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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: 5 WF 133/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 114
1. Einem Beklagten, der zunächst zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerseite nicht Stellung genommen hatte, kann - sofern er nach Klageerhebung selbst Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung beantragt - diese nicht wegen Mutwilligkeit versagt werden.

2. Einem Beklagten, der einen Unterhaltsanspruch (auch nur teilweise) anerkennt, kann Prozesskostenhilfe im Umfang des Anerkenntnisses auch dann nicht bewilligt werden, wenn er geltend macht, er habe wegen § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens nicht zu tragen (entgegen OLG Naumburg, FamRZ 2001, 923).


Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg -

Geschäftsnummer: 5 WF 133/01

Beschluss vom 29. August 2001

In der Familiensache

wegen Kindesunterhalt/Ehegattenunterhalt

hier: Prozeßkostenhilfebeschwerde

hat der 5. Zivilsenat -Senat für Familiensachen- des Oberlandesgerichts Karlsruhe beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Singen vom 23.07.2001 (2 F 75/01) aufgehoben:

Dem Beklagten wird für seine Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe mit einer monatlichen Rate von 150,00 DM auf die Verfahrenskosten in I. Instanz ab Aufforderung durch die Landesoberkasse insoweit bewilligt, als er über die von ihm anerkannten Beträge (Gesamtunterhalt für die Zeit von März bis Juni 2001 in Höhe von monatlich DM 987,00 und ab Juli 2001 von monatlich DM 847,00) die Abweisung der Klage begehrt; ihm wird insoweit Rechtsanwalt ..., beigeordnet.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Die Trennung der Parteien erfolgte am 12.03.2001. Aus der Ehe der Parteien sind die drei Kinder ... (geb. am 03.03.1981 - volljährig), ... (geb. am 18.05.1988) und ... (geb. am 10.02.1996) hervorgegangen. Die Kinder leben in der Obhut der Klägerin. Ihr wurde nach Bezifferung des geltend gemachten Trennungs- und Kindesunterhalts (betreffend die beiden minderjährigen Kinder) mit Beschluss vom 06.07.2001 Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung durch das Familiengericht Singen bewilligt.

Der Beklagte hat im Klagerwiderungsschriftsatz vom 17.07.2001 für die Zeit ab dem 01.08.2001 (gemeint ist wohl der 01.07.2001) einen Gesamtunterhalt für die Klägerin und die beiden minderjährigen Kinder in Höhe von 847,-- DM anerkannt. Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten von unstreitig 3.159,-- DM seien die berufsbedingten Aufwendungen (158,-- DM), ein gemeinsam in der Ehezeit aufgenommenes Darlehen mit monatlich 424,-- DM und eine PKH-Rate aus dem Verfahren 2 F 38/01 mit monatlich 90,-- DM abzusetzen. Unter Berücksichtigung des bis zum 30.06.2001 geltenden notwendigen Selbstbehaltes von 1500,-- DM verbleibe eine Verteilungsmasse von 987,-- DM. Für die Zeit ab dem 01.07.2001 belaufe sich die monatliche Verteilungsmasse aufgrund der Heraufsetzung des notwendigen Selbstbehalts auf 1640,-- DM nur noch auf 847,-- DM.

Das Familiengericht Singen hat mit dem angefochtenen Beschluß vom 23.07.2001 den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten für seine Rechtsverteidigung zurückgewiesen. Das Gericht hat ausgeführt, dass der Verteidigung die nötige Erfolgsaussicht fehle, soweit der Beklagte ab dem 01.08.2001 den Klaganspruch in Höhe von monatlich 847,-- DM anerkannt habe. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Einwendungen sei der Prozesskostenhilfeantrag mutwillig, da der Beklagte diese Einwendungen nicht bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren vorgebracht habe. Wäre dieser Vortrag erfolgt, wäre insoweit der Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin abgelehnt worden und die Klage in diesem Umfange gar nicht rechtshängig geworden.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Beschwerde des Beklagten im Schriftsatz vom 30.07.2001. Er führt sinngemäß aus, dass der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten nicht mutwillig sein könne, da aus dem Gesetz keinerlei Verpflichtung zur Stellungnahme auf einen Prozesskostenhilfeantrag folge. Im übrigen seien die Einwendungen des Beklagten bereits im Schriftsatz vom 03.07.2001 vorgetragen worden.

Das Familiengericht Singen hat mit Beschluß vom 31.07.2001 der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt.

In der Beschwerdeerwiderung führt die Klägerin aus, dass sie den Darlehensvertrag, der den PKW des Beklagten betreffe, nur deshalb unterzeichnet habe, weil die Bank aus Sicherheitsgründen darauf bestanden habe. Ein Abzug dieser Verbindlichkeit sowie der PKH-Rate im Mangelfall komme nicht in Betracht. Richtig sei, dass der Beklagte monatlich 1.000,-- DM Gesamtunterhalt leiste, eine außergerichtliche Titulierung hierüber herbeizuführen sei nicht angezeigt gewesen.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet. Dem Beklagten ist für seine Verteidigung Prozesskostenhilfe mit einer monatlichen Ratenzahlung von DM 120,00 nur insoweit zu bewilligen, als er über die von ihm anerkannten Unterhaltsbeträge (für die Zeit März bis Juni 2001 DM 987,00 und ab Juli 2001 DM 847,00) hinaus die Abweisung der Klage beantragt.

Zunächst ist entgegen der Auffassung des Familiengerichts Singen darauf hinzuweisen, dass aus dem Umstand, dass ein Gegner i.S.d. § 118 Abs. 1 ZPO es unterlässt, im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zur Klage eine Stellungnahme abzugeben, keine Nachteile für seine spätere Prozesskostenhilfebewilligung für seine Rechtsverteidigung erwachsen dürfen. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist kein kontradiktorisches Verfahren, vielmehr betrifft es nur die hilfebedürftige Partei selbst sowie das Gericht (im Hinblick auf die Staatskasse). Einem Beklagten, der zunächst zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerseite nicht Stellung genommen hatte, kann - sofern er nach Klageerhebung selbst Prozesskostenhilfe beantragt - diese nicht wegen Mutwilligkeit versagt werden (Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 3. Aufl., § 114 ZPO, Rn. 25, "Prozessförderung"). Der künftige Gegner der Hauptsache ist an dem Prozesskostenhilfeverfahren nicht beteiligt (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 118 Rn. 1; Johannsen/Henrich/Thalmann, a.a.O., § 118 ZPO Rn. 3) und erhält gemäß § 118 Abs. 1 ZPO lediglich eine Gelegenheit zur Stellungnahme, die von ihm jedoch nicht wahrgenommen werden muß. Sieht der Gegner von einer Stellungnahme ab, dann ist im Verfahren über die Prozesskostenhilfe davon auszugehen, dass die Angaben des Klägers zutreffen (Zöller/Philippi, a.a.O., § 118 Rn. 5).

Insoweit kann vorliegend dem Beklagten allein aus seiner Nichtbeteiligung am Prozesskostenhilfeverfahren der Klägerin kein Nachteil entstehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Beklagte sich durchaus mit Schriftsatz vom 03.07.2001 in der Sache zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin geäußert hat: So hat er darauf hingewiesen, dass er freiwillig monatlich einen Gesamtunterhalt von 1.000,-- DM leiste und dass er ein ehebedingtes Darlehen mit monatlich 424,--DM bei der Citibank Singen tilge. Dieser Vortrag des Beklagten war also durchaus bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klägerin berücksichtigungsfähig.

Allerdings fehlt der Rechtsverteidigung des Beklagten nach Auffassung des Senates insoweit die Erfolgsaussicht, als der Beklagte die geltend gemachten Unterhaltsansprüche für die Zeit von März bis Juni 2001 in Höhe von monatlich DM 987,-- und (infolge der Heraufsetzung des notwendigen Selbstbehaltes) ab Juli 2001 in Höhe von monatlich DM 847,-- anerkannt hat. Der in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Naumburg, FamRZ 2001, 923; OLG Stuttgart, OLGR 2001, 45; OLG Hamm, FamRZ 1993, 1344; OLG Hamburg, FamRZ 1988, 1076; Zimmermann, Prozesskostenhilfe in Familiensachen, Rn. 184) vertretenen Auffassung, dass einem Beklagten auch dann Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei, wenn er die Klagforderung zwar anerkannt, aber geltend gemacht habe, dass er keinen Anlass zur Klage gegeben und damit auch nicht nach § 93 ZPO die Kosten zu tragen habe, kann sich der Senat nicht anschließen.

Diese Auffassung, dass einem Beklagten Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei, wenn er den Klaganspruch gemäß § 93 ZPO mit kostenbefreiender Wirkung anerkannt habe, wird in den obergerichtlichen Entscheidungen nicht begründet. Sie kann auch nicht überzeugen. Ein Beklagter, der einen geltend gemachten Klaganspruch anerkennt, verteidigt sich nicht und kann auch hierfür keine Prozesskostenhilfe erhalten (vgl. Landgericht Aachen, NJW-RR 1993, 829; Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rn. 25). Vielmehr bekundet er mit seiner Prozesserklärung, dass die gegnerische Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und er sich selbst gegen den Klaganspruch erkennbar nicht wendet (ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.1997 - 2 UF 99/97). Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Beklagte zwar den materiell-rechtlichen Anspruch akzeptiert, jedoch einwendet, er habe zur Klageerhebung keinen Anlass gegeben (§ 93 ZPO). In diesem Falle beschränkt sich die Rechtsverteidigung des Beklagten lediglich auf die Kostentragung und ist damit keine Verteidigung gegen den materiell-rechtlichen Anspruch selbst. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 114 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur für eine Rechtsverteidigung bewilligt werden, die eine Gegenwehr gegen den materiell-rechtlichen Anspruch - streitgegenständlich gefasst in einen Klagantrag i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO - zum Inhalt hat. Der Beklagte muss Einwendungen vorbringen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Klage, wenn sich der Sachvortrag des Beklagten als zutreffend erweisen sollte, von vornherein unzulässig oder unbegründet ist. Hierzu gehören die Einwendungen zur Kostentragung nicht. Die Kostenfolge ist nämlich unmittelbarer Ausfluss des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens und damit kein besonderer materiell-rechtlicher Streitgegenstand, sondern blosse Folge des endgültigen Ergebnisses der Rechtsverfolgung oder -verteidigung selbst. Hierfür kann keine gesonderte Prozesskostenhilfe bewilligt werden, die dann konsequenterweise ohnedies auf den Streitwert der Kosten beschränkt wäre und nicht den vollen Streitwert der Klage nach § 17 Abs. 1, 4 GKG erfassen könnte.

Hinzu kommt, dass es einer Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung des Beklagten nicht bedarf. Sofern er tatsächlich das Klagebegehren "sofort" i. S. d. § 93 ZPO anerkannt und auch nicht Anlass zur Klage gegeben hat, steht ihm ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Falls die Voraussetzungen des § 93 ZPO jedoch nicht gegeben sind, der Beklagte somit Anlass zur Klage gegeben hat, kommt eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohnehin nicht in Betracht. Nach Auffassung des Senates ist somit die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Beklagten insoweit zu versagen, als der Beklagte die geltend gemachten Unterhaltsansprüche anerkennt, unabhängig davon, ob das Anerkenntnis nach § 93 ZPO mit kostenbefreiender Wirkung erfolgt ist oder nicht. Auf die Frage, ob der Beklagte vorliegend Veranlassung zur Klage gegeben hat, muss der Senat somit nicht eingehen.

Ausführungen zur Unterhaltsberechnung ...

Ende der Entscheidung

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