Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 04.02.2004
Aktenzeichen: 3 Ws 195/03
Rechtsgebiete: WpHG


Vorschriften:

WpHG § 38 Abs. 1 Nr. 1
WpHG § 14 Abs. 1 Nr. 1
WpHG § 12
1. Aktienoptionen, welche weder zum inländischen Börsenhandel oder zu einem sonstigen organisierten Markt im Sinne des § 12 WpHG zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind, noch die Voraussetzungen des Handels im Erscheinen nach § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 WpHG erfüllen, sind keine Insiderpapiere nach § 12 WpHG.

2. Für den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren nach §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG genügt der Abschluss eines auf die Übertragung des Eigentums an den Insiderpapieren gerichteten Verpflichtungsgeschäfts, welches dem Insider eine gesicherte Rechtsposition verschafft. Eine Veränderung der dinglichen Rechtslage ist nicht erforderlich.


3 Ws 195/03 25 KLs 611 Js 3426/03

OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Beschluss

vom 4. Februar 2004

wegen Verdachts des verbotenen Insiderhandels

hier: sofortige Beschwerde gegen die (teilweise) Nichteröffnung des Hauptverfahrens

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts M. vom 19. August 2003 wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft M. vom 31.01.2003 legt den Angeschuldigten - dem Angeschuldigten Dr. M. ausschließlich, dem Angeschuldigten G. neben weiteren Vorwürfen - jeweils zur Last, sich in mehreren Fällen wegen Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften nach §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG strafbar gemacht zu haben, indem sie als Primärinsider unter Ausnutzung ihrer Kenntnis von negativen Insidertatsachen im Zeitraum vom 07.09.1998 bis 11.02.1999 Optionen auf den Erwerb von Aktien der Firma S. Systems AG (S AG) veräußert hätten. Die Anklage geht bei ihrer rechtlichen Würdigung davon aus, dass es sich bei den veräußerten Aktienoptionen um Insiderpapiere im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes handelte.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht M. hinsichtlich des in der Anklage erhobenen Vorwurfs des verbotenen Insiderhandels durch den Verkauf von Optionen die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen abgelehnt. Die Wirtschaftsstrafkammer ist der Auffassung, die Verkäufe der Optionen auf Aktien der S. AG stellten keine strafbewehrten Insiderverstöße nach §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG dar, weil die Optionen keine Insiderpapiere und damit keine tauglichen Tatobjekte gewesen seien. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

II.

Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens hinsichtlich der an die Optionsverkäufe anknüpfenden Tatvorwürfe zu Recht aus rechtlichen Gründen abgelehnt, weil es sich bei den Optionen auf Aktien der S. AG nicht um Insiderpapiere im Sinne des § 12 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 09.09.1998 (BGBl I 2708) handelte (II. 1.) und der Verkauf der Optionsrechte auch nicht als dem Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG unterfallende Veräußerung der Aktien selbst angesehen werden kann (II. 2.).

1. Die nach dem Anklagevorwurf von den Angeschuldigten verkauften Optionen auf Aktien der S. AG waren - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - keine Insiderpapiere im Sinne des § 12 WpHG und kommen daher als taugliche Tatobjekte eines strafbaren Verstoßes gegen das Verbot von Insidergeschäften nicht in Betracht.

Nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG macht sich strafbar, wer entgegen einem Verbot nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ein Insiderpapier erwirbt oder veräußert. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG verbietet es einem Insider, unter Ausnutzung seiner Kenntnis von einer Insidertatsache Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern. Für den Begriff des Insiderpapiers enthält das Wertpapierhandelsgesetz in § 12 WpHG eine Legaldefinition, welche an die in § 2 Abs. 1 und 2 WpHG vorgenommene Begriffsbestimmung anknüpft, den Kreis der als Insiderpapiere zu qualifizierenden Wertpapiere und Derivate aber eigenständig und in seiner Reichweite enger festlegt (vgl. Lenenbach Kapitalmarkt- und Börsenrecht Rdnr. 10.24; Kümpel WpHG S. 38; kritisch zur Erfassung nicht aller Derivate nach § 2 Abs. 2 WpHG durch § 12 Abs. 2 WpHG: Claussen Bank- und Börsenrecht 3. Aufl. § 9 Rdnr. 98). Nach der Bestimmung des § 12 Abs. 1 Satz 1 WpHG in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 09.09.1998 sind Insiderpapiere alle Wertpapiere (§ 2 Abs. 1 WpHG), die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten Markt (§ 2 Abs. 5 WpHG) zugelassen sind. Zu den Insiderpapieren gehören gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG in der Fassung vom 09.09.1998 darüber hinaus auch Rechte auf Zeichnung, Erwerb oder Veräußerung von Wertpapieren, sofern sowohl die Rechte als auch die Wertpapiere, auf welche sich die Rechte beziehen, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind. Der Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt oder der Einbeziehung in den Freiverkehr steht es nach § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 WpHG jeweils gleich, wenn der Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung gestellt oder öffentlich angekündigt ist.

Der in § 12 Abs. 1 und 2 WpHG neben dem Handel an einer inländischen Börse oder einem organisierten Markt als insiderrechtlich relevanter Handelsmarkt genannte Freiverkehr meint den börslichen Freiverkehr im Sinne der börsengesetzlichen Bestimmungen der §§ 57 BörsG, 78 BörsG a. F. (allg. Meinung; vgl. Assmann in Assmann/Schneider WpHG 3. Aufl. § 12 Rdnr. 4; Schäfer in Schäfer WpHG § 12 Rdnr. 4; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdnr. 16.78 ff; Hopt in Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch § 107 Rdnr. 29; Schlüter Börsenhandelsrecht 2. Aufl. S. 157; Caspari ZGR 1994, 530, 534; Heise Der Insiderhandel an der Börse und dessen strafrechtliche Bedeutung S.96 ff; Lücker Der Straftatbestand des Missbrauchs von Insiderinformationen nach dem WpHG S. 82 ff; Hartmann Juristische und ökonomische Regelungsprobleme des Insiderhandels S.195; Becker Das neue WpHG S. 67). Dies folgt neben der terminologischen Anknüpfung an den Sprachgebrauch des Börsengesetzes sowohl aus der Regelungssystematik des § 12 WpHG, als auch aus der Entstehungsgeschichte des Wertpapierhandelsgesetzes. Der Umstand, dass von der Einbeziehung in ein Marktgeschehen sowie von einem Antrag auf eine solche Einbeziehung sinnvoller Weise überhaupt nur unter der Voraussetzung eines im Mindestmaß institutionalisierten Marktes gesprochen werden kann, belegt, dass der Begriff des Freiverkehrs in § 12 WpHG lediglich den Freiverkehr an der Börse, nicht aber den sich außerhalb des Börsengeschehens vollziehenden Telefonverkehr erfasst. Aus dem Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26.07.1994 (BGBl I, 1794), durch welches die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte vom 13.11.1989 (89/592/EWG ABl Nr. L 334/30 v. 18.11.1989) in deutsches Recht umgesetzt worden ist, ergibt sich schließlich, dass der Gesetzgeber sich deshalb veranlasst sah, den Freiverkehr an den inländischen Börsen (§ 78 BörsG a. F.) über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinausgehend in das deutsche Insiderrecht miteinzubeziehen, weil das Publikum nicht unterscheidet, ob Insiderverstöße an der Börse im Freiverkehr oder in den anderen Marktsegmenten stattfinden, der Insiderhandel im Freiverkehr daher eine Börse in Misskredit bringen und damit auch die Funktionstüchtigkeit der übrigen Marktsegmente beeinträchtigen könnte (BT-Drucksache 12/6679 S. 45).

Wertpapiere und die in § 12 Abs. 2 WpHG begrifflich erfassten Derivate, welche weder zum inländischen Börsenhandel oder zu einem sonstigen organisierten Markt im Sinne des § 12 WpHG zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind, noch die Voraussetzungen des Handels im Erscheinen nach § 12 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 WpHG erfüllen und die dementsprechend ausschließlich außerhalb der Börsen im Rahmen des Telefonverkehrs gehandelt werden, sind keine Insiderpapiere im Sinne der insiderrechtlichen Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes (allg. Meinung; vgl. Assmann aaO § 12 Rdnr. 5, 8; Schäfer aaO § 12 Rdnr. 5, 21; Kümpel aaO Rdnr. 16.74 u. 16.77; Caspari aaO 536; Benner in Wabnitz/Janovsky Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. Kapitel 9 Rdnr. 111; Friedrichsen Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte S. 242 f; Becker, Schlüter, Claussen, Hopt, Heise, Lücker , Hartmann jeweils aaO).

Optionsrechte auf Aktien, die - wie die Aktien der S. AG - an einer inländischen Börse zum geregelten Markt zugelassen sind, sind demnach - unabhängig davon, ob sie zirkulationsfähig ausgestaltet sind und damit als Wertpapiere nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG der Regelung des § 12 Abs. 1 WpHG unterfallen, oder als Derivate von § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG erfasst werden, - nur dann Insiderpapiere, wenn sie selbst die Zulassungs- oder Einbeziehungsvoraussetzungen des § 12 Abs. 1, 2 WpHG erfüllen. Die von der Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung vertretene Auffassung, wonach alle abgeleiteten Rechte, welche sich auf Insiderwertpapiere nach § 12 Abs. 1 WpHG beziehen, ohne Weiteres selbst Insiderpapiere gem. § 12 Abs. 1 WpHG sein sollen, steht im Widerspruch zu der in den Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes strikt vorgenommenen begrifflichen Differenzierung zwischen Wertpapieren und Derivaten (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 WpHG) und ist mit der gesetzlichen Regelung in § 12 WpHG nicht zu vereinbaren. Aus der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 1 WpHG ergibt sich vielmehr explizit das Gegenteil. Auch die in der Beschwerdebegründung zitierten Literaturmeinungen stützen die abweichende Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft nicht. Denn die wiedergegebenen Äußerungen aus dem Schrifttum befassen sich entweder mit der Frage der insiderrechtlichen Relevanz außerbörslicher Geschäfte mit Insiderpapieren (Hopt ZGR 1991, 17, 41; Becker aaO), der Einbeziehung des außerbörslichen Handels in den in § 1 WpHG allgemein geregelten Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes (Kümpel WpHG S. 40 f) oder mit dem gegenüber § 12 WpHG weiterreichenden Wertpapierbegriff des § 2 Abs. 1 WpHG (Jung/Schleicher Finanzdienstleister und Wertpapierhandelsbanken - Aufsichtsrechtliche Regelungen S. 42), ohne aber zu den sich gerade aus der Vorschrift des § 12 WpHG ergebenden tatbestandlichen Voraussetzungen für Insiderpapiere Stellung zu nehmen.

Da die dem Anklagevorwurf zugrunde liegenden Optionen auf Aktien der S. AG nach dem Ergebnis der Ermittlungen weder zum Handel an einer inländischen Börse oder einem sonstigen organisierten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen waren, noch ein Antrag auf Zulassung oder Einbeziehung gestellt oder öffentlich angekündigt worden war, handelte es sich nicht um Insiderpapiere im Sinne von § 12 WpHG. Sie stellen daher keine tauglichen Tatobjekte für einen strafbaren Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG dar.

2. Eine Strafbarkeit der Angeschuldigten wegen verbotenen Insiderhandels nach §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG käme allerdings dann in Betracht, wenn der Verkauf der Optionen auf Aktien der S. AG als insiderrechtlich relevantes, auf die dem Optionsrecht zugrunde liegenden Aktien selbst bezogenes Veräußerungsgeschäft anzusehen wäre. Dies ist indes nicht der Fall.

Die Frage, was unter Erwerb oder Veräußerung im Sinne des § 14 WpHG zu verstehen ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während für die Annahme eines Erwerbs oder einer Veräußerung eines Insiderpapiers teilweise eine Änderung der dinglichen Rechtslage verlangt wird (vgl. Schäfer in Schäfer WpHG § 14 Rdnr. 5; Schlüter Börsenhandelsrecht 2. Aufl. S. 162; Nack in Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl. § 69 Rdnr. 19; Soesters Die Insiderhandelsverbote des Wertpapierhandelsgesetzes S. 151; Casper WM 1999, 363, 364), lässt die Gegenmeinung im Grundsatz den Abschluss eines auf die Übertragung des Eigentums an dem Insiderpapier gerichteten Verpflichtungsgeschäfts genügen (vgl. Assmann/Cramer in Assmann/Schneider WpHG 3. Aufl. § 14 Rdnr. 6 f, 11; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdnr. 16.159 ff; Lenenbach Kapitalmarkt- und Börsenrecht Rdnr. 10.48; Heise Der Insiderhandel an der Börse und dessen strafrechtliche Bedeutung S. 135 ff; Friedrichsen Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte S. 249 ff; Dietborn in Kessler/Sauter Handbuch Stock Options Rdnr. 831; Schneider ZIP 1996, 1769, 1774 f). Nach Auffassung des Senats setzt der Erwerb oder die Veräußerung eines Insiderpapiers im Sinne des § 14 WpHG keine Änderung der dinglichen Zuordnung des Papiers voraus. Für diese mit dem allgemeinen Sprachgebrauch vereinbare Auslegung (vgl. Assmann/Cramer aaO Rdnr. 6) spricht zum Einen, dass die insiderrechtlichen Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes zur Umsetzung der Insider-Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften in das nationale Recht ergangen sind und im Rahmen der daher gebotenen richtlinienkonformen Normauslegung (vgl. hierzu Nettesheim in Grabitz/Hilf Das Recht der Europäischen Union EGV Art. 249 Rdnr. 153 m. w. N.) nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass zahlreiche Mitgliedstaaten der Gemeinschaft eine Differenzierung zwischen obligatorischem und dinglichem Rechtsgeschäft im Sinne des deutschen Abstraktionsprinzips nicht kennen. Mit dem Verzicht auf eine dingliche Rechtsänderung als Voraussetzung für eine dem § 14 WpHG unterfallende Wertpapiertransaktion wird dem Anliegen einer gemeinschaftsweit einheitlichen Auslegung der Insiderbestimmungen Rechnung getragen (vgl. Friedrichsen aaO S. 249). Zum Anderen erscheint eine Anknüpfung an die dingliche Rechtslage zur Abgrenzung der vom Insiderhandelsverbot erfassten Geschäfte deshalb nicht sachgerecht, weil Insiderwissen auch ausgenutzt werden kann, wenn der Insider weder Wertpapiereigentum noch Verfügungsmacht über Wertpapiere erlangt (Kümpel aaO Rdnr.16.160). Dies gilt etwa bei Erwerbsgeschäften mit hinausgeschobener Fälligkeit, bei denen der Insider die erworbenen Insiderpapiere noch vor Fälligkeit seines Lieferanspruchs weiterverkauft mit der Folge, dass zum Erfüllungstermin zur Abwicklung beider Transaktionen der Lieferanspruch des Insiders gegen dessen korrespondierende Lieferverbindlichkeit aus dem späteren Verkauf verrechnet wird (Kümpel aaO; vgl. auch Benner in Wabnitz/Janovsky Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts 2. Aufl. Kapitel 9 Rdnr. 112). Durch die hier vertretene Auslegung werden diese Fälle in den Geltungsbereich des Insiderhandelsverbots miteinbezogen und damit Strafbarkeitslücken vermieden (vgl. Assmann/Cramer aaO; Schneider aaO).

Für die Annahme eines abgeschlossenen Erwerbs- oder Veräußerungsvorgangs reicht indes nicht jedes auf die Übertragung eines Insiderpapiers gerichtetes Verpflichtungsgeschäft aus. Erforderlich ist vielmehr, dass eine Vertragsgestaltung vorliegt, die dem Insider bezüglich des Insiderpapiers eine gesicherte Erwerbs- bzw. Veräußerungsposition vermittelt (vgl. Assmann/Cramer aaO Rdnr. 11; Friedrichsen aaO S. 251 f; Lenenbach, Dietborn jeweils aaO). Hieran fehlt es bei einem bedingten Wertpapiergeschäft, bei welchem der Eintritt der Bedingung nicht ausschließlich vom Verhalten des Insiders, sondern von einer Willensentschließung des jeweiligen Vertragspartners abhängt (vgl. Assmann/Cramer, Friedrichsen, Dietborn jeweils aaO).

Von diesen Maßstäben ausgehend kann der Verkauf von Optionen auf den Erwerb von Insiderpapieren nicht als ein auf diese Insiderpapiere selbst bezogenes Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG angesehen werden. Gegenstand der Option ist das Recht des Optionsnehmers, zum Ausübungszeitpunkt bzw. in dem für die Ausübung vorgesehenen Zeitraum die der Optionsgewährung zugrunde liegenden Insiderpapiere zu den in der Optionsvereinbarung festgelegten Konditionen zu erwerben. Ob sich aus dem Optionsgeschäft ein Anspruch auf Übertragung der Insiderpapiere ergibt, hängt von der im Belieben des Optionsnehmers stehenden Ausübung des Optionsrechts ab. Der Verkauf des Optionsrechts stellt sich bezogen auf die der Optionsgewährung zugrunde liegenden Insiderpapiere mithin als Veräußerung eines bedingten Anspruchs auf die Papiere dar, wobei der Eintritt der Bedingung ausschließlich an eine Willensentschließung des Optionserwerbers geknüpft ist. Dieses Geschäft ist aber nicht anders zu beurteilen als eine bedingte Veräußerung von Insiderpapieren, bei welcher der Bedingungseintritt ebenfalls allein vom Willen des Vertragspartners abhängig ist. In beiden Fällen fehlt es im Hinblick auf den im Belieben eines Dritten stehenden Bedingungseintritt bezüglich der Insiderpapiere an einem für die Annahme einer Veräußerung im Sinne des § 14 WpHG erforderlichen, in seinem Bestand gesicherten Rechtsgeschäft. Dass der Insider auf dem Umweg über den Verkauf von Optionen auf Insiderpapiere, welche selbst nicht als Insiderpapiere zu qualifizieren sind, letztlich auch Insiderwissen gewinnbringend verwerten kann, vermag am Fehlen eines sich auf Insiderpapiere beziehenden Veräußerungsgeschäfts als tatbestandlicher Voraussetzung für das Insiderhandelsverbot des § 14 Abs. 1 Satz 1 WpHG nichts zu ändern.

Dafür, dass - wie in der Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 14.04.2003 unterstellt - mit dem vom 26.02.1997 datierenden, später zweimal geänderten Optionsvertrag nach den Vorstellungen der Vertragsparteien tatsächlich ein Festgeschäft mit hinausgeschobenen Fälligkeitszeitpunkten und einem vertraglich verabredeten Rücktrittsrecht vereinbart worden war (vgl. hierzu Benner aaO Rdnr. 116), geben weder die jeweiligen Vereinbarungen noch die weiteren Ergebnisse der Ermittlungen einen Anhalt.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung ergibt sich aus § 473 Abs. 1 und 2 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück