975 DM = 5.100,14 € gefordert wurde, der alle Anforderungen an eine Klage erfüllte, insbesondere unterschrieben war. Das Amtsgericht behandelte den Antrag und die Anlage als PKH-Antrag, der formlos dem Gegner zur Stellungnahme übersandt wurde. Mit Beschluss vom 15.08.2002 gewährte das Amtsgericht K. Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug und forderte den Kläger zur Einreichung einer Klageschrift auf. Der Klägervertreter teilte mit Schriftsatz vom 13.10.2002 mit, er habe schon eine Klageschrift eingereicht und reichte vorsorglich nochmals gleichzeitig eine im Original unterschriebene Kopie nebst Abschriften beim Amtsgericht ein. Nach deren Zustellung und erfolgter Klageerwiderung terminierte der Amtsrichter und wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass für die Zahlungsklage in Höhe von 5.100,14 € die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nicht gegeben sei. Nach diesbezüglicher Rüge der Beklagten verwies das Amtsgericht die Klage auf den Hilfsantrag des Klägers mit Beschluss vom 31.03.2003 an das LG O.. Das LG O. verwies, ohne den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren, den Rechtsstreit mit Beschluss an das Amtsgericht K. zurück, weil der Rechtsstreit nach § 26 Nr. 2 EGZPO am 01.01.2002 in K. bereits anhängig gewesen sei. Das Amtsgericht legte den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht nach § 36 I Nr. 6 ZPO vor.

II.

1. Das OLG Karlsruhe hat als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht das zuständige Gericht zu bestimmen.

2. Rechtskräftige Erklärungen, nicht zuständig zu sein, liegen vor. Sie wurden den Parteien bekannt gegeben.

3. Als zuständiges Gericht war das Landgericht O. zu bestimmen, da der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts K. vom 31.03.2003 für das Landgericht O. nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend ist.

Das Landgericht O. nimmt rechtsfehlerhaft an, das Verfahren sei vor dem 01.01.2002 beim AG K. anhängig gewesen. Es beachtet dabei nicht, dass Klage und PKH-Verfahren kein einheitliches Verfahren darstellen und mit der Einreichung eines PKH-Antrags der Rechtsstreit als solcher nicht anhängig wird (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 117 Rdn. 7). Zwar wird bei gleichzeitiger Einreichung von PKH-Gesuch und Klage auch der Rechtsstreit als solcher anhängig. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger jedoch im PKH-Antrag ausreichend klargestellt, dass die "Klage" nur eine beabsichtigte Klage und ein Klageentwurf als Anlage zum Prozesskostenhilfeantrag war (vgl. Zöller-Philippi, a.a.O., Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 117 Rdn. 3; vgl. auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 1989, 512 und Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 117 Rdn. 25), so dass die Behandlung als Prozesskostenhilfeantrag durch das Amtsgericht zutreffend war. Eine weitere Aufklärung durch das Amtsgericht war nicht geboten. Eine eventuell gegenteilige Erklärung des Klägers nach Gewährung der Prozesskostenhilfe kann hieran zumindest rückwirkend nichts ändern. Somit wurde erst 2002 mit Eingang des Schriftsatzes vom 13.10.2002 eine Klage anhängig, so dass entgegen der Ansicht des Landgerichts § 26 Nr. 2 EGZPO und § 23 GVG in der Fassung vor dem 01.01.2002 nicht anwendbar sind.

Ob das AG K. nach dem 01.01.2002 nach § 26 Nr. 2 EGZPO für die Entscheidung über den PKH-Antrag zuständig blieb, braucht im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden. Für die Bindungswirkung der Verweisung im Klageverfahren ist dies nicht relevant.

Ende der Entscheidung

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