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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 26.03.2008
Aktenzeichen: 7 U 104/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1 a.F
Die Frage, welcher Anspruch mit verjährungsunterbrechender Wirkung im Mahnverfahren geltend gemacht wurde, beurteilt sich danach, wie ein objektiver Empfänger die Angaben im Mahnbescheid verstehen musste. Dabei sind auch Schreiben des Gläubigers zu berücksichtigen, auf die im Mahnbescheid Bezug genommen oder in denen dem Schuldner die Einleitung eines Mahnverfahrens angekündigt wurde.
Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 7 U 104/07

Verkündet am 26. März 2008

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 26. März 2007 - 8 O 215/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.458,93 € nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 24. März 2000 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben.

Von den Kosten des zweiten Rechtszugs tragen der Kläger 97 % und der Beklagte 3 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt, weil dieser den Kläger durch Kopfstöße ins Gesicht verletzt hat, was in der Folge auch zu psychischen Problemen geführt hat. Auf das Urteil des Landgerichts wird wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Der Beklagte wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrages gegen die Verurteilung, weil er den Kläger nicht angegriffen, sondern in Notwehr gehandelt habe. Außerdem sei das Schmerzensgeld zu hoch und ein Verdienstausfall sei nicht eingetreten. Im Übrigen seien etwaige Ansprüche verjährt. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und begehrt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung hat überwiegend Erfolg.

Dem Kläger steht lediglich ein unverjährter Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.458,93 € zu. Im Übrigen war das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Widerklage des Beklagten nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist unzulässig, wurde dem Kläger nicht zugestellt, ist damit nicht rechtshängig geworden. Sie gibt dem Senat auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei und auf der Grundlage zutreffender Feststellungen, die damit für den Senat gem. § 529 ZPO bindend sind, die Haftung des Beklagten dem Grunde nach angenommen. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der angegriffenen Entscheidung verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Die Einwendungen des Beklagten in der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Seine abweichende Würdigung der Zeugenaussagen überzeugt nicht.

2. Die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld gem. § 847 BGB a. F. in Höhe von 15.000 € hat Erfolg. Zum einen wäre das Schmerzensgeld jedenfalls zu hoch, zum anderen ist der Anspruch verjährt.

a) Der Schmerzensgeldanspruch ist mit 15.000 € zu Lasten des Beklagten zu hoch bemessen, angemessen wäre allenfalls ein Betrag von 8.000 €.

Das Schmerzensgeld dient - neben der Genugtuung im Hinblick auf den brutalen Angriff des Beklagten - dazu, den Geschädigten angemessen für die erlittenen Leiden zu entschädigen. Dafür ist in der hier gegebenen Situation unter Berücksichtigung der erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen sowie der Folgen des Angriffs für das Privatleben und die berufliche Entwicklung ein Schmerzensgeld von 8.000 € angemessen. Wegen der physischen Verletzungen wird auf das Urteil (dort S. 9 f.) verwiesen. Neben diesen Verletzungen ohne Dauerfolgen hat das Landgericht überzeugend und für den Senat bindend festgestellt, dass der Kläger aufgrund des tätlichen Angriffs des Beklagten in eine ängstlich-depressiv gefärbte Anpassungsstörung verfallen ist, die allerdings auf einer persönlichkeitsbedingten Präposition für diese Erkrankung beruht, wie der Sachverständige Dr. S festgestellt hat. Zwar lässt dies nicht die Ursächlichkeit des Vorfalls für die daraufhin eingetretene psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert entfallen, da es sich hier nicht um eine vollkommen unangemessene Verarbeitung einer Bagatellverletzung handelt. Unter einer solchen ist allenfalls eine geringfügige Prellung oder Beeinträchtigung nach einem Ereignis zu verstehen, nicht aber Verletzungen wie sie beim Kläger vorlagen. Allerdings kann im Rahmen des Schmerzensgeldes auch bei bestehender Kausalität die vorbestehende Schadensneigung berücksichtigt werden. Das ist hier angemessen, da nach den Ausführungen des Sachverständigen bereits vor dem Vorfall durch die wirtschaftliche Situation der AG, deren Vorstand der Kläger war, erhebliche Beeinträchtigungen vorlagen, auch wenn der Kläger dies selbst herunterspielt.

Die Aussagen der behandelnden Ärzte sowie das Sachverständigengutachten tragen auch nicht den Schluss des Landgerichts, dass der Kläger aufgrund der durch den Vorfall verursachten depressiven Störung bis zum heutigen Tage (temporär) arbeitsunfähig gewesen wäre (Urteil S. 12 unten). Vielmehr bestehen an dieser dauernden Arbeitsunfähigkeit trotz des Sachverständigengutachtens des Dr. S. , das naturgemäß im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers beruht, erhebliche Bedenken, so dass Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts gem. § 529 ZPO begründet werden und der Senat eigene Feststellungen zu treffen hat. Mit dem Sachverständigengutachten und den den Kläger behandelnden Zeugen, insbesondere Dr. D. und Dr. M. ist eine Arbeitsunfähigkeit bis Mitte 1999 festzustellen.

Die Arbeitsunfähigkeit Ende 1999, attestiert von Dr. L. , ist nicht mit dem Vorfall in Verbindung zu bringen. Dieser hat ausgesagt, der Kläger habe sich vorgestellt und - seiner Krankenakte zufolge - geschildert, von der Leiter gefallen zu sein und deshalb Schmerzen in der Halswirbelsäule zu haben (I 487). Daraufhin erfolgten mehrere Krankschreibungen vom 14.10.1999 bis 10.02.2000. Auch die danach liegende Arbeitsunfähigkeit ist nicht bewiesen. Der Kläger hat als Zeuge vor dem Sozialgericht, bei dessen Verfahren es um das Arbeitslosengeld des Beklagten für 1999 und 2000 ging, angegeben, er habe den Beklagten morgens, wenn er zur Arbeit in das Büro gegangen sei, bis abends oder auch wenn er mal Pause gemacht habe, beobachtet (AM II 27). Dies spricht entschieden dagegen, dass der Kläger die gesamte Zeit arbeitsunfähig gewesen sein will. Auch die vom Beklagten vorgelegten Internetausdrucke über Kritik an den Hauptversammlungen 2001 und 2002 der BID AG, die als Versammlungsleiter den Kläger als Vorstand ausweisen, sprechen gegen eine andauernde Arbeitsunfähigkeit. Schließlich ist der Kläger am 29.06.2000 wieder als Vorstand in das Handelsregister eingetragen worden. Nach alledem kann die psychische Beeinträchtigung nicht in einem solchen Maße vorhanden gewesen sein, wie es der Kläger schildert. Darüber hinaus fällt auf, dass der Kläger auch gegenüber dem Sachverständigen seine vorherige psychische Belastung durch die schlechte Geschäftslage herunterspielt und alles auf den streitgegenständlichen Vorfall zurückführt.

Der Senat hielte deshalb bei Vornahme einer Gesamtwürdigung aller Umstände angesichts der nachgewiesenen Folgen ein Schmerzensgeld von 8.000 € für angemessen.

b) Dieser Anspruch ist jedoch verjährt.

aa) Allerdings ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Verjährung der Ansprüche des Klägers wegen des Vorfalls am 08.01.1999 durch den Eingang des Mahnbescheidantrages am 25.02.2000 gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. rechtzeitig unterbrochen wurde, soweit sie rechtshängig wurden. Die Verjährung begann frühestens wieder mit dem Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 04.04.2000 zu laufen, der letzten verfahrensfördernden Handlung, nach der das Verfahren in Stillstand geriet. Da der Antrag auf Abgabe an das Streitgericht am 21.03.2003 bei Gericht einging, wurde die dreijährige Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt, weil der Beklagte selbst das Verfahren weiter betrieben hat.

bb) Allerdings ist die Verjährung des Schmerzensgeldanspruchs nicht durch die Zustellung des Mahnbescheids unterbrochen worden, weil dieser Anspruch nicht mit dem Mahnbescheid rechtshängig geworden, sondern erstmals in der Anspruchsbegründung geltend gemacht ist. Dies ergibt eine Auslegung des Mahnbescheids, der dem Antrag des Klägers entsprechend erlassen wurde, nach den auch auf die Auslegung einer Prozesshandlung entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB.

Nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 1 ZPO muss der Antrag auf den Erlass eines Mahnbescheids die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung enthalten. Für die Individualisierung im Sinne des § 690 Abs. 1 Nr. 3 Halbs. 1 ZPO ist keine Substantiierung des mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Anspruchs oder gar seine Begründung erforderlich. Vielmehr genügt die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung. Der Anspruch muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden können, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung möglich ist, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht. Der Schuldner muss bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids erkennen können, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleiten will. Bei der Geltendmachung einer Mehrzahl von Einzelforderungen muss deren Bezeichnung im Mahnbescheid dem Schuldner ermöglichen, die Zusammensetzung des verlangten Gesamtbetrags aus für ihn unterscheidbaren Ansprüchen zu erkennen. Nur dann ist ihm eine sachgerechte Entscheidung innerhalb der Widerspruchsfrist möglich, ob eine Verteidigung gegen die geltend gemachten Ansprüche sinnvoll ist. Wann diesen Anforderungen genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr. vgl. nur NJW 2000, 1420; WM 2000, 2375; WM 2002, 398; WM 2006, 592; WM 2007, 1084, Tz. 39 = BGHZ 172, 42; zuletzt Urteil vom 23.01.2008 - VIII ZR 46/07 - Tz. 13).

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich im Gegensatz zu anderen Fällen (z. B. BGH NJW 1984, 2346 für eine Rechtsanwaltshaftung wegen einer Klage aus einem Brandschaden; NJW 2000, 1420 für einen Brandschaden; NJW 1988, 1079 im Rahmen der Rechtsanwaltshaftung bzgl. der Ansprüche aus § 833 BGB) aufgrund der besonderen Umstände des hier zu entscheidenden Sachverhalts, dass eine Unterbrechung der Verjährung hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs nicht eintreten konnte, da dieser Anspruch von dem Mahnbescheid, mit dem ein Teilbetrag in Höhe von 90.000 DM des angeblichen Gesamtschadens geltend gemacht wurde, nicht erfasst war.

Bereits der Wortlaut der Anspruchsbezeichnung "Schadensersatz aus..." deutet mehr auf materielle Schäden hin als auf die Entschädigung immaterieller Schäden. Allerdings nahm der Mahnbescheid zur näheren Erläuterung der Ansprüche nicht nur auf den Vorfall vom 08.01.1999 Bezug, sondern auch auf das Schreiben vom 21.02.1999, in dem unbeziffert Ansprüche auf Ersatz des Schaden in Form von Verdienstausfall, Behandlungskosten, Fahrtkosten und ein Schmerzensgeldanspruch angekündigt werden (vgl. AM I 21). Mit dieser Bezugnahme wäre, wenn nicht weitere Umstände vorlägen, da andere Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht bestehen, nach der Rechtsprechung möglicherweise ausreichend bestimmt gewesen, welche Ansprüche im Verfahren aus der tätlichen Auseinandersetzung geltend gemacht werden. Auch der Beklagte hätte aus dem Schreiben erkennen können (oder zumindest damit rechnen müssen), welche Ansprüche gegen ihr geltend gemacht werden, wenn auch - was im Hinblick auf die Beurteilung bedenklich ist, ob und in welchem Umfang er sich verteidigen will - die Höhe der einzelnen Ansprüche nicht bekannt war. Das gilt auch soweit es sich um unterschiedliche rechtliche Ansprüche auf materiellen Schadensersatz einerseits und Schmerzensgeld andererseits handelt, die verschiedene Streitgegenstände betreffen (vgl. nur BGH NJW 1984, 2346, 2347). Eine solche Bezugnahme ist zulässig.

Hier besteht allerdings eine entscheidende Besonderheit gegenüber anderen Fällen. Die zur Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs erforderlichen Erkenntnisse können auf Informationen beruhen, die dem Beklagten ohne Hinweis im Mahnbescheid zur Verfügung standen (vgl. BGH NJW 2007, 1953, 1957). Hier darf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.02.2000 (AM I 23) nicht außer Acht gelassen werden. Dort wird nochmals auf den Vorfall und das Strafverfahren Bezug genommen und sodann fortgefahren:

"Aufgrund der erlittenen Verletzungen war mein Mandant bis Ende des Jahres 1999 arbeitsunfähig. Ihm entstand dadurch ein Schaden insbesondere durch Verdienstausfall, Fahrtkosten für die Arzttermine (insgesamt 12.093 gefahrene km bis Januar 2000) etc, in Höhe von mehr als DM 100.000,00.

Ich habe mit gleicher Post einen Teilbetrag von DM 90.000,00 im gerichtlichen Verfahren gegen Sie geltend gemacht."

Damit berühmt sich der Kläger unabhängig von der im Mahnbescheid enthaltenen Bezugnahme konkret eines materiellen Schadensersatzanspruchs in Höhe von mehr als 100.000 DM. Ein objektiver Empfänger kann dieses Schreiben nur so verstehen, dass davon und nicht unter Einbeziehung anderer Ansprüche ein Teilbetrag von 90.000 DM geltend gemacht wird. Dementsprechend war für den Beklagten als Empfänger dieses Schreibens auch der darin angekündigte Mahnbescheid nur in diesem Sinne zu verstehen. War jedoch der Schmerzensgeldanspruch nicht im Mahnbescheidsantrag enthalten, so konnte die dann als Klagerweiterung zu verstehende Antragstellung und Begründung mit Aufgliederung der einzelnen gestaffelten Ansprüche und Rechnungspositionen im Jahr 2003, die grundsätzlich zulässig ist (vgl. bereits BGH NJW 1959, 1819 f. und ständig) eine Unterbrechung der Verjährung dieses Anspruchs, die am 31.12.2002 eintrat, nicht mehr bewirken.

3. Die Berufung hat weiterhin Erfolg, soweit das Landgericht dem Kläger Schadensersatz wegen eines Verdienstausfalls für Januar (anteilig) und Februar bis Mai 1999 zuerkannt hat.

Bei dem Anspruch für Januar und Februar 1999 würde es sich um einen solchen aus eigenem Recht und nicht um einen aus abgetretenem Recht der BDI AG handeln. Da das Entgeltfortzahlungsgesetz für den Kläger als Vorstand nicht gilt, bestand einerseits kein Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts, anderseits kam es nicht zu einem gesetzlichen Forderungsübergang bzgl. der Ersatzansprüche. Deren Abtretung an die B. AG trägt der Kläger nicht vor. Dementsprechend wäre er selbst Inhaber der Ansprüche (so sie bestünden). Die Zahlung des Gehalts entlastet als freiwillige Leistung, die dem Geschädigten zugute kommen soll, den Schädiger nicht.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls sind auch unter Berücksichtigung des § 252 BGB und des § 287 ZPO, die die Darlegung und den Beweis für einen solchen Anspruch erleichtern, nicht nachgewiesen. Insoweit bestehen Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts, so dass der Senat gem. § 529 ZPO eigene Feststellungen zu treffen hat. Das Landgericht hat bei der Beweiswürdigung tatsächliche Umstände außer Acht gelassen, die - zusammen mit neuem unstreitigen und damit gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassendem - Vortrag geeignet sind, Zweifel an der Behauptung des Klägers zu wecken, dass er einen Anspruch auf Vergütung als Vorstand der B. AG in Höhe von monatlich 15.492,80 DM ab Januar 1999 gehabt hat und diese Beträge für Januar und Februar 1999 ausgezahlt worden seien.

Der Kläger hat trotz Hinweises keinerlei aussagekräftigen Unterlagen über den Erhalt des Geldes vorgelegt. Die Verdienstabrechnungen (AM I 15, 17) weisen zwar das angegebene Gehalt aus. Es fällt jedoch auf, dass der Betrag zwar lt. der letzten Zeile und auch nach der Aussage des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden K. (Protokoll vom 26.02.2007, I 907) überwiesen worden sein soll, aber bei Kontonummer und Bank jeweils angegeben ist: "fehlt". Auch auf Hinweis des Senats darauf hat der Kläger dafür keine plausible Erklärung gegeben, sondern sich nur darauf berufen, dass er über ein Konto verfüge. Ein entsprechender Auszug zu den Zahlungen ist aber nicht vorgelegt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger offensichtlich gerade aus dem betreffenden Jahr keinerlei Steuerunterlagen - weder aus Frankreich, wo er seinen Wohnsitz hatte, noch aus Deutschland - vorlegen kann. Das vom Kläger vorgelegte Erfassungsjournal für 1999 belegt die Zahlung nicht, allerdings weist die Bilanz für 1999 in der Tat erheblich höhere Personalkosten aus. Das vermag aber die notwendige Überzeugung nicht zu begründen, wie gleich im Einzelnen noch darzulegen ist.

Darüber hinaus haben zwar der Zeuge K. und auch der Zeuge K. in sehr allgemeiner Weise bestätigt, dass mit einem Aufsichtsratsbeschluss vom November 1998 das Gehalt des Klägers für 1999 erheblich erhöht worden sei, weil sich die wirtschaftliche Lage der AG gebessert gehabt habe. Auch hieran bestehen aber erhebliche Zweifel. Der im ersten Rechtszug vorgelegte "Beschluss" trägt nur die Unterschrift des Zeugen K. , der allerdings keine genaueren Angaben zur Beschlussfassung machen konnte. Der zum damaligen Zeitpunkt noch in maßgeblicher Funktion bei der AG tätige Kläger hat auch insoweit nichts zur Beschlussfassung vorgetragen oder ein Protokoll der Aufsichtsratssitzung oder Unterlagen zu dem in der Satzung zugelassenen Umlaufverfahren vorgelegt.

Davon abgesehen, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, wieso die angeblich sich bessernde wirtschaftliche Lage der AG den Aufsichtsratsbeschluss vom November 1998 rechtfertigen konnte. Nach dem Vortrag in der Berufungserwiderung, der durch Bilanzen belegt ist, erzielte die AG im Jahre 1996 einen Jahresüberschuss von 49.316,82 DM und 1997 einen solchen von 932.658,56 DM (bei einem noch bestehenden Verlustvortrag von 972.237,41 DM), während der Überschuss im Jahr 1998 nur noch 53.182 DM (bei einem noch bestehenden Verlustvortrag von 39.578,85 DM) betrug. Dieser Einbruch war im November mit Sicherheit abzusehen, auch wenn - wie der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorträgt - die Ergebnisse erst für einige Monate vorlagen. Im Jahr 1999 wurde ein Jahresüberschuss von nur noch 18.529,98 DM erwirtschaftet. Wie dann die Lage es rechtfertigte, dem Vorstand im November 1998 ab Januar 1999 ein Gehalt von ca. 190.000 DM jährlich zu gewähren, obwohl dieser aus wirtschaftlichen Gründen zuvor kein festes Gehalt, aber angeblich Zahlungen, 1992 bis 1994 wohl ca. 43.000 DM jährlich (vgl. die Abschriften der Aufsichtsratsbeschlüsse, AM III 69 ff.) erhielt, ist nicht nachvollziehbar. Nach alldem drängt sich der Verdacht auf, dass hier zur Begründung eines Schadens Gehaltsansprüche konstruiert werden sollten. Jedenfalls aber erwecken die Ungereimtheiten solche Zweifel, dass zur Überzeugung des Senats ein Verdienstentgang nicht nachgewiesen ist.

Selbst wenn jedoch der Beschluss und die Zahlung als wahr unterstellt werden, reicht dies auch unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen des § 287 ZPO und § 252 BGB nicht aus, um mit ausreichender Sicherheit den Verdienstausfall im Jahr 1999 feststellen zu können. Denn der Aufsichtsratsbeschluss stand wie vorherige Beschlüsse, die der Kläger im Berufungsrechtszug vorlegt (AM III 69 ff.), unter dem Vorbehalt rückwirkender Abänderung. Von solcher Befugnis ist z. B. auch im Jahr 1994, wie der Kläger selbst vorträgt, Gebrauch gemacht worden. Angesichts der sich bereits 1998 abzeichnenden und im Jahre 1999 sich beschleunigenden schwierigen wirtschaftlichen Situation der AG ist nicht davon auszugehen, dass das Gehalt von monatlich über 15.000 DM über Februar hinaus überhaupt hätte gezahlt werden können. Jedenfalls ist der Senat davon überzeugt, dass die Gehaltsfestsetzung angesichts des Jahresüberschusses von nicht einmal 20.000 DM (ohne die restlichen Gehaltszahlungen des Klägers, die zu einem erheblichen Verlust geführt hätten) rückwirkend abgeändert worden wäre, wie es in den Vorjahren geschehen ist.

Dass der Gewinn erheblich höher ausgefallen wäre, wenn der Kläger voll hätte arbeiten können, ist angesichts der Gewinnentwicklung (die zur Insolvenz führte) nicht belegt. Die B. AG hatte in der Person des Zeugen K. einen neuen Vorstand, der vielleicht nicht gleich in das Tagesgeschäft eingearbeitet war, aber als Aufsichtsratsmitglied nicht völlig ohne Kenntnis der Materie die Tätigkeit im März 1999 übernahm und zudem vom Kläger eingearbeitet wurde, wie dieser selbst und auch die Zeugin Kühn angegeben haben. Zur Überzeugung des Senats steht auch, wie oben dargelegt (vgl. 2. a)), fest, dass der Kläger Mitte 1999 wieder arbeitsfähig war und gearbeitet hat. Nachdem ungeachtet der Hinweise des Senats bzgl. der Zweifel an der behaupteten Gehaltsfestsetzung, deren möglicher Abänderung und der fraglichen Zahlungsfähigkeit der B. AG kein Vortrag zum möglichen Mindesteinkommen im Jahr 1999 erfolgt ist und die wirtschaftliche Ertragslage der B. AG nicht mit den Vorjahren vergleichbar ist, kann der Senat auch nicht gem. § 287 ZPO einen Mindestschaden schätzen.

4. Die Berufung hat dennoch nicht in vollem Umfange Erfolg. Denn dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen der Fahrtkosten, des Verlusts seiner Brille und der Beschädigung der Kleidung in Höhe von insgesamt 1.458,93 € zu.

a) Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 08.04.2004 zulässigerweise nachträglich die Reihenfolge der einzelnen Ansprüche und Rechnungspositionen zur Begründung des zuletzt noch eingeklagten Teilbetrags von 46.016,17 € (Umrechnungsungenauigkeit bzgl. 90.000 DM) klargestellt hat, sind die weiteren Ansprüche auf Ersatz der Fahrtkosten, der verlorenen Brille und der verschmutzen Kleidung zu prüfen. Diese Ansprüche sind nicht verjährt. Der Senat schließt sich insoweit trotz der geäußerten Bedenken (s. dazu oben 2.) zur Wahrung der Rechtseinheit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, dass es bei einer Teilklage auch im Mahnbescheidsverfahren zur Unterbrechung der Verjährung ausreicht, die einzelnen Schadenspositionen und Ansprüche nachträglich zu beziffern und zu begründen und damit die Unterbrechungs- jetzt Hemmungswirkung des Mahnbescheids für jeden der auflösend bedingt anhängig gemachten Ansprüche bis zur vollen Höhe des geltend gemachten Teilbetrages aufrechtzuerhalten (vgl. nur BGH NJW 1984, 2346, 2347 f. mit weiteren Nachweisen). Durch die Bezugnahme auf das Schreiben vom 21.02.1999 und auch unter Berücksichtigung des Wortlauts des Schreibens vom 24.02.2000 war dieser zusätzliche Anspruch aus mehreren Schadenspositionen nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade noch ausreichend individualisiert.

b) Der Senat ist unter Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO davon überzeugt, dass dem Kläger im Einzelnen folgende ersatzfähige Schäden entstanden sind:

Die ersatzfähigen Fahrtkosten für Arzttermine und Ähnliches schätzt der Senat gem. § 287 ZPO auf insgesamt 810 €.

Dabei wird nach der ständigen Rechtsprechung des Senats für die Kilometerpauschale der jeweilige Satz der steuerlich anerkannten Aufwendungen für die private Nutzung eines Pkws zugrunde gelegt, der jedenfalls nicht geringer ist als der geltend gemachte Satz von 0,20 €. Der Kläger hat keinen Beweis für die behauptete Fahrtstrecke von insgesamt 11.940 km von seinem Wohnort zu verschiedenen Ärzten, Heilpraktikern, etc. sowie zu dem Zusammenhang mit dem Vorfall und der Notwendigkeit der einzelnen Fahrten angetreten, obwohl dies bestritten war. Allerdings steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Vernehmung der verschiedenen Ärzte fest, dass eine Behandlung durch den Hausarzt, den Zahnarzt, einen Gesichts- und Kieferchirurgen, einen Neurologen und Psychologen für eine gewisse Zeit notwendig war. Welche Termine im Einzelnen stattgefunden haben ist nicht bewiesen, ebenso wenig die Notwendigkeit der einzelnen Behandlungen gerade aufgrund des Vorfalls, z.B. des Heilpraktikers oder auch des Zahnarztes, der auch eine Wurzelentzündung behandelt hat. Angesichts der objektiv vorliegenden Verletzungen erscheint die Zahl der Fahrten sowie die Behandlung in Basel überzogen und nicht nachvollziehbar. Auch unter Berücksichtigung der psychischen Belastungen, die wohl zu einer höheren Behandlungsdichte geführt haben, hält der Senat als zugunsten des Klägers geschätzten Mindestschaden für die Monate Januar bis März 1999, als auch nach den Aussagen der vernommenen Ärzte nachhaltigere Beschwerden bestanden, im Schnitt 2 Fahrten pro Woche vom Wohnsitz nach Karlsruhe mit ca. 150 km für notwendig, bei denen auch andere Dinge mit erledigt werden konnten. Dies ergibt bei 12 Wochen 3.600 km und somit 720 €. Für die Zeit der weiteren Arbeitsunfähigkeit bis 30.06.1999 sind bereits vom Kläger kaum weitere Arztbesuche vorgetragen, so dass es mit drei weiteren ersatzfähigen Fahrten à 150 km, insgesamt somit 450 km, entsprechend 90 € sein Bewenden haben muss. Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 810 €.

Die Kosten für die verlorenen Brille sind zu ersetzen. Der Senat ist angesichts des von der Zeugin K. bestätigten (Protokoll vom 08.06.2004 S. 7, I 215) und auch durch die Verletzungen belegten Vorgehens des Beklagten, der dem Kläger mehrere Kopfstöße versetzt hat, davon überzeugt, dass der nicht substantiiert bestrittene Vortrag des Klägers zu dem Kauf (vgl. auch AM I 19) und Verlust der Brille zutreffend ist. Ihm steht dementsprechend ein Anspruch in Höhe von 528,93 ,€ zu (entsprechend 1.034,50 DM).

Darüber hinaus hat der Kläger einen Anspruch auf Kosten für die Reinigung der getragenen Kleidung. Dass diese durch Blut verschmutzt war, hat der Beklagte nicht substantiiert bestritten, ist auch zur Überzeugung des Senats nach allgemeiner Lebenserfahrung in einem Maße wahrscheinlich, die zur Überzeugung des Senats gem. § 287 ZPO reicht, nachdem die Zeugin K. angegeben hat, der Kläger habe noch einige Zeit nach der Auseinandersetzung, als sie den Kläger wieder im Hotel "G. " gesehen habe, ziemlich stark aus dem Mundwinkel geblutet (Protokoll vom 08.06.2004 S. 7, I 215). Da der Kläger zuletzt nur noch die Reinigungskosten geltend gemacht hat (Schriftsatz vom 08.04.2004 S. 5, I 165), schätzt der Senat diese gem. § 287 ZPO auf insgesamt 120 €, nachdem es sich bei der Jacke und den Schuhen unbestritten um Wildlederschuhe gehandelt hat, die eine - wie der Senat aus eigener Kenntnis weiß - Speziallederreinigung erfordern, während Jeans und Hemd durch eine normale Reinigungsbehandlung zu säubern gewesen wären.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger die Entscheidung des Landgerichts über die Hilfsaufrechnung nicht angegriffen hat, so dass im zweiten Rechtszug über diese nicht zu entscheiden war und sie - im Gegensatz zum ersten Rechtszug - den Streitwert nicht erhöht.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Senat hat sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verjährung von selbständigen Ansprüchen im Rahmen einer Teilklage angeschlossen und die Besonderheiten des hier zu entscheidenden Einzelfalls auf dieser Grundlage gewürdigt.

Ende der Entscheidung

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