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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 3 Ss 100/08
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 261 Abs. 5
Zu den objektiven Voraussetzungen einer Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche nach § 261 Abs. 5 StGB i. V. m. § 261 Abs. 1 und 2 StGB bei einem sog. "Finanzagenten", welcher sich in Unkenntnis der wahren Zusammenhänge unter Zurverfügungstellung seiner Kontodaten zur Weiterleitung durch "Phishing" erlangter Gutschriften bereiterklärt.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

3 Ss 100/08

wegen leichtfertiger Geldwäsche

Beschluss vom 21. November 2008

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 29. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 11.12.2007 wegen leichtfertiger Geldwäsche in drei Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,- €. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert, den Angeklagten wegen "eines Vergehens der leichtfertigen Geldwäsche" zu der Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 25,- € verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision wendet sich der Angeklagte gegen seine Verurteilung.

Die zulässige Revision hat Erfolg.

II.

Nach den Feststellungen des Landgerichts stieß der Angeklagte im Verlauf des Jahres 2006 auf der Suche nach einer Verdienstmöglichkeit zur Aufbesserung seiner Rente im Internet auf das Angebot für eine Tätigkeit als Finanzagent. Als Anbieter trat eine Firma "blitz-Soft" bzw. "Applied Cash International" mit Hauptsitz in Sankt Petersburg auf. Im Verlauf der sich anschließenden ausschließlich über E-Mail abgewickelten Korrespondenz teilte der Angeklagte u. a. seine persönlichen Daten sowie seine Bankverbindung bei der Sparkasse mit und unterschrieb einen ihm zugesandten Arbeitsvertrag. Nachdem er verschiedene Unterlagen über seine bevorstehende Tätigkeit als Finanzagent erhalten hatte, wurde dem Angeklagten schließlich mitgeteilt, dass in nächster Zeit Geldbeträge per Überweisung auf seinem Konto eingehen werden. Diese solle er bar abheben und nach folgenden Anweisungen bei einer Western Union Filiale an einen "Oleg Gorbonis" in Kiew/Ukraine absenden. Von den Geldbeträgen könne er fünf Prozent als Provision für sich behalten.

Tatsächlicher Hintergrund der Anwerbung des Angeklagten als Finanzagent war die Absicht der unbekannt gebliebenen Hintermänner, bei Banküberweisungen im "online-banking" Verfahren eingegebene Daten durch Eingriffe in den Datenverarbeitungsvorgang mittels eingeschleuster Schadprogramme der Art zu manipulieren, dass - von den Auftraggebern unbemerkt - Überweisungen auf das Bankkonto des Angeklagten veranlasst werden. Diesem sollte die Aufgabe zukommen, die eingehenden Überweisungsbeträge bar abzuheben und anschließend an die Hintermänner weiterzuleiten.

Der Angeklagte, der mit den Anbietern zusammenarbeiten wollte und seine Bankverbindung bewusst zur Verfügung stellte, um die versprochenen Provisionen zu verdienen, hätte bei gehöriger Anstrengung erkennen können und müssen, dass die angekündigten Gelder, die auf seinem Konto eingehen sollten und eingingen, aus Straftaten stammten. Ihm musste sich angesichts der geführten Korrespondenz aufdrängen, dass es hierbei nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Über solche Bedenken setzte sich der Angeklagte um des von ihm erwarteten Gewinns leichtfertig hinweg.

Nachdem am 24.11.2006, einem Freitag, der Versuch, zu Lasten eines Bankkunden in Lichtenberg eine Überweisung auf das Konto des Angeklagten in Höhe von 10.000,- € zu veranlassen, gescheitert war, weil der Kunde während des Überweisungsvorgangs Unregelmäßigkeiten bemerkt und daraufhin sein "online-banking" Konto sofort hatte sperren lassen, wurde die Sparkasse über diesen Vorgang informiert. Die Sparkasse ihrerseits setzte den Angeklagten noch am selben Tag davon in Kenntnis, dass der Verdacht des "Phishings" bestehe und sein Konto nun überwacht werde. Am Montag, dem 27.11.2006, zeigte der Angeklagte den Sachverhalt beim Polizeiposten in an und wirkte anschließend aktiv an der Aufklärung mit.

Ebenfalls am 27.11.2006 kam es auf Grund der Manipulationen der Hintermänner zu der Überweisung eines Betrags von 4393,98 €, welcher von dem Konto des betroffenen Bankkunden abgebucht und mit Wertstellung vom 27.11.2006 dem Konto des Angeklagten bei der Sparkasse gutgeschrieben wurde. Da der Sparkasse seit dem 24.11.2006 bekannt war, dass der Angeklagte sein Konto kriminellen Hinterleuten zur Verfügung gestellt hatte, und das Konto deshalb überwacht wurde, konnte der Betrag umgehend wieder zurück überwiesen werden.

II.

Durch das festgestellte Verhalten hat sich der Angeklagte weder wegen leichtfertiger Geldwäsche gem. § 261 Abs. 5 StGB i. V. m. § 261 Abs. 1 und 2 StGB, noch nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar gemacht.

1. Der leichtfertigen Geldwäsche in der vom Landgericht angenommenen Gefährdungsalternative des § 261 Abs. 1 Satz 1 4. Alt., Abs. 5 StGB schuldig macht sich derjenige, der die Herkunftsermittlung, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines aus einer Katalogtat nach § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB herrührenden Gegenstandes gefährdet, wobei in subjektiver Hinsicht für das Herrühren aus einer Katalogtat Leichtfertigkeit ausreicht, während die weiteren Tatbestandsmerkmale zumindest bedingt vorsätzlich verwirklicht werden müssen. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes erforderlich ist eine konkrete Gefährdung der in der Vorschrift genannten staatlichen Maßnahmen (vgl. BT-Drucks. 12/3533 S. 11; BT-Drucks. 12/989 S. 27). Die Tathandlung muss dazu führen, dass der tatsächliche Zugriff auf den Gegenstand konkret erschwert wird (vgl. BGH wistra 1999, 24; OLG Hamm wistra 2004, 73, 74; Lackner/Kühl StGB 26. Aufl. § 261 Rdnr. 7). Der Versuch der leichtfertigen Geldwäsche ist nicht strafbar (Altenhain in NK-StGB 2. Aufl. § 261 Rdnr. 135). Zum Einen handelt es sich bei der leichtfertigen Geldwäsche nach § 261 Abs. 5 StGB angesichts der Verbindung von Vorsatz- und Fahrlässigkeitselementen im subjektiven Tatbestand, auf welche die Vorschrift des § 11 Abs. 2 StGB keine Anwendung findet, nicht um ein Vorsatz-, sondern um ein Fahrlässigkeitsdelikt (vgl. Duttge in MünchKomm z. StGB § 15 Rdnr. 22; Schenck Kriminalistik 2007, 610, 613; zu § 283 Abs. 4 Nr. 1 StGB Fischer StGB 56 Aufl. § 283 Rdnr. 34), zum Anderen bezieht sich die Anordnung der Versuchstrafbarkeit in § 261 Abs. 3 StGB nach ihrer systematischen Stellung innerhalb der Norm nicht auf die in § 261 Abs. 5 StGB geregelte leichtfertige Geldwäsche (vgl. Schenck aaO).

Nach den Sachverhaltsfeststellungen liegt eine vollendete leichtfertige Geldwäsche gem. § 261 Abs. 1 Satz 1 4. Alt., Abs. 5 StGB nicht vor. Das Zurverfügungstellen der Bankverbindungsdaten durch den Angeklagten verbunden mit der Zusage, auf das Konto eingehende Überweisungsbeträge weisungsgemäß weiterzuleiten, erfüllt den Tatbestand nicht, weil zu diesem Zeitpunkt noch kein aus einer Katalogtat herrührender Vermögensgegenstand vorhanden war. Die konkrete Gefährdung der in § 261 Abs. 1 Satz 1 4. Alt. StGB genannten staatlichen Maßnahmen setzt aber - ebenso wie die übrigen Tatvarianten der Geldwäsche - schon begrifflich die Existenz eines tauglichen Tatobjekts voraus (vgl. Neuheuser NStZ 2008, 492, 495; Goeckenjan wistra 2008, 128, 134). Auch die kurzzeitige Gutschrift des Überweisungsbetrages auf dem Konto des Angeklagten führte nicht zur Tatvollendung. Dabei kann der Senat offen lassen, ob eine solche rechtliche Wertung schon deshalb ausscheidet, weil durch das Zurverfügungstellen der Kontodaten und die Zusage der Weiterleitung erst die Begehung der Vortat ermöglicht wurde und es deshalb an einer der Vortat nachfolgenden Geldwäschehandlung durch den Täter fehlt (vgl. Altenhain aaO Rdnr. 92; Goeckenjan aaO), oder weil die bloße Kontogutschrift regelmäßig keine Gefährdung des staatlichen Zugriffs zur Folge hat (vgl. Neuheuser aaO 495 f; a. A. LG Darmstadt wistra 2006, 468; Biallaß ZUM 2006, 879). Denn jedenfalls unter den vom Landgericht festgestellten tatsächlichen Umständen des Einzelfalls war mit der kurzzeitigen Gutschrift des Überweisungsbetrages keine konkrete Gefahr für den staatlichen Zugriff verbunden. Nach den Sachverhaltsfeststellungen war der Sparkasse bereits seit dem 24.11.2006 bekannt, dass der Angeklagte sein Konto kriminell agierenden Hinterleuten zur Verfügung gestellt hatte. Das Konto des Angeklagten wurde deshalb von der Sparkasse überwacht, was dazu führte, dass der eingehende Betrag umgehend an das Ausgangskonto zurück überwiesen wurde. Bei dieser Sachlage bestand nur die fern liegende Möglichkeit eines Scheiterns staatlicher Ermittlungs- oder Zugriffsmaßnahmen. Soweit die Strafkammer in diesem Zusammenhang auf mögliche Fehler oder Unachtsamkeiten der Bankangestellten abstellt, wird lediglich eine zur Tatbestandsverwirklichung nicht ausreichende abstrakte Gefahrenlage dargetan.

Der Angeklagte hat sich auch nicht nach anderen Tatvarianten des § 261 Abs. 1 und 2, Abs. 5 StGB wegen leichtfertiger Geldwäsche strafbar gemacht. Mit Blick auf die nur kurzzeitige Gutschrift des Überweisungsbetrages auf dem von der Sparkasse überwachten Konto erlangte der Angeklagte weder tatsächliche Verfügungsgewalt über den überwiesenen Betrag, noch wurde das gutgeschriebene Giralgeld vom Angeklagten im Sinne des § 261 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt StGB verwahrt (vgl. Neuheuser aaO 496; Biallaß aaO 880).

2. Eine Strafbarkeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt KWG wegen unerlaubten Erbringens von Finanzdienstleistungen in Gestalt der Besorgung von Zahlungsaufträgen gem. § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 6 KWG scheidet ebenfalls aus, weil sich der Angeklagte zwar zur Abwicklung von Zahlungsaufträgen bereit erklärte und diese durch die Übermittlung seiner Kontodaten vorbereitete, es aber nicht zur tatsächlichen Durchführung von Finanztransfergeschäften kam.

Der Schuldspruch wegen leichtfertiger Geldwäsche hat somit keinen Bestand. Der Senat entscheidet nach § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst und spricht den Angeklagten unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils aus Rechtsgründen frei.

IV.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus § 467 Abs. 1 StPO.

Die Entscheidung ergeht einstimmig gem. § 349 Abs. 4 StPO.

Ende der Entscheidung

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