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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 22.11.2000
Aktenzeichen: 7 U 216/98
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, AGBG


Vorschriften:

HOAI § 8
BGB § 387 f.
AGBG § 9 Abs. 2
AGBG § 11 Nr. 3
Leitsätze:

1. Gegenüber der Honorarklage eines Architekten berechtigt eine Gegenforderung des Auftraggebers aus einem anderen Vertragsverhältnis nur zur Aufrechnung und nicht zur Verrechnung.

2. Ein Fall einer Verrechnung des Honoraranspruchs des Architekten und eines Gegenanspruchs des Auftraggebers aus dem gleichen Vertragsverhältnis ist nach der Differenztheorie nur dann gegeben, wenn der Auftraggeber die mangelhafte Architektenleistung insgesamt zurückweist und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des gesamten Vertrages fordert. In allen anderen Fällen handelt es sich um eine Aufrechnung.

3. Die Aufrechnung kann in beiden Fallgestaltungen wirksam in der Weise beschränkt werden, daß eine Aufrechnung nur mit rechtskräftig festgestellten oder unbestrittenen Forderungen zulässig ist.

4. Der Umstand, daß die Gegenforderung des Auftraggebers zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Architektenhonorars bereits verjährt ist und deshalb nicht mehr durchgesetzt werden kann, ändert an der Wirksamkeit des Aufrechnungsausschlusses nichts.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

7 U 216/98 8 O 93/97 LG Karlsruhe

Verkündet am: 22.11.2000

Herb Alnsp. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

wegen Forderungen

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 08. November 2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

Richterin am Oberlandesgericht

Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28.08.1998, Az. 8 O 93197, im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 28.446,29 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.05.1997 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger 16 % und die Beklagte 84 %.

Von den Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte 80 % und der Kläger 20 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur zu einem geringen Teil, die Anschlußberufung des Klägers hat keinen Erfolg.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Vergütung von Architektenleistungen, die bei der Verwirklichung des Bauvorhabens "Am Landgraben, 2. Bauabschnitt" erbracht wurden, in Höhe von DM 28.446,29 zu.

1. Der Kläger ist Inhaber des Anspruchs auf Vergütung sowohl hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 4 als auch hinsichtlich der Leistungsphasen 5 bis 8 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI, wobei letzteres zwischen den Parteien nicht im Streit ist. Von einer fehlenden Aktivlegitimation hinsichtlich der Leistungsphasen Nr. 1 bis 4 kann nicht ausgegangen werden, obwohl nach den in der Berufungsinstanz vorgelegten Kopien der Baugesuchspläne und der Baubeschreibung - die mit dem Stempel "Ingenieurbüro für Bauwesen S & B versehen sind - diese bereits Anfang Juni 1991 gefertigt und eingereicht wurden und das damals zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten bestehende Ingenieurbüro für Bauwesen S & B GdbR seine Tätigkeit aufgrund der Trennung der Partner erst im August 1991 eingestellt hat. Zum einen wurde der Kläger ausweislich des schriftlichen Architektenvertrages vom 22.10.1991 auch mit den Leistungsphasen Nr. 1 bis 4 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI beauftragt. Zum anderen hat der Geschäftsführer der Beklagte und frühere Mitgesellschafter des Klägers bei seiner Anhörung vor dem Landgericht angegeben, der Kläger habe die Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 erbracht und das sei auch in Ordnung so, daher sei auch bezahlt worden (Protokoll vom 24.03.1998, I 361). Aufgrund dieser Umstände ist davon auszugehen, daß unabhängig davon, ob der ursprüngliche Architektenvertrag für dieses Bauvorhaben mit dem Ingenieurbüro für Bauwesen S & B zustande gekommen ist - aufgrund des neuen Architektenvertrages zwischen den Parteien und aufgrund eines Obereinkommens der früheren Gesellschafter dieses Ingenieurbüros nunmehr nur noch der Kläger Inhaber der Forderung ist und diese somit auch geltend machen kann.

2. Für die Leistungsphasen 1 bis 4 steht dem Kläger ein Honorar einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt DM 10.761,12 zu. Gegen diese vom Landgericht errechnete Summe wird von der Beklagten nichts eingewandt. Für die Leistungsphasen 5 bis 8 steht dem Kläger ein Honorar in Höhe von DM 40.085,34 brutto zu. Dabei ist von folgender Berechnung auszugehen:

Von den vom Landgericht in Ansatz gebrachten anrechenbaren Kosten für diese Leistungsphasen in Höhe von DM 1.040.942,30 sind nicht anrechenbare Kosten in einer Gesamthöhe von DM 64.028,95 in Abzug zu bringen. Die Beklagte weist zu Recht daraufhin (Berufungsbegründung unter 2. bis 5., II 27-33), daß die Kosten für die nichtöffentliche Erschließung sowie die Abwasser-, Versorgungs- und Verkehrsanlagen gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 4 HOAI nicht anrechenbare Grundleistungen darstellen. Der Kläger, der hinsichtlich der Voraussetzungen seines Honoraranspruchs in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist, ist dem nicht entgegen getreten, so daß insoweit Kosten in einer Gesamthöhe von DM 12.715,72 nicht berücksichtigt werden können. Das gleiche gilt für Bodenbelagsarbeiten in Höhe von netto DM 3.389,67, die gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 6 HOAI nicht anrechenbar sind. Schließlich sind gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 5 HOAI Rechnungen der Firma F mit einem Gesamtbetrag in Höhe von netto DM 47.923.56 (Rechnung vom 21.10.1994 in Höhe von DM 33.421,23; Rechnung vom 31.08.1992 in Höhe von DM 12.825,63; Rechnung vom 23.12.1992 in Höhe von DM 1.676,70) nicht zu berücksichtigen. Auch insoweit hat der darlegungs- und beweispflichtige Kläger nach dem Einwand der Beklagten, der durch die Leistungsbeschreibung in der vom Kläger vorgelegten Kostenaufstellung (Anlage K 7) gestützt wird, nicht substantiiert dargelegt, daß diese Rechnungsbeträge anzurechnen sind, denn der pauschale Hinweis, die Beklagte differenziere nicht zwischen Erdarbeiten und Außenanlagen, genügt nicht, um in der erforderlichen detaillierten Weise darzulegen, welche konkreten Arbeiten diesen Rechnungen zugrunde lagen. Hinsichtlich der übrigen Rechnungen der Firma (Rechnung vom 3.12.1992; Rechnung vom 26.04.1992; Rechnung vom 30.06.1992; Rechnung vom 26.08.1992) ergibt sich die Nichtanrechenbarkeit aus den Leistungsbeschreibungen in den Rechnungen nicht, so daß insoweit der Einwand der Beklagten nicht ausreichend substantiiert ist.

Damit ist von anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 5 bis 8 in Höhe von DM 976.913,35 auszugehen. Ausgehend von einem Prozentsatz von 70 % und einem Abschlag von 18,2 % errechnet sich daraus ein Nettohonorar in Höhe von DM 34.856,82 bzw. ein Bruttohonorar in Höhe von DM 40.085, 34. Hinzuzurechnen sind gemäß § 7 HOAI Nebenkosten in Höhe von DM 1.690,21 brutto, die auch in der Berufungsinstanz unbestritten geblieben sind, so daß sich ein Gesamthonorar (ausschließlich des unstreitigen Honorars für die Leistungsphasen 1 - 4) für die Leistungsphasen 1 bis 8 einschließlich Nebenkosten und Mehrwertsteuer in Höhe von DM 50.846,46 errechnet. Davon sind die unstreitigen Zahlungen der Beklagten in Höhe von DM 10.347,62 und DM 13.742,76 in Abzug zu bringen, so daß ein Resthonoraranspruch des Klägers in Höhe von DM 28.446,29 verbleibt. Diese Forderung ist gemäß §§ 288, 291 BGB mit 4 % seit dem 01.05.1997 zu verzinsen.

3. Dieser Honoraranspruch des Klägers ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten ganz oder teilweise erloschen.

a) Soweit die Beklagte mit Gegenforderungen aus den Bauvorhaben B K und Am Landgraben, I. Bauabschnitt (Dachgaube und Wohnung Neubold), aufrechnen will (die entsprechenden Architektenverträge wurden mit dem Ingenieurbüro für Bauwesen S & B abgeschlossen), ist dies aufgrund der gemäß 9. des schriftlichen Architektenvertrages wirksam einbezogenen Regelung unter 6. der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag ausgeschlossen, denn die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen sind weder unbestritten noch rechtskräftig festgestellt. Der Wortlaut der Klausel erfaßt den Aufrechnungsausschluß mit diesen Forderungen, denn insoweit handelt es sich mangels Konnexität der Forderungen nach allgemeiner Ansicht um eine Aufrechnung und nicht lediglich um eine Verrechnung. Dies stellt die Beklagten auch nicht in Abrede.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Bestimmung bestehen nicht: Diese Klausel genügt den sich aus § 11 Nr. 3 AGBG ergebenden Anforderungen, so daß nach dem Willen des Gesetzgebers von der Wirksamkeit der Klausel auszugehen ist (Umkehrschluß aus § 11 Nr. 3 AGBG). Sie hält auch der Inhaltskontrolle gemäß § 9 ABGB stand. Ein Widerspruch zu der Wertung der Vorschriften der §§ 639 Abs. 1, 479 BGB besteht nicht, denn beide Vorschriften regeln lediglich die Aufrechnung mit verjährten Gegenansprüchen aus dem gleichen Vertragsverhältnis. Hier hingegen sind Gegenansprüche aus anderen Vertragsverhältnissen im Streit, so daß der Gesichtspunkt der Wahrung der Vertragsparität, der diesen Vorschriften zugrunde liegt, nicht herangezogen werden kann (vgl. BGH BauR 1987, 565, 566 f.). Allgemeine Gesichtspunkte von Treu und Glauben, auf die die Beklagte abstellt, gebieten keine andere Betrachtung, denn der Gläubiger, der seine Forderung verjähren läßt und damit freiwillig auf deren Durchsetzbarkeit verzichtet, ist nicht schutzwürdig. Allein der Umstand, daß der Schuldner auf die Durchsetzung eigener Forderungen gegen den Gläubiger deshalb verzichtet, weil er aus einem anderen Rechtsgrund Forderungen gegen seinen Gläubiger hat, vermag jedenfalls dann die Schutzwürdigkeit des Gläubigers nicht zu begründen, wenn er aufgrund des mit diesem abgeschlossenen Vertrages, aus dem die Forderung gegen ihn hergeleitet wird, weiß, daß in diesem Vertrag ein Aufrechnungsverbot enthalten ist und ihm deshalb bewußt ist, daß er das Risiko eingeht, nach Eintritt der Verjährung seine Forderung nicht mehr durchsetzen zu können. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, weshalb, wie die Beklagte annimmt, die Vereinbarung des Aufrechnungsverbotes für bestrittene und nicht rechtskräftig festgestellte Forderungen bereits einen nicht beabsichtigten Forderungsverzicht beinhalten soll. Zu einem "Verlust" der Forderung des Gläubigers kommt es erst aufgrund dessen eigenen Verhaltens, indem er trotz Aufrechnungsverbot seine Forderung nicht in unverjährter Zeit geltend macht. Diese dem Gläubiger selbst zuzurechnende Versäumnisse können keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 2 AGBG begründen.

Nichts anderes ergibt sich aus der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm (NJW-RR 1993, 1082 = BauR 1993, 605). Diese Entscheidung betrifft lediglich die - hier nicht gegebene - Fallkonstellation, daß dem Restwerklohnanspruch verjährte Gegenforderungen, die aus der Mangelhaftigkeit des abzurechnenden Werkes und damit aus dem gleichen Vertragsverhältnis hergeleitet wurden, entgegen gehalten wurden.

b) Soweit die Beklagte Gegenforderungen aus dem vom Kläger abgerechneten Bauvorhaben Am Landgraben, 2. Bauabschnitt zur Aufrechnung stellt, bestehen ebenfalls keine Bedenken dagegen, daß diese Forderungen von dem Aufrechnungsausschluß erfasst werden und daß dieser wirksam ist.

Die Klausel erfaßt die vorliegende Fallkonstellation, denn entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats handelt es sich um eine Aufrechnung und nicht um eine bloße Abrechnung bzw. Verrechnung. Eine solche Abrechnung oder Verrechnung käme nur in Betracht, wenn die Beklagte das Werk des Klägers insgesamt zurückweisen würde, also den großen Schadensersatz fordern würde. Nur dann ließe sich eine schlichte Verrechnung mit dem Wesen der Differenztheorie rechtfertigen. Nachdem die Beklagte aber das Werk des Klägers trotz seiner behaupteten Mangelhaftigkeit behält und lediglich konkrete mangelbedingte Nachteile liquidieren will, stehen sich der Vergütungsanspruch des Klägers und der behauptete Schadensersatzanspruch der Beklagten aufrechenbar gegenüber. Die auf den großen Schadensersatz anwendbaren Grundsätze der Differenztheorie finden keine Anwendung, es handelt sich um einen Anwendungsfall der Austauschtheorie (vgl. Glanzmann in: BGB-RGRK, 12. Aufl., Rdn. 13 zu § 635; Peters in: Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung, Rdn. 40 zu § 635 und Rdn. 24 zu § 637; Soergel in: MünchKomm zum BGB, 3. Aufl., Rdn. 37 zu § 635; Teichmann in: Soergel, BGB, 12. Aufl., Rdn. 43 f. zu § 635; Seiler in: Erman, BGB, 10. Aufl., Rdn 16 zu § 635 jeweils mit weiteren Nachweisen; so auch BGHZ 9, 90, 99; BGHZ 36, 316, 318; BGH BauR 1982, 290, 292/293; OLG Düsseldorf BauR 1997, 888, 889 = NJW-RR 1997, 628f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 244; OLG Hamm OLG-Report 1998, 58, 60). Dies entspricht der gesetzlichen Wertung der §§ 639 Abs. 1, 479 BGB, die ganz selbstverständlich von einer Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch ausgehen.

Ein Verstoß gegen § 11 Nr. 3 AGBG liegt nicht vor. Die Konnexität der sich aufrechenbar gegenüber stehenden Forderungen führt nicht zur Unwirksamkeit. Ein formularmäßiger Aufrechnungsausschluß ist auch bei konnexen Forderungen zulässig; dies war vom Gesetzgeber zweifelsfrei so gewollt (vgl. BGH NJW-RR 1989, 481; OLG NJW-RR 1987, 883, 884; Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., Rdn. 6 zu § 11 Nr. 3).

Ein Verstoß gegen § 9 AGBG liegt ebenfalls nicht vor (vgl. BGH NJW-RR 1989, 481; BGH NJW-RR 1989, 883, 884). Ein den Anforderungen des § 11 Nr. 3 AGBG genügendes Aufrechnungsverbot verstößt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht gegen § 9 AGBG, denn dies stünde in Widerspruch zur gesetzlichen Wertung, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 11 Nr. 3 AGBG von der Wirksamkeit des Verbots ausgeht (Umkehrschluß aus § 11 Nr. 3 AGBG). Solche zusätzlichen Umstände sind hier weder ersichtlich, noch werden sie von der Beklagten angeführt. Allein der Umstand, daß die geltend gemachten Schadensersatzansprüche verjährt sind, genügt - wie bereits dargelegt wurde - nicht (vgl. auch OLG Hamm OLG-Report 1998, 58, 60). Dem Kläger kann die Berufung auf den generell wirksam vereinbarten Aufrechnungsauschluß auch nicht deshalb versagt werden, weil dieser als ungemessen zu wertende Wirkungen nach sich zieht. Dies wird entgegen der Ansicht des BGH (BGHZ 91, 375, 383 f.) zum Teil aus einem Widerspruch zu der gesetzlichen Wertung in § 11 Nr. 2 AGBG hinsichtlich der Zulässigkeit des Ausschlusses eines Zurückbehaltungsrechts (den der Gesetzgeber im übrigen bewußt in Kauf genommen hat, vgl. BTDr 7/3919 S. 29) hergeleitet (vgl. dazu Heinrichs in: Palandt, BGB, 59 Aufl., Rdn. 17 zu § 11 AGBG; Hensen in: UImer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., Rdn. 7 zu § 11 Nr. 3; Hefermehl/Werner in: Erman; BGB, 10. Aufl., Rdn. 7 zu § 11 Nr. 3 AGBG; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 628; 629). Ob dieser Ansicht zu folgen ist, kann offen bleiben, denn ein solcher Wertungswiderspruch ergibt sich hier nicht. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche erwachsen nicht aus Ansprüchen, wegen derer die Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht hätte geltend machen können. Für Mängel des Architektenwerks, die sich in Mängeln des Bauwerks verkörpert haben, kann der Bauherr von Anfang an nur Schadensersatz fordern, da eine Nachbesserung des Architektenwerks nicht mehr in Betracht kommt und der Architekt die Nachbesserung des Bauwerks nicht schuldet (BGHZ 42, 16, 18; BGHZ 48, 257, 261; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 244; Peters in: Staudinger, 13. Bearbeitung, Rdn. 24 zu § 637). Allein auf solche nicht nachbesserungsfähigen Planungs- und Bauleitungsmängel und auf einen aus einer verzögerlichen Leistungserbringung hergeleiteten (und ebenfalls nicht zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts berechtigenden) Finanzierungsschaden stützt die Beklagten ihre zur Aufrechnung gestellten Forderungen.

Auch ein Wertungswiderspruch zu §§ 639 Abs. 1, 479 BGB liegt nicht vor (so aber wohl OLG Hamm NJW-RR 1993, 1082 = BauR 1993, 605 und Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., Rdn. 6 zu § 11 Nr. 3). Es ist schon zweifelhaft, ob diesen Vorschriften entnommen werden kann, daß die Aufrechnung mit verjährten Forderungen nicht ausgeschlossen werden dürfte. Sie schränken die gesetzliche Aufrechnungsbefugnis aus § 390 Satz 2 BGB ein, um die systematische Einheit mit §§ 477, 478 BGB zu gewährleisten. Daß sie in diesem Umfang dem Auftraggeber die Aufrechnungsmöglichkeit erhalten und die sich aus §§ 9, 11 Nr. 3 AGBG ergebenden Grenzen eines Aufrechungsausschlusses weiter einengen wollen, dürfte diesem eingeschränkten Zweck der Vorschriften nicht zu entnehmen sein. Dies kann aber letztlich offenbleiben, denn ein solcher Wertungswiderspruch ergibt sich hier nicht. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, daß sie die Planungs- und Bauleitungsmängel, die sie zum Gegenstand der Aufrechungsforderungen macht, in unverjährter Zeit gegenüber dem Kläger gerügt hat. Für den aus einer verzögerten Leistungserbringung abgeleiteten Finanzierungsschaden gelten die §§ 639 Abs. 1, 479 BGB ohnehin nicht.

Schließlich greifen auch die allgemeinen Grundsätze über die Unzulässigkeit der Berufung auf ein Aufrechnungsverbot nicht, denn der Kläger ist weder in Vermögensverfall geraten noch wurde über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet (vgl. zu dieser Einschränkung Manfred Wolf in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., Rdn. 14 zu § 11 Nr. 3; Basedow in: MünchKomm zum BGB, § Aufl., Rdn 44 zu § 11 AGBG jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Diesen Fällen kann die Verjährung der zur Aufrechnung gestellten Forderung nicht gleichgestellt werden, denn diese Einschränkung leitet ihre Rechtfertigung aus dem Umstand ab, daß der Gläubiger aus Umständen, die ihre alleinige Ursache und ihren alleinigen Ursprung in der Sphäre seines Schuldners haben, dadurch im Ergebnis rechtlos gestellt wird, daß er auf dem ihm grundsätzlich zumutbaren Weg einer eigenständigen Klage wegen eines Vermögensverfalls keine Befriedigung mehr erlangen kann. In den Fällen der Verjährung der Forderung hat die Uneinbringlichkeit ihre Ursache im Handeln bzw. Unterlassen des Gläubigers und gerade nicht in der Sphäre des Schuldners. Leistungshindernisse aus der eigenen Sphäre sind dem Gläubiger aber zuzurechnen. Der "Verlust" der Forderung beruht auf den Versäumnissen des Gläubigers, für die er allein die Verantwortung trägt. Deshalb ist kein Grund ersichtlich, dem Kläger die Berufung auf das Aufrechnungsverbot zu versagen.

Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm (NJW-RR 1993, 1082 = BauR 1993, 605) steht der Entscheidung des Senats nicht entgegen, denn dieser liegt ein in den relevanten Punkten abweichender Sachverhalt zugrunde. Der dort geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist aus Mängeln erwachsen, wegen derer zunächst ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden konnte. Zudem war nach den mitgeteilten Gründen eine Mängelanzeige erfolgt, hier jedoch nicht. Das gleiche gilt hinsichtlich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJWRR 1987, 883, 884); diese äußert sich zur Frage der Wirksamkeit des Ausschlusses der Aufrechnung mit verjährten Forderungen nicht.

Da somit die Aufrechnung im Architektenvertrag wirksam ausgeschlossen wurde, bedarf es keiner Prüfung des Bestehens der geltend gemachten Forderungen.

II.

Die Anschlußberufung des Klägers gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Der Beklagten steht die mit der Widerklage gegen ihn als ehemaligen Gesellschafter der BGB-Gesellschaft Ingenieurbüro S & B ein der Höhe nach unbestrittener Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB in Höhe von DM 7.900,00 zu, denn dem Kläger sind als Gesellschafter der BGB-Gesellschaft bei der Planung und der Bauüberwachung des Bauvorhabens K in P verschiedene Planungs- und Überwachungsfehler unterlaufen, wie sie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen S im selbständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Maulbronn, Az. 1 H 25196, ergeben. Gegen den Inhalt dieses Sachverständigengutachtens und den darauf gegründeten Feststellungen sowie gegen die Höhe des Anspruches erhebt der Kläger in seiner Anschlußberufung keine Einwendungen. Der Einwand, ihm sei keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden, kann nicht zum Wegfall des Anspruchs führen, denn zum einen war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 634 BGB nicht erforderlich, denn der Kläger hätte nach Fertigstellung der fehlerhaft geplanten und überwachten Bauarbeiten seinen Fehler nicht mehr beseitigen können. Im übrigen wurde dem Kläger ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 17.11.1995 (AH II 13 f.), dessen Zugang der Kläger nicht in Abrede stellt, ausreichend Gelegenheit gegeben, die Folgen seiner Fehler zu beheben.

Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, daß die Vereinbarung zwischen den Parteien vom 09.04.1992 (AH Kläger K 1) an dieser Haftung nichts ändert. Dem Wortlaut der Vereinbarung läßt sich dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, zumal das Objekt dieser Vereinbarung nicht erwähnt ist und die Überschrift auf die Regelung der Verhältnisse hinsichtlich des Bauvorhabens Mehrfamilienhaus A II. Bauabschnitt, hindeutet. Die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zu dieser Vereinbarung geben ebenfalls keine Veranlassung, ihr eine umfassende Haftungsfreistellung auch hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs zu entnehmen, denn danach sollte lediglich eine Haftungsfreistellung "im Außenverhältnis" gegenüber Dritten nicht jedoch eine Haftungsfreistellung zwischen den Parteien der Vereinbarung stattfinden. Daß die Vereinbarung gleichwohl in seinem Sinne zu deuten ist, hat der Kläger schon mangels Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt.

Maulbronn, Az. 1 H 25/96, ergeben. Gegen den Inhalt dieses Sachverständigengutachtens und den darauf gegründeten Feststellungen sowie gegen die Höhe des Anspruches erhebt der Kläger in seiner Anschlußberufung keine Einwendungen. Der Einwand, ihm sei keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden, kann nicht zum Wegfall des Anspruchs führen, denn zum einen war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 634 BGB nicht erforderlich, denn der Kläger hätte nach Fertigstellung der fehlerhaft geplanten und überwachten Bauarbeiten seinen Fehler nicht mehr beseitigen können. Im übrigen wurde dem Kläger ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 17.11.1995 (AH II 13 f.), dessen Zugang der Kläger nicht in Abrede stellt, ausreichend Gelegenheit gegeben, die Folgen seiner Fehler zu beheben.

Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, daß die Vereinbarung zwischen den Parteien vom 09.04.1992 (AH Kläger K 1) an dieser Haftung nichts ändert. Dem Wortlaut der Vereinbarung läßt sich dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, zumal das Objekt K in dieser Vereinbarung nicht erwähnt ist und die Oberschrift auf die Regelung der Verhältnisse hinsichtlich des Bauvorhabens Mehrfamilienhaus A, II. Bauabschnitt, hindeutet. Die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zu dieser Vereinbarung geben ebenfalls keine Veranlassung, ihr eine umfassende Haftungsfreistellung auch hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs zu entnehmen, denn danach sollte lediglich eine Haftungsfreistellung "im Außenverhältnis" gegenüber Dritten nicht jedoch eine Haftungsfreistellung zwischen den Parteien der Vereinbarung stattfinden. Daß die Vereinbarung gleichwohl in seinem Sinne zu deuten ist, hat der Kläger schon mangels Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung weder ausreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung teilweise Erfolg hatte, sind ihr gleichwohl gemäß § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten aufzuerlegen, denn diese letztendlich erfolgreichen Einwendungen hätte sie bereits in erster Instanz erheben können, da der Sach- und Streitstand gleich geblieben ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer der Parteien übersteigt DM 60.000,00 nicht (§ 546 Abs. 2 ZPO). Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht; ein Zulassungsgrund gemäß § 546 Abbs. 1 ZPO ist nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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