Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: 19 U 97/01
Rechtsgebiete: AGBG, GWB, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 24 S. 1 Nr. 1 a.F.
AGBG § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a
GWB § 34
BGB § 242
BGB § 138 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
1. Eine Klausel in AGB einer Brauerei, wonach die Brauerei beim Bezug fremder Erzeugnisse auch eine Entschädigung von 30 % des Tagespreises für die von fremder Seite bezogene Getränkemenge verlangen kann, ist nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.

2. Eine Laufzeit von 11 Jahren und 10 Monaten in einem Getränkelieferungsvertrag kann wirksam sein (hier bejaht).


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenate in Freiburg

Im Namen des Volkes Urteil

19 U 97/01

Verkündet am: 18. Oktober 2001

In Sachen

wegen Auskunft

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 4. Oktober 2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Richter am Oberlandesgericht Richter am

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 29.3.2001 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Menge an Bier und alkoholfreien Getränken er seit dem 1.5.2000 nicht bei der Klägerin, sondern anderweitig bezogen hat.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, für die in H., gelegene Gaststätte, welche derzeit den Namen "D." führt, Biere (Pilsner, Export, Starkbiere (Heller Bock, Dunkler Bock), Malzbier, alkoholfreies Bier, Weizenbiere, Leichtbiere, Diätbier) und alkoholfreie Getränke bis einschließlich 31.10.2008 ausschließlich aus dem Sortiment der Klägerin oder, soweit es sich um alkoholfreie Getränke handelt, auch aus dem Sortiment von deren Tochterfirma, der O.-G. GmbH, zu beziehen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Beschwer der Klägerin und des Beklagten übersteigen jeweils 60000 DM nicht.

Tatbestand:

Die klagende Brauerei schloss mit dem Beklagten, einem Gastwirt, für dessen Gaststätte "D." in H. am 26.6.97 einen "Leih- und Getränke-Lieferungsvertrag". Hierin verpflichtete sich der Beklagte, seinen gesamten Bedarf an Bier ausschließlich aus dem Sortiment der Klägerin (§§ 2, 5 des Vertrags) und an alkoholfreien Getränken ausschließlich aus dem Sortiment der Klägerin oder deren Tochterfirma, der O.-G.-GmbH, zu beziehen (§ 6 des Vertrags). In § 5 Abs. 1 des Vertrags ist geregelt, dass für die zu beziehenden Biere die Tagespreise für Wiederverkäufer laut jeweiliger Preisliste gelten. Gemäß § 6 S. 2 ergeben sich das Sortiment und die Marken aus den jeweils gültigen Preislisten der Klägerin und ihrer Tochterfirma. Die Preislisten für Bier und alkoholfreie Getränke waren dem Vertrag angeheftet, wie die Parteivertreter in der mündlichen Verhandlung vom 4.10.01 unstreitig gestellt haben. In § 10 des Vertrags ist geregelt, dass und in welcher Höhe der Beklagte Schadensersatz zu leisten hat, wenn er den Getränkebezug einstellt oder unzulässig fremde Erzeugnisse bezieht (I,91).

Als Gegenleistung für die bis zum 31.10.2008, also auf 11 Jahre und 10 Monate befristete Getränkebezugsverpflichtung wurde dem Beklagten als vormaligem Pächter und jetzigem Eigentümer der Immobilie das gebrauchte, damals 10 oder 12 Jahre alte Gaststätteninventar (Vollausstattung ohne Geschirr, Gläser und Besteck, I, 19 f) zu einem angenommenen Gebrauchswert von 50000 DM leihweise überlassen. Das Eigentum an diesen Gegenständen sollte nach vollständiger Erfüllung der Getränkebezugsverpflichtung auf den Beklagten übergehen. Dabei war es Aufgabe des Beklagten, für die Instandhaltung des Inventars und die Ersetzung unbrauchbarer Gegenstände zu sorgen. Die Klägerin hat einen Neuwert von 100000 DM und einen Gebrauchswert von 50000 DM zum Zeitpunkt der Überlassung behauptet, der Beklagte einen Neuwert von 50000 DM bestritten und einen Gebrauchswert bei Übergabe von 5000 DM behauptet.

Ferner ist in der Zusatzvereinbarung zum o.g. Vertrag (I,99) eine Rückvergütung von 20 DM pro bezogenem und bezahltem hl Ganter-Eigenbier und für den Bezug von alkoholfreien Getränken eine Vergütung von 10%, bezogen auf den Nettowarenwert vorgesehen. Durch Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag vom 26.11.98 (I,23) wurde dem Beklagten ein zinsloses Darlehen über 12000 DM gewährt, das in 120 monatlichen Raten von je 100 DM zurückgeführt werden sollte. In § 17 wurde vereinbart, dass für die Dauer der Tilgung des Darlehens die bisher gewährte Rückvergütung für den Bierbezug entfällt, der Beklagte aber die Möglichkeit hat, durch vorzeitige Ablösung des Darlehens die Rückvergütung wieder zur Auszahlung gelangen zu lassen.

Den Bezug von Getränken bei der Klägerin hat der Beklagte ab April 2000 eingestellt. Zumindest ab Mai 2000 hat der Beklagte keine Fehlmengenvergütung bezahlt. Zuvor war sie abgerechnet und vom Beklagten bezahlt worden. Seit Juni 2001 hat der Beklagte die Tilgung des Darlehens ausgesetzt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten,

sie könne gemäß § 10 Abs. 3 des Leih- und Getränkelieferungsvertrags 25% des Tagespreises der von dritter Seite bezogenen Getränke als Schadensersatz verlangen. Um ihr die Berechnung dieses Schadens zu ermöglichen, sei der Beklagte verpflichtet, ihr Auskunft über Menge und Preis der fremdbezogenen Getränke zu erteilen.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen, welche Menge an Bier und alkoholfreien Getränken er seit dem 1.5.2000 anderweitig zu welchem Preis bezogen hat.

2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, zur Vermeidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes bis zum 31.10.2008 für die in H. gelegene Gaststätte, welche derzeit den Namen "D." führt, Biere und alkoholfreie Getränke ausschließlich aus dem Sortiment der Klägerin zu beziehen und zwar entweder über die Klägerin unmittelbar oder über die von der Klägerin benannte Vertretung.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten,

dass der Leih- und Getränkelieferungsvertrag nichtig sei, weil die Klägerin den Beklagten übervorteilt habe. Ferner sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien grundlegend gestört.

Das Landgericht hat den Beklagten in dem aus Ziff. 1 und 2 des Tenors des angefochtenen Urteils, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ersichtlichen Umfang verurteilt.

Mit der Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klagabweisung.

Er ist der Auffassung, er sei nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet, da der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zustehe. Die Klausel des § 10 sei unwirksam.

Es bestehe ein auffälliges Missverhältnis zwischen der 11 Jahre und 10 Monate dauernden Bierbezugsverpflichtung von 60 hl pro Jahr und der Gegenleistung, nämlich der leihweisen Überlassung des Gaststätteninventars. Das damals bereits 12 Jahre alte Inventar sei nicht - wie im Vertrag aufgeführt - 50000 DM wert gewesen. Bei gewerblicher Nutzung sei Inventar nach 10 Jahren nicht nur abgeschrieben, sondern auch veraltet und müsse ausgetauscht werden. Es sei ein Nachteil für den Beklagten, dass er - statt sich den veränderten Bedürfnissen anpassen und das Inventar austauschen zu können - dieses Inventar auf seine Kosten instand halten müsse.

Der Schadensersatzanspruch, der über die Fehlmengenvergütung von 20 DM/hl hinausgehe, stehe in keinem Verhältnis zur Leistung der Klägerin, es liege daher ein objektives Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen vor.

Die Verträge seien sittenwidrig. Ferner sei das Schriftformerfordernis des § 34 GWB zumindest insoweit nicht gewahrt, als in § 6 nicht geregelt sei, welche Preise für die alkoholfreien Getränke gelten sollten. Insoweit fehle auch eine Bezugnahme auf Preislisten.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 29.3.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass der Wert des Gaststätteninventars damals den von den Parteien gemeinsam festgesetzten Zeitwert von 50000 DM erheblich überschritten habe. Dass es steuerlich abgeschrieben gewesen sei, sei für den Gebrauchswert unbedeutend. Der Beklagte gebrauche das Inventar ja auch. Allein die dem Beklagten eingeräumten Rückvergütungen bzw. allein das Darlehen reichten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, um eine langfristige Bezugsbindung zu rechtfertigen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur insoweit begründet, als die Klägerin nicht Auskunft darüber verlangen kann, zu welchen Tagespreisen der Beklagte Getränke bei fremden Firmen bezogen hat.

1. Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte der Getränkebezugsverpflichtung bis zum 31.10.2008 nachzukommen hat. Der Beklagte ist nach § 2 des Leih- und Getränke-Lieferungsvertrags vom 26.6.1997 verpflichtet, bis zum 31.10.2008 für die Gaststätte "D." die in § 5 Abs. 3 im einzelnen bezeichneten Biersorten und nach § 6 alkoholfreie Getränke ausschließlich aus dem Sortiment der Klägerin zu beziehen. Dieser Vertrag verstößt weder gegen § 34 GWB a.F. (a.) noch ist die Dauer der Getränkebezugsverpflichtung sittenwidrig (b.).

a. Die Schriftform des § 34 GWB a.F. ist auch hinsichtlich der vereinbarten Preise gewahrt. Dem Formerfordernis genügte nämlich hinsichtlich des vertraglich vereinbarten Bezugspreises auch eine Bezugnahme auf die jeweils gültigen, schriftlich fixierten und den Beteiligten jederzeit zugänglichen Preislisten der Brauerei (BGH BB 78, 167). Hinsichtlich der Biere findet sich die ausreichende Bezugnahme in § 5 Abs. 1 des Vertrags, wonach für die zu beziehenden Biere die Tagespreise für Wiederverkäufer laut jeweiliger Preisliste gelten. Hinsichtlich der alkoholfreien Getränke ist zwar in § 6 S. 2 des Vertrags ausdrücklich nur geregelt, dass sich das Sortiment und die Marken aus den jeweils gültigen Preislisten der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft ergeben. Dass damit nicht nur bezüglich des Sortiments und der Marken, sondern auch hinsichtlich der Preise auf die jeweils gültigen Preislisten Bezug genommen werden sollte, versteht sich aus der kartellrechtlicher Sicht von selbst, zumal unstreitig auch die Preisliste für alkoholfreie Getränke dem Vertrag angeheftet war.

Selbst wenn man davon ausginge, dass hinsichtlich der Preise für die alkoholfreien Getränke keine Bezugnahme auf die angeheftete Preisliste erfolgt ist, führte dies nicht zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 34 GWB. Dann hätten die Parteien insoweit keine Preisvereinbarung getroffen - eine mündliche Vereinbarung ist nicht behauptet - , so dass die Vereinbarung zwischen den Parteien vollständig schriftlich niedergelegt wäre. Mehr verlangt § 34 GWB, der keine inhaltlichen Anforderungen an den Inhalt solcher Verträge stellt, nicht (BGH GRUR 81, 675).

b. Die im Leih- und Getränkelieferungsvertrag vom 26.6.97 vereinbarte Laufzeit von 11 Jahren und 10 Monaten ist wirksam. Im Hinblick auf die ungewöhnliche und maschinenschriftlich eingesetzte Laufzeit ist - mangels entgegenstehenden Vortrags des Beklagten - von einer Individualvereinbarung auszugehen, die an § 138 Abs. 1 BGB zu messen ist. In diesem Fall hängt die Dauer der zulässigen Bezugsverpflichtung wesentlich von Art und Umfang der von der Brauerei erbrachten Gegenleistung sowie von dem sachlichen Umfang der Bindung ab. Der BGH, der auf den Einzelfall abstellt, hat im mehreren Entscheidungen eine individuell vereinbarte Laufzeit von 15 Jahren als zulässig angesehen. Soweit die Laufzeit der Bierbezugsverpflichtung in AGB vereinbart worden ist, benachteiligt eine zehnjährige Bindungsdauer den Gastwirt, der den Bierlieferungsvertrag als Kaufmann abgeschlossen hat, jedenfalls im Regelfall nicht unangemessen (BGH NJW 2001, 2331). Schon dies spricht für die Wirksamkeit der zehn Jahre nur mäßig übersteigenden Bezugsverpflichtung.

Neben der Laufzeit von 11 Jahren und 10 Monaten ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte nicht nur sein gesamtes Bier, sondern auch die alkoholfreien Getränke von der Klägerin beziehen muss. Allerdings muss er nur die vergleichsweise geringe Menge von mindestens 60 Hektolitern Litern Bier im Jahr und 710 Hektolitern während der gesamten Laufzeit abnehmen, hinsichtlich der alkoholfreien Gertränke besteht keine Mindestabnahmeverpflichtung. Dem steht als angemessene Gegenleistung die leihweise Überlassung des zwar 10 oder 12 Jahre alten, aber vollständigen und sich zur Zeit der Übergabe in ordnungsgemäßen Zustand befindlichen Gaststätteninventars, die mit Vertrag vom 26.11.98 durch die zinslose Überlassung eines in monatlichen Raten von 100 DM zurückzuführenden Darlehens über 12000 DM ersetzte Rückvergütung von 20 DM pro bezogenem Hektoliter Eigenbier und die Vergütung von 10 % des Nettoverkaufspreises für den Bezug der alkoholfreien Getränke gegenüber. Soweit der Beklagte die Gegenleistungen der Klägerin damit herabzumindern versucht, dass er behauptet, dass das Inventar zur Zeit der Übergabe allenfalls 5000 DM wert gewesen sei, nicht aber den im Vertrag angesetzten Gebrauchswert von 50000 DM gehabt habe, hat er hierfür keinen Beweis angetreten. Im übrigen wäre hier zu berücksichtigen, dass er durch die leihweise Überlassung des an die Gaststätte angepassten und sich in ordnungsgemäßem Zustand befindenden gebrauchten Inventars weit über 100000 DM für die Einrichtung der Gaststätte mit neuen Gegenständen erspart hat.

2. Die Klägerin hat nach § 242 BGB nur einen Anspruch auf Auskunft, welche Menge Bier und alkoholfreie Getränke der Beklagte seit dem 1.5.2000 nicht bei der Klägerin, sondern anderweitig bezogen hat (a). Sie kann aber keine Auskunft darüber verlangen, zu welchem Tagespreis dies erfolgt ist, da die Klausel des § 10 Abs. 3 des Leih- und Getränkelieferungsvertrags vom 26.6.97 gegen § 9 AGBG verstößt und deshalb nichtig ist (b.)

a. Da der Beklagte seit 1.5.2000 den Getränkebezug bei der Klägerin eingestellt hat und unter Verletzung des Bierlieferungsvertrags die Getränke anderweitig bezieht, steht der Klägerin sowohl aus PFV als auch nach § 10 Abs. 1 und 2 des Bierlieferungsvertrags ein Schadensersatzanspruch zu. Der Schaden bemisst sich bei konkreter Schadensberechnung danach, welchen Gewinn die Klägerin erwirtschaftet hätte, wenn der Beklagte die tatsächlich von einem anderen Lieferanten bezogenen Getränke entsprechend der von ihm eingegangenen Verpflichtungen bei ihr bezogen hätte. Hierzu muss sie aber nur wissen, welche Mengen an Bier und alkoholfreien Getränken der Beklagte anderweitig bezogen hat. Eine diesbezügliche Auskunft reicht aber auch dann aus, wenn sie den Schaden nicht konkret berechnet, sondern nach der wirksamen Schadenspauschalierungsklausel des § 10 Abs. 2 des Bierlieferungsvertrags.

b. Auskunft über die von fremder Seite verlangten Preise kann die Klägerin nicht verlangen, da sie diese für ihre Schadensberechnung nach § 10 Abs. 2 nicht benötigt und die Klausel des § 10 Abs. 3, wonach die Brauerei beim unerlaubten Bezug fremder Erzeugnisse auch eine Entschädigung von 30% des Tagespreises für die von fremder Seite bezogene Getränkemenge verlangen kann, ohne dass es eines besonderen Schadensnachweises bedarf, nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist. Sowohl der Wortlaut der Klausel, als auch der Umstand, dass sie sich in § 10 "Schadensersatz" befindet, zeigen, dass es sich nicht um eine Vertragsstrafenregelung, sondern um eine Schadenspauschalierung handelt (vgl. hierzu Ulmer/Brander/Hensen, AGBG, 9. Aufl. § 11 Nr. 5 Rdn. 6 f, 28). Deren Wirksamkeit ist gemäss § 24 S. 1 Nr. 1 AGBG a.F. nach § 9 Abs. 1 AGBG zu beurteilen, in dessen Rahmen auch der Regelungsgehalt des § 11 Abs. 1 Nr. 5 lit. a AGBG zu berücksichtigen ist, wonach die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs auf Schadensersatz unwirksam ist, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

Die Höhe des der Klägerin entstandenen Schadens hängt davon ab, welchen Gewinn die Klägerin erwirtschaftet hätte, wenn der Beklagte die jeweiligen Getränke, die er bei anderen Lieferanten bezogen hat, von ihr geliefert bekommen hätte. Für diese Schadensberechnung sind die Tagespreise des fremden Lieferanten völlig untauglich. Liegen sie über den Tagespreisen der Klägerin, verstößt die Klausel deshalb gegen § 9 Abs. 1 AGBG, weil die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

Liegen sie unter den Tagespreisen der Klägerin, hat die Klägerin keinen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB, weil ihr in diesem Fall ein schutzwürdiges Interesse an der Ausforschung des Vertragsverhältnisses mit dem Dritten fehlt. Sie bekäme in diesem Fall nämlich sowohl bei konkreter Schadensberechnung als auch nach der sich an ihren eigenen Tagespreisen orientierenden Schadenspauschale des § 10 Abs. 2 einen höheren Schadensersatz.

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 1 und 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück