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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 2 UF 41/05
Rechtsgebiete: BGB, InsO


Vorschriften:

BGB § 1578
InsO § 287 Abs. 2
InsO § 294 Abs. 1
Die Verbraucherinsolvenz und die Regularien der Restschuldbefreiung (vgl §§ 287 Abs. 2, 294 Abs. 1 InsO) sind unterhaltsrechtlich bedarfsprägend (Fortführung von BGH FamRZ 2005, 608)
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

2 UF 41/05

Verkündet am: 16. November 2005

hat der 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 28. Oktober 2005 eingereicht werden konnten, durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lotz Richterin am Oberlandesgericht Gadamer Richterin am Amtsgericht Dr. Krüger

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers/Widerbeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 15. Februar 2005 (20 F 254/02) im Kostenpunkt aufgehoben und in Ziff. 1 wie folgt abgeändert:

Der Kläger/Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin monatlich Unterhalt wie folgt zu bezahlen:

- ab 1. August 2003 571 €,

- ab 1. November 2003 552 €

- ab 1. Juli 2005 603 € ,

jeweils abzüglich vom Insolvenzverwalter gezahlter monatlicher 514,89 €.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 58 % und die Beklagte 42 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Beklagte nimmt den Kläger auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch.

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Familiengerichts Sinsheim vom 24. April 2001 (inzwischen rechtskräftig) geschieden. Aus der Ehe ist der Sohn T., geboren am 1. November 1997, hervorgegangen. Seit Januar 2001 erzielte die Beklagte nach den Feststellungen des Amtsgerichts aus Teilzeitarbeit ein monatliches Nettoeinkommen von 890 €. Der Kläger, der über eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann verfügt und seit 1994 im pharmazeutischen Bereich tätig war, erzielte bei der R. Deutschland GmbH ausweislich einer Gehaltsabrechnung vom Februar 2002 während der Ehe und noch bis 30. Juni 2002 zuletzt monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 2.988 €. Im Mai 2002 meldete die damalige Lebensgefährtin des Klägers - die er zwischenzeitlich geheiratet hat - einen Internet -Textilhandel an. Hintergrund dieser Anmeldung war nach dem Vortrag des Klägers auch, dass er sich bereit erklärt hatte, in dieser neuen Firma tätig zu sein. Die angemeldete Tätigkeit sollte am 1. Juli 2002 - mit dem Ausscheiden des Klägers bei der R. GmbH - aufgenommen werden. Ohne einen anderweitigen Arbeitsvertrag geschlossen zu haben, kündigte der Kläger seine Stellung bei der R. GmbH zum 30. Juni 2002. Für vergleichbare andere Stellen hat sich der Kläger nicht beworben. Vielmehr ließ er sich ab 1. Juli 2002 bei seiner Lebensgefährtin zu einem Bruttogehalt von 3.000 € anstellen, was einem Nettoeinkommen von 1.734 € entspricht. Die vom Kläger vorliegend zuletzt geltend gemachten Belastungen belaufen sich demgegenüber auf 1.714 €. Auf Antrag des Klägers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - M. vom 14. Juli 2003 über sein Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Restschuldbefreiung ist beantragt. Der Insolvenzverwalter gewährt der Beklagten ab 1. August 2003 Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 514,89 €.

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wurde der Kläger im Wege der einstweiligen Anordnung durch Beschluss vom 23. Februar 2001 verpflichtet, an die Beklagte ab 1. August 2000 Unterhalt in Höhe von 1.926 DM monatlich zu zahlen. Nachdem der Kläger im vorliegenden Verfahren zunächst beantragt hatte festzustellen, dass er ab dem 1. Juli 2002 der Beklagten keinen Unterhalt mehr schulde, machte die Beklagte im Wege der Widerklage - nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch ab 1. August 2003 - einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 985 € geltend.

Der Kläger hat sich durch Jugendamtsurkunde verpflichtet, an den gemeinsamen Sohn Kindesunterhalt in Höhe von 185 % des Regelbetrages zu zahlen. Dieser Verpflichtung kommt der Kläger nach.

Das Amtsgericht, das davon ausgegangen ist, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz bei der R. GmbH unterhaltsrechtlich leichtfertig aufgegeben hat, hat dem Kläger fiktive Einkünfte in Höhe von monatlich 2.925 € zugerechnet. Es hat festgestellt, dass sich der Klageantrag erledigt habe und hat den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte ab 15. Juli 2003 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 985 € zu zahlen, abzüglich der seit 1. August 2003 vom Insolvenzverwalter gezahlten monatlich 514,89 €.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, als er seine Stelle bei der R. GmbH gekündigt habe, habe er eine mündliche Zusage einer anderen Firma gehabt, dort zu einem Jahresgehalt von 195.000 DM (brutto) angestellt zu werden. Diese Zusage habe sich leider später nicht realisiert. Bei seiner Ausbildung habe er keine Chance, eine ebenso dotierte Stelle wie bei der R. GmbH zu erhalten. Das Amtsgericht habe ihn auch nicht darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, sich um eine höher dotierte Stellung zu bemühen. Da er aber unbedingt arbeiten wolle, habe er die Chance ergriffen, im Internet-Handel seiner Lebensgefährtin einzusteigen. Zwar habe er - um die Lohnnebenkosten des Internet-Handels zu senken - zwischenzeitlich einer Herabsetzung seines Gehalts zugestimmt, er wolle sich aber unterhaltsrechtlich an einem Nettoeinkommen von 1.734 € monatlich festhalten lassen. Jedenfalls seien aber vom Einkommen des Klägers entgegen den Berechnungen des Amtsgerichts berufsbedingte Aufwendungen und der Verdienerbonus abzusetzen. Im übrigen betrage das Nettoeinkommen der Beklagten 1.035 € monatlich.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und die Widerklage insgesamt abzuweisen. Für den Fall des Obsiegens beantragt der Kläger weiter hilfsweise, die Beklagte zur Rückzahlung des seit August 2003 überzahlten Unterhalts zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass das Amtsgericht den Unterhalt zutreffend berechnet habe. Der Kläger habe seine Stellung bei der R. GmbH leichtfertig aufgegeben. Er habe nicht vorgetragen, dass er sich um eine gleichwertige Anstellung bemüht habe. Im übrigen belaufe sich ihr Nettoeinkommen auf 820 €.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.

Streitgegenständlich ist in der Berufung nur der widerklagend geltend gemachte laufende Unterhalt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 14.07.2003, da das Amtsgericht nach Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 InsO im übrigen nur hierüber entschieden hat.

1. Das Amtsgericht ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass nur die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits fälligen Unterhaltsansprüche Konkursforderungen sind, so dass der Rechtsstreit insoweit unterbR.n wurde (§ 240 ZPO) und nur für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen war (vgl. Senatsbeschluss vom 08.04.2004). Indessen hatte die Beklagte, da Unterhaltsforderungen jeweils zu Beginn eines Monats fällig werden, in erster Instanz ihren Widerklageantrag zu Recht dahin gehend geändert, dass Unterhalt ab August 2003 verlangt wurde. Der insoweit abweichenden Feststellung im Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils kommt in Anbetracht des Inhalts der Protokolle nach angekündigter Antragsänderung wegen § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im angeordneten schriftlichen Verfahren keine Beweiskraft zu (§ 314 S. 2 ZPO). Soweit das Amtsgericht Unterhalt auch für Juli 2003 (ab 15. Juli) zugespR.n hat, verstößt das angegriffene Urteil daher gegen § 308 Abs. 1 S. 1 ZPO, so dass die Berufung des Klägers insoweit bereits aus diesem Grunde begründet ist.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Unterhalt der Beklagten auf der Grundlage eines fiktiven Nettoeinkommens des Klägers in Höhe von 2.988 € zu bemessen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 153, 358 ff = BGH FamRZ 2003, 590 ff.; BGH FamRZ 2003, 848 ff.) bestimmt sich der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten gemäß § 1578 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Dies schließt jedoch die Berücksichtigung nachehelicher Entwicklungen nicht aus. So können sich Einkommensverbesserungen, die erst nach der Scheidung beim unterhaltspflichtigen Ehegatten eintreten, bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, und wenn diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hatte (BGH FamRZ 1987, 459, 460). Umgekehrt können zwar auch nach der Scheidung eintretende Einkommensminderungen für die Bedarfsbemessung nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben; etwas anderes gilt aber dann, wenn sie auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsverpflichteten beruhen (BGH FamRZ 1992, 1045, 1047; BGH FamRZ 2003, 590, 591 f.; BGH FamRZ 2003, 848, 849 f.).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Aufgabe seines Arbeitsplatzes bei der R. GmbH als Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Klägers zu werten. Der Kläger hat die Stelle unstreitig aufgegeben, ohne dass er einen Arbeitsvertrag über eine gleichwertige Stelle abgeschlossen hatte. Die vom Kläger insoweit behauptete mündliche Zusage einer anderen Firma vermag einen Arbeitsvertrag nicht zu ersetzen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Kündigung des Klägers zum 30. Juni 2002 Voraussetzung für die Erlangung einer neuen Stelle war. Selbst wenn der Kläger, wie er behauptet, Schwierigkeiten an seinem Arbeitsplatz bei der R. GmbH hatte, war es dem Kläger zuzumuten, bis zum Antritt einer vergleichbaren Stellung bei der R. GmbH weiter zu arbeiten, wo ihm auf Grund seiner über 15jährigen Betriebszugehörigkeit nicht ohne weiteres hätte gekündigt werden können. Der Senat geht daher davon aus, dass der Kläger durch die Kündigung seiner Stelle bei der R. GmbH gegen seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit verstoßen hat, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Die Frage, ob sich etwa die für die Annahme der Obliegenheitsverletzung maßgeblichen Umstände anschließend wesentlich geändert haben, stellt sich hier von vornherein nicht: Der Kläger hat sich unstreitig um eine vergleichbare Arbeitsstelle überhaupt nicht bemüht - worauf ihn das Amtsgericht nicht hinweisen musste -, sondern sich nach seinem eigenen Vorbringen bereits im Mai 2002 bereit erklärt, im Internet-Handel seiner Lebensgefährtin tätig zu werden. Auch kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass er als Einzelhandelskaufmann von vornherein keine Chance gehabt habe, eine Stelle zu finden, die entsprechend seiner Stelle bei der R. GmbH dotiert ist, nachdem der Kläger nach seinem eigenen Vortrag eine solche Stelle bereits fest in Aussicht gehabt haben will.

b) Durch die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens hat sich die unterhaltsrechtliche Situation allerdings geändert.

Nachdem der Gesetzgeber mit den §§ 304 ff., 286 ff. InsO die Möglichkeit einer Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung geschaffen hat, ist es dem Unterhaltsschuldner möglich, den ohne Berücksichtigung von Drittschulden bemessenen laufenden Unterhalt zu zahlen und nach Ablauf von sechs Jahren seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Befreiung von seinen Schulden zu erlangen (§§ 286 ff. InsO). Aus den Vorschriften über die Insolvenzmasse (§§ 35 ff., 40 InsO) und den Vollstreckungsverboten des § 89 Abs. 1 und Abs. 2, 294 Abs. 1 InsO folgt nämlich, dass dem Schuldner während der Dauer des Insolvenzverfahens und der Laufzeit der Wohlverhaltensperiode (vgl. §§ 287 Abs. 2, 295 InsO) der nach § 850c ZPO pfändungsfreie Teil seines Einkommens "schuldenfrei" verbleibt (vgl. BGH FamRZ 2005, 608, 609 mwN).

Die Verbraucherinsolvenz und die Regularien der Restschuldbefreiung (vgl §§ 287 Abs. 2, 294 Abs. 1 InsO) sind nach Auffassung des Senats bedarfsprägend. Die obergerichtliche Rechtsprechung geht zwar teilweise davon aus, dass die Verbraucherinsolvenz des Verpflichteten die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten betrifft (OLG Koblenz FamRZ 2002, 31, 32). In der Literatur wird teilweise vertreten, dass beim Nachscheidungsunterhalt die Insolvenz die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr prägt (Weisbrodt, FamRZ 2003, 1240, 1243). Der BGH hat aber entschieden, dass den Unterhaltsschuldner grundsätzlich eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz trifft, wenn dieses Verfahren zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt seiner minderjährigen Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm der Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn der Unterhaltsschuldner Umstände vorträgt und ggf. beweist, die eine solche Obliegenheit im Einzelfall als unzumutbar darstellen (BGH FamRZ 2005, 608). Diese Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz hat aber nur Sinn, wenn man die Folgen der Insolvenzeröffnung und die Regularien der Restschuldbefreiung als bedarfsprägend ansieht, und zwar wegen der nachhaltigen Veränderung der Lebensverhältnisse (§ 1578 BGB) durch einerseits den Verlust des gemäß § 850c ZPO pfändbaren Teil des Einkommens gemäß § 287 Abs. 2 InsO und andererseits die Nichtbelastung des verbleibenden, gemäß § 850c ZPO pfändungsfreien Einkommens mit Schulden gemäß §§ 294 Abs. 1 InsO. Auch nach Auffassung des Senats folgt daher aus der Ausgestaltung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Restschuldbefreiung wegen der dadurch bewirkten nachhaltigen Veränderung der Lebensverhältnisse über 6 Jahre, dass sich eine nacheheliche Verbraucherinsolvenz des Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich auf den Unterhaltsbedarf des Berechtigten auswirkt, und zwar in der Regel bedarfserhöhend, da bei Zahlungsunfähigkeit regelmäßig die Schulden den pfändungsfreien Teil des Einkommens überschreiten werden. Nichts anderes gilt, wenn dem Verpflichteten - wie hier - auf Grund einer Obliegenheitsverletzung fiktive Einkünfte zuzurechnen sind und der Verpflichtete nicht darlegen und ggf. beweisen kann, dass die Insolvenz bei Erwirtschaftung der fiktiven Einkünfte nicht eingetreten wäre bzw. - wie hier - gerade geltend macht, dass die Insolvenz auch bei Erzielung der fiktiven Einkünfte eingetreten wäre.

Damit reduziert sich vorliegend das fiktive Nettoeinkommen des Klägers auf 2.301 € (bis einschließlich Juni 2005) bzw. 2.421 € (ab Juli 2005): Denn bei einem Nettoeinkommen des Klägers von 2.988 € waren bis einschließlich Juni 2005 - da der Kläger der Beklagten und einem Kind unterhaltspflichtig ist - nach § 850 c ZPO 550 € zuzüglich des über 2.851 € hinaus erzielten Einkommens, insgesamt damit 687 €, pfändbar. Durch die Anhebung der Pfändungsfreigrenzen zu 1. Juli 2005 reduzierte sich der pfändbare Anteil nach § 850 c ZPO auf 567,01 €.

c) Zu Recht rügt der Kläger, dass auch vom fiktiven Arbeitseinkommen des Klägers der Verdienerbonus in Höhe von 10 % und berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % abzusetzen sind. Ferner ist für die Bedarfsbemessung zu berücksichtigen, dass das Kind der Parteien ab November 2003 die zweite Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle erreicht hat, und die Düsseldorfer Tabelle sich zum 1. Juli 2005 geändert hat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann aber für die Bedarfsbemessung der Beklagten nicht der tatsächlich gezahlte Kindesunterhalt, sondern es können lediglich die Tabellenbeträge zum Abzug gebracht werden (vgl. BGH FamRZ 1990, 1091), auch für die Vergangenheit, da der Kindesunterhalt in Höhe von 185 % - Höhergruppierung um 2,5 Einkommensgruppen in der Düsseldorfer Tabelle, obwohl der Kläger neben seinem Sohn auch noch der Beklagten unterhaltspflichtig ist - von Anfang an erkennbar überhöht war (vgl. BGH FamRZ 1992, 797, 799) .

d) Danach errechnet sich für die Zeit bis einschließlich Oktober 2003 ein bereinigtes Nettoeinkommen des Klägers von 1.758 € (prägendes Nettoeinkommen auf Grund der Insolvenz 2.301 € abzüglich 5 % berufbedingte Aufwendungen aus 2.988 € [149 €] abzüglich Kindesunterhalt 199 €, abzüglich 10 % Verdienerbonus [195 €]). Entsprechend ergibt sich für November 2003 bis einschließlich Juni 2005 (Kindesunterhalt nun 241 €) ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.720 € und ab Juli 2005 (prägendes Nettoeinkommen nun 2.421 €, Kindesunterhalt nun 247 €) von 1.823 €.

2. Entgegen der Auffassung des Klägers erzielt die Beklagte nicht monatliche Einkünfte in Höhe von 1.035 €. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Gehaltsbescheinigungen für das Jahr 2004 ergibt sich ein Nettoeinkommen der Beklagten in Höhe von 869 € monatlich. Daraus errechnet sich unter Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen, 140 € Kinderbetreuungskosten - die nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden sind - und des 10 % Verdienerbonus ein bereinigtes Nettoeinkommen der Beklagten von 617 €.

3. Aus den beiderseitigen bereinigten Nettoeinkommen errechnet sich die Bedürftigkeit der Beklagten dann wie folgt (jeweils gemäß Nr. 24 SüdL aufgerundet):

- für die Zeit bis einschließlich Oktober 2003: 571 € (1.758 + 617 = 2.375 / 2 = 1.187,50 [Bedarf] - 617);

- für November 2003 bis einschließlich Juni 2005: 552 € (1.720 + 617 = 2.337 / 2 = 1.168,50 [Bedarf] - 617);

- ab Juli 2005: 603 € (1.823 + 617 = 2.440 / 2 = 1.220 [Bedarf] - 617) .

In Höhe dieses Unterhaltsbedarfs wird der Beklagte auf Grund der Zurechnung fiktiver Einkünfte auch weiterhin als leistungsfähig angesehen. Soweit der Insolvenzverwalter auf den Unterhalt monatlich 514,89 € an die Klägerin ausgekehrt hat, sind diese Zahlungen in Abzug zu bringen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Senat geht nach Sachlage davon aus, dass das Amtsgericht durch seine Verfahrensweise - insbesondere dadurch, dass es kein Teilurteil, sondern ein Schlussurteil erlassen hat - konkludent das Verfahren über den widerklagend geltend gemachten laufenden Unterhalt ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem (wegen § 240 ZPO unterbR.nen) Verfahren über die von der Insolvenz erfassten Ansprüche abgetrennt hat (§ 145 ZPO), so dass - wie vom Amtsgericht auch geschehen - über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu entscheiden war. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, sondern lässt sich auf der Grundlage gefestigter obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie unter Beachtung der besonderen Einzelfallumstände abschließend beurteilen.

Ende der Entscheidung

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