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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 31.08.2000
Aktenzeichen: 19 U 58/99
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 426 Abs. 1
BGB § 1105
BGB § 1108
ZVG § 56
Zur Ausgleichspflicht zwischen dem aus einem Leibgeding schuldrechtlich Verpflichteten und demjenigen, der das mit einer entsprechenden Reallast belastete Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung ersteht, wenn der schuldrechtlich Verpflichtete Pflegeleistungen in erheblichem Umfang für die pflegebedürftige Berechtigte, seine Mutter, persönlich erbringt.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenate in Freiburg

Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am: 31. August 2000

In Sachen

wegen Gesamtschuldnerausgleich

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2000 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 23.02.1999 dahingehend abgeändert, daß der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 29.995 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 12.02.1995 zu zahlen, und die Klage im übrigen abgewiesen wird.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben der Kläger 85 % und der Beklagte 15 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsrechtszugs haben der Kläger 89 % und der Beklagte 11 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der Gegenseite jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch unbefristete und unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaften eines im Inland als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

V. Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000 DM, die Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht.

Tatbestand:

Die am 26.10.1907 geborene Mutter des Klägers, I. M. (im Folgenden auch: Berechtigte), übertrug mit notariellem Übergabevertrag vom 01.07.1981 (I,25) "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" (§ 1 des Vertrages) u.a. ein in E. gelegenes, mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück (Lgb.-Nr. 220), das zur Zeit des Vertragsabschlusses von ihr sowie dem Kläger mit dessen Familie bewohnt wurde. Der Kläger verpflichtete sich sowie seine Rechtsnachfolger in § 3 des Vertrages, seiner Mutter auf Lebensdauer und unentgeltlich insbesondere ein dingliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht an bestimmten Räumen zu gewähren sowie Wartung und Verpflegung in kranken und altersschwachen Tagen und eine vollständige Verköstigung in gesunden und kranken Tagen, wobei letztere Verpflichtungen im Falle der Unterbringung u.a. in einem Alters- oder Pflegeheim ruhen. Die Sicherung dieser Rechte sollte durch Eintragung im Grundbuch erfolgen, was unter Bezugnahme auf die in § 8 Nr.3 des Vertrages erklärte Eintragungsbewilligung geschehen ist.

Am 15.02.1991 kam es in dem an den Kläger übergebenen Anwesen zu einem Brand, der u.a. zwei der Räume, auf die sich das eingeräumte Wohnungsrecht erstreckt, unbewohnbar gemacht hat. Auf Betreiben von Gläubigern des Klägers wurde das Anwesen in beschädigtem Zustand am 14.08.1991 zwangsversteigert, wobei der Beklagte, Sohn der zwischenzeitlich verstorbenen Schwester des Klägers, A. D., den Zuschlag zum Bargebot von 351.000 DM erhielt (Zuschlagsbeschluß vom 20.08.1991 - I,39). Vom Zuschlag mit erfaßt war die Gebäudebrandversicherungsforderung (ca. 93.000 DM); das zugunsten der Mutter des Klägers im Grundbuch eingetragene und mit 140.000 DM bewertete "Leibgedinge" blieb bestehen.

Eine vom Beklagten aufgrund des Zugschlagbeschlusses gegen den Kläger im November 1991 angestrengte Zwangsräumung blieb ohne Erfolg und bis heute haben weder er noch seine Mutter das Anwesen geräumt, ohne es indessen zu bewohnen. Sie wohnten vielmehr zusammen mit Ehefrau und Kind des Klägers ab Dezember 1991 in einer für monatlich 1.050 DM angemieteten Ferienwohnung in Sexau, anschließend ab Juni 1992 in einer Mietwohnung in Freiburg für monatlich 1.700 DM. Seit April 1993 bewohnt der Kläger nach Auszug seiner Ehefrau mit Kind die Wohnung mit seiner Mutter alleine. Den Brandschaden an dem von ihm ersteigerten Anwesen hat der Beklagte bisher nicht beheben lassen.

Am 15.04.1992 erlitt die Mutter des Klägers einen Oberschenkelhalsbruch mit der Notwendigkeit eines stationären Krankenhausaufenthalts bis Ende Mai 1992. Am 07.05.1992 wurde für sie die Zeugin Dr. K.-W. als Betreuerin zur Vermögenssorge bestellt (I, 101). Mit dieser schloß der Beklagte eine am 11.03.1993 vom Vormundschaftsgericht genehmigte Vereinbarung, wonach er sich zu einer einmaligen Zahlung von 9.000 DM sowie ab dem 01.04. 1992 zu monatlichen Zahlungen von 850 DM an die Mutter des Klägers verpflichtete. Diesen Zahlungsverpflichtungen ist der Beklagte in der Folge nachgekommen. In der Zeit vom 01.04.1992 bis 31.03.1993 hat die Mutter des Klägers monatlich 400 DM, danach monatlich im Durchschnitt 750 DM an Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten.

Der Kläger hat behauptet, daß seine Mutter seit ihrem Oberschenkelhalsbruch voll pflegebedürftig sei, wobei er unter Mithilfe der Sozialstation die erforderlichen Pflegleistungen im Anschluß an den Krankenhausaufenthalt mit einem täglichen Aufwand von 16 Stunden, davon zwei in der Nacht, erbringe. Einer Erwerbstätigkeit könne er daher nicht mehr nachgehen. Sein täglicher Aufwand zur Verköstigung der Mutter belaufe sich auf 25 DM, derjenige für ihre Wäsche auf monatlich 100 DM. Da der Beklagte neben der Wohnungsgewährung in gleichen Umfange aus dem übernommenen Leibgedinge zu entsprechenden Leistungen verpflichtet sei, so die Auffassung des Klägers, sei er ihm nach § 426 BGB insoweit ausgleichspflichtig, und zwar zu 100%. Unter Zugrundelegung monatlicher Aufwendungen von wertmäßig 7.880 DM ab Juni 1992 und 8.300 DM April 1993 hat der Kläger im Wege der Teilklage für die Zeit bis Anfang November 1994 einen Ausgleichsbetrag von 200.000 DM beansprucht.

Der Beklagte, der der Klage entgegengetreten war, hat die behauptete Pflegebedürftigkeit sowie die behaupteten Pflegeleistungen bestritten. Bei letzteren handele es sich seiner Ansicht nach zudem weitgehend um überobligatorische Leistungen, die jedenfalls von ihm nicht geschuldet seien. Auch sei die Berechtigte gehalten, bei einem Pflegebedarf im behaupteten Umfang eine Pflegeeinrichtung in Anspruch zu nehmen. Mietzahlungen, deren Ausgleich begehrt wird, seien von der Berechtigten und nicht vom Kläger erbracht worden. Was das ersteigerte Anwesen angehe, so sei dieses nicht renovierungswürdig, vielmehr ein Abriß und Neuaufbau, wie von ihm beabsichtigt, die einzige wirtschaftlich vertretbare Maßnahme, der die Berechtigte jedoch unberechtigterweise widersprochen habe.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe auch wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens verwiesen wird, hat das Landgericht nach Einvernahme der Betreuerin als Zeugin der Klage nur zu einem geringfügigen Teil entsprochen, sie im übrigen aber abgewiesen. Es hat dem Kläger dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch zugebilligt, insbesondere aber die von ihm der Berechtigten angeblich geleistete Vollpflege als weitgehend nicht geschuldet und damit ausgleichspflichtig angesehen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klageforderung in der ursprünglichen Höhe weiter, mit seiner unselbständigen Anschlußberufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung.

Was den für die Wohnung in S. geltend gemachten Mietzinsausgleich angeht, rügt der Kläger die Nichterhebung des von ihm angebotenen Beweises (Zeugin R. K.-N.). Für die Bemessung des Umfangs der geschuldeten und damit ausgleichspflichtigen Pflegeleistungen komme es, so seine Auffassung, entgegen dem Landgericht nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten an, vielmehr allein auf den Inhalt des Übergabevertrags, auch gehe es nicht an, Zumutbarkeitserwägungen einseitig zu seinen - des Klägers - Lasten anzustellen. Zudem sei der vom Landgericht in Ansatz gebrachte Stundensatz für seine Pflegeleistungen viel zu niedrig, dieser sei mit mindestens 25 DM zu veranschlagen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 200.000 DM zuzüglich 4% Zinsen p.a. hieraus seit 10.02.1995 zu zahlen, und die Anschlußberufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlußberufung unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, daß hinsichtlich seiner Ausgleichspflicht auf den wirtschaftlichen Zweck des Leibgedinges abzustellen sei, nämlich der Grundstücküberlassung mit dem Ziel dessen Bewirtschaftung und der Leistungserbringung hieraus an die Berechtigte. Zu Recht habe das Landgericht zudem auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt, die Zumutbarkeitsgrenze sei indessen mit seinen - des Beklagten - monatlichen Zahlungen an die Berechtigte von 850 DM erreicht.

Im übrigen ergänzen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war. Die Akten betreffend das Zwangsversteigerungsverfahrens 9 K 93/90 Freiburg des AG Freiburg lagen dem Senat vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg, ist im übrigen aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht einen Ausgleichsanspruch des Klägers in dem von ihm geltend gemachten Umfang für die Zeit bis Anfang November 1994 verneint. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Berufung ohne Erfolg. Abweichend vom Landgericht hält der Senat aufgrund des Leibgedinges indessen einen ausgleichspflichtigen Anspruch der Berechtigten Ida Mißbach auf Pflegeleistungen von täglich vier Stunden für gegeben.

1. Das Landgericht ist, was im Berufungsrechtszug auch nicht mehr in Frage gestellt wird, zutreffend davon ausgegangen, daß die Parteien der Berechtigten als Gesamtschuldner auf die Erfüllung der mit dem Übergabevertrag begründeten und dinglich gesicherten Pflichten i.S. eines Leibgedinges haften, soweit diese sich inhaltlich decken. Die schuldrechtliche Verpflichtung des Klägers folgt unmittelbar aus dem Übergabevertrag, diejenige des Beklagten aus den dinglichen Belastungen des ersteigerten Anwesens, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen geblieben sind, insbesondere den Reallasten auf Gewährung von Wohnung, Wartung und Pflege. Aufgrund letzterer, obwohl dingliche Verwertungsrechte, haftet der Beklagte nach § 1108 BGB für die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen auch persönlich. Im Innenverhältnis haftet nach h.M. der Beklagte als Ersteher in der Zwangsversteigerung für die nach dem Zuschlag fällig werdenden Ansprüche der Berechtigten alleine, da insoweit § 56 S.2 ZVG eine abweichende Bestimmung i.S. von § 426,I BGB enthält (s. u.a. BGH NJW 1993,2617 S.2619 = BGHZ 123, 178; Joost in MünchKomm, BGB, 3. Aufl. § 1108 Rdn. 9; Amann in Staudinger, BGB, 13. Bearb., § 1108 Rdn. 27). Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es mithin darauf an, ob die vom Kläger für die Berechtigte erbrachten Leistungen, wie von ihm geltend gemacht, gem. § 1108 BGB i.V.m. dem Übergabevertrag auch vom Beklagten geschuldet waren mit der Folge seiner 100%igen Ausgleichsverpflichtung.

2. Nach Art und Umfang entsprechend dem eingeräumten dinglichen Wohnrecht hat die Berechtigte nach § 3 Abs.2 des Übergabevertrags einen Anspruch auf Gewährung von Wohnung im Rahmen des standesgemäßen Bedarfs. Nachdem die Wohnung der Berechtigten in dem vom Beklagten ersteigerten Anwesen infolge eines Brandes unstreitig unbewohnbar geworden ist und der Kläger durch Anmietung von Ersatzwohnraum ihren Wohnbedarf gedeckt hat, ist der Beklagte für Mietaufwendungen des Klägers zugunsten seiner Mutter grundsätzlich ausgleichspflichtig, was denn im Berufungsverfahren für den hier interessierenden Zeitraum bis November 1994 auch außer Streit steht. Einen Ausgleich auch für die in S. für 1.050 DM monatlich angemietete Wohnung hat das Landgericht daran scheitern lassen, daß der Kläger auf Behauptung des Beklagten, dieser habe von der Rente seiner Mutter gelebt, anders als für die Wohnung in Freiburg nicht nachgewiesen habe, die Miete aus eigenen Mitteln bestritten zu haben. Der im Berufungsrechtszug vorgelegte Mietvertrag (Anlg.-Heft), der neben dem Kläger auch dessen Ehefrau sowie seine Mutter als Mieter ausweist, läßt in der Tat bezweifeln, daß der Kläger auch den auf seine Mutter entfallenden Mietzinsanteil geleistet hat. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, da selbst bei Unterstellung der Zahlung des Mietzinsanteils für die Mutter mit monatlich (1050 : 3 =) 350 DM und damit für acht Monate mit 2.800 DM sich aufgrund der vom Beklagten für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1192 erbrachten Zahlungen ein Saldo zugunsten des Klägers, wie von ihm geltend gemacht, nicht ergibt (s. unten).

Was die Wohnung in F. angeht, so hat das Landgericht anteilige Mietaufwendungen in der geltend gemachten Höhe zugebilligt, nachdem es aufgrund der Aussage der Zeugin Dr. K.-W. für erwiesen angesehen hat, daß die Mittel hierfür vom Kläger stammen. Dieses Ergebnis ist nicht zu beanstanden und wird mit der Berufung auch nicht angegriffen.

3. Für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1992 beansprucht der Kläger für die Wohnungsstellung, Verpflegung und Betreuung seiner Mutter monatlich pauschal 2.000 DM. Abzüglich dem Mietanteil von 350 DM verbleiben mithin 1.650 DM monatlich für Verpflegung und Betreuung, was einen durchschnittlichen Tagessatz von 55 DM ausmacht. Welche Betreuungsleistungen in diesem Zeitraum tatsächlich erforderlich waren und konkret erbracht worden sind, dazu ist auf Bestreiten des Beklagten (I,95; 227) vom Kläger nichts Konkretes vorgetragen. Das Landgericht hat dem Kläger für Wartung und Pflege im genannten Zeitraum 3.600 DM zuerkannt, und zwar für eine Stunde täglich á 15 DM. Mit der Berufung wird vom Kläger insoweit lediglich die Höhe des Stundensatzes angegriffen, den er allerdings zunächst selbst der Berechnung seiner Klageforderung zugrunde gelegt hat (I,17) und nunmehr mit mindestens 25 DM angesetzt wissen will. Ein höherer Stundensatz als zuerkannt ist indessen nicht gerechtfertigt. Es geht hier um die Bewertung von Eigenleistungen, die der Berechtigten geschuldet werden und im Innenverhältnis der Parteien auszugleichen sind, und nicht um die Vergütung entgeltlicher Dienstleistungen. Insbesondere kann der Kläger nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wenn er die Pflegeleistungen von Berufs wegen erbringen würde, auch kann er nicht Ersatz des Verdienstes aus einer Erwerbstätigkeit verlangen, der er wegen der Pflegeleistungen nicht nachgeht bzw. auf den er wegen der zu erbringenden Pflegeleistungen verzichtet. Daß die Berechtigte im übrigen zu ihrem Lebensunterhalt (insbesondere Verköstigung) nichts selbst aus eigenen Mitteln beigetragen hat bei einer monatlichen Rente von etwa 2.000 DM, erscheint im übrigen recht unwahrscheinlich. Beweis für seine Aufwendungen insoweit in dem genannten Zeitraum hat der Kläger nicht angeboten.

Für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1992 erweist sich damit allenfalls ein rechnerischer Ausgleichsanspruch i.H.v. (350 x 8 = 2.800 + 3.600 =) 6.400 DM für berechtigt. Unter Verrechnung der Leistung aus der Pflegekasse von einmal 400 DM und der Einmalzahlung des Beklagten von 10.700 DM verbleibt damit sogar ein Saldo von 4.300 DM zu dessen Gunsten. Ein weitergehender Anspruch, wie von ihm geltend gemacht, steht dem Kläger für den genannten Zeitraum jedenfalls nicht zu.

4. Unstreitig war die Berechtigte infolge des erlittenen Oberschenkelhalsbruchs wie auch aufgrund ihres altersbedingten Zustands ab ihrer Krankenhausentlassung am 01.06.1992 pflegebedürftig, nach (unter Beweis - I,15; 123; 273 - gestellter) Behauptung des Klägers in einem Ausmaß, die eine Betreuung "rund um die Uhr" erforderte und weiterhin erfordert. Eine Pflegebedürftigkeit dieses Ausmaßes sowie behauptete Pflegeleistungen von täglich 12 Stunden und nächtens 2 Stunden hat der Beklagte zwar bestritten, indes ist eine nicht unerhebliche Pflegebedürftigkeit durch die pflegerische Beurteilung seitens der K. S. F. GmbH vom 06.03.1995 mit einer Einstufung in die Pflegestufe III (I,45) hinreichend belegt. Ob der gesundheitliche Zustand der Berechtigten in der Tat den behaupteten Pflegeaufwand erfordert und in dem behaupteten Umfang erbracht wird, kann dahin stehen. Die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers insoweit unterstellt, hat er gleichwohl vom Beklagten einen Zahlungsausgleich in der geltend gemachten Höhe nicht zu beanspruchen. Was an Pflegeleistungen vom Beklagten gemäß § 1108 BGB aufgrund der im Grundbuch eingetragenen (s. Grundbuchauszug in der Zwangsversteigerungsakte) Reallasten geschuldet wird, ergibt sich zum einen aus der Eintragungsbewilligung i.V.m. den Regelungen in § 3 des Übergabevertrags, zum anderen daraus, welche Pflegeleistungen nach Treu und Glauben von der Berechtigten bei Einräumung des Leibgedinges von dem Verpflichteten zu erwarten waren. Zwar enthält der Übergabevertrag keine ausdrückliche Zumutbarkeistklausel (vgl. etwa BGH NJW 1995,2780; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl. Rdn.934/ S.419), mit dem Landgericht ist jedoch davon auszugehen, daß eine Vollpflege über das Zumutbare hinaus von der Berechtigten nicht beansprucht werden kann. Überdies ist der Regelung in § 3 des Übergabevertrags, wonach die Verpflichtung zu Pflegeleistungen ruht, wenn und solange die Berechtigte in einer Kranken- oder Pflegeeinrichtung untergebracht ist, zu entnehmen, daß eine Verpflichtung zu Pflegeleistungen keineswegs grenzenlos geschuldet sein, vielmehr jedenfalls dann enden bzw. ruhen soll, wenn unter Berücksichtigung der normalen Lebensverhältnisse des Verpflichteten objektiv die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim oder ähnlichen Einrichtung vorliegen bzw. die erforderliche Versorgung durch eine solche Einrichtung angezeigt ist. Die mit einer solchen Unterbringung verbundenen und regelmäßig ganz erheblichen Kosten sollen nicht zu Lasten des Verpflichteten gehen. Diese gewollte Entlastung muß aber auch dem Beklagten zugute kommen. Da unter normalen Lebensbedingungen, d.h. insbesondere neben einer Berufsausübung, eine Vollpflege, wie vom Kläger angeblich erbracht und angeblich erforderlich, nicht erbracht werden kann, vielmehr die Grenze des Zumutbaren überschreitet und die Unterbringung in eine Pflegeeinrichtung indiziert, ist eine Ausgleichsverpflichtung des Beklagten in dem geltend gemachten Umfang zu verneinen. Die nach seiner Darstellung vom Kläger erbrachten Pflegeleistungen sind zwar durchaus anerkennenswert, doch zum einen nur wegen seiner weitgehenden Erwerbslosigkeit erbringbar, zum anderen vom Umfange her nur mit Leistungen vergleichbar, wie sie von einer Pflegeeinrichtung typischerweise erbracht werden. Mit den Kosten einer solchen Einrichtung soll der Verpflichtete, wie ausgeführt, indessen ersichtlich nicht belastet werden. Die Inanspruchnahme des Beklagten durch den Kläger im Wege des Ausgleichs führt aber mit den geltend gemachten Beträgen von monatlich 7.880 DM bzw. 8.300 DM zu entsprechenden und zugleich unzumutbaren Belastungen.

Zu einer anderen Beurteilung zwingt auch nicht, wie die Berufung meint, der im Zwangsversteigerungsverfahren für das Leibgedinge in Ansatz gebrachte Wertersatzbetrag von 140.000 DM (s. Ziff.7 der Versteigerungsbedingungen - AS 330 der Zwangsversteigerungsakten). Weder kommt diesem Wertansatz eine verbindliche Bedeutung zu wie im Falle des § 51 ZVG, noch wird hier der bei Ermittlung dieses Ersatzwertes angeblich zugrunde gelegte monatliche Betrag von 2.000 DM deutlich unterschritten. Der Kläger läßt bei der von ihm insoweit vorgenommenen wirtschaftlichen Betrachtung das dingliche Wohnrecht unberücksichtigt, mit dem das ersteigerte Anwesen zusätzlich belastet ist und das den Beklagten daran hindert, sein Eigentum in seinem Sinne wirtschaftlich zu nutzen.

Sind die vom Kläger erbrachten Pflegeleistungen, deren Ausgleichung er begehrt, als überobligatorisch zu werten, stellt sich die Frage, in welchem Umfang Pflegeleistungen als nach dem Übergabevertrag zumutbar und geschuldet anzusehen sind mit der Folge der Ausgleichsverpflichtung des Beklagten. Wenngleich eine Unterbringung der Berechtigten in einer Pflegeeinrichtung offensichtlich angezeigt war, kann es dem Kläger nicht verwehrt werden, die erforderlichen Pflegeleistungen selbst zu erbringen. Eine völlige Entlastung des Beklagten tritt damit noch nicht ein, vielmehr ist von ihm auszugleichen, was im Rahmen dessen liegt, was von ihm aufgrund der Reallast äußerstenfalls geschuldet wird. Das Landgericht ist hierbei von täglich drei Stunden Pflegeleistungen ausgegangen. Unter Berücksichtigung des hohen Alters der Berechtigten sowie einer der Pflegestufe III entsprechenden Pflegebedürftigkeit, die u.U. auch Hilfestellungen zur Nachtzeit erforderlich machen, erscheinen dem Senat allerdings durchschnitlich vier Stunden täglich bzw. 120 Stunden monatlich als Obergrenze noch zumutbar und mithin der Berechtigten geschuldet. In Abweichung vom Landgericht ist damit von einem monatlichen Betrag, der auszugleichen ist, von 1.800 DM auszugehen. Für die Zeit von Juni 1992 bis März 1993, mithin für 10 Monate, ergibt sich folglich (d.h. bei Zugrundelegung von 4 Pflegestunden pro Tag) ein auszugleichender Betrag von 10 x (1.800 + 430) = 22.300 DM abzüglich 10 x monatliche Zahlungen des Beklagten von 850 DM und monatliche Pflegeversicherungsleistungen von 400 DM (= 12.500), das sind 9.800 DM. Für die Zeit von April 1993 bis Oktober 1994, mithin 19 Monate, ergibt sich ein Saldo zugunsten des Klägers (19 x 1.800 = 34.200 abzüglich 19 x 750 = 14.250 =) 19.950 DM. (Monatliche Zahlungen des Beklagten und Mietanteil heben sich für diesen Zeitraum auf.) Für sieben Tage im November ergibt sich dann schließlich noch ein Betrag von 420 DM für Pflegeleistungen abzüglich 175 DM Versicherungsleistung = 245 DM.

5. Über den vom Landgericht zuerkannten Betrag stehen dem Kläger somit weitere 13.455 DM zu, ein weitergehender Anspruch, wie mit der Berufung verfolgt, besteht hingegen nicht. Was die im ersten Rechtszug vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für Verpflegung der Berechtigten und Versorgung deren Wäsche angeht, so hat das Landgericht die Klage zu Recht an fehlenden Nachweisen hierzu scheitern lassen, nachdem der Beklagte die in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptungen bestritten hat. Im übrigen enthält die Berufungsbegründung zu diesen Positionen keine Angriffe.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1, 97 Abs.1, 515 Abs.3 ZPO; die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 546 Abs.2; 708 Nr.10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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