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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 3 Ws 308/07
Rechtsgebiete: AO, EStG, StGB, StPO


Vorschriften:

AO § 101 Abs. 1
AO § 370 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 25 Abs. 3
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 27 Abs. 1
StGB § 73 Abs. 1
StGB § 73 Abs. 3
StGB § 73 a
StPO § 111 b Abs. 2
StPO § 111 b Abs. 5
StPO § 111 d
StPO § 111 e
StPO § 431 Abs. 1
StPO § 442 Abs. 2
1. Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist ein zusammen veranlagter Ehegatte - trotz Eigeninteresses - nicht schon dann, wenn er sich darauf beschränkt, die gemeinsame Einkommensteuererklärung zu unterschreiben, in der der andere Ehegatte unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht (im Anschluss an BFHE 198, 66; BFHE 212, 398).

2. Je tiefer ein dinglicher Arrest in das Vermögen des Beschuldigten eingreift, um so höher sind die an die Begründung der Anordnung zu stellenden Anforderungen; lediglich die Vermutung, dass es sich um strafrechtlich erlangtes Vermögen handelt, genügt nicht.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

3 Ws 308/07

wegen Verdachts der Steuerhinterziehung

hier: dinglicher Arrest zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter

Beschluss vom 16. Oktober 2007

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beschuldigten werden der Beschluss des Landgerichts - 4. Große Wirtschaftsstrafkammer - K. vom 20. Juni 2007 (4 Qs 62/07) und der Beschluss des Amtsgerichts K. vom 23. März 2007 (10 Gs 245/07), soweit dieser den dinglichen Arrest in das Vermögen der S. K. anordnet, aufgehoben.

Die Kosten der Beschwerde und die der weiteren Beschwerde sowie die der Beschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Den beschuldigten, seit 1989 im Güterstand der Gütertrennung lebenden Eheleuten H. K. und S. K. wird in dem - nach Übernahme des seitens des Finanzamtes K./Straf- und Bußgeldstelle wegen Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleiteten Vorermittlungsverfahrens - von der Staatsanwaltschaft K. weitergeführten Ermittlungsverfahren zur Last gelegt, im Oktober 2002 mit Einreichung der gemeinsamen Einkommensteuer-Erklärung für das Jahr 2001 bewusst falsche Angaben über die Einkünfte des H. K. gemacht zu haben, indem sie in der Absicht, Einkommensteuer zu verkürzen, die Einkünfte des H. K. aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) um DM 3,75 Mio. zu gering angegeben hätten. Der Beschuldigte H. K. habe im Jahr 2001 als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der HK Th. Anlagenbau GmbH mit Sitz in M. einen Betrag von DM 3,75 Mio. aus der GmbH entnommen, um ihn - angeblich als Entgelt für die Entsorgung eines von der HK Th. GmbH zur Entsorgung übernommenen Müllberges - an eine Schein- bzw. Briefkastenfirma namens "P. W. M. Ltd." mit Sitz in St. Helier/Jersey (GB) weiterzuleiten; diese Gesellschaft habe er unmittelbar zuvor eigens zu dem Zweck, sein Vermögen zu verbergen, gegründet. Die Zahlung stelle sich als verdeckte Gewinnausschüttung dar. Die unterbliebene Mitteilung an das Finanzamt habe zu einer Steuerverkürzung in Höhe von rund DM 900.000 geführt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft K. vom 22.03.2007 ordnete das Amtsgericht - Ermittlungsrichter - K. mit Beschluss vom 23.03.2007 sowohl gegen H. K., als auch gegen S. K. nach §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d, 111 e Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2, 73 a StGB, 370 AO zur Sicherung der dem Verletzten aus der Straftat erwachsenen Ansprüche, hilfsweise zur Sicherung des Verfalls (von Wertersatz) jeweils den dinglichen Arrest in Höhe von EUR 460.000 in beider Vermögen an. Dagegen legte die Beschuldigte S. K. mit Verteidigerschriftsatz vom 08.05.2007, soweit der Arrest in ihr Vermögen angeordnet worden ist, Beschwerde ein, der das Amtsgericht mit "Verfügung" vom 31.05.2007 nicht abhalf. Das Landgericht - 4. Große Wirtschaftsstrafkammer - K. verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 20.06.2007. Die mit Verteidigerschrift vom 28.06.2007 nach § 33 a StPO erhobene Anhörungsrüge der Beschuldigten wies die Kammer mit Beschluss vom 23.07.2007 zurück. Gegen die Beschwerdeentscheidung der Kammer richtet sich die mit Verteidigerschriftsatz vom 30.07.2007 erhobene weitere Beschwerde der Beschuldigten S. K.; sie begehrt die Aufhebung des Beschlusses der Kammer vom 20.06.2007 sowie die des Arrestbeschlusses des Amtsgerichts vom 23.03.2007, soweit dieser sie betrifft. Die Staatsanwaltschaft K. ist der weiteren Beschwerde mit Verfügung vom 06.08.2007 entgegengetreten. Die Wirtschaftsstrafkammer hat der weiteren Beschwerde mit Beschluss vom 10.08.2007 nicht abgeholfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Schrift vom 23.08.2007, die Beschwerde der Beschuldigten S. K. als unbegründet zu verwerfen. Die Beschuldigte hat mit Verteidigerschriftsatz vom 12.09.2007 repliziert.

II.

Das nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO (i. d. F. des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24.10.2006 [BGBl I 2350]) zulässige Rechtsmittel der Beschuldigten hat Erfolg. Die angefochtenen Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts sind aufzuheben.

Die bislang getroffenen, in den angefochtenen Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts mitgeteilten tatsächlichen Feststellungen tragen die Anordnung des gegen die Beschuldigte S. K. ergangenen Arrestes in deren Vermögen nicht.

Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht begründen, die Beschuldigte S. K. sei Mittäterin oder Teilnehmerin der ihrem Ehemann zur Last liegenden Steuerhinterziehung (§ 370 AO), wie dies die Bestimmung des § 111 d StPO als Anordnungsvoraussetzung erfordert (vgl. Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 111 d Rdnr. 3; § 111 b Rdnrn. 8, 9 m.N.), liegen bislang nicht vor; mithin ist gegenwärtig nicht zu erwarten, dass ein mit der Hauptsache zu gegebener Zeit befasstes erkennendes Gericht gegen Silvia Kraus ggf. eine Verfallsanordnung nach §§ 73 Abs. 1 und 2, 73 a StGB treffen bzw. von einer solchen nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB absehen würde.

Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten im Einkommensteuerrecht liegt eine Beihilfe oder Mittäterschaft eines Ehegatten nicht schon dann vor, wenn ein Ehegatte die Einkommensteuererklärung mit unterzeichnet, obschon er weiß, dass die Angaben seines Gatten über dessen Einkünfte unzutreffend sind (BFH Urt. v. 16.04.2002 - IX R 40/00 - bei juris Rdnr. 12 [NJW 2002, 2495=BFHE 198, 66]; Joecks in Franzen/Gast/Joecks Steuerstrafrecht 5. Aufl. 2001 AO § 370 Rdnr. 249). Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist nicht, wer sich als zusammen veranlagter Ehegatte - wie vorliegend S. K. - darauf beschränkt, die gemeinsame Einkommensteuererklärung zu unterschreiben, in der der andere Ehegatte - hier H. K. - ggf. unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht (vgl. BFH a.a.O.). Nur dann, wenn die Beiträge des einen Ehegatten darüber hinaus gehen, wenn er z.B. den anderen Ehegatten aktiv bei dessen Tat, falsche Angaben zu machen, unterstützt, nimmt er an dem Delikt des anderen Ehegatten teil (vgl. ausführlich BFH a.a.O. bei juris Rdnrn. 14, 15). Eine derartige überschießende Mitwirkung, wie sie etwa der Entscheidung des OLG Hamm vom 08.03.1995 -11 U 13/94- (bei juris) oder der des BFH vom 07.03.2006 - X R 8/05 - (NJW 2006, 2430=BFHE 212, 398) zugrunde liegt, ist - nach dem Ergebnis der bislang getätigten Ermittlungen - in der Person der Beschuldigten S. K. nicht festgestellt. Etwaige Tatbeiträge, die über die Unterzeichnung der gemeinsamen Steuererklärung, zu der sie als zusammen veranlagte Ehefrau schon von Gesetzes wegen verpflichtet ist (§ 25 Abs. 3 Satz 2 EStG; BFH a.a.O. bei juris Rdnr. 13), hinausgehen, sind nicht hinreichend erkennbar. Eine Mitwirkung von S. K. an dem fraglichen Transfer der DM 3,75 Mio. vom 11.10.2001 an die am 12.09.2001 gegründete P. W. M. Ltd., etwaige verschleiernde Maßnahmen zur Verheimlichung von seitens ihres Ehemannes (oder von ihr) hieraus gezogenen Kapitalerträgen (vgl. hierzu BGH St 46, 107) sind nicht ermittelt. Es handelt sich insoweit bislang schlicht um nicht hinreichend verifizierte Vermutungen. Die Vorgänge um die Gründung jener, nun seit 16.09.2004 in T.C. Tortola (British Virgin Islands) registrierten, von F. M., CH-Baar vertretenen Briefkastenfirma sind nicht aufgeklärt. Der Umstand, dass S. K. das von ihr und ihrem Ehemann bewohnte, im Eigentum der P. W. M. Ltd. stehende, seitens letzterer - vertreten durch J. R. - ausweislich des notariellen Vertrags vom 11.08.2003 von den Eheleuten E. erworbene Hausgrundstück in R. (Kaufpreis: EUR 535.000; vgl. hierzu Aktenvermerk des Finanzamts K. - Steuerfahndung - vom 19.10.2006) von dieser Gesellschaft seit 01.09.2003 zu einem monatlichen Mietzins von EUR 800 angemietet hat, lässt allein keinen Schluss auf ihre vorangegangene Beteiligung an der Steuerhinterziehung bzw. eine Verschleierung des fraglichen Geldtransfers zu. Auszugehen ist mithin lediglich von der bloßen Unterzeichnung der gemeinsamen Steuererklärung im Oktober 2002, mit der die Beschuldigte S. K. indes keine (falschen) Angaben zu Einkünften ihres Ehemannes H. K. machte, mit der sie ihm insbesondere auch nicht physisch und/oder psychisch Hilfe leistete. Eine Rechtspflicht, eine Erklärung über Einkünfte ihres Ehemannes abzugeben, bestand und besteht in ihrer Person nicht (§ 101 Abs. 1 AO).

Der in der Kommentarliteratur, soweit ersichtlich nur von Joecks (Franzen/Gast/Joecks a.a.O. AO § 370 Rdnr. 249) vertretenen Meinung, auf die sich die Staatsanwaltschaft beruft, dass dies anders sei, wenn der die gemeinsame Steuererklärung unterschreibende Ehegatte ein "massives Eigeninteresse" an dem Erfolg der Steuerhinterziehung habe (vgl. aber auch zu den ggf. begründeten Konfliktlagen des Ehegatten: Joecks a.a.O.), vermag der Senat nicht zu folgen. Sie ist nicht nur mit der gefestigten, auf der steuerrechtlichen Systematik (BFH Urt. v. 16.04.2002 - IX R 40/00 - bei juris Rdnr. 13 [a.a.O.]=BFHE 198, 66) beruhenden höchstrichterlichen Recht-sprechung nicht vereinbar. Der Gesichtspunkt des Eigeninteresses allein stellt vielmehr nur ein etwaiges dem subjektiven Tatbestand zuzuordnendes Motiv für eine vom objektiven Tatbestand geforderte Handlung oder Unterlassung des Mitunterzeichners dar, die es festzustellen gälte. Abgesehen davon, ließe sich ein Eigeninteresse eines in ehelicher Lebensgemeinschaft und Haushaltsführung stehenden Ehegatten an Bestand und Erhalt deren materieller Grundlagen schlechterdings kaum verneinen. Der Umstand, dass der mitunterzeichnende Ehegatte objektiv Vorteile aus der Tat des anderen zieht, genügt zur Annahme der Tatbestandsverwirklichung auch in seiner Person nicht.

Joecks (a.a.O.), den der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.04.2002 ausdrücklich in Bezug nimmt (BFH a.a.O. bei juris Rdnr. 12), vertritt im Übrigen dessen Rechtsauffassung, dass die bloße Mitunterzeichnung der Steuererklärung durch den einen Ehegatten noch nicht dessen Mitverantwortung für die unrichtige Erklärung des anderen Ehegatten begründet. Dazu, dass dies anders sei, wenn, wie Joecks meint, der Mitunterzeichnende ein "massives Eigeninteresses" an dem Erfolg der Steuerhinterziehung habe, verhält sich die Entscheidung des Bundesfinanzhofes - aus vorgenannten Gründen nachvollziehbar - nicht; miteinander vereinbar sind freilich beide Auffassungen dann, wenn sich das Eigeninteresse des Ehegatten in einem über die bloße Mitunterzeichnung der Steuererklärung hinaus gehenden objektiven Tatbeitrag äußert.

Nach Lage der Akten sind auch die Annahme einer psychischen Beihilfe (vgl. etwa BGH St 40, 307, 315; Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 27 Rdnrn. 2, 6, 7 m.w.N.) begründende -von straflosem Verhalten der bloßen Anwesenheit, Zustimmung oder Nutznießung abzugrenzende- aktive Handlungen oder garantenpflichtwidrige Unterlassungen der Beschuldigten S. K., die H. K. in seinem Tatentschluss bestärkt hätten, nicht konkretisiert; solche allein auf Grund einer ehelichen Lebensgemeinschaft unsubstantiiert zu unterstellen, geht fehl.

Aber auch hinreichende Gründe für die Annahme, dass in einem H. K. verurteilenden Erkenntnis gegen S. K. als Drittbegünstigte nach §§ 73 Abs. 3, 73 a StGB, 442 Abs. 2 Satz 1, 431 Abs. 1 Satz 1 StPO der Verfall (von Wertersatz) angeordnet bzw. davon im Hinblick auf Ansprüche Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB abgesehen werden wird (vgl. BGHSt 45, 235; BGH wistra 2002, 422; vgl. zur Anordnung der Verfahrensbeteiligung: OLG Düsseldorf wistra 1999, 477), liegen derzeit nicht vor. Freilich stünde insoweit einer Verfallsanordnung gegen S. K. nicht entgegen, wenn - wie ggf. hier - H. K. als Täter der Steuerhinterziehung den Steuervorteil zunächst in sein Vermögen erworben habe und dann das Erlangte seiner Ehefrau S. K. zukommen ließ, auch wenn dies nicht von vornherein sein Ziel gewesen sein mag. Sofern H. K. sein Vermögen incl. des erzielten Steuervorteils bzw. der "ersparten" Steuer (900.00 DM) an die Beschuldigte übertragen habe, wovon die Staatsanwaltschaft ihren knappen Ausführungen vom 04.06.2007 zufolge ausgeht, was aber nicht ohne Weiteres "auf der Hand liegt", wäre diese Vorteilsverschiebung - selbst bei Gutgläubigkeit der Beschuldigten S. K. - von der Bestimmung des § 73 Abs. 3 StGB erfasst. Ein Handeln des H. K. für einen anderen, hier für seine Ehefrau S. K., hätte, selbst wenn er dies zunächst nicht (auch) in ihrem Interesse gewollt haben mag, vorgelegen (vgl. BGH St 45, 235, 246; BGH Urt. v. 09.10.1990 -1 StR 538/89- bei juris Rdnrn. 86, 87; insoweit in BGHSt 37, 191 nicht abgedruckt). Ein etwaiges Bestreben des H. K., mittels sich an die Steuerverkürzung anschließender Vermögens-verschiebung an einen Drittbegünstigten eine Vollstreckung in sein Vermögen mangels Masse zu vereiteln, würde ggf. zudem die Anordnung des Verfalls gegen den Begünstigten rechtfertigen (vgl. zur Verschiebung eines betrügerisch erlangten Darlehens: OLG Düsseldorf NJW 1979, 992). Allerdings wird die Annahme einer Vermögensverschiebung seitens des Beschuldigten H. Kraus zu Gunsten der Beschuldigten S. K., unbeschadet einzelner bislang nur als Vermutung einzustufender Verdachtsmomente, nach Lage der dem Senat übermittelten Akten von dem Ergebnis der daraus ersichtlichen Ermittlungen nicht getragen, insbesondere nicht von der Einlassung des Beschuldigten H. K. laut Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 20.04.2007. Dieser zufolge "sei die P. W. M. Ltd. von seinem - mittlerweile verstorbenen und u. a. von ihm beerbten - Vater gegründet worden; die eingesetzte Direktorin R. habe sich mit dem ihr ausgehändigten Betrag von DM 3,75 Mio. 'aus dem Staub' gemacht; sie sei dann zwar wieder erschienen, vom Geld sei aber nur noch etwas mehr als der für den Kauf des Hauses in R. nötige Betrag übrig gewesen". Aus dieser -jedenfalls seither nicht widerlegten- Einlassung, mag sie auch für sich genommen wenig überzeugend erscheinen, ergibt sich nicht, dass die fraglichen DM 3,75 Mio. an die Beschuldigte S. K. verschoben wurden, zumal nähere Erkenntnisse hinsichtlich der fraglichen Direktorin R. bislang nicht vorliegen. Auch der Umstand, dass S. K. das im Eigentum der P. W. M. Ltd. stehende Anwesen in R. von ihr zu einem monatlichen Mietzins von EUR 800 angemietet hat, rechtfertigt - entgegen der von Staatsanwaltschaft mit ihrer Verfügung vom 06.08.2007 vertretenen Meinung - nicht die Annahme, S. K. beabsichtige damit, einen in Wirklichkeit an sie getätigten Geldtransfer zu verschleiern. Nichts anderes gilt für die ungeklärten Umstände der Anschaffung und Bezahlung des PKW Lamborghini; insoweit standen der Beschuldigten S. K. jedenfalls aus dem Verkauf ihres Anwesens in Wolfsburg im Jahr 2003 (Verkaufserlös: EUR 220.000) eigene Mittel zur Verfügung.

Wird im Wege vorläufiger Sicherungsmaßnahmen - wie hier - das gesamte Vermögen der Verfügungsbefugnis des Betroffenen entzogen, fordert der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht lediglich eine Vermutung, dass es sich um strafrechtlich erlangtes Vermögen handelt; vielmehr bedarf dies einer besonders sorgfältigen Prüfung und einer eingehenden Darlegung der dabei maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen in der Anordnung des Gerichts, nicht zuletzt um dem Betroffenen dagegen Rechtsschutz zu ermöglichen. Dieser Grundsatz gebietet insbesondere eine Abwägung des Sicherstellungsinteresse des Staates mit der Eigentumsposition der Betroffenen (BVerfG B. v. 29.05.2006 - 2 BvR 820/06 - bei juris Rdnr. 23 [NStZ 2006, 639]).

In die dem Gericht und der Staatsanwaltschaft nach § 111 d Abs. 1 StPO eröffnete Ermessensentscheidung (vgl. Meyer-Goßner a.a.O. § 111 d Rdnr. 4) sind nicht nur die Belange des Opferschutzes, sondern auch die tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten des Verletzten, seine Rechte selbst durchzusetzen, die Schwere des Eingriffs in das Eigentumsrecht des Betroffenen, der Verdachtsgrad, die Schadenshöhe und der die Strafverfolgungsbehörden treffende Kosten- und sonstige Aufwand einzustellen (vgl. hierzu BVerfG B. v. 07.06.2005 - 2 BvR 1822/04 - bei juris Rdnrn. 46, 51, 59 [StraFo 2005, 338]). Insoweit ist vorliegend letztlich zu berücksichtigen, dass von dem geschädigten Fiskus getätigte, ihm obliegende eigene Bemühungen zur Durchsetzung seiner aus der fraglichen Tat ggf. erwachsenen Ansprüche gegen die Beschuldigte nicht ersichtlich sind. Die Aufhebung des Arrestes ist nach alledem - wie die gebotene Einzelfallprüfung (BVerfG a.a.O.) ergibt - gegenüber dem Steuerfiskus auch nicht unbillig.

Vorliegende Entscheidung steht der erneuten Anordnung auf - ggf. nach dem Ergebnis etwaiger an britische Behörden gerichteter Rechtshilfeersuchen gewonnener - tragfähiger Tatsachengrundlage nicht entgegen.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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