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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 30.01.2001
Aktenzeichen: 5 WF 147/00
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 26
BRAGO § 122 Abs. 1
ZPO § 121 Abs. 1
Im Gegensatz zu einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann die Beiordnung eines Anwaltes gemäß § 121 Abs. 1 ZPO auch noch nach Verfahrensabschluss erfolgen.
Geschäftsnummer 5 WF 147/00

Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - Beschluss

vom 30. Januar 2001

In der Familiensache

wegen Ehescheidung u.a. hier: PKH

hat der 5. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt Riegler, ..., wird der Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Lahr vom 10.10.2000 (1 F 226/00) aufgehoben.

2. Die Beiordnung von Rechtsanwalt Heitz, ... wird über den Umfang einer Prozessgebühr aus 14.400,-- DM Streitwert nebst Postpauschale und 16% MWSt = 585,80 DM hinaus aufgehoben.

3. Dem Antragsteller wird Rechtsanwalt Riegler, ... , zur Vertretung in erster Instanz im Scheidungsverfahren beigeordnet, und zwar im Umfang einer Verhandlungsgebühr aus 14.400,-- DM Streitwert sowie einer Erörterungsgebühr aus 13.400,-- DM Streitwert nebst 4,-- DM Fotokopierkosten und 16% MWSt = 1071,84 DM.

4. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Rechtsanwalt Heitz hatte als Prozeßbevollmächtigter des Antragstellers mit Schriftsatz vom 18.05.2000 Scheidungsantrag eingereicht. Mit Beschluß vom 08.06.2000 hat das Familiengericht dem Antragsteller ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Heitz, ... , bewilligt.

Inzwischen hatte Rechtsanwalt Heitz festgestellt, dass er den Antragsteller wegen Interessenkollision nicht vertreten durfte. Mit Schriftsatz vom 25.08.2000 hat er daher mitgeteilt, dass er nicht mehr Prozeßbevollmächtigter des Antragstellers sei, der ihm mit Schreiben vom 23.08.2000 das Mandat gekündigt habe. Nach vorläufiger Streitwertfestsetzung hat Rechtsanwalt Heitz die ihm entstandenen Kosten in Höhe einer 10/10 Prozeßgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (aus einem reduzierten Gegenstandswert von 5.500,-- DM statt 14.400,-- DM) mit einer Gesamtsumme von 481,40 DM geltend gemacht.

In der mündlichen Verhandlung des Familiengerichts vom 26.09.2000 wurde der Antragsteller von Rechtsanwalt Riegler vertreten. Der endgültige Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens wurde auf 13.400,--DM, (Ehescheidung) nebst 1.000,00 DM (Versorgungsausgleich) festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 6.10.2000 beantragte Rechtsanwalt Riegler seine Beiordnung im Hinblick auf die Mandatsniederlegung von Rechtsanwalt Heitz und teilte mit, dass mit dem früheren Prozessbevollmächtigten vereinbart sei, dass diesem die Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zustehe. RA Riegler machte gleichzeitig die weiterhin angefallenen Gebühren (1 Verhandlungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO aus dem Gesamtstreitwert und 1 Erörterungsgebühr gemäß § 31 Abs. Nr. 3 BRAGO aus dem Scheidungsstreitwert) geltend, insgesamt einen Betrag von 1118,24 DM.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluß vom 10.10.2000 den Antrag von Rechtsanwalt Riegler auf Beiordnung abgewiesen, da nach Abschluß des Verfahrens keine Veranlassung bestehe, auf den nachträglich gestellten Antrag hin die Beiordnung abzuändern. Hiergegen hat Rechtsanwalt Riegler mit Schriftsatz vom 26.10.2000 Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat. In seinem Nichtabhilfebeschluß hat das Gericht ausgeführt, dass dahingestellt bleiben kann, ob die nunmehr vorgetragenen Gründe einen Wechsel des beigeordneten Anwalts rechtfertigten. Jedenfalls sei eine Beiordnung von Rechtsanwalt Riegler auf dessen nach Abschluß des Verfahrens gestellten Antrag nicht möglich.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde von Rechtsanwalt Riegler führt zu seiner Beiordnung im Umfange einer Verhandlungsgebühr aus einem Gegenstandswert von 14.400,-- DM und einer Erörterungsgebühr aus dem Scheidungsstreitwert von 13.400,-- DM nebst 16% MWSt und Fotokopierkosten, insgesamt somit in Höhe von 1071,84 DM. Dem früheren Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt Heitz, steht demgegenüber die bis zur Aufhebung seiner Beiordnung entstandene Prozessgebühr in Höhe 465,00 DM nebst 40,-- DM Postpauschale und 16% MWSt = 585,80 DM zu. Er hat deswegen Anspruch auf die zusätzliche Auslagenpauschale, weil die Postpauschale des § 26 BRAGO begriffsnotwendig nicht im Rahmen der Verhandlungs- bzw. Erörterungsgebühr anfällt, sondern im Rahmen der anwaltlichen Verfahrensvorbereitung und Informationssammlung, somit im Rahmen der Prozessgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Da in derselben Angelegenheit nur einmal diese Pauschale beansprucht werden darf (§ 26 S. 2 BRAGO), führt dies dazu, dass ihre nochmalige Geltendmachung durch RA Riegler untersagt ist. Dies führt dazu, dass der insgesamt entstandene Gebührenanspruch in Höhe von 1657,64 DM nicht überschritten ist und damit die Staatskasse trotz der fehlerhaften Mandatsübernahme durch Rechtsanwalt Heitz nicht mehr an Kosten erstatten muß, als bei einer von Anfang an richtigen Mandatsübernahme mit Gesamtkosten von 1657,64 DM für einen Prozessbevollmächtigten entstanden wären. Da Rechtsanwalt Heitz (aufgrund des von ihm angenommenen geringeren Gegenstandswertes) bisher nur 481,40 DM geltend gemacht hat, ergeben sich damit auch bei einer Erhöhung des ihm zustehenden Anspruchs auf die Prozessgebühr mit 585,80 DM keine Nachteile für die Staatskasse.

Die Aufhebung der Beiordnung von Rechtsanwalt Heitz auf seinen konkludent gestellten Antrag lt. Schriftsatz vom 25.08.2000 beruht auf einer Interessenkollision (§§ 48 Abs.2, 45 BRAGO).

Die gemäß § 121 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 2 ZPO im Anschluß hieran erfolgte Beiordnung von Rechtsanwalt Riegler hat ihren Grund in § 122 Abs. 1 BRAGO. Denn die Rechtsanwalt Riegler entstandenen beiden Verfahrens- und Erörterungsgebühren bestimmen sich in ihrer Festsetzungsmöglichkeit nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet (worden) ist. Sie können damit in der Person von RA Riegler nur geltend gemacht werden, wenn dieser nunmehr (nachträglich) beigeordnet wird. Dadurch wird der ursprüngliche PKH-Beschluß 08.06.2000 umfangmäßig nicht erweitert (dort erfolgte eine uneingeschränkte Anwaltsbeiordnung für die gesamte Instanz), vielmehr nur - in der Person des nunmehr beigeordneten Anwalts - ausgetauscht. Daß auch eine nachträgliche Anwaltsbeiordnung zulässig ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 122 Abs. 1 BRAGO, wonach die PKH-Bewilligung einerseits (lt. Beschluß vom 8.06.2000) und die Anwaltsbeiordnung andererseits unterschiedliche Materien sind.

Der Grund dafür, dass - in der Regel - eine nach Verfahrensabschluß erfolgende PKH-Bewilligung unzulässig ist, beruht darauf, dass nach Prozeßende keine mehr zu bevorschussenden Kosten anfallen. Demgegenüber beruht eine nachträgliche Beiordnung darauf, dass im laufenden (von Prozesskostenhilfe umfassten) Verfahren anwaltliche Gebührentatbestände verwirklicht wurden, somit keine Beiordnung für die Zukunft, sondern rückwirkend erfolgt.

Dadurch entstehen keine höheren Vergütungsansprüche als jene, die auch bei einer Verfahrensführung durch einen einzigen Prozessbevollmächtigten angefallen wären.

Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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